Justizfachangestellte/r Testbericht

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Summe aller Bewertungen
  • Einstellungschancen:  sehr gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  gut
  • Sozialleistungen:  gut

Erfahrungsbericht von Xanny

° * Justizfachangestellte bei der Hamburger Justiz * °

5
  • Einstellungschancen:  sehr gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  gut
  • Sozialleistungen:  sehr gut

Pro:

gute Sozialleistungen, viele Anwendungsbereiche, viel Kontakt mit Menschen

Kontra:

sehr viel Lernstoff

Empfehlung:

Ja

Heute möchte ich euch meine momentane Ausbildung zur °°° Justizfachangestellten °°° bei der Hamburger Justiz vorstellen. Ich bin mittlerweile im 2. Lehrjahr und schließe diese nächstes Jahr im März ab.


°° Bewerbungsgrundlagen °°°

Die Grundlagen die man haben muss, um in das Bewerbungsverfahren der Hamburger Justizbehörde zu kommen sind:

ein „guter“ Realschulabschluss oder eine „abgeschlossene“ Berufsausbildung als Bürokauffrau (wie ich) oder auch als Rechtsanwaltsfachangestellte , dann „gute“ Deutschkenntnisse besitzen und EDV „Grund“kenntnisse (Word, Excel, PC Allgemein) haben. Man sollte auch noch eine „schnelle“ Auffassungsgabe für die große Vielfalt von Abläufen haben, zuverlässig, verantwortungsbewusst und „sehr“ kontaktfreudig sein.


°°° Bewerbungszusammensetzung °°°

Es sollte enthalten sein, ein aussagefähiges Anschreiben, der tabellarische Lebenslauf, ein aktuelles Lichtbild, die jeweiligen Schulhalbjahres- und Abschlusszeugnisse des laufenden Jahres und die Zeugnisse der jeweiligen Berufsausbildung. Auch sind Nachweise über Spezialqualifikationen (Fachhochschulkurs English, Kostenrecht etc.) die man schon gemacht hat sehr hilfreich.

Auch werden Schwerbehinderte (wie ich) mit gleichen Vorraussetzungen eingestellt.


°°° Bewerbungsverfahren °°°

Als 1. wird man unter vielen Bewerbungen ausgesucht, um 2. an dem I schriftlichen Test teilzunehmen. Dieser beinhaltet allgemeine Kenntnisse in Deutsch, Mathematik, Grundwissen und Merkvermögen. Wenn man diesen I Test gut abgeschnitten hat, dann wird man zum 2. Testtag eingeladen. Dieser II Testtag beinhaltet am Anfang eine Vorstellungsrunde, in der sich die 8-10 potenziellen Bewerber vorstellen und präsentieren müssen, vor einer Kommission aus 6 Personen (Personalamt 2, Psychologe 1, Jugendpersonalrat 1, Vorsitzende einiger Behörden oder Gerichte 2). Meistens müssen nach dieser Vorstellungsrunde schon Bewerber gehen. In der 2. Gesprächsrunde, wo man ein Thema vorgeschlagen bekommt und man im Team Argumente sammeln und präsentieren muss, ist es wichtig zusammenzuarbeiten. Auch erfolgt ein Rollenspiel, was ein Telefonat beinhaltet. Dies wird sehr genau beschaut und bewertet. In der 3. Gesprächsrunde muss man sich ein Thema aus über 20 aussuchen und die Gesprächsrunde führen, abschließen und das Thema nochmals zusammenfassend darstellen. Danach erfolgen die Einzelgespräche mit der Psychologin und eine Beantwortung eines vorgegebenen Briefes, der nachher im Abschlussgespräch mit der Psychologin ausgewertet wird. Dann ist erst einmal Schluss mit dem Runden und es folgt das Finale: das eigentliche Vorstellungsgespräch. Meistens wird dort nach Vorstellungen und Kenntnissen und noch den restlichen Unklarheiten gefragt und wie man sich das denn so vorstellt und warum man extra (eventuell) nach Hamburg ziehen würde und noch vieles mehr.

Wenn man das alles geschafft hat, dann ist man GROGGIE und der Tag ist vorbei ! Wenn man genommen wird, dann bekommt man einen Anruf oder bei einer Absage wird’s schriftlich getan.

Wenn man bescheid bekommen hat, dann muss man nur noch zur Personalärztlichen Untersuchung.


°°° Der 1. Ausbildungstag °°°

Dieser beginnt meistens am 01.09. mit einer Vorstellungsrunde aller Auszubildenden in der Behörde, wo man viele Informationen erhält und die Jahresfahrkarte (Proficard). Dort lernen sich auch die Azubis (20 an der Zahl) zum ersten mal kennen und können direkt Fragen an die Ausbildungsleitung stellen, was Anträge an Ämter, Versicherungen, Vermögenswirksamen Leistungen und andere interne Sachen betrifft.


°°° Ab dem 2. Ausbildungstag °°°

Besteht aus dem Blockunterricht in der Berufsschule. Hier wird alles besprochen mit dem Schulleiter, der Klassenlehrerin und die Klasse stellt sich vor. Wer woher kommt, wie wohnt, wie alt ist und welche Hobbys hat. Dann beginnt der ganz normale Berufsschulunterricht mit der Einführung in die verschiedenen Rechtsgebiete wie, Staatsrecht, Verwaltungskunde, Zivil- und Strafprozessrecht, Nachlass- und Grundbuchsachen, sowie Geschäftsbestimmungen und Kostenrecht.

Genaue Fächer sind: Aktenordnung, Zivilrecht, Strafrecht, English, Grundrechte (BGB), Berufsleben, Schnellschreiben (bis 180 Anschläge erreicht sind), Informatik, Deutsch, Kostenrecht, Grundbuch- und Handelsrecht

Gearbeitet wird *nur* mit den „Schönfelder Deutsche Gesetzessammlung“, das ist eine kompakte Gesetzessammlung über fast alle Gesetze im deutschen Recht. Für spezielle Gesetze (die bei uns in der Praxis selten bis nie vorkommen) gibt es noch weitere Schönfelder.


°°° Praxisstationen °°°

Die Praxisstationen erfolgen regelmäßig nach den kurzen 6-10wöchigen Blockunterricht. Oft folgen dann 1-6 Praxisstationen.

Meistens ist man dann von 4 - 8 Wochen auf einer Praxisstation, wie Amtsgericht Straf-, Zivil-, Zwangsvollstreckungs- , Protokoll-, Vormundschafts-, Nachlass-, Familiensachen und Registern (Handels-, Vereins- & Partnerschaftsregister) diese aber auch an den Land- und Oberlandesgerichten, je nach dem, auf welche Station man geschickt wird. Diese sind auch im ganzen hiesigen Gerichtsbezirk verteilt.

Diese Stationen muss jeder Azubi durchlaufen, genauso wie die Staatsanwaltschaft.

Dann sind noch Wahlstationen im Ausbildungsprogramm enthalten, hier sind es das Arbeits-, Sozial-, Finanzgericht und die Justizkasse.

Auf den Stationen macht man die Geschäftsstellenarbeit und Vorbereitungen für den Richter oder Rechtspfleger (Post-, Akten-, Frist- und Rücklaufbearbeitung) mit Publikumsverkehr und den Verhandlungsablauf (Protokollführung, Zeugen-, Sachverständigen-, Dolmetscher-, Beschuldigtenladungen, Vorführungen aus den Haftanstalten und Transport zurück, Saalsicherung) vornehmen und beherrschen.

Zudem sind in den Stationen oft verschiedene Computerprogramme zur Bearbeitung eingesetzt, die manchmal ganz schön schwierig sind, da man sich auf fast jeder Station an ein neues gewöhnen muss. Auch soll man am Schluss der jeweiligen Praxisstation die Geschäftsstelle möglichst allein führen können und dies als Einheitssachbearbeiter.

Nach jeder Praxisstation wird man bewertet, nach einem 4seitigen Bewertungsbogen mit 1-2 abschließenden Seiten der persönlichen Beurteilung des Ausbilders.


°°° Arbeitszeit, Urlaub, Vergütung und Dauer °°°

Die Arbeitszeit beträgt wöchentlich 38,5 Stunden, wobei in manchen Dienststellen auch Rufbereitschaft, Spät- und Wochenenddienste geleistet werden müssen. Diese werden als Freizeitausgleich wieder zurückgegeben.

Die Vergütung entspricht der festgesetzten Besoldungsgruppe BAT. Sie liegt im 1 Lehrjahr über 470 €, im 2. Lehrjahr um die 500 € und im 3. Lehrjahr darüber. Zudem wird noch Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld gezahlt, welches ich euch in der Höhe nicht mitteilen darf (rechtlich).

Der Urlaub ist je nach dem im Ausbildungsvertrag geregelt (ab 28 Tage). Ein Behördentag steht ebenfalls jedem Auszubildenden zu. Es gibt auch Pflichturlaub, wie zwischen Weihnachten und Neujahr (5 Tage) oder im Sommer bis zu 4 Wochen. Der Resturlaub kann dazwischen genommen werden.

Die Ausbildungszeit beträgt nur 2,5 Jahre, knapp (Septemper 2003 - März 2005 bei mir).


°°° Besondere Leistungen °°°

Der Arbeitgeber zahlt hier 13,24 € vermögenswirksame Leistungen, die man gewinnbringend anlegen kann. Zudem wird den Auszubildenden nach dem Manteltarifvertrag eine Heimfahrt nach Hause bezahlt und wenn diese 100 km überschreiten, je 100 km 1 Urlaubstag pro Quartal (alle 3 Monate) auf dem Urlaubskonto gutgeschrieben.

Auch wird der Schönfelder in der 1. Anschaffung bezahlt (ca. 60 €) und die Jahresfahrkarte zur Hälfte.

Dies ist bei weitem nicht bei anderen Arbeitgebern der Fall.


°°° Prüfungen °°°

Die Zwischenprüfungen finden nur schriftlich am Anfang des 2. Lehrjahres statt (Dezember). Diese muss man mitschreiben um zur Endprüfung zugelassen zu werden. Ob man die Prüfung besteht ist hier im Prinzip egal, wenn nicht, dann muss man zur Vorladung vor der Ausbildungsleitung und sein Fehlverhalten erklären.

Die schriftlichen Endprüfungen sind im Dezember und im Januar/Februar sind die mündlichen Endprüfungen.

Die schriftlichen Prüfungen finden in den Hauptfächern statt (ohne Deutsch, English, Informatik).
Die mündliche Prüfung besteht aus einem Rollenspiel und einer Abfragung eines selbst aus Karten gewählten Themas.

Besteht man die Endprüfungen gut, dann wird man auch meistens übernommen, es sei denn, man hat sich viele Fehlzeiten oder schlechte Noten in den Praxisstationen geleistet.


°°° Aufstiegsmöglichkeiten °°°

Man kann sich mit dieser Ausbildung dann als Rechtspflegeranwärter in der eigenen Behörde bewerben um dann nochmals 3 Jahre zu lernen.

Auch kann man weitere Kurse besuchen und Ausbilder werden (wird auch mehr bezahlt) oder Geschäftsstellenleiter oder Kostenbeamter oder Spezialsachbearbeiter.

°°° Übernahme °°°

Die Übernahmechancen stehen sehr gut, da in Hamburg nie über Bedarf ausgebildet wird. wenn man sich in der Schul- und Praxiszeit nichts zu Schulden kommen lässt und die Prüfungen nicht schlechter als 4 sind, dann wird man übernommen. Meistens gibt es dann Zeitverträge von 2 Jahren, diese werden aber dann durch unbefristete ersetzt.


°°° Zusatz °°°

Als einziges Bundesland hat die Justizbehörde Hamburg einen Auszubildenden-Personalrat, der aus 2 Auszubildenden der Justizfachangestellten und 1 Anwärtern der Rechtspfleger und 2 Beamten besteht. Dieser setzt sich dann für alle Belange der Auszubildenden ein und kann viel erreichen.

Ich bin selbst in diesen gewählt worden und man kann aktiv an den Problemen in den Praxisstationen (keinen eigenen Arbeitsplatz,...) und in der Berufsschule (viel Ausfall der Lehrer, Schönfelderbezahlung,..) arbeiten und verbessern, auch für die nachfolgenden Auszubildenden.


°°° Fazit °°°

Die Ausbildung zur Justizfachangestellten ist nicht immer leicht, da man an sehr vielen Orten ist und oft viele lange Fahrtwege in Kauf nehmen muss. Auch muss man sich ständig auf neue Ausbilder einstellen und hat nicht immer Glück. Die Ausbildungsthemen sind sehr komplex und man muss auf der folgenden Praxisstation das vorher gelernte vergessen, da der Ablauf dort wieder anders ist. Auch sind die Berufsschulblöcke sehr kurz und man muss in sehr kurzer Zeit sehr viel lernen und schreibt in den letzten 3 Wochen des jeweiligen Schulblocks fast nur noch Klausuren jeden Tag.

All das nimmt man auf sich, um später bei der eventuellen Übernahme in eine Geschäftsstelle einzusteigen und diese dann vielleicht auch selbst leitet.

Ich bin manchmal ganz schön geschlaucht und hoffe sehr, dass ich alles schaffe, denn viele Ausbilder die ich hatte sind super nett und hilfsbereit, auch wenn man nicht mehr auf der Station ist.


Wer solch eine Herausforderung mag und dieser gewachsen ist sollte sich bewerben.


°°° vielen Dank für eure Lesungen und Kommentare °°°

°°° Für Fragen bin ich offen und beantworte sie gerne! °°°


@xanny 11.4.04 & co. bei Ciao * * * Frohe Ostern * * *

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