Lara Croft: Tomb Raider (2001) (DVD) Testbericht

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Lara-croft-tomb-raider-2001-dvd-abenteuerfilm
ab 9,05
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Erfahrungsbericht von bananajack

Hirnloser aber schöner Actionfilm

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Hallo User,
heute gibt\'s ne meinung zur Tomb Raider DVD-box.

Und wenn es mich noch so sehr drückt: ich gehe nie wieder in einen Film, wenn er im Kino ist. Ich warte, bis er als DVD im Supermarkt herumliegt und mit allem möglichen Promo-Drumherum abgegeben wird. Dann ist nämlich das Stadium erreicht, wo er genug Geld eingespielt hat und Produzent wie Schauspieler sich daran gesund gestoßen haben. So auch bei der Verfilmung von Tomb Raider, dem Schlachtfeld meiner wespentailligen Traumfrau Lara Croft, gespielt von Angelina Jolie.

Die Packung hat zwar die Größe einer DVD-Hülle, ist aber etwas dicker – denn sie enthält gleich 3 CDs. CD Nr. 1 enthält den eigentlichen Film, Nr. 2 soll eine Reihe von „Goodies“ enthalten, und Nr. 3 enthält das Spiel „TR – Die Chronik“, in der Laras traurige Hinterbliebene noch einmal an ihrem Auge vorbeiziehen lassen, was der weibliche Clint Eastwood alles an Abenteuern zu bestehen hatte. Ach ja, ein Miniaturposter ist noch mit von der Partie – eines von Lara virtuell (die originale) auf der einen und Lara Fleisch und Blut (Angelina Jolie) auf der anderren Seite. Von der Austatung her gibt\'s auf jeden Fall ne 1.

Ähnlich wie die Handlung in den Spielen, geht es hier darum, daß Lara hinter mysteriösen kultischen Gegenständen aus der Frühzeit der Menschheit her ist, um dieselbige damit zu retten und Schlimmeres zu verhindern.

In diesem Fall geht es um die astronomisch einmalige Situation, daß sich alle Planeten des Sonnensystems in einer Linie konstellieren werden – und zu diesem Zeitpunkt geschehen rätselhafte Dinge. Die dunkle Sekte der Illuminaten ist hinter zwei Bruchstücken eines uralten Heiligtums her, mit dem man in den Ablauf der Zeit eingreifen kann, um so – welch Überraschung – die absolute Weltherrschaft zu erringen.

Zwei Leute suchen nach den Bruchstücken. Lara selbst, allein. Und Powell, einer der Illuminaten, der mit einem Troß von Söldnern und Hilfskräften anrückt. Beide nehmen ihre Spur in einem alten Tempel im Dschungel von Südostasien auf, wobei eine alte Uhr, die Laras verblichener Vater in ihrem Haus versteckt hielt, eine Schlüsselrolle (im Wortsinn) spielt. Kein Wunder, daß die beiden konkurrierenden Suchenden nicht nur (mit viel Geballer und Geprügel) sich gegenseitig in den Haaren liegen, sondern auch allerlei Urkräfte wecken, die man besser nicht geweckt hätte.

Von Vietnam führt die Suche weiter ins ewige Eis des Nordens, wo es zum großen Showdown zwischen Lara und den Illuminaten kommt. Laut Abspann wurde dieses Kapitel in Island gedreht, aber es soll wohl eher in Sibirien spielen – anders kann man wohl nicht erklären, daß Amphibienpanzer der Sowjetarmee zum Einsatz kommen und Lara sich mit den Eskimos auf Russisch unterhält. Hier liegt das andere Bruchstück der alten Reliquie, und es ermöglicht Lara eine kurze Zeitreise in die anderen Stränge der Geschichte – in einen, in dem ihr Vater (nach dem sie sich den ganzen Film hindurch sehnt, scheinbar geht es hier um einen Art Ödipus-Komplex für Frauen) noch am Leben ist. Und sie erhält die Möglichkeit, für einen kurzen Moment die Zeit anzuhalten und zurückzudrehen, um den Lauf der Geschichte ein kleines, aber ausschlaggebendes Stück zu ändern...

Wem diese Story als fürchterlich an den Haaren herbeigezogen erscheint – der hat recht. Aber ich würde das nicht so sehr gewichten. Wer die Spiele und deren Hintergrundhandlung kennt, weiß, daß diese auch keinen Deut besser ist.

Einige Dinge wurden nun doch etwas gegenüber dem Original variiert. Zum einen der Butler, der ursprünglich ein zittriger Tattergreis war, der Frau Hochwohlgeboren die klappernde Teetasse hinterhertrug. Im Film ist er ein relativ junger kompakter Schnösel, der aus seiner Chefin eine feine Dame machen möchte – natürlich ohne jede Erfolgsaussicht. Und dann wäre da Bryce, ein schmächtiger junger Mensch mit der Physiognomie eines Kleinkriminellen, der in einem Wohnwagen vor Laras Landschloß haust und ihr Elektronik- und Computergenie ist. Er hat kein konkretes Vorbild, sondern ist frei in die Handlung hinein erfunden.

Zwar ist dieser Film keine Komödie geworden, aber frei von Humor ist er nicht. Im Gegenteil, manche Szenen haben etwas klamaukartiges an sich: sozusagen als Training kämpft sie gegen einen bewaffneten Stahlroboter, den ihr hauseigener Bill Gates hergestellt hat – und besiegt ihn, indem sie ihn in einer spontanen Gehirnoperation leicht umoperiert. Statt der „Agressions-CD“ legt sie ihm ihre eigene CD ein: Lara Crofts Disco-Mix.

Die Effekte wissen durchaus zu gefallen. In dem vietnamesischen Tempel setzen sich Steinfiguren in Bewegung und zeigen den Eindringlingen, wie willkommen sie sind. Diese Szene dürfte zu den Highlights gehören. Auch wenn ich bezweifle, daß man Steinfiguren – und seien sie noch so verwittert – mit simpler Pistolenmunition (9 mm) einfach so in Stücke schießen kann. Dagegen finde ich den Actioneinsatz zu Beginn des Streifens – ein Trupp Guerillas bricht in Laras Haus ein und raubt ein Artefakt, nämlich die erwähnte Uhr – zwar recht energiegeladen, aber doch eher überzogen. Daß dabei die halbe Hauseinrichtung zu Schrott geschossen wird (Laras Sportwagensammlung inklusive), macht es nur wenig besser.

Auch Iain Glenn in der Rolle des Bösewichts Powell weiß zu gefallen – er erinnert in seiner zynischen Coolheit und seinem etwas satanisch-hypnotiesierenden Auftreten an Mickey Rourke in „Angel Heart“. Auch Noah Taylor alias Bryce, der Elektronikspezialist, ist eine sympathische Figur – in seiner Mischung aus chaotisch, vertrottelt und genial. Ebenso Papa Croft, der immer wieder als Vision seiner waisen Tochter mitspielt, als weiser, gutmütiger älterer Herr. Mein Hauptkritikpunkt - aber zugegeben ein sehr relativer - ist leider Angelina Jolie selbst. Nicht daß sie schlecht spielen würde. Sie bemüht sich sogar aufrichtig, Madame Croft so darzustellen, wie man sie aus den Kurzfilmchen in den Spielen kennt. Und trotzdem springt der Funke nicht so recht über, zumindest nicht zu mir. Nicht nur, weil das computergenerierte Original in seinem Körperbau doch eher einer Kreuzung aus Gottesanbeterin und Gemeiner Wiesenheuschrecke ähnelt, was bei einem Menschen sicher nur schwer hinzukriegen wäre (zumindest solange er noch lebt). Angie mag noch so gertenschlank sein, sie muß sich halt den Vergleich gefallen lassen – und steht dann plötzlich als schmollmundiges Pummelchen da. Aber es ist schon wahr, jemanden zu finden, der der originalen Lara gleicht, dürfte kaum möglich sein. Schwerer wiegt für mich eher, daß sie manchmal eine Spur zu cool und breitbeinig agiert – und damit ihrer Rolle keinen Gefallen tut, genauso wie ich James Bond (von Roger Moore) mit seinem Tanzschulbenimm auch nur als albern und kitschig empfinde.

Auf der CD 2 erwartet einen überraschend wenig. Eigentlich sind es nur ein paar Wallpapers (die mir allerdings in ihrem Geisterschloß-Stil recht gut gefallen) und Bildschirmschoner sowie eine Sammlung von Links zu Fanseiten und Sponsoren. Das ist zuerst enttäuschend – aber man kommt dann darauf, daß die Goodies eigentlich nur versteckt sind. Öffnet man die CD nicht mit der Start-Datei, sondern mit dem Explorer, findet man eine Reihe von Trailern, Interviews, geschnittene Szenen usw.

Die CD 3 enthält das Spiel (TR Nr. 5) selbst – darüber erzähle ich an anderer Stelle. Nur schnell dazugesagt: es ist auch das Lösungsbuch dazu dabei, ein Level-Editor, sowie eine Reihe von Features, die mit dem Ich der Lady zu tun haben – ihr Tagebuch, einige Gametrailers usw.

Würde ich mir den Film ein zweites Mal anschauen? Ja, und wohl auch dreimal. Aber der Reisser ist er nur teilweise geworden, und das liegt auch an der Erwartungshaltung des Zuschauers. Es ist immer schwer, einen hervorragenden Film von etwas zu machen, was vorher auf einem anderen Medium schon zum Kult geworden ist. Wer kein absoluter Fan der schießwütigen Engländerin ist oder sie gar nicht kennt, der wird sich vielleicht über die polizeiwidrig irrationale Handlung aufregen. Die Fans wiederum können monieren, daß sie sich ihre Traummadame ganz anders vorgestellt hatten. Ich auch. Zwar ist der Streifen durchaus unterhaltsam – aber nur, wenn man jeden Versuch, irgend etwas Logisches darin zu finden, konsequent bleiben läßt. Und auch beim Vergleich mit dem „Original“ nicht allzu streng vorgeht. Daher auch nur „gut“.

Der Preis: 12,99 EUR (bei real)

Bananajack