Kultur Testbericht

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Erfahrungsbericht von MONETIX

Technik oder der Verfall geschaffener Werte und......

Pro:

Technik und Kultur miteinander machen Sinn!

Kontra:

Nicht die Kultur bei der ganzen Technik vergessen!

Empfehlung:

Ja

.... Kultur. Schön, dass es technischen Fortschritt gibt. Aber bedeutet technischer Fortschritt auch mehr Kultur. Jetzt wird der ein oder andere sagen, was hat denn Technik mit Kultur zu tun?

Meines erachtens sehr viel, denn die Technik besteht nicht nur aus Computern, Handys und CD-Playern und Kultur nicht nur mit Literatur, Oper und anderen sogenannten kulturellen Veranstaltungen zu tun.
Es gibt eine Lebens-, Wohn-, Esskultur und vieles andere mehr.
Ich möchte hier an dieser Stelle einmal auf die Lebenskultur im Bereich Technik eingehen, wenn auch, zugegebenermassen, dies ein grosser Spagat ist.

Wusstet ihr, dass J.R.Tolkien seinen „Herr der Ringe“ (im Munde aller Cineasten), in zwölf Jahren Arbeit auf der Schreibmaschine getippt hat –im Zwei-Finger-Suchsystem?
Der Arme, entfährt es einem da sofort; doch ging´s im echt schlechter als uns heute? Immerhin hat Tolkien nie das Fenster „Diese Anwendung wird auf Grund eines ungültigen Vorgangs geschlossen“ auf seinem nicht vorhandenen PC-Bildschirm gesehen, geschweige denn aus Versehen 2000 Manuskriptseiten mit einer unachtsamen Bewegung gelöscht.
Das Buch und die Verfilmung desgleichen, würde es dann wahrscheinlich dann gar nicht geben.

Klar, früher war auch nicht alles besser. Ich möchte heute nicht den dreckigen Teppich im Hinterhof klopfen und ich habe auch keine Lust im Winter Holz zu hacken. Aber wir sind heute so abhängig von digitalen Ziffern, Leuchtdioden und Pieptönen, dass man sich manchmal vorkommt, als hätte man eine lebenslange Statistenrolle in einem Science-Fiction-Film zu erfüllen.
Wir vertrauen auf die Scanner-Kasse im Supermarkt(ich hab noch keinen Yopianer darüber meckern hören) mehr als auf die Güte Gottes, und der Jogger glaubt erst, dass er sich übernommen hat, wenn der elektrosensorische Pulsmesser „Exitus“ anzeigt.

Als ich neulich in einem Fankfurter Parkhaus um Hilfe bat, weil ich mit dem Ticket zwar hinein-, aber nicht mehr hinausfahren konnte, grummelte der Mann im Kassenhäuschen nur emotionslos: “Das kann aber nicht sein!“, und deutete damit an,dass er meine Fähigkeit, mich mitsam meines Ford-Mondeo-Combis unbemerkt unter der ein Meter hohen Schranke hindurchgemogelt zu haben, für wahrscheinlicher hielt als einen Defekt des Gerätes.

Früher konnte man im Bus höchstens lesen oder ein Gespräch mit anderen Fahrgästen anfangen, heute kann man 44 im Adressbuch eingetragene entfernte Bekannte übers Handy von dem Umstand „sitze gerade im Bus“in Kenntnis setzen (meist gefolgt von der Nachricht:“Mist, Haltestelle verpasst!“).
Auch das Literaturübersetzer und Pfeifenschnitzer sich per Webcam live bei der Arbeit beobachten lassen, ist ein bahnbrechender Fortschritt, und die Möglichkeit, auf der Insel Kreta am Strand liegend daheim im Hochtaunus die Rolläden per Fernbefehl hochzufahren, erleichtert das Leben auf diesem Planeten ungemein.

So ist auch die altertümliche Art des Münzen-bei-sich-tragen-Müssens (s. auch Bericht „Verarschen wir uns selber..“) abzuschaffen, gerade etwas ganz Praktisches erfunden worden: Man steht vor der Parkuhr, ruft eine Telefon-Nummer an, wartet auf den automatischen Rückruf, gibt dann einen Code ein –und wundert sich zwei Monate später bei der Buchführung, wofür man am 26. März in Frankfurt 1,20 Euro ausgegeben hat.

Sicher, in den meisten „innovativen Lösungen“ steckt noch erhebliches Optimierungspotential. Was nützt uns die automatische Spracherkennung im PC-Schreibprogramm, wenn man am Anfang eines Briefes nach Eingabe der Buchstaben „Hal“, dem Computer sagen müssen: „Nein. Ich will nicht „Hallenfussball“ schreiben!“
Was nützt uns der Route-Finder im Auto, wenn man die Strassennamen nicht eingeben können, weil der im elektronischen Adressbuch steht, dessen Batterien mal wieder im Arsch sind?
Was hat man von einem Kaffee-Eierkocher-Geschirrspül- und Bluthochdruckmess-Kombigerät, wenn man, Sprachübersetzungsprogramm sei Dank, auch nach eingehendem Studieren der Bedienungsanleitung den Ein- und Ausschalter nicht findet, dafür aber davon in Kenntnis gesetzt wird, dass „Vor der Drückung der Set-Taste ist sicherzustellen, dass die Set-Taste gedrückt ist“?

Diese ganzen Spielereien sind übrigens oftmals nicht nur sinn-, sondern auch kultur- und seelenlos.
Man vergleiche mal den Moment, in dem man früher eine LP aus dem grossformatigem Cover friemelte und voller Spannung wartete, dass das Knistern der Nadel den ersten Song freigab, mit dem „Verschlucken“ einer CD.

Ich fasse zusammen: Nein, meine Frau soll nicht mehr mit der Hand spülen und ich weiss auch meinen Anrufbeantworter, Computer, Handy usw. zu schätzen. Aber ich komme mir lächerlich vor, Termine in meine Armbanduhr zu diktieren und per SMS bei der Bank Daueraufträge einzurichten!
Ich will richtige Postkarten zum Anfassen, keine als Rundschreiben verschickte E-mails mit der Betreffzeile „Re:Re: Geb.Antw.(fwd)“!

Wie lange wird es dauern, bis wir der Nachwelt erklären müssen:
„Also, ein Buch, hm, das war sowas wie eine SMS mit mehr als 170 Zeichen“?
Ich sehe es schon vor mir, was man über diesen Beitrag sagen wird: „Der Autor diese Artikels hat diesen Text noch in Word verfassen müssen; ohne „automatische Gedankenüberprüfung“ und „Nackenverspannungsmelder“!“ Und wie ein verkabelter Museumsbesucher daraufhin hastig die „Back“-Taste seines Kopfhörers sucht, weil er staunend beschliesst: „Soviel Elend damals! Das muss ich mir gleich nochmal in Japanisch anhören!“ Soweit dann auch zur Sprach-Kultur.

Ich hoffe ihr konntet meinen etwas wirren Gedanken folgen und bedanke mich fürs lesen und bewerten, Günter.

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