Mondscheintarif (Taschenbuch) / Ildiko von Kürthy Testbericht

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ab 4,52
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Erfahrungsbericht von linnie

Kein Schwein ruft mich an...

Pro:

locker und flockiger Schreibstil, die Probleme einer Frau werden auf erfrischende Weise geschildert

Kontra:

das Buch ist viel zu schnell durchgelesen, wohl nichts für den Großteil aller Männer, literarisch nicht \"hochwertig\", zu viele Klischees?!

Empfehlung:

Ja

Nach einem guten Wallanderkrimi muss auch mal wieder ein entspannender Frauenroman her und dank eines Angebots vom Club Bertelsmann bin ich endlich in den Besitz von "Mondscheintarif" und "Herzsprung" gekommen.

** Die Autorin
Ildiko von Kürthy lebt in Hamburg und ist Journalistin beim "Stern". Ihr
erster Roman "Mondscheintarif" (1999) wurde auf Anhieb zum Beststeller
und ist auch bereits verfilmt worden. Nach Mondscheintarif veröffentlichte sie noch die beiden Romane "Herzsprung" (2001) und
"Freizeichen" (2003).

** Inhalt
Zu Beginn des Buches lernt der Leser Cora Hübsch kennen, eine 33 jährige
Singlefrau, die am Samstagnachmittag zu Hause sitzt und auf den Anruf
des Mannes wartet, mit dem sie am Mittwoch zuvor ihren ersten Sex hatte.
Je später es wird, umso verzweifelter wird Cora, weil sie sich immer
sicherer wird, dass Dr. med. Daniel Hofmann, ihr Angebeteter, nicht
anrufen wird. Der Leser erlebt den gesamten Samstagnachmittag und
-abend zusammen mit Cora Hübsch und erfährt nebenher allerlei über die
Hauptperson des Buches, denn Cora hat ein gespaltenes Verhältnis zu
ihren Füßen und ihren Haaren, ihre letzte Beziehung zu Sascha ging in
die Brüche, weil die beiden nichts gemeinsam hatten und Daniel hat sie
auf der Verleihung eines Filmpreises kennen gelernt, als sie der
Toilettenfrau Hummer vom Büffet bringen wollte und diesen samt Daniel zu
Fall gebracht hat.

Rein inhaltlich passiert nicht viel mehr, als dass die Zeit am Samstag
verstreicht und Cora aus Verzweiflung zwischendurch mit ihrer besten
Freundin, der schönen Johanna, und ihrem guten Freund „Big Jim“ telefoniert. Nette Episoden aus Coras Vergangenheit, die sie dem Leser zum besten gibt, lockern das Buch dabei auf. Schlussendlich beschließt Cora, ihren nadellosen 6 Monate alten Tannenbaum im Park zu entsorgen und hat dort eine schicksalhafte Begegnung....

** Allgemeines zum Buch
Als Bertelsmann Clubausgabe:
Ildiko von Kürthy: Mondscheintarif (142 Seiten) und Herzsprung (248 Seiten)
Buch-Nr. 006571
Preis: 14,95 Euro (gebundene Ausgabe)
Fotos im Innenteil von Jens Boldt und Kristin Schnell

Als Rowohlt Taschenbuch:
Broschiert - 141 Seiten - Rowohlt Tb.
Erscheinungsdatum: 1999
ISBN: 3499226375
Preis: 8,50 Euro

** Kritik
Ich habe das Buch an nur einem Abend durchgelesen und das liegt nicht nur daran, dass es nur 142 Seiten hat, sondern auch daran, dass es sehr leicht zu lesen ist und mich köstlich amüsiert hat. Das Buch ist aus der Ich-Perspektive von Cora Hübsch geschrieben, sodass der Leser hautnah all ihre Probleme und Sorgen miterlebt und irgendwie in jeder Situation dabei ist und mitfühlen kann. Viele beschriebenen Situationen konnte ich mir bildlich vorstellen und musste bei Coras Schilderung oftmals schmunzeln. Ein wenig hat Cora mich an Bridget Jones erinnert, denn auch Cora mäkelt gerne ausgiebig an sich rum und ist selbstverständlich viel zu dick. Manche Szenen sind einfach nur urkomisch, zum Beispiel, als Cora die Leiden des Epilierens schildert, da fühlt man als Frau wirklich mit. Man merkt hier doch deutlich, dass eine Frau dieses Buch geschrieben hat, denn sie weiß, wovon sie spricht! Das Buch ist wirklich urkomisch geschrieben. Außerdem werden selbstverständlich sämtliche Klischees bedient, denn Cora ist diejenige, die nach dem ersten Sex zu Hause am Telefon auf den Anruf ihres Geliebten wartet. Zu dem Thema eine kleine Leseprobe:

S. 44/45:
„Der Anrufbeantworter hat uns Frauen eine zweifelhafte Freiheit wiedergegeben. Früher schickte der Galan seiner Angebeteten Briefe oder tauchte zu später Stunde unter ihrem Balkon auf, um ihr etwas Selbstkomponiertes zu Gehör zu bringen. Das heißt: Dame musste warten, um ihn nicht aus Versehen zu verpassen. Ich weiß noch, wie ich vor etwa zwanzig Jahren auf einen Anruf wartete. Jakob Rödder, unser anbetungswürdiger Klassensprecher, hatte mir in Aussicht gestellt, mich eventuell zu einem Eishockeyspiel mitzunehmen. Natürlich hab es in unserem Haushalt weder einen Anrufbeantworter noch ein schnurloses Telefon. Der vorsintflutliche Apparat, mit einem unerhört leisen Klingeln und einem Hörer, der in etwa soviel wog wie eine Lammschulter mit Knochen, stand im Flur. Das heißt, ich konnte mich weder in meinem Zimmer aufhalten, noch laut Musik hören, noch Fernsehen gucken, noch baden, noch duschen, noch im Keller nach Schokolade suchen. Ich war dazu verdammt, den Nachmittag in dem zugigen Flur zu verbringen.“

Die Sprache ist recht einfach, die Sätze meist kurz und prägnant, denn fast sämtlicher Text des Buches ist in Form von Coras Gedanken abgefasst, sodass die Sprache nicht wirklich als Schriftsprache gezählt werden kann. Der Leser (die Leserin...) liest, was Cora denkt und da ihr manchmal sehr wirre Gedanken in den Sinn kommen, ist auch die Sprache dementsprechend locker und „flockig“, was dazu führt, dass man das Buch in einem Zuge durchlesen kann, ohne dass einem die Augen dabei müde werden.

Im Verlauf des Buches gibt es immer wieder Sprünge in Coras Vergangenheit, aus der man mehr über ihren Exfreund Sascha erfährt und über das Kennenlernen mit Daniel. Diese Absätze aus der Vergangenheit sind etwas eingerückt, durch eine andere Schriftart gekennzeichnet und durch „wunderschöne“ rosa Balken vom restlichen Text abgesetzt, sodass man auch rein optisch immer weiß, in welcher Zeit man sich gerade befindet. Zwischendurch ist das Buch aufgelockert durch ein paar Fotos (zumindest in meiner Ausgabe), meist passen die Fotos genau zur jeweiligen Szene, so sieht man ein Paar nackter Füße, als Cora sich darüber beklagt, wie hässlich ihre eigenen sind, man sieht eine Waage, als Cora einfällt, dass sie zu dick ist, auf einem anderen Foto ist ein Anrufbeantworter abgebildet, der zur oben aufgerührten Szene gehört, außerdem gibt es ein Epiliergerät zu sehen und noch vieles mehr. Das macht das Buch auch zu einem optischen Lesevergnügen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich vom Text so begeistert war, dass ich die Bilder beim Lesen kaum beachtet habe.

Der Inhalt des gesamten Buches spielt sich an diesem einen besagten Samstagnachmittag bzw. –abend ab, an dem Cora auf den Anruf ihres angebeteten Dr. med. wartet, dennoch wird das Buch an keiner Stelle langweilig, weil immer so viele kleine Episoden aus Coras Nähkästchen erzählt werden, dass das Buch zu einem kurzweiligen Leseerlebnis wird. Selbst auf diesen wenigen Seiten wächst Cora einem richtig ans Herz, sodass man jede Gefühlsregung mitfühlt und sich anfängt über Daniel zu ärgern, der einfach nicht anrufen will!

** Fazit
Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung für alle Bridget Jones Fans und Liebhaberinnen guter Frauenromane. Ildiko von Kürthy hat mit Mondscheintarif ein herzerfrischendes Romandebüt abgeliefert, das wirklich lesenswert ist. Der einzige Nachteil dieses Buches ist die Kürze, denn 142 Seiten sind für einen Roman wirklich zu wenig. Dennoch gibt es volle fünf Sterne und eine Empfehlung für alle weiblichen Leserinnen oder alle männlichen interessierten Leser, die schon immer einmal in die Seeler einer verzweifelten Frau blicken wollten!

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