Lange Nacht der Museen Testbericht

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Erfahrungsbericht von Bluebirdunfa

Tote Vögel und Gruselkabinett um Mitternacht

Pro:

sehr interessant

Kontra:

Nichts

Empfehlung:

Ja

Da mein Fernseher nicht geht, hörte ich gestern (1.2.03) ausnahmsweise mal wieder Radio. Da wurde wieder angesagt, dass die „Lange Nacht der Museen“ in Berlin sei.
Oh, wieder den Termin verschlafen, war meine erste Reaktion.
Na so ein Mist, Genauso wie im vorigen Jahr und vor ca. 6 Jahren. Na was soll`s, wir sind Flexibel. Da ich grade 4 meiner Arbeitsgruppenjugendlichen im Haus hatte, weil wir an unserer Homepage für die Tierparkarbeitsgruppe basteln wollten. Na Ja, wollten, aber irgendwie wurde ein Quatsch und Window Color Malen und Speckstein Schnitzen aus dem Tag. Einer wollte nicht mit. Sophie (18) brüllt; „ja ich komme mit“. Caro (14) rief sofort ihre Mutter an. Dannys (15) Eltern rief ich an, weil es manchmal eher erlaubt wird, wenn ein Erwachsener um Erlaubnis für so eine Sache bittet. Ich versprach, alle Jugendlichen nachts bis vor ihre Haustür zu fahren, aus Sicherheitsgründen.

Also waren wir dann zu viert.
Dummerweise kommt dazu, dass ich jeden Sonnabend bis 22.00 im Internet etwas beschäftigt bin und nicht eher aus dem Haus kann.
Aber da ich das ja schon 2-mal hinter mir hatte, kannte ich meine Lieblingsroute und Tour und sah darin kein Problem mehr. Außerdem sehe ich schaurige Dinge sowieso gerne nachts an. Auch für die Teenies ist so eine Nachtwanderung in den Ferien ganz interessant. Und wer kann schon nach Mitternacht Hinter die Kulissen der Museen schauen.

Um 22.00 Uhr machten wir uns dann auf den Weg,
1. Geld aus dem Automaten ziehen, weil man ja den Termin vergessen hatte und mal wieder nix im Haus war.
2. 2. Katze von Caro füttern fahren, damit das arme Vieh pünktlich Abendessen bekommt. (Caros Mutter hatte Nachtschicht).
3. Tanken, ohja, der Tank war auch leer.

Also so richtig in Fahrt kamen wir erst gegen 22.30 Uhr in Berlin-Pankow.

Nun, mein heißer Tipp:
Wer an der Nacht teilnehmen möchte ist gut beraten sich seine Lieblingsmuseen auszusuchen.
Ich denke, wenn ich mit Jugendlichen von Museum zu Museum hetze, wissen sie am Ende nicht mehr, wo wir am Anfang waren. Mir geht es dabei sicher genauso.
Allerdings mag das nicht für ungebundene Erwachsene und Studenten gelten. Denn diese fahren mit dem „Lange Museumsnacht Ticket“ wesentlich besser.

Dieses kostet 12 Euro und erlaubt den Eintritt in allen teilnehmenden Museen und die Benutzung des Öffentlichen Personen Nahverkehrs. Das ist wirklich ein Hammer und dadurch kann man einen tollen Tag und eine tolle Nacht haben.

Da ich aber eine Naturwissenschaftlich angehauchte Arbeitsgruppe leite, halte ich das Naturkundemuseum für ideal. Vor allem, weil ich da, in die Räume hinter den Kulissen komme. Und diese sind echt spannend. Ich würde am liebsten mal einen ganzen Tag an diesen Sonderführungen teilnehmen und mir dort alles ansehen. In Ruhe mit guten Erklärungen. Aber leider habe ich bisher nur voriges Jahr einen Rundgang und gestern auch einen Rundgang geschafft. Glücklicherweise waren es verschiedene Rundgänge.

Aber kommen wir zur Nacht.
Mit dem Auto fuhr ich von Pankow zum Naturkundemuseum in der Invalidenstraße. Die Fahrt dauerte ca. 20 min.
So das wir gegen 23.00 Uhr dort ankamen. Um die Zeit findet man in der Nähe des Museums auch immer 2-3 Parkplätze.
Vor dem Museum bemerkte man schon, das es eine besondere Nacht war. An einigen Stellen stehen dann vor den Museen, von Studenten bediente Imbissstände. Es gibt Sekt zu kaufen.
Belegte Brötchen und Getränke. Wir bezahlten nur den Eintritt für das Museum. Da wir ja ein Auto dabei hatten und dies viel billiger war. So bezahlte ich nur 3,50 €. Die Schüler 2 €.
Wenn man erst so spät losfährt, schafft man ja auch nicht mehr, alle möglichen Berliner Museen anzufahren. So das sich dann ein Kauf des 12 € Tickets wirklich nicht mehr lohnt.

Wir flitzten in das Museum. Sofort suchte ich den Infostand auf und fragte nach Führungen. Daran scheint das Interesse etwas erlahmt zu sein, im Gegensatz zu vor 6 Jahren. Da warteten wir ca. 1 Stunde und gaben dann auf. Man merkt auch dass im Laufe der Jahre die Organisation wesentlich besser geworden ist. Es gab in der Zeit von 18 – 23. 45 verschiedene Führungen.

Kinderführungen:
K 1 Europa in der Vorzeit
K 2 Fettschwalm, Ziegenmelker, Wachtelkönig und Co. Nachtaktive Vögel
K 3 Wie entsteht ein Museumstier (für Rollstuhlfahrer geeignet)

Historische Arbeitsstelle:
A Ein Eimer Blausäure für den Elefanten – Führung in das Jahr 1838

Mineralogie:
B Elementminerale
C Steine die vom Himmel fielen – Meteoriten
D Blick in den Mikrokosmos

Paläontologie
E Tropisches Europa
F Europa am Äquator – Einblick in die Sammlung der wirbellosen
G Zweisprachige Führung in Deutsch und English = Die Saurier kommen

Zoologie
H Führung im Hoppelpack , Fettschwalm, Ziegenmelker, Wachtelkönig und Co
– Nachtaktive Vögel,
Wer fliegt sonst noch durch die Nacht? Eindrücke aus der Säugetierwelt
I Jahrhundertfund in Alkohol, Warum eine neue Insektenordnung die Welt bewegt
L Rekorde der Käferwelt
M Skorpione – Die Stunde der Wahrheit
N Wegelagerer in finsterer Nacht – Eine Entführung in die Ozeane

Die Führungen starteten am Infostand im Sauriersaal. Die Touren dauern ca. 30 Minuten.
Die Anzahl der Teilnehmer wird begrenzt. Das ist in den teilweise engen Räumlichkeiten auch sehr sinnvoll. Führungen die über das Erdgeschoß hinausgehen, sind für Rollstuhlfahrer aber leider unerreichbar. Das ca. 100 Jahre alte Gebäude besitzt sehr große Treppen die nach oben führen und ist nicht behindertengerecht ausgebaut. Ich denke, das wird aus Denkmalschutz auch kaum möglich sein. ^

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Für jede Führung gab es kostenlose Karten, die man sich abholen konnte. Wir nahmen das Doppelpack Zoologie H. Da wir dann noch 30 Minuten Zeit hatten, sahen wir uns den kleinen Elefanten aus dem Zoo an, der dort ausgestellt wird. Dieser war an Herpes gestorben.
Etwas nervig fanden wir die Band „The Strong Contenders“ welche den Sauriersaal mit Rock, Fun, Rhytm & Blues beschallte.

Wir besuchten schnell die Sonderausstellung „Naturfotos des Jahres, sahen uns unterm Mikroskop die Wunderwelt im Wassertropfen an.

Entdeckten die Fachgruppen die verschiedene Gesteine und Minerale zu Gunsten des Museums verkauften. Hier sah man auch eine Mücke im Bernstein unter dem Mikroskop. Genauso wie in Jurassic Park.
Man kann sich an den verschiedenen Infoständen auch über die Arbeit des Fördervereins und eine Mitgliedschaft informieren.

Schnell waren die 30 Minuten um. Vieles konnte man da nicht sehen und wir beschränkten uns auf die Sachen, die wir normalerweise nicht zu Gesicht bekommen. Schnell zeigte ich den Teenies noch die 3 Welpen im Gebärmutterhorn. Schließlich soll auch meine Hündin vielleicht einmal Welpen haben. Dann gingen wir zurück in den Sauriersaal.^

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Hier stand eine Museumsmitarbeiterin, mit einem Schild auf dem deutlich ein „H“ stand. Also unserer Gruppe.
Sie führte uns zur großen Treppe die in die geheiligten Hallen führen. Wo sonst kein Normalsterblicher Schüler und Bürger hinein darf. Eine riesige architektonisch wunderbare Treppe welche ca. 100 Jahre alt ist. Sie war mit einer roten Kordel zugesperrt. Alle Teilnehmer zeigten ihre Karten vor und hinauf ging es.
Die Mitarbeiter des Museums zeigten uns den riesigen Saal wo ca. 7000 präparierte Vögel stehen und liegen. Alles ist etwas dunkel und schummerig. In unvorstellbar hohen Vitrinen liegen und stehen teilweise 300 Jahre alte Vogelpräparate. Ein Mitarbeiter zeigte uns dann seinen Arbeitsbereich und erklärte allen, welche wissenschaftliche Forschungsarbeiten zur Systematik der Tierwelt hier durchgeführt werden. Und vor allem warum. Das älteste Vogelbuch, was er dort zu stehen hatte war aus dem 15 Jahrhundert. Wirklich sehr eindrucksvoll.

Die Zeit drängte und wir gingen weiter. Eine weitere Mitarbeiterin erläuterte uns wie das Museum arbeitet. Auch das viele internationale Wissenschaftler dorthin kommen um mit den Präparaten zu arbeiten.

Wir gingen weiter, sahen alte Räumlichkeiten, Dann bekamen wir einen Vortrag über die Nachtvögel. Wir konnten einen Oberschenkel des Straußes in die Hand nehmen. Mensch, war der wirklich leicht! Ich hatte einmal einen vergleichsweise großen Rinderknochen, der war mindestens 3 x schwerer.
Wir bekamen, Straußenhaut in die Hand, sahen einen Vogelbalg, bekamen erklärt wie ein Vogel präpariert wird. Welche verschiedenen Methoden es hierbei gibt. Das Highlight war ein superweicher und leichter Flügel einer Eule. Der machte unter den Teilnehmern die Runde.
Unser Führer entpuppte sich als perfekter Nachahmer von Eulenrufen.

Und schon ging es weiter. Die Zeit drängte und es sollten noch die fliegenden Säugetiere gezeigt werden. Eine weitere Museumsmitarbeiterin hatte schon alles vorbereitet. Sie zeigte uns die 3 verschiedenen fliegenden Säugetierordnungen. 2 Hatte sie als Präparate dabei. Fledermäuse und Gleitflieger. Sie erläuterte den Körperbau. Zeigte warum Fledermäuse so leicht kopfüber hängen können. Zum Abschluss kam die Frage, mit welcher Säugetierordnung die Fledermäuse am nahesten verwandt wären.
Ich tippte zuerst auf „Insektenfresser“. Lag aber damit falsch. Dann grübelte ich nach , wo im Säugetierbuch die Fledermäuse standen. Jemand tippte auf „Nagetiere“.
Und dann kam mir eine blöde Erleuchtung „Primaten“. Oh, ein anerkennendes Staunen der Mitarbeiterin Es stimmte die Primaten. Na ,bei ca. 18 Säugetierordnungen habe ich da wohl mehr als nur geraten.
Einen ähnlichen Vogel hatte ich im vorigen Jahr abgeschossen, als ich einen Goldmull erkannte. Ein kleines blindes Säugetier, das sich in Alkohol befand. Das war eine Führung zur Anatomie der Säugetiere. Dort wurde erklärt, warum Systematik betrieben wird. Das war sehr spannend, denn da ging es auf den so genannten „ Schädelboden“ Wo an die 100 Löwenschädel standen. Auch hatten wir damals Unmengen von Alkoholpräparaten gesehen. Mit Schlangen, Reptilien, Affen und vielen anderen Tieren. Ach ja, wie gesagt, ich leite ehrenamtlich eine biologische Arbeitsgruppe für Kinder und Jugendliche im Tierpark. Na das muss man da ja nicht unbedingt bemerken. Und etwas angelesen muss man sich dabei auch etwas haben.

Nach einer Stunde war die Führung leider vorbei. Ich hätte da noch ewig schauen können.

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Wir machten uns dann auf den kalten Weg zur „Medizin Historische Sammlung der Charite“ (MHSC).
Diese ist, zu Fuß ca. 10 min. vom Naturkundemuseum entfernt.
Schließlich hatte ich den Teenies noch einen Besuch im Gruselkabinett um Mitternacht versprochen.

Alle waren mittlerweile etwas erschöpft, also war es ganz gut, lieber wenig und dafür etwas Besonderes anzusehen. Ich bezahlte 4 € Eintritt und die Schüler 2 €.

In der MHS Charite sind menschliche Präparate für die Studenten ausgestellt. Auch hier hatte sich einiges verändert. Die Sammlung umfasst eigentlich nur einen Raum. Hier war alles noch den Organkrankheiten eingeordnet worden.
Man bekommt dort viele kranke und gesunde Organe zu sehen, Missbildungen Krankheitsbilder. Am beeindruckensten sind dabei die Missbildungen von Säuglingen aller Alterstufen. Mit Wasserköpfen, Siamesische Zwillinge, Kiefer-Gaumenspalten u.v.m. .
Hier konnte ich auch einem „ Akte X“ Fan zeigen, das die in einer Folge gezeigte Krankheit „Fischschuppung der Haut“ (Ichtyosis) wirklich existiert und keine Erfindung dieser Serie war. Wir sahen auch sirenenartige Missbildungen. Also Menschen mit einer Art Fischschwanz. Zyklopen, Menschen mit einem Mittig sitzenden Auge. Alle fanden es dann doch sehr interessant. Caro sagte immer, das es ihr nichts ausmacht, sie sieht schlimmere Dinge im Fernsehen. Danny sah irgendwie weiß um die Nase aus.

Um 2 Uhr Nachts ist die Museumsnacht zu Ende. Da es schon 1,30 Uhr war, machten wir uns dann auf den Heimweg.

Ich hoffe, dass ich beim nächsten Mal früher an die „Lange Nacht der Museen“ denke. Schließlich möchte ich einmal alle geschlossenen Räume im Naturkundemuseum kennen lernen.

Ich danke alle die bis hierhin durchgehalten haben. Allen Lesern und Bewerten.

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