Kurzgeschichten Testbericht

No-product-image
ab 10,41
Auf yopi.de gelistet seit 10/2003

Erfahrungsbericht von diearschmade

Capacitas Animarum - Die Halle der Seelen Teil 1

Pro:

entscheidet selbst

Kontra:

entscheidet selbst

Empfehlung:

Ja

Ich habe vor einiger Zeit mit dieser Geschichte angefangen, um ein wenig an meinem Schreibstil zu feilen. Zwei Kapitel sind bereits fertig, dies ist der Anfang. Schreibt mir undbedingt was ihr davon haltet. Wenns gut läuft, gibts den zweiten Teil :oP

Kapitel 1

Nichts auf Erden könnte erklären, was in mir vorgeht. Die Beine wollen laufen, der Magen sich umdrehen und der Geist alles schon hinter sich haben. Dabei bin ich nur die Schachfigur mit der tragischen Nebenrolle. Ich versuche mich zu entscheiden, ob ich sitzen oder stehen möchte. Meine Füße bringen mich zu der silbernen Metalltür und lassen meine Kopf einen Blick durch die kleine Scheibe werfen. Doch das viele Blut schreckt mich zurück und lässt mich abwenden. Wie lange soll es noch dauern? Sie ist schon so lange darin. In unregelmäßigen Abständen höre ich sie, wie ihr kurze Schreie entfliehen. Sie wollte mich nicht dabei haben. Sie sagt, ich würde ihr keine Hilfe sein und solle nicht böse werden. Was könnte ich denn auch tun? Ihre Hand halten würde mich nur näher an das ganze Geschehen bringen, als es mir lieb ist.

Das Leder gibt mir zu verstehen, dass ich auf ihm sitze und bewegungsreich auf ihm hin und her rutsche. Die Dame gegenüber sieht mich an und es ist mir unangenehm. Ihre Augen scheinen zu sprechen, hallen in meinem Kopf wieder. ,Du bist daran schuld, dass sie nun da drin liegt und Schmerzen hat. Nur du allein.\', sagen sie und dringen in mich ein. Meine Beine drücken mich hoch. Wenn ich noch Raucher wäre, würde ich jetzt viel zu viel von diesem giftigen Rauch inhalieren und dabei ein ganzes Wochenpensum an Zigaretten verschlingen. Ein neues Schreien erreicht meine Ohren und ich schaue wieder durch die kleine Scheibe. Mit weit geöffneten Augen sehe ich ihn. Eingewickelt in ein beschmiertes Tuch, wird er umher getragen. Die weißen Kittel drehen sich um ihn herum. Inmitten Aller liegt sie mit geschlossenen Augen, ruhig vor sich hinatmend. Ein Kittel erblickt mich an der Tür und winkt mich herein. Die feuchten Finger drücken das kalte Metall beiseite und gewähren mir Einlass. Ich möchte dort zum Licht, das kleine Wesen sehen, es berühren. Doch etwas verweigert mir den Willen. Meine Knie sind starr und wollen nicht bewegt werden. Nur mit Überwindung trete ich näher und sehe das schmale Geschöpf dort in der Schale, gebettet in weichem Tuch. Eine Hand umfasst mein Armgelenk und zieht mich heran.
Ihre Augen sind erschöpft und verlangen nach Schlaf. Durchgeschwitzt liegt sie in ihrem Hemd, kaum mit etwas bedeckt, außer einem rot getränkten Laken.
\"Sag nichts. Genieße den Moment und atme durch, er wird gleich kommen.\", versuche ich ihr ein wenig Trost zu geben. Einer der weißen Kittel hebt ihn aus seinem gebastelten Nest und bringt ihn herüber. Fein, einem seichten Regen gleich rollen ihr Freudentränen aus den Augenwinkeln. Die Schreie des Winzlings nehme ich kaum wahr. Wie gebannt schaue ich auf meine Frau und das neue Leben auf ihrer Brust. Leicht zitternd streichen ihre Finger durch das nasse noch rar gestreute Haar des Kleinen. Wild und suchend tasten seine Augen die Gegend um ihn herum ab. Unsere Augen treffen sich und er verstummt. Das Schreien nimmt abrupt ein Ende, alle halten den Atem an. Doch was ich sehe lässt mich schaudern. Ich meine ein Grinsen und ein fahles Zucken der Augen gesehen zu haben. Alle starren mich an, doch ich kann nichts tun, außer ihn weiter anzusehen.
Es wird dunkler im Raum und rasch werden Blicke in die Gegend geworfen. Die Instrumente sind ausgegangen. Kein Piepen, kein beruhigendes Leuchten, nur erdrückende Finsternis auf den Geräten und dieser Blick, der völlig schwarz auf mir ruht. Sein Blick. Ich kann nicht hinsehen, es höhlt mich aus dringt in meinen Kopf.

Das junge Schreien zieht wieder durch die Ecken des Raumes und bringt Ruhe in die umstehenden Gemüter. Eine warme Hand packt meinen Ellenbogen und bringt mich auf die andere Seite des kleinen Fensters.
Die Metallbarriere schließt sich und sperrt mich erneut aus. Sachte streiche ich mit den rechten Fingern über das Glas, in der Hoffnung die Szene berühren zu können. Doch es ist nur das kalte Glas das sich an meine Finger setzt. Ich entferne die Hand und drücke sie mir an die Stirn. Was habe ich dort drinnen gesehen? Hat die Freude über den Nachwuchs mir meine Sinne getrübt? Dieses Grinsen, brennt mir so stark in den Gedanken wieder. Am ganzen Körper richten sich meine Haare auf und wollen fliehen. Was ich gesehen habe war nicht freundlich oder willkommend, es war Böse. Langsam drehe ich mich weg, weiche dem Raum und seinem Spuk.
Noch immer sitzt die Dame an ihrem Platz. Wieder sieht sie mich an und wieder sprechen ihre Augen laut und deutlich. ,DU bist schuld an dem was du gesehen hast. Du ganz allein.\' Meine Augenlider schließen sich. Müdigkeit erfüllt mich und zieht mich in ihren Rausch. Wirr, ungeordnet fliegen die Bilder vor meinem inneren Auge. Sie zeigen farbige Blitze, schnell wechselnde Farben und dieses Gesicht. Dieses endlose, böse Grinsen. Ich möchte mich wegdrehen, weglaufen, dem Ganzen entfliehen. Doch es ist überall, nicht einmal das schließen meiner Augen kann ihm Einhalt gebieten.

Ruckartig schnelle ich vom Leder empor. Die weiße Decke ist das Erste was ich sehe. Ich schiebe mich auf dem Stuhl wieder zu Recht und lasse den Kopf hängen. Vorsichtig riskiere ich einen Blick nach Rechts, doch die alte Dame ist verschwunden. Ich atme laut auf und die Luft strömt tief in mich hinein. Der Flur vor mir ist nur noch schwach beleuchtet. Die Fenster an der Tür sind dunkel. Wie lange habe ich geschlafen? Der Griff an mein linkes Handgelenk lässt mich erinnern, dass ich in der Eile und Aufregung meine Uhr auf dem Nachttisch habe liegen lassen. Ich hebe meine Hände vor den Bauch und sehe sie an, sie zittern nicht. Ein kurzes streichen über die Oberschenkel und ich stehe auf. Die Gänge sind leer, weit entfernt höre ich Füße über den Gang schleifen. Klatschend hallen meine Schuhe auf dem Boden wieder. Meine rechte Hand streicht an der Wand entlang, als ich voranschreite. Auf der linken Seite öffnet sich eine Einbiegung und ein Schild mit der Aufschrift ,Information\' hängt gelangweilt an der Wand. Es zeigt in den Gang hinein und ich folge ihm. Unweit sitzt hinter einem Tresen eine weiß bekittelte Person.

\"Verzeihen sie.\", spreche ich sie leise an. \"Ich suche meine Frau. Sie hat vor ein paar Stunden entbunden. Ich bin leider anschließend eingeschlafen und wüsste gerne wo sie jetzt liegt.\"
\"Wie ist ihr Name?\", möchte die angenehme Stimme wissen.
\"Entschuldigung. Stone, Collin Stone und meine Frau heißt Marie.\"
\"Einen kleinen Moment bitte, ich schaue eben nach.\" Die Person durchwühlt ein paar Listen und wendet sich anschließend wieder mir zu.
\"Hier ist sie. Marie Stone. Sie liegt gleich hier vorne. Gehen sie den Gang noch ein kleines Stück weiter hinunter, am Säuglingsraum vorbei und dann ist es auch schon die zweite Tür auf der rechten Seite.\" Ich bedanke mich und gehe weiter.
Wie hinter einem Schaufenster, liegen sie in Reih und Glied. Sie sehen alle gleich aus, nur die kleinen Schilder an den Betten und Ärmchen unterscheiden sie. Ich lege die Hände auf das Glas und taste nach ihm, vielleicht kann ich ihn fühlen. Doch ich sehe sein Schild. ,Stone\' steht in handgeschriebenen Buchstaben darauf. Seine Augen sind geschlossen und ich atme innerlich durch. Schnell und gleichmäßig hebt und senkt sich die kleine Brust, gierig nach Luft schnappend. Langsam drehe ich mich um, nach der Tür suchend, die mir beschrieben wurde. Die zweite auf der rechten Seite, hatte die Stimme gesagt. Skeptisch wandern meine Augen an der Türbeschriftung auf und ab, bis ich den Mut fasse die Klinke hinunter zu drücken. Kalte Luft weht mir über das Gesicht und bringt mir eine frische Brise Krankenzimmer entgegen. Bis auf ein paar kleine Lampen ist es Finster, doch ich erkenne sie sofort. Die Haare sind noch an den Enden feucht und kleben am seitlich liegenden Kopf. Ihr Mund ist leicht geöffnet und zieht eine Fratze. Dort liegt sie, dennoch wunderschön und von den Strapazen gezeichnet. Fahles Licht liegt auf der blassen Gesichtshaut. Wie ein Geist, ganz bewegungslos liegt sie im Bett.

Ich schnappe mir einen kleinen Schemel und stelle ihn vorsichtig neben sie. Wie gern würde ich sie berühren, ihr sanft übers Gesicht streicheln, um ihre warme Haut zu spüren. Doch ich bringe es nicht fertig, es auch nur zu riskieren sie aus dem Schlaf zu reißen. Irgendwann wird sie sich an diese Zeit zurückerinnern und darüber schmunzeln, wie sie mich des Raumes verwiesen haben, wie ich draußen gewartet habe. Wahrscheinlich wird sie nie erfahren, was ich gesehen habe. Sie soll genießen was sie geboren hat.

17 Bewertungen