Kiri Frischkäse mit Sahne Testbericht

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ab 9,88
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  • Gesundheitsfaktor:  hoch

Erfahrungsbericht von theConsultant

Kinderkäse und Globalisierung

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

LANGE VORREDE:

Den Kindern gehört diese Welt – beziehungsweise, was wir davon übrig lassen. Und was werden sie damit anfangen? Dies zu ergründen, schauen wir uns die Fernsehwerbung an.

Vor etwa 15 Jahren verbrachte ich lange Abende im tiefsten Süden von Sri Lanka, in Tissamaharana. Einige der Fernsehspots habe ich immer noch in recht guter Erinnerung. Eine singhalesische Familie beim Frühstück. Man ist „westlich“ gekleidet. Käse kommt auf den Tisch. Erst Käse, der nach „Ihh“ schmeckt, und dann Schmelzkäse. Der ist lecker, der schmeckt auch Kindern! Happyend.

Nun, das ist lange her. Schmelzkäse ist heutzutage eher „out“. Anfang der Siebziger, als ich mich mal als Seemann versuchte (genauer gesagt als Tellerwäscher auf einem Luxusliner der Hapag-Lloyd), waren Schmelzkäseecken noch auf den silbernen Tabletts anzufinden, neben geräuchertem Stör und anderem edlem Zeug. Heute finde ich ihn hier bei yopi in der Nostalgieecke für Ossiprodukte.

Was ist überhaupt Schmelzkäse? Ohne jetzt eine genauere lebensmitteltechnologische Recherche anzufangen, würde ich sagen: Es ist NICHT Käse, der leicht schmilzt, sondern Käse, der schon mal geschmolzen und mit allerlei Errungenschaften der Nahrungsmittelchemie angereichert worden ist. Das Ergebnis dieser Denaturisierung ist ein standardisiertes Produkt, das immer überall und jederzeit gleich schmeckt. Der englische Begriff „processed cheese“ beschreibt dies, wie so oft, besser als das irreführende „Schmelzkäse“.

Das mag man diese Denaturisierung bedauern, ich will aber auch nicht die Vorteile verschweigen: Schmelzkäse ist auch ohne Kühlschrank längere Zeit haltbar. Wer schon mal normalen Schnittkäse auf einer längeren Reise ungekühlt transportieren musste, und dann sah, wie der Käse ausschwitzte und anfing, glasig zu werden, weiß, was ich meine.

Ein Schmelzkäse ganz besonderer Art stellt Kiri dar: Kiri Frischkäse (so die Bezeichnung hier bei yopi), mit Schmelzsalz. Klingt ja zunächst wie ein Widerspruch. Echter Frischkäse ist nach meinem Verständnis eigentlich das, was ich in Skopje auf dem Markt bekomme: so eine Art entwässerter und leicht gesalzener Quark. Nach spätestens 3 Tagen – auch wenn im Kühlschrank aufbewahrt – ist er nicht mehr frisch und wird ungenießbar.

Die moderne Lebensmitteltechnologie hat es aber geschafft, Frischkäse derartig keimfrei zu produzieren, dass der Frischkäse auch über längere Zeit seine Frische beibehält. Das muss nichts schlechtes sein: auch verbesserte Hygiene wird dabei eine gewisse Rolle spielen. Trotzdem: haltbarer Frischkäse ist ein Paradoxon. Warum? Weil nicht sein darf was nicht sein kann. Denn: ein Charakteristikum der Frische ist eben ihre Vergänglichkeit. So wie Jugend: ewige Jugend ist keine Jugend. Schon mal etwas von frischen Konservendosen gehört? Bei Milch wird es noch klarer: ganz offiziell wird zwischen Frischmilch und H-Milch unterschieden.

DER KONKRETE PRODUKTTEST:

Keine Mühen und Kosten scheuend gehe ich in den Supermarkt um zwei Pröbchen zu erstehen, einmal Kiri von Bel, und, zum Vergleich, Philadelphia von Kraft. Der erste Supermarkt, den ich besuche, ist „Safeway“ im Stadtteil Shumeisani, Amman, Jordanien. Größe, Angebotsvielfalt und Ambiente dieses Supermarkts sind durchaus mit Marktkauf oder real.- zu vergleichen, nur die Öffnungszeiten sind etwas großzügiger: 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche (aber Freitags gibt’s kein Bier).

Zielstrebig schiebe ich meinen Einkaufswagen zu den Kühlregalen mit den Milchprodukten. Kiri sehe ich sofort. Es ist auffällig platziert, in großen Mengen vorrätig. Die Verpackung ist schreiend bunt, wirbt (auf Arabisch) mit irgendwelchen Gimmicks. Zielgruppe: Kinder (gibt es in Jordanien übrigens reichlich). Packungsgrößen sind 125, 200 und 400 Gramm, ich nehme die mittlere Größe, sie kostet umgerechnet weniger als ein Euro.

Nach Philadelphia muss ich etwas länger suchen, finde ihn dann aber auch. Die Beschriftung ist auch hier in Englisch und Arabisch, als Herstellungsort wird Fallingbostel angegeben. Übrigens: in vielen arabischen Ländern waren die Angabe von Herstellungs- UND Verfallsdatum vorgeschrieben, lange bevor dies in Deutschland üblich oder gar Vorschrift wurde.

Dummerweise kostet der Philadelphia hier etwa dreimal so viel wie der Kiri – vermutlich auf Grund der ununterbrochenen Kühlkette, die vom Herstellungsort in Deutschland bis zum Supermarktregal nötig ist. Da der Kühlschrank in meinem Apartment in Amman gerade defekt ist (erst am Tag meiner Abreise wurde er endlich repariert, und das, obwohl ich im Voraus bezahlte), verzichte ich auf den Kauf.

Zwei Monate später, ich bin für über eine Woche in Deutschland. Beim Einkauf bei real.- in Osnabrück erinnere ich mich an die abgebrochene Testreihe. Der Philadelphia ist gut platziert, in etwa 7 verschiedenen Sorten verfügbar, im Angebot für 1,07 Euro die 200 g Packung. Obwohl ich ja viel lieber die neue Sorte mit Joghurt ausprobiert hätte, verlangt es meine Testerpflicht, zur klassischen Doppelrahmstufe („Neu! So himmlisch wie noch nie“) mit 68% Fett i.Tr. zu greifen, schließlich will ich ja mit Kiri vergleichen.

Den Kiri finde ich dann nach längerer Suche, er ist in einem Regal mit all den anderen Milkanas & Co (will sagen Schmelzkäsesorten). Der Preis? DOPPELT so teuer wie der eigentlich höherwertigere Philadelphia, ich greife daher zur 125 g Packung, schließlich will ich ja nur alleine testen.

Hergestellt in Frankreich (wo? Frankreich ist groß ...) für Bel Adler in 88239 Wangen im Allgäu. Ja, wer hat denn da wen übernommen? Die Adresse www.beladler.de enthält nicht viel mehr als einen Link zu www.Fromageries-Bel.fr. Von da an sollte man Geduld haben (die Seite lädt sehr langsam) und Französisch oder zumindest Englisch können. Sieht ganz so aus, als hätte Bel neben Adler noch ein ganzes Dutzend anderer Käsefabrikanten in diversen Ländern übernommen; vor allem solche, die der Philosophie des Unternehmens entsprechen: Masse statt Klasse.

Beim Lesen der Inhaltsstoffe wird dann einiges klar. Kiri ist NICHT Frischkäse sondern eine Schmelzkäsezubereitung AUS Frischkäse. Diese kleine Präposition „aus“ ist von Bedeutung: Kiri ist gar kein Frischkäse (wie die yopi Produktbezeichnung uns vorgaukelt) sondern ist lediglich aus Frischkäse HERGESTELLT. Die offizielle Bezeichnung „Kiri mit Sahne“ wäre ohne den Zusatz „Frischkäse“ hier zweifellos korrekter.

Eigentlich esse ich Frischkäse ja am liebsten auf finnischem Roggenknäcke, aber, weil das ganze ja aus Frankreich kommt, nehme ich ein Baguette. Ein Stückchen wird mit Kiri beschmiert, ein anderes mit Philadelphia.

Sieht man mal von der Verpackung ab (die Kirischachtel enthält kleine, in Alufolie eingewickelte Quader, der Philadelphia kommt in einer silbernen Kunststoffschale mit Versiegelung und Klarsichtdeckel daher) sind vom Aussehen und der Konsistenz beide Käse gleich. Im Geschmack merkt man den Unterschied: Kiri hat einen deutlich salzigen Geschmack, Philadelphia schmeckt daneben einfach nur sahnig, verglichen mit Kiri geradezu fade. Philadelphia kann ich mir auch gut mit Marmelade oder Honig vorstellen, bei Kiri hätte ich da Bedenken.

Auf der in Schulschrift und mit kindgerechten Bildchen versehenen Rückseite der Kirischachtel heißt es freilich anders: „Kiri wird mit Sahne zubereitet. Deshalb hat Kiri diesen herrlich zarten, sahnigen Geschmack. Und weil Kiri so mild ist, mögen ihn Kinder besonders gern ...“ Wir erfahren übrigens, wieviel Sahne denn nun dabei ist (30%), und das das einen Gesamtfettgehalt von Gewichtsprozent ergibt. Philadelphia hat mit 28% nicht viel weniger Fett, dagegen erheblich weniger Eiweiss (6,5 anstelle 9%) aber mehr Kohlenhydrate (3,1 anstelle 2%).

Der Unterschied von 1190 kJ Energiewert (pro 100 g) bei Philadelphia gegenüber 1371 kj bei Kiri lässt sich wohl dadurch erklären, dass der Wassergehalt bei Philadelphia größer ist. Dies reduziert dann auch die Haltbarkeit, da hilft dann auch die nachträgliche Wärmebehandlung nicht viel: der Philadelphia, den ich kaufe, ist gekühlt noch etwa 10 Tage lang haltbar, Kiri dagegen noch weitere 10 WOCHEN! Ein Herstellungsdatum ist in beiden Fällen nicht angegeben.

FAZIT:

Kiri schmeckt zwar nicht nach Käse, aber trotzdem (oder, für viele Kinder: deswegen !) gar nicht schlecht. Ich würde ihn normalerweise nicht kaufen, da kaufe ich lieber richtigen Frischkäse vom Käsestand auf dem Markt. Der Preis von über 1 € pro 100g, den ich bei real.- dafür bezahlt habe, ist für Schmelzkäse allerdings zu teuer.

Gerade für Länder, die nicht mit unserem kühlen Regenklima gesegnet sind, ist Kiri jedoch keine schlechte Sache, denn es ist immer noch besser, denaturierte Lebensmittel zu essen als möglicherweise verdorbene. Für Reise und Camping also durchaus zu empfehlen.

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