Kicker Sportmagazin Testbericht

Jeder Fußballfan kennt und hasst sie: Die Sommerpause. Monatelang keine Bundesliga, keine Champions League, kein UEFA-Cup. Nur Freundschaftsspiele, die nicht einmal die direkt Beteiligten so richtig ernst nehmen. Kurzum: Es herrscht Langeweile in Fußball-Deutschland und das Sommerloch scheint riesig zu sein – oder etwa doch nicht? Am 24. Juli hat das Sportmagazin kicker der Langeweile ein Ende gesetzt und das in und auch außerhalb Deutschlands sehr beliebte Sonderheft zur kommenden Bundesliga-Saison herausgebracht.

Wie Unmengen anderer Fans bin auch ich sofort zum Kiosk gestürmt, um ein Exemplar zu ergattern.
Als Erstes stach mir das Wackelbild, auf dem eine Torszene aus der letzten Saison zu sehen ist, ins Auge, das in kickers Bundesliga-Sonderheften Tradition zu werden scheint.
Das Zweite, was mir auffiel, war der hohe Preis (4, 80 EUR), der bei einem solchen Heft und einem Seitenumfang von 224 Seiten mit geballter Fußballkompetenz allerdings angemessen ist.

Hat man das Heft aufgeschlagen und einen raschen Blick auf den Bundesliga-Spielplan zum Selbsteintragen, das Inhaltsverzeichnis, die einleitenden Worte von Chefredakteur Rainer Holzschuh und auf die wichtigsten Termine der Saison 2002/03 geworfen, gelangt man zu einem Bericht von Karl-Heinz Heimann, in dem er unter anderem auf die etwas schwierige Lage der Liga aufgrund der sinkenden TV-Einnahmen der Vereine und der dazu resultierenden Erkrankung des Transfermarktes eingeht. Ein interessanter Bericht, den man in jedem Fall lesen sollte.

Genauso wenig sollte man sich das Interview mit Meistertrainer Matthias Sammer entgehen lassen, in dem er sich zur Bundesliga im Vergleich mit anderen europäischen Top-Ligen, zur Nationalmannschaft, zu den Titelfavoriten und zu den Schiedsrichtern äußert.
Auch Jupp Heynckes äußert sich in einer Kolumne und legt seine Vermutungen in Bezug auf die kommende Saison dar, wie zum Beispiel, dass es keinen Alleingang des FC Bayern München geben wird oder dass Ballack sich endgültig als Top-Spieler der Bundesliga durchsetzen wird. Warten wir’s ab!

Aber nun kommen wir endlich zum Hauptgang: Auf mehr als 50 Seiten werden einzeln alle 18 Bundesliga-Vereine vor der Saison 2002/03 vorgestellt: Hat man sich richtig verstärkt? Kann man das Ergebnis der vergangenen Saison wiederholen – oder sich sogar verbessern? Was muss besser werden? Außer der Beantwortung dieser Fragen sind ein Interview mit dem jeweiligen Trainer, die voraussichtliche taktische Aufstellung und die „10 Superlative“ (z. B. größter Spieler, ältester Spieler, schwerster Spieler etc.) zu lesen. Am Ende des Berichts zu einer jeden Mannschaft wagt der kicker eine Prognose, in welchem Bereich der Tabelle das Team am Ende ungefähr landen könnte. Auf diese Art und Weise wird einem jeder Verein vorgestellt (pro Team etwa 3 Seiten). Diese Berichte zählen für mich wirklich zum Besten am Heft. Wenn man sie gelesen hat, ist man bestens über die Situation jedes Vereins kurz vor Saisonbeginn informiert.

Danach geht es um die „Lieblinge“ der Fans, Spieler & Trainer: Die Schiedsrichter. Es sind alle Unparteiischen der drei obersten Spielklassen aufgelistet und außerdem geht es in einem Bericht um pikante Themen, wie zum Beispiel um das „allseits beliebte“ passive Abseits.

Jetzt kommen wir zu einem weiteren Schmankerl dieses Hefts: Fakten und Fotos zu allen Teams der 1. und 2. Bundesliga. Zu jedem Verein gibt es eine Doppelseite: Links ist das Mannschaftsfoto abgebildet, auf dem die neuen Spieler und Trikots zu bestaunen sind. Rechts sind diverse Fakten zu lesen: Größte Erfolge, Zugänge, Abgänge, Informationen über den Trainer, Tops & Flops, Spieltermine in der Saison und natürlich die kompletten Spielerkader mit Informationen zu allen Spielern. Also alles Wichtige auf einen Blick – perfekt!

In der Mitte des Hefts ist außer dem herausnehmbaren Meisterposter auch eine Stecktabelle vorhanden. Ein Superservice! So kann man Spieltag für Spieltag den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga und der Regionalligen ihren richtigen Platz zuordnen und die Vereinsembleme in die Steckschlitze stecken.

Nun ein paar Worte zum Statistikteil, den ich ein wenig kritisieren muss, da er meiner Meinung nach zu dünn ist: Es sind relativ wenig Statistiken zu lesen, besonders von der vergangenen Saison. Den Freunden von Statistiken empfehle ich daher, sich das Bundesliga-Sonderheft von Sport-Bild zu kaufen, da dort die verschiedensten Statistiken zu lesen sind.

Blättert man weiter, stößt man auf die kurze Präsentation aller Bundesliga-Stadien plus Anfahrtsbeschreibung, was ein besonders guter Service für die Stadionbummler ist.

Auf den nächsten Seiten sind Interviews mit den Trainern der BL-Absteiger und kurze Berichte über die Neulinge der 2. Bundesliga zu lesen. Das ist sehr gut, da einem die teils recht unbekannten Aufsteiger so näher gebracht werden.

Aber auch die Fans der Regionalligisten kommen nicht zu kurz: Es sind die wichtigsten Fakten und die Spielerkader aller 36 Vereine aus Nord und Süd zu erfahren.

Auch die Freunde des Frauenfußballs kommen auf ihre Kosten: Statistiken der letzten Saison, die Aufgebote der Vereine, der Spielplan und die Schiedsrichterinnen der Liga sind aufgelistet.

Auch in dieser Saison kann man sich wieder an dem sehr beliebten kicker-Managerspiel beteiligen. Hier die wichtigsten Regeln: Aus einem etwa 500 Spieler starken Pool muss man sich einen 15 Mann starken Kader (2 Torhüter, 4 Abwehrspieler, 6 Mittelfeldspieler, 3 Stürmer) zusammenstellen. Man hat allerdings „nur“ 30 Mio. EUR zur Verfügung. Die Preise für die Spieler wurden vom kicker festgelegt (teuerster Spieler: Michael Ballack/9 Mio. EUR). Aus dem gewählten Kader sind dann 11 Stammspieler zu wählen (3-5-2-System). Diese werden dann Spieltag für Spieltag von den kicker-Redakteuren bewertet. Je besser die Note, desto mehr Punkte bekommt der Spieler. Der „Manager“ mit den meisten Punkten gewinnt am Ende. Man muss sich allerdings nicht unbedingt das Sonderheft kaufen, um teilnehmen zu können, da man auch via Internet (kicker.de), wo auch noch eine andere Spielvariante (Interaktiv) möglich ist, sein Team anmelden kann.

Auf den letzten Seiten widmet sich das Heft dem internationalen Fußball und der Nationalmannschaft: Es sind Berichte über die UEFA Champions League, über deutsche Spieler im Ausland, die EM-Qualifikation und die Abschlusstabellen aller europäischen Ligen der vergangenen Saison zu lesen. Ebenfalls ein klasse Service!

Zum Schluss kommt der traditionelle Experten-Test. Diesmal haben außer dem kicker auch Thomas Helmer und Christoph Daum jeden Verein in den Kategorien Torhüter, Defensivverhalten, Offensivstärke, taktische Möglichkeiten, Neuzugänge, Personal gesamt, Trainer und Umfeld nach Schulnoten bewertet. Ergebnis: Alle waren sich einig; Arminia Bielefeld und der 1. FC Nürnberg steigen ab – und der FC Bayern München wird Meister.
Die befragten Promis (z. B. Jürgen von der Lippe oder Ottfried Fischer) sind sich da allerdings nicht so einig: Zwar tippen auch hier vier auf den FC Bayern, aber immerhin drei von ihnen sind sich einig, dass Borussia Dortmund nach der ersten Meisterschaft in der vergangenen Saison in der kommenden Saison nachlegen und den Doppelpack schaffen wird. Der Experten-Test und die Promi-Tipps sind sehr interessant und witzig zu lesen und eignen sich sehr gut zum Vergleichen mit der eigenen Meinung. Wenn man dann ein Jahr später wieder in das Heft hineinschaut, schmunzelt man vielleicht ein wenig und fragt sich, was die denn da zusammengetippt haben.

Fazit:
Dieses Sonderheft ist ein Muss für jeden Fußballfan. Stets griffbereit auf dem Schreibtisch wird es einem in vielen Fällen weiterhelfen. Auch in ein paar Jahren wird es noch nicht im Papierkorb gelandet sein, sondern irgendwo seinen festen Platz haben und immer wieder neu entdeckt werden. Das sagt alles über die Bedeutsamkeit dieses Magazins aus. Viel Spaß beim Stöbern!