Lago Maggiore Testbericht

Tja, ich und verreisen, das ist ein Unding auf drei Beinen und einem Krückstock.
Meine Reise nach Lago Maggiore ist die erste Kulturreise nach langen Jahren arbeiten, Geld sparen und langer Arbeitslosigkeit zwischendurch.
Damals führte mich meine Reise nach Rom und nach Pompeji, der vom Vesuv versunkenen Stadt.
Wie jung war ich damals? Ziemlich jung, abenteuerlustig, pragmatisch und meist mit wenig Gepäck unterwegs.
Von all den Mitreisenden war ich der einzige mit dem allerkleinsten Gepäck. Was hatte ich damals mitgenommen? Zwei Tagesanzüge zum Wechseln und einen Kirchenanzug für den Petrusdom innerhalb Roms. Ein bisschen Duschgel, Kamm, meine Kamera, Intimwäsche, sechs Äpfel für sechs Tage, eine Flasche Wasser und etwas Platz für die Geschenke.
Ich fragte mich schon damals, wofür die Leute - meist doppelt so alt wie ich -, soviel Gepäck für fünf Tage brauchten. Heute weiß ich es: Sie nahmen überflüssige Sachen mit, die sie wieder ungenutzt zurückschleppten. Typisches Übergepäck. Denn genau das gleiche Übergepäck habe ich heute für fünf Tage mit, mit dem gleichen riesengroßen Koffer, der im Grunde nicht einmal nötig war. Ich bin zwar immer noch - genau wie damals - pragmatisch, nur bin ich heute typisch überflüssig pragmatisch und mehr als ein bisschen Älter als damals. Was so gut wie ziemlich beweist, das ich genauso wie meine damaligen Mitreisenden geworden bin, auch wenn ich das vermeiden wollte. Unmöglich!
Diesmal führt mich meine Reise mit NSR nach Lago Maggiore in der Nähe von Comer See.
Schrei George Clooney wohnt in der Nähe... Ja und! Wen juckt das jetzt?
Zumindest erhöht dieser Cary Grant der Neuzeit, nicht meinen Reisepreis:
Für diese Reise habe ich haargenau 574 Euro für Halbpension, zusätzlich 50 Euro für zwei Tagesreisen, 12 Euro für den jaaaaanz dollen Treibstoffzuschlag und das Reisesorglospaket für 38 Euro gezahlt. Insgesamt 674 Euro. Nur fehlt darin die Auslandskrankenversicherung, die eigentlich meine eigene Krankenkasse abdecken sollte und im Notfall, ich wieder alles selbst zahlen muss und nichts zurück kriege.
Zumindest weiß ich spätestens jetzt, wieso mein Übergepäck:
Ich muss mich ja schließlich warm halten.
Zusätzliche Kosten für Eintritte, Austritte und welche unvermittelten Einflüsse, sind noch nicht ganz eingeplant.

Lago Maggiore -> Was bedeutet dies?
Lago ist übersetzt mit dem deutschen Wort SEE gleichzusetzen.
Maggiore ist gleichzusetzen mit groß/schön. Übersetzt je nach Lage des Ortes, Gemütszustand des Übersetzers, Ausrichtung des Übersetzungsgrades.

Busreise nach Lago Maggiore:
Tja, für die Busreise dahin musste ich früh aufstehen, frühstücken und etwas zu essen und trinken mitnehmen, denn Abends - so dachte ich - hatte ich nichts von der Hotelküche zu erwarten, trotz der Halbpension.
Bedeutet:
Ich muss wirklich nur hungerig zu Bett. Aber irgendwie muss ich da durch.

An der Reise hatte ich nun insgesamt 19 weitere Mitreisende. Meist mittlerweile junggebliebene und junggeglaubte Damen und Herren im wundervollen Rentenalter mit gesichertem Renteneinkommen und unrüttelbarer Krankenversicherung, in deren Genuss sie glücklicherweise gekommen sind.
In welchem Genuss kommen die kommenden Generationen? Jedenfalls nicht in dem, der festen Rente.
10 Paare davon 2 Junge und 8 junggebliebene Rentnerpaare, und mich inbegriffen 10 Alleinreisende.

Die Reise fing im strömenden Sommerregen eines vielversprechenden Julitages an. Mitten im erschlagenden Regen durfte ich meinen Koffer im Laderraum des Busses unterstellen und mich eiligst auf meinen Sitzplatz neben einer sympathisch sportlichen Rentnerin Platz nehmen.
Alle Mitreisenden samt NRS Fahrer eingestiegen, rollte der Bus eiligst zum nächsten Halt los um einen weiteren Passagier aufzunehmen, der sich trotz vollen Reisepreis der Urlaubsreise entzogen hat. Siehe da: Unter den Armen gibt es immer noch die eingebildeten Reichen, die sich den Nichtantritt einer voll beglichenen Reise leisten, sie aber doch sausen lassen.
Das Gelächter meiner weiteren 19 Mitreisenden war sich die an falscher Sympathie und Geld, reichen und nichtvorhandenen Mitreisenden sehr sicher.
Vor mir lagen nun gute 8 Stunden stilles Sitzen in einem älteren Reisebus der Firma NRS, der als neuer LUXUS-Bus deklariert worden war und doch von allen Seiten, Ecken und Kanten nur noch so von frischer Entenprise pfiff (sprich: den spürbaren Luftzug von vorn bis hinten hatte), das mir die Erkältung und der steife Nacken sicher waren.
Und das noch zu Anfang der Reise. Na toll!
Auch wenn der erfahrene NRS-Fahrer an manchen Stellen seine Witze riss und das Lenkrat trotz steifkalter Brise und heftigem Regen nicht veriss, weder die stark verregnete Umgebung, manch dunkle Wolkenbrüche und noch dunklere Tunnel konnten mich beruhigen.
Ich saß wie ein Haufen Elend an meinem zugigen Platz mit beinah abgewetzter Kopfstütze, um tatsächlich ja keinen steifen Nacken zu kriegen. Kalt war mir eh schon. Und der Sinn für die hügelige und manch schluchtentiefe Umgebung, war mir nicht danach. Über den ersten Halt auf der Autobahnraststätte Marché freute es mich um so mehr, denn Zeitweise hatte der Regen Mitleid mit mir und das Wetter zeigte sich von sich von seiner sonnigen Seite.
Nur, die Schweiz ist so teuer!
Ein 0,2 l Glas ausgepresster Saft kostet 6,00 Euro. Oh Mann! So kam mein Apfel daher, der meinem hungrigen Magen hilfsbereit zu Seite stand. Während der Fahrer auch noch während seiner Pause Fahrer- mit Urlaubswitzen mixte, verstand ich nicht viel. Am Ende kam irgendwas heraus, das mir irgendwie nicht so ganz geläufig war. Aber was soll's. Die Reise ging weiter und der Regen auch bis nach ganz Italien und zum Hotel Vittoria in Premeno, hinunter.
Doch bis dahin war es ein noch längerer Weg als ich gedacht hatte. Irgendeine Straße kurz vor der Schweizer Grenze erlaubte sich, sich zu verflüssigen und keiner konnte mehr drauf fahren. Geschweige denn, den Wagen in die Hosentasche stecken und drüber passieren.
Auch wenn der zugige Bus den Fahrer in den Griff und ich mich bis dahin nicht erkältet hatte, war es ärgerlich. Was hatte sich die Straße erlaubt, sich einfach zu verselbständigen, ohne mich vorher zu fragen?
Zwei weitere Stunden in dem zugigen LUXUS-Bus mit den abgenutzten Kopfstützen waren mir sicher, während auf mich im Hotel ein schönes Doppelbett wartete. Schlimm!
Dann habe ich nach einigen Pausen im verregneten Deutschland und sinnflutartig fast untergegangen Norditalien, doch noch das Hotel erreichen können. Siehe da, das noch ohne hinreichende Verdachtsmomente einer Erkältung....

Der Lago Maggiore war und ist immer noch groß. Insgesamt misst er 68 Km Länge, 13 Km davon gehören der italienischsprachigen Schweiz und die restlichen 55 Km, natürlich Italien.
Im italienischen Teil befinden sich die drei Inseln Isola Madre, Isola Bella und die kleine Fischerinsel Isola die Pescatori, bei denen man als Tourist locker ärmer wird.
Denn Touristen sind nur da, um wirtschaftlich ausgenommen zu werden.
Alle drei Inseln gehören der sehr einflussreichen Familie Borromeo, deren Wurzeln bis hin zum 14. Jahrhundert zurückreichen und sich im heutigen Jahrzehnt sogar mit den Grimaldis zusammenschließen. Manch schöne Töchter waren sogar an der aktuellen Hochzeit in Monaco eingeladen. Wie auch immer.
Auch wenn ich keinen Testbericht über die Borromeoinsel schreiben werde, hat die Familie trotzdem großen Einfluss in ganz Italien.
Ihre Mutterinsel mit dem Schlossgarten ist nett, kann der Schweizer Insel Mainau beim besten Willen nicht das Wasser reichen.
Nach meiner Ankunft habe ich entgegen meiner Vermutung ein sättigendes Abendessen erhalten und konnte danach endlich meine Beine nach langem Sitzen bewegen und über Nacht auf der festen Matratze meines Doppelbettes ausstrecken.

In der Gegend des Lago Maggiore blieb ich insgesamt 4 reine Urlaubstage, in diesen ich einiges interessante sah und in den Landestypischen Postkarten und Touristenbüchern eingefangen habe, die sehr wahrscheinlich Tagelang in meinem Bücherregal verweilen werden. Da wird es ihnen sicher nicht langweilig.
Vier reine Urlaubstage, die vergehen recht schnell. Wie ging noch mal das Lied mit den 10 kleinen Negerlein? Wer ging weg und kam wieder reumütig zurück? Was die Negerlein taten, macht die Zeit nicht. Wenn sie geht, ist sie endgültig weg und so rannten mir meine Urlaubstage zwischen den Fingern davon. Auch wenn es so aussah das mein Urlaub ohne mich schwimmen gehen würde, dem war nicht so. Die Sonne hatte Mitleid, verjagte alle Wolken und ließ meine Reisegruppe und mich einen schönen sonnigen Urlaub haben. Das gute bei dieser Reisegruppe war:
Mit 20 an der Zahl waren es wenig Leute und viel Platz im veralteten LUXUS-Reisebus.
Mit Regen kam ich, mit Sonne ging ich über alle Berge.
Vier Urlaubsziele und vier Urlaubstage vergingen schnell. Was sah ich in aller Eile und Hetze?
Die Borromeo-Inseln mit dem Schloss, dem Palazzo und den Privatresidenzen der Reichen und Schönen Italiens, den Ortasee und einiges Meer mit kleinen Seefahrern und
Wasserskispringern, dazwischen. Sogar den Verzasca-Staudamm, von dem Jimmi Bondi dem Goldenen Auge mit einem 2,5m langen Sprung entflohen ist und ich beinahe mitten im Staudamm vergessen wurde.
Denn, alle NRS-Reisenden müssen sich ja beeilen.
Ich hatte eigentlich eine lässige Reise gebucht, stattdessen buchte ich nur um mich hetzen zu lassen.
He, he, he, hetzt mich nicht....
Sonne, Wind und ein Eimer Regen, könne man meinen.

Vier Tage gingen schneller als sie kamen. Während meiner Rückfahrt sah ich einige Fallschirmspringer, die vom Flugzeug rausgeworfen wurden um eiligst wieder an die Erde zu kommen. Wozu stiegen sie dann da rauf? Um wieder rausgeworfen zu werden?
Irgendeiner hat mal gesagt, das Fallschirmspringer nur deshalb aus dem Flugzeug fliegen, weil sie während des Fluges beim Schwarzfliegen erwischt wurden.
Zumindest weiß ich jetzt warum die immer aus dem Flugzeug fliegen. Früher waren sie nur einfache Sportler für mich.
An die Insel Mainau durfte ich mich kurzzeitig auch angenehm erfreuen, da die Rückreiseroute erfreulicherweise daran entlang lief. Nur leider war keine Pause eingeplant und so saß ich auch wieder an meinem zugigen Fensterplatz still und leise, mit der Hoffnung mich auch nicht bei der Rückreise zu erkälten. Tja!
Auch wenn ich die Zeit bei Lago Maggiore genossen habe und mich heute wieder an mein Familienleben mit Diane und den Kindern erfreue, wäre ich doch gerne länger geblieben.... Das schöne Leben Italiens.

Aufhören sollte man immer wenn es am besten ist.
Hier bin ich am Ende meines langen Tages angelangt und wünsche allen eine gute Nacht und ein schönes Leben weiterhin.

Gruß
Wasio