Lebensberichte Testbericht

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Erfahrungsbericht von Donovan50

Meine Flucht 1974 in den \\

Pro:

Nur 90 Minuten, um ein Leben zu verändern

Kontra:

Niemehr nur eine Minute davon erleben

Empfehlung:

Nein

Hallo meine Freunde und Leser!!

Meine Flucht 1974 in den \" Goldenen Westen \"

Dies ist keine Geschichte sondern ein Bericht von meiner Flucht aus der ehemaligen DDR am 16.06.1974.
1.Ausgangsort: Grenzkompanie Juchhöh/Grenzregiment Süd der DDR.
2.Grund und Planung der Flucht.
3.Der steinige Weg in den “goldenen Westen”


Am 04.05.1973 wurde ich eingezogen zum Wehrdienst im Alter von 23 Jahren nach Johann-Georgenstadt,Erzgeb.
Grundausbildung bis zum 29.10.1973. Danach Versetzung zur Grenzkompanie Juchhöh.

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1. Am 30.10.1973 traffen wir gegen Mittag auf der kleinen bescheidenen Grenzkompanie ein. Ich sag extra “bescheiden”, weil ich eher an die Ausbildungskompanie dachte, im Bezug auf die Größe. Nur 86 Personen zählte die ganze Kompanie, wirkte sehr familiär und einen dränge sich
nicht das Bild von Stärke und Größe auf. Bei der Begrüßung durch den Kompaniechef wurden wir darauf hingewiesen, auf den gegenseitigen Handgruß zu verzichten. Vorsorglich fügte er hinzu; dieses gilt nicht, wenn Besuch aller Art sich im Kompaniegelände aufhält.
Diese Art von Begrüßung hatte seinen therapeutischen Zweck, damit nahm man uns ein Teil aus Angst und Voreingenommenheit ab, im Bezug auf den Grenzdienst.
Muß zugeben, es lockerte auf und ich dachte mir, na so schlimm wird´s nicht werden.

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Ich wurde für Rückwärtige Dienste eingeteilt, also Küchendienst, was auch mein Wunsch war. Nicht schlecht dachte ich und wurde auch von anderen darauf angesprochen. Mensch......hast du ein Glück!!! So verbrachte ich den Winter über in der warmen Küche. Zu dieser Zeit hatte ich noch keine Fluchtgedanken, eher dachte ich mir: so hältst du es schon durch.

Doch der 14.02.1974 veränderte alles, ich wurde zum Kompaniechef gerufen. Ein komisches Gefühl verbreitete sich in meinen Bauch: Ich zum Kompaniechef, welch eine Ehre, aber warum? Im Zimmer angekommen, strammstehen und Handgruß.
Keine Grußerwiderung, sondern: Ach, Ali (war mein Spitznamen dort) locker bleiben und setzt dich hin. Uff........da konnte es nicht schlimm werden, dachte ich mir.
Anwesend auch der Diensthabende Offizier und der Spieß(Chef vom rückwärtigen Dienst und mir). Der Grund war: Oliver, Unteroffizier und jetzige Küchenchef sollte versetzt werden.
Aha, und ich sollte Nachfolger werden. Schön und gut, warum nicht, aber?
Ich müßte mich dann für 3 Jahre verpflichten und Unteroffizier werden. Man war gnädig und gab mir 1 Woche Bedenkzeit. Unteroffizier und drei Jahre??? nee, nee bin doch nicht blöd oder?

Ich nahm die Bedenkzeit und verglich positive und negative Eigenschaften.
Ein Soldat hat Gehalt: 140.00 DM
Jahresurlaub: 18 Tage
Wochendurlaub: alle 2 Monate
Ausgang: 2x die Woche
Zimmer: 4-Bett Zimmer

Ein Unteroffizier hat Gehalt: 740.00 DM
Jahresurlaub: 30 Tage
Wochendurlaub: alle 3 Wochen
Ausgang: täglich
Zimmer: 1-Bett Zimmer

Einzige Minus, die Zeit: Als Soldat noch ein ¾ Jahr und als Unteroffizier noch 2½ Jahre. Ich sprach auch damals mit meiner Mutter, Vater war schon verstorben. Nunja, ich nahm
an und bei der Ausbildung wurde manch Auge zugekniffen. Am 03.04.1974 war ich Unteroffizier und Küchenchef. Mir untergeben 3 Küchenhilfen (Zivilangestellte) und 2 Soldaten
für den Nachtdienst.

2.Grund und Planung der Flucht:
Da ich gelernter Koch war, versuchte ich natürlich meine Erfahrung und mein Können wirkungsvoll einzusetzen. Dies gelang mir ganz gut und ich erhielt positive Rückmeldungen aus allen Ebbenen. Nur eine negative Erscheinung gab es, die monatliche Inventur. Für die Abrechnung war die Anzahl der anwesenden Personen im Monat maßgebend. Die Kalkulation bezog sich dabei auf die billigsten Waren im Bezug auf die Verpflegung. DM 5 waren pro Mann und Tag angesetzt.
Ich bestellte dann etwas bessere Waren, besonders da wo jeder Abneigung dafür zeigte. Das sich dadurch maßgeblich ein steigendes Minus aufbaute, war unvermeintlich.
Am Anfang von mir gar nicht richtig wahrgenommen und durch das fehlen meines Vorgesetzten bei den nächsten Inventuren (hatte immer was anders zutun) wuchs das Minus ständig an.
Einerseits zufriedene Vorgesetzte und Soldaten, anderseits das steigente Minus machten mich erfinderisch und ich ließ so nebenbei den Warenbestand immer um den DM-Wert des Minusbetrages ansteigen.
Indirekt schob ich die Schuld an meinen Spieß weiter, hätte er die Inventuren immer mitgemacht,wärs nicht so hoch angestiegen.
Monatsende mußte ich mich dann im Regiment melden und die Inventurliste zu Abrechnung vorlegen. Ging immer gut, bis zum 31.05.1974.

Bei der Einreichung der Liste an einen Angestellten dieses Dienstbereiches, erschien Major............!(Namen lasse ich im Bericht weg,ist besser so) der Chef von diesen Bereich.
Unter vier Augen ließ er mich wissen,wie es möglich wäre daß eine Kompanie fast den gleichen Warenbestand hätte,wie ein Bataillon. Vorbereitet erwiderte ich: Hätte einige besonders billige Angebote eingekauft und hob diese in der Bestandsliste hervor. Schön und gut, aber es half nix und er kündigte an, das ein Mitarbeiter von Ihn vorbeikommen würde, um mit uns die
nächste Inventur durchzuführen.

Uff............ein Kloß bildete sich in meinen Hals und meine Beine hatten aufeinmal an Stabilität verloren. Ich verabschiedete mich korrekt, aber hatte Mühe meine plötzliche Instabilität zu verbergen. Nur schnell weg von hier, waren meine Gedanken und auf meinen Weg zum Auto übersah ich so manchen Vorgesetzten, im Bezug auf Handgruß. Diese wiederum
ließen sie mich spüren, indem ich zurück mußte und nochmals an ihnen vorbei ging. aber diesesmal in korrekter Art und Weise.
Tja.........,hier war ein Regiment und keine Kompanie.

In der Kompanie angekommen,meldete ich mich beim Spieß und ließ ihn wissen,was am Monatsende auf uns zukommt. Ein Aufstöhnen unterbrach mein Gespräch und er sagte mir:
Ali, zwei Tage vor Erscheinen der Kontrolle, machen wir eine schnelle Inventur. Jetzt auf einmal hatte er auch Interesse daran. Aha, dachte ich mir: hast wohl Angst bekommen! Desgleichen wurde mir bewußt: ....Junge, jetzt wird´s brisant, schau das du vom Acker kommst.
Also setzte ich mir ein Limit: ein bis zwei Wochen und dann
ab..........westwärts zieht der Wind.
Aber wie?

Die Posten, Minenfeld ,der hohe Zaun und die nichtangemeldeten Kontrollgänge von manch
schießwüdigen Berufssoldaten aus dem Regiment machten mit zuschaffen.In diesen Zusammenhang möchte ich folgentes loswerden. Einen direkten Schießbefehl gab es
nicht und im Endeffekt lag es an jeden selber. Ein einfacher Soldat in dieser Situation traf selten und wenn,dann aus Zufall.
Aufregung und Angst waren sein Zielwasser.Da gabs schon andere, die mit Zielfernrohr und einer Kalaschnikow im Samtkoffer bei Grenzalarm sofort an der Grenzlinie waren
und darauf warteten, das der Grenzverletzer die letzte Hürde, also den Sichtzaun überwinden wollte.
Mehr möchte und will ich nicht hinzufügen,denn ich war in der Küche tätig und bezieh mich da nur auf Gehörtes. Möchte aber einmal eine Beschreibung unseres Grenzgebietes darbieten.

Das Grenzgebiet begann ca. 5 km vor der normalen
Landesgrenze. Orte die in diesen Gebiet lagen,konnten nur
mit Passierschein besucht werden. Diese wurden dann bei
der Einfahrt zum Grenzgebiet kontrolliert,sonst blieb der
Schlagbaum zu. Traf dieses zu, warst du schon abgestempelt
als vermutlicher Grenzverletzer und man konnte sich dann
schon auf seltsame Zufälle vorbereiten. z.B.Kontrollen von
Personalien, wo man sie garnicht vermutete. Man wurde
dann schon unauffällig überwacht.

Nach 3 km kam dann der Signalzaun, dies war für zivile Flüchtlinge das größte Hindernis.Ca 2.50 m hoch und mit Drähten in einen Abstand von 10 cm bespannt. Diese waren nicht mit hoher Spannung geladen, sondern dienten nur Erkennung, wenn man die Drähte zerschnitt oder aneinander brachte.In diesen Fall ertönte eine Sirene und eine
Rundumleuchte signalisierten Grenzalarm.

Desweiteren zeigte ein Monitor in der Befehlszentrale an, wo sich der Vorfall ereignete. Nun waren es noch ca. 2 km bis zur Grenze.Unser Abschnitt betrug 8,5 km und wurde von 5 Postenpaaren bestückt. Diese waren aber nicht direkt an der Grenze, nein mehr im Hinderland und auf einen festen Punkt. Also fragten wir uns manchmal, warum stehen wir
gerate hier?
Uns sagte man offiziell:
Wir stehen hier,um unser Vaterland vor kapitalistischen Elementen von außen zu schützen.
Im inneren wußte aber ein jeder, wir sind hier,um keinen aus der DDR heraus zulassen.
Direkt an der Grenze standen auch die Grenztürme, von den man immer den nächsten sehen konnte.An nichteinsehbaren Stellen wurden dann auch Minen eingesetzt.Kam man bis kurz vor die Grenze, überquerte man einen Weg der von den
mobilen Grenzkontrollen benutzt wurde. Danach kam die KFZ-Speere, in die konnte man zwar einfahren aber heraus ging es nicht mehr oder man kehrte um. Danach folge ein Streifen mit feingeglätteter Erde als Spurensicherung und dann der Zaun.
Dieser war ca. 3 m hoch und man konnte von
rechts nach links gesehen nichts sehen. Umgekehrt aber konnte man hindurch schauen.
Der sogenannte: “ Maschendrahtzaun “ !!!
Ist aber keiner, sondern ein Streckzaun. Dieser wird im Stück hergestellt. Gewalztes Metall wird zugeschnitten, dann werden maschinell die Sehschlitze eingekerbt und durch strecken der bearbeiteten Flächen entsteht der Zaun.

So, dies zu meiner Erklärung für Unwissende.
Weiter zu mir und meiner Flucht.

Wo die Postenpaare stehen, wußte ich, somit war das erste Hindernis weg. Das Minenfeld kannte ich auch, aber vom Fahrzeug aus gesehen, als ich einmal Nachts Posten
besuchte, um ihnen warmen Tee und Essen zu bringen. Dieses Minenfeld sollte mir später noch viel Probleme machen.
Der Zaun in dieser Größe und ich bei einer Körpergröße von 1.65 m, machte mir zuschaffen. Die Idee kam bei der Arbeit in der Küche. Beim anbraten von Rouladen brauchte ich eine
Fleischgabel, aber wir hatten nur welche in großer Ausführung. Da kam die Idee,diese Gabeln sind es was ich brauch. die Spitzen nach rechts,den Griff nach links gebogen
und fertig ist meine Treppe am Zaun. Gesagt,getan und so blieb nur noch eins, die unangemeldeten Kontrollen.
Dieses Risiko blieb offen und machte das ganze fast aussichtslos. Aber je näher der Tag des Besuches kam, umsokleiner wurde das Restrisiko.

Der 16.06.1974 nahte und ich wurde von Tag zu Tag nervöser. Ich war jeden abend in unseren Kneipe im Grenzgebiet und versuchte meine Nerven und meine Angst mit Alkohol zu betäuben. In der Nacht zum 16.06. packte ich meine nötigsten Sachen vorsorglich ein. Mein damaliges
Arbeitsbuch besorgte ich mir bei einen Wochenendurlaub. Dies war sehr wichtig für den neuen Anfang in der BRD. Sämtliche Papiere zu meiner Person und natürlich meinen
Wehrdienstausweis. Drei bearbeitete Gabeln hatte ich auch schon besorgt.Dies alles packte ich in eine Tasche die man sonst bei Übungen dabei hat.Geschlafen habe ich die letzte
Nacht keine Minute und so war ich am morgen schon eine Stunde früher in der Küche.Der Nachtdienst freude sich, weil ich ihn eher wegschickte. Montags war der Speiseplan sehr einfach und dies kam mir sehr entgegen.Im Nu wars 18.00 Uhr und mir blieb nur noch
die mündliche Arbeitseinteilung des Nachtdienstes.
Ich schaute mich noch einmal ausführlich in der Küche um und verabschiedete mich innerlich von ihr.Ich ging zum Wachhabenten und trug mich für nen Ausgang ein.
Er sagte noch zu mir: Was, Ali heute in Ausgang,da bist aber allein.Ach, erwiderte ich, ist manchmal nicht verkehrt und mit dem Wirt kann man sich auch gut unterhalten.
Ich ging auf mein Zimmer um meine Ausgangsuniform anzulegen. Die Tasche hatte ich im Küchenbüro eingespeert. Ich verließ mein Zimmer mit einen letzten Blick auf mein neues Kofferradio.Auf dem Weg zum Küchenbüro traf ich den Nachtdienst.
Was jetzt,wie soll ich die Tasche holen.

Ich ging ins Büro und holte die Tasche. Im gleichen Augenblick erschien der Nachtdienst und schaute auf die Tasche. Weißt,sagte ich,bin heute der einzige mit Ausgang.Bring einigen
ein Bier mit,darum mein Weg durch den Hinterausgang. Ein Kopfschütteln und drei worte “für mich auch” ließen mich unbehelligt ziehen. Nun noch der Wachposten am Tor, denn
diese waren immer von einer anderen Kompanie. Zum Glück oder bewußt habe ich mich mit ihn im Laufe des Nachmittages schon beschäfftigt. Die gleiche Ausrede wie beim Nachtdienst wirkte auch, nur wollte er zwei Flaschen. Diese versprach ich und klopfte ihn dabei lachend auf die Schultern. Diesen Zuspruch von mir hätte ich eigentlich gebraucht.
Mein Inneres drängte sich langsam und sicher nach außen.
Das Lokal war ungefähr 1500 m vom Wachposten entfernt,aber er konnte nicht einsehen, da eine Kurve und der Wald die Sicht versperrte. 200 m vor dem Lokal ließ ich die Taschen unter
einen Busch im tiefen Straßengraben verschwinden. Leicht erleichtert betrat ich das kleine Lokal. Zwei Gäste sahen noch drin,die mich lautstark begrüßten. Der Ort Juchhöh bestand aus fünf Bauernhöfen und den kleinen Lokal. Der Wirt arbeitete nebenbei und führte am Abend das
Lokal.Keine große Speisekarte,brauchte er auch nicht, denn wir waren praktisch seine besten Gäste. Ich dachte mir: Hoffentlich will der nicht zuschließen,was mach ich dann. Wollte ja warten, bis es zumindest etwas dunkel war. Dank der zwei Gäste war es mir möglich, den Wirt am schließen zu hindern. Kostete mir zwar viele Runden Schaps, aber dafür zahlte ich gerne und beruhigte damit auch mein Nervenkostüm.

22.30 Uhr war es dann soweit, denn ich mußte auch aufpassen um nicht zuviel zu schlucken. Ich bezahlte und wollte gerade gehen, als er mich zurück rufen wollte. Er schrie: Hey, hast
deine Mütze vergessen. Ich gab zurück: Lass sie hängen, hab ich morgen einen Grund wieder zukommen. Lautes Gelächter vom Wirt und seinen Gästen. Dies passte mir garnicht und nervös
suchte ich meine Tasche. Ich fluchte vor mich hin und plötzlich zu schönen Abrunden dieses Specktagels, kommt ein Fahrzeug vom Kontrollpunkt her. Mit einem Satz war ich im
Straßengraben und versuchte mich unter einen Busch zu verstecken. Siehe da, welch ein Glück, ich fiel direkt auf meinen Beutel. Ich umarmte ihn innig und drückte mich dabei auf den Boden,als der Jeep an mir vorbei fuhr.
Ich ließ den Jeep in die Kompanie einbiegen,sprang auf und überquerte die Straße.Rannte dann ungefähr hundert Meter in den Wald hinein, halt soweit das man mich von der Straße aus nicht mehr sah. Ich setzte mich auf einen Baumstumpf,mein Herz rasste und ich zitterte. Ab jetzt gabs kein Parton für Grenzverletzer und das wußte ich.
Ich kam mir vor, wie Richardt Kimple auf der Flucht. Tiefes durchatmen und orientieren, das war mein jetziges Anliegen. Es war nicht stockdunkel, zum Glück schien der Mond. Also dort war die
Wirtschaft und dort die Kompanie, logo....da gehts lang und immerschön geradeaus. Doch weit kam ich nicht, ein Reh schoß hinter einen Busch hervor und ich ging unweigerlich zu Boden.

Nicht wegen dem Reh,nein.......es könnte ja einer der befürchteten Kontrollen sein. Liegen bleiben und abwarten, nun dies Mißgeschick passierte mir nicht nur einmal. Aber das teuflichste kommt jetzt, denn querfeldein bin ich hier noch nie gegangen. Plötzlich durchzuckte es mich und sofortige Starre setzte ein. Was war los? wo stand ich jetzt?
Wieso kein Waldboden hier? Ich versuchte verzweifelt etwas zu erkennen. Rechts, links und hinter mir hohe Bäume,vor mir nichts,außer eine dunkle gähnente Leere. Der Boden unter mir hob sich in einer helleren Form von der anderen Umgebung ab.
Konnte das sein oder täuschte ich mich,war es wiklich das Minenfeld?
Wie angewurzelt stand ich nun da und wie gehts weiter? Langsam drehte ich meinen Kopf herum, um zuschauen wie weit ich schon im Minenfeld war. Meine Füße bewegte ich dabei nicht und im Drehen schleuderte ich meine Tasche zurück. So und jetzt, egal du mußt weiter, nur drei Schritte trennen dich von den dunkleren und rettenden Boden.

Augen zu und los, ähnlich wie bei Dreisprung bewegte ich mich vorwärtz. Ich geb jetzt ehrlich zu, als ich den Waldboden berührte, ließ ich mich fallen und dicke Tränen liefen mir über die Wangen. Einen Aufschrei vermiet ich aus gutem Grund und zitternt suchte ich nach meiner Tasche. Zum ersten Mal verspürte ich eine Art von Kapitulation, abbrechen war zu dieser Zeit noch möglich. Aber,sagte ich zu mir, weg bis du sowieso vom Fenster, wegen deinen Minus.
Ist ja Diebstahl an Volkseigentum, auch wenn ich mich daran nicht bereicherte. Dann ist´s aus mit den schönen Leben als Uffz.
Nee,nee......weiter gehts, wird ja nicht mehr weit sein.
Ich umging das Feld und stand vor einer großen und abfallenden Wiese. Ich ließ mich gehen und meine Schritte wurden immer schneller. Nur weg dachte ich und meine Blicke blieben am
Mond hängen. Ein Feldrain brachte mich zum stolpern, dabei landete ich mit dem Gesicht in einen Brennesselfeld. Dies war vielleicht maßgebend für meinen neuen Ansporn die Flucht fortzusetzen.

Es war wie eine Erlößung, als ich den Streckzaun sah. Endlich!! drang es unweigerlich aus mir hervor.Die Kfz-sperre machte mir kein Problem, genauso der Spurenstreifen. Hatten sie ein
Andenken von mir, was ich gerne hergab. Ich riss die Tasche auf, holte die drei Gabeln heraus,hängte sie ein und schleuterte die Tasche über den Zaun. Es ging eigentlich besser als ich dachte,im Nu war ich auf den Zaun. Nur abwärtz hatte ich Probleme, einfach so runter
springen, ohne was deutlich zu erkennen. Der Boden auf der anderen Seite war urwüchsig und sogar etwas weich.
Danach ging es steil nach unten und ich überwand dieses Problem sitzend,was mir viele blaue Flecken am Gesäß bescherte.

Unten angekommen sah ich mich hilfesuchend um, wo bin ich noch im Osten oder schon im Westen. Ah, mir fielen die Worte des Kompaniechefes bei der Begrüßung ein.Er sagte
unteranderen,die reale Grenze wäre ein Bach und bis zum Zaun wäre Niemandsland.
Also los, wo ist da Bach,weiter,weiter dachte ich nur.Um Gotteswillen nicht mehr stehen bleiben.
Ein leises Rauschen ließ mich aufhorchen und da war er ,nicht gerate klein, dachte ich mir.
Ich suchte nach etwas, damit ich mit zwei Sätzen über den Bach kommen konnte. Da, was ist das........ein großer Stein lag in der Mitte des Baches. Dankeschön, dachte ich und setzte zum
Sprung an. Mit dem rechten Bein betrat ich den vermeintlichen Stein und...............und was schon! Es war eine alte Plane, die durch die Wellen angehoben wurde und so mir einen Stein
vorspielte. Platsch, machte es und ich stand bis zur Hüfte im Wasser.Jetzt ließ ich meinen Aufschrei freien Lauf und dies tat sogar recht gut.
Aus den Bach gestiegen, sah ich in der Ferne Lichter von Häußern. Ja, ja sehr schön, aber wo bin ich jetzt wirklich. Ich lief querfeldein, bis ich einen Feldweg erreichte. Ich war erstaunt, ein gepflasteter Feldweg und dann diese Steine. In sechseckiger Form hatte ich sie noch nie gesehen. Juhu......schrie ich laut und jodelte: ich habs geschafft,ich habs
geschafft. Erleichtert ließ ich mich am Wegesrand nieder und fingerte meine letzte DDR-Zigarette heraus (natürlich F6 ).

Ich wollte sie gerade anzünden, da passierte es. Eine Leuchtrakete erhellte den Himmel, drei Sterne gelb heißt Grensalarm. Ich streckte den Arm aus und zeigte den gestreckten Mittelfinger, nur schade das es keiner sah. Es waren ungefähr 10 Minuten vergangen und ich wollte gerade weitergehen. Sieh da, ein Jeep raste auf der anderen Seite entlang und blieb an der Stelle stehen, an der ich herrüber geklettert bin. Taschenlampen blitzten auf und es wurde ein Teil des Niemandslandes beleuchtet.
Dies versetzte mir einwenig Angst und ich lief immer schneller, den Häusern entgegen. Ein Licht aus einen Fenster zog mich automatisch an, doch dann sah ich eine ältere Dame im Morgenmantel auf und abgehen.
Dies war leider nicht die günstigste Stelle um im Westen anzuklopfen. Der Ort hieß Döben und hatte eine Hauptstraße, die ich verzweifelt entlang ging.
Doch plötzlich packte mich eine Hand von hinten und ich hörte jemanden freundlich sagen, Willkommen im Westen.

Ich drehte mich langsam herum und sah in ein freundliches Gesicht. Am liebsten hätte ich diesen Mann umarmt. ER nahm meine Tasche und reichte sorgar mir seinen Arm als Stütze.
Ich wollte es schon annehmen, aber mein Gehorsam verbot es mir noch. Wer war dieser Mann und was wollte er, erstaunlich denn das gleiche dachte er von mir. Ist er ein Spion oder nur ein
Flüchtling. Er sagte zu mir, sie sind allein, ohne Waffen, keine Schießerei an der Grenze, ist nicht normal. Aber was soll´s, ich bin hier. Wir gingen zusammen in seine Wohnung und im Keller hatte er ein Büro. Er war zuständig für Flüchtlinge und drei Stern gelb waren auch für ihn ein Zeichen tätig zu werden.
Mittlerweilen war es schon 00.30 Uhr geworden. Jetzt wurde mir auch klar, wie schnell ich eigentlich war oder sagen wir lieber langsam? Für knapp 2½ km bis zum Grenzbach
brauchte ich sage und schreibe 1½ Std. Was für ein Rekord, aber unter welchen Umständen.

Später, als er mich vernommen hatte, brachte er mich zu einer Polizeistelle, wo ich nach einer Tasse echten Jacobscafe endlich schlafen durfte. Am nächsten Tag nach einen ausgiebigen
Frühstück in einen Lokal sollte es nach Hof gehen, zu einer bestimmten Dienststelle.
Achso......im Lokal fragte mich der Polizist, ob ich rauchen würde. Ich antwortete mit ja und da fragt er mich doch, welche Sorte ich gerne hätte. Keine Ahnung dachte ich mir, sind doch alle gut. Plötzlich viel mir das HB-Männchen ein und wie aus
der Pistole kam, ich hätte gern HB und seit dem rauche ich sie.

Nach ca. 4 Jahren besuchte ich nocheinmal die Stelle, an der ich geflüchtet bin, halt von der anderen Seite her. Ein guter Bekannter aus der neuen Welt wollte sie gern sehen. Dort angekommen lief er weiter, bis zur Grenzmarkierung. Ich aber blieb an diesen gewissen Feldweg stehen und versuchte zu vergessen. Was 1½ Std. in einen Leben doch alles verändern können, andere brauchen manchmal ihr ganzes Leben dazu.

Hoffentlich habe ich Euch nicht gelangweilt, es waren eigentlich nur 90 Minuten aus meinen Leben.

Viele Grüße an alle
von Donovan50

P.S. die Bewertung ist nichtssagend

® 09112002 al

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