Herzsprung (Taschenbuch) / Ildiko von Kürthy Testbericht

Mal wieder etwas aus der Ecke: lockere Unterhaltung.

An diesen Roman bin ich durch meine Mutter gekommen. Ich vergaß, mir Lektüre für einen netten Gartensonnentag bei meinen Eltern mitzunehmen, als sie mir diesen Roman in die Hand drückte: Herzsprung.
Begeistert war ich vor dem Lesen nicht, hatte ich doch von Ildikó von Kürthy vor Urzeiten Mondscheintarif gelesen, ein Buch, welches mich wahrlich nicht vom Hocker riss.

Aber gut, besser als den ganzen Tag „nur“ faul in der Sonne zu liegen und ein bisschen Abwechslung zur sonstigen Fachliteratur, die ich lesen muss, war es auch.

Zum Buch:

• Broschiert: 247 Seiten
• Verlag: Rowohlt Tb.; Auflage: 5., (Februar 2003)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10: 3499232871
• ISBN-13: 978-3499232879


Inhalt in Kurzversion und ohne Ende

Erzählt werden 48 Stunden im Leben der Hamburgerin Amelie Sturm, genannt Puppe. Beginnen tut der Roman am Samstag um 5:30h. Amelie wacht neben ihrem Freund, dem Berliner Anwalt Philipp von Bülow (Kosename Bülowbärchen) auf, mit dem sie seit 2 ½ Jahren eine Wochenendbeziehung führt.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist „die kleine Welt der Amelie Sturm“ noch in Ordnung.
25 Minuten später beginnt ein fast 48-stündiger Horrortrip.

Das Telefon ihres Freundes klingelt. Bevor sie es findet, geht die Mailbox ran.
Von Neugier getrieben, hört sie die Mailbox ab. Ein Anruf einer Klientin Philipps, der von Amelie missgedeutet wird (wie sollte es anders sein).
Von da ab ist nichts mehr so im Leben von Puppe, wie es vorher war.
Fluchtartig verlässt sie in Beleitung ihres Hundes Miss Maple Berlin, nicht ohne vorher eine Flasche Rotwein über einen südhaftteuren Anzug und den weißen Teppich ihres Freundes zu vergießen.
Auf der Autobahn sich befindet, ruft sie erst einmal die beste Freundin Ibo an, mit der sie seit fünf Jahren erfolgreich das Cafe Himmelreich betreibt. Die, noch im Tiefschlaf, drückt das Gespräch mit der Bitte weg, in vier Stunden noch einmal anzurufen. Also dann, als nächstes „Opfer“ ihr Freund und Friseur Burgi (Burkhard Ginster).
Nach kurzer Krisensitzung beschließt sie, nicht nach Hamburg in ihre Wohnung zurückzukehren, sondern direkt von Berlin aus auf die Insel Sylt zu fahren. Unterwegs lässt sie ihre Handynummer austauschen, damit sie ja nicht von Bülowbärchen erreicht werden und in Ruhe, den für Frauen üblichen, Rachefeldzug planen kann.
Am Ende kommt aber alles anders, als Frau Sturm es sich ausgemalt hat….


Leseprobe
Ich bin eine gute Autofahrerin. Das unterscheidet mich von den meisten anderen Frauen. Sonst unterscheidet mich leider nichts von den meisten anderen Frauen. Ich entschuldige mich oft, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich überhaupt Schuld habe. Ich hadere oft mit meiner Frisur, mit meinen brüchigen Fingernägeln und mit meinem Körperfettanteil. Ich hole zehn Fremdmeinungen ein, bevor ich meine eigene Meinung beschließe, und ich halte jeden Tag für einen guten Tag, an dem ich dreihundert Gramm weniger wiege als am Abend zuvor.
Aber Schwestern, die ihr mit fünfzehn Kilometern pro Stunde auf jede Kreuzung zukriecht, die ihr das Lenkrad umkrampft, wie ein erschossener Cowboy seinen Colt und auf der Landstraße dreißig Minuten hinter einem Trecker herfahrt aus Angst zu überholen: ICH KANN GUT AUTOFAHREN. Und nicht nur das: Ich kann sogar gut einparken.

Zur Autorin

Ildikó von Kürthy wurde 1986 in Aachen geboren und ist eigentlich Redakteurin beim Stern. Zur Zeit lebt sie zusammen mit ihrem Mann in Hamburg und erwartet ihr erstes Kind.
Ihr Debütroman Mondscheintarif, erschien 1999 im Rowohlt Verlag und landete sofort auf der Bestsellerliste.
2001 erschien „Herzsprung. Nachdem die Hamburgerin 2003 ihr erstes Kinderbuch - Karl Zwerglein - abgeliefert hatte, schrieb sie 2004 mit Blaue Wunder erneut einen Frauenroman. 2006 erschien - dem Strickmuster stets treu - Höhenrausch.


Zugegeben: Ildikó von Kürthy bedient sich vieler Klischees. Sei es nun der ewige Kampf gegen das vermeintliche Übergewicht, die Cellulite, das „Älter werden“, die „Sehnsucht“ nach der perfekten Beziehung oder das Thema: Frauen sind/denken anders als Männer und Männer verstehen Frauen einfach nicht.

Aber Spaß hat es gemacht, diesen Roman zu lesen. In vielen Dingen ist diese Frau mir sympathisch, vielleicht auch gerade, weil so viele Dinge im Kopf der Amelie Sturm herumspuken, bei denen auch ich mich wieder gefunden habe. Rachegelüste bei Trennung, Frust über die Dellen an den Oberschenkeln, Augenringe nach der ein oder anderen längeren Nacht, Erinnerungen an die Jugend in den 80ern, mit ihren Songs (die im Roman immer wieder als Songtexte auftauchen), der ersten Liebe, oder auch die Gedanken beim Autofahren, die in der Leseprobe auftauchen…
Mag sein, dass auch ihr Auto, mit dem sie durch Norddeutschland düst, sie so sympathisch gemacht hat. Ich gestehe, auch ich hatte längere Zeit das Vergnügen mit solch einem Auto die Sommer zu genießen. Amelie fährt einen Fiat Spider 124. Oder die Tatsache, dass einem das Drumherum im Roman, die Orte, vertraut vorkommen, als Hamburgerin mit dem Hang zur Nord- und Ostsee.


Fazit

Im Gegensatz zu ihrem ersten Werk Mondscheintarif habe ich mir hier nicht durchgequält. Im Gegenteil: ich war „enttäuscht“, nach 247 Seiten schon fertig zu sein. An der ein oder anderen Stelle kann man ein lautes Lachen nicht unterdrücken, man kann sich verschiedene Situationen bildlich vorstellen.
Meine Freundin, der ich dieses Buch am Strand in die Hand drückte, lachte auch manchmal laut von ihrem Laken herüber.
Ein nettes Buch für kühle, unschöne Wintertage mit einer Tasse Tee in der Hand unter einer Kuscheldecke, um einfach mal abzuschalten.
Da ich nun doch nach und nach alle Bücher von Ildikó von Kürthy gelesen habe, möchte ich für mich sagen, dass Herzsprung für mich persönlich ihr bisher bester Roman gewesen ist. Ein Buch einer Frau in den Dreißiger für Frauen dieses Alters mit vielen Klischees, über die man gern auch mal schmunzelt.

4 Sterne, da ich denke, es ist nette Unterhaltung, aber mehr auch nicht.