Lübeck Testbericht

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Erfahrungsbericht von Anonym114

Holstentor, Niederegger und mehr!

Pro:

wunderschöne Altstadt, tolle Gebäude (Rathaus, Holstentor, Marienkirchen), super leckere Kuchen udn andere Süßigkeiten bei Niederegger

Kontra:

die Parkgebühren sind eine Unverschämtheit

Empfehlung:

Ja

Eigentlich komme ich ja aus Nordrhein-Westfalen. Erst seit fünf Jahren lebe ich im hohen Norden. Und irgendwann habe ich hier auf dem Weg zur Ostsee die Hansestadt Lübeck für mich entdeckt. Von ihr kannte ich vorher nur in Stichworten vor allem drei Dinge: das Holstentor, das früher mal auf dem alten 50-Mark-Schein prangte, Niederegger, das köstliche Marzipan und den Namen Hansestadt, das sie als Mitglied eines Handelsverbundes. Ich muss hier allerdings ganz klar sagen: Ich bin KEINE Lübeck-Expertin. Alles, was ich hier schreibe, sind die Dinge, über die ich mich informiert habe, weil mich die Hintergründe dieser schönen Stadt interessieren und faszinieren und die Ecken von Lübeck, die es mir besonders angetan haben.

WAS HEISST HIER LÜBECK?
Über die Herkunft des Namens war ich sehr erstaunt. Lübeck? Da hätte ich vielleicht auf Becke in Form von Fluß getippt. Schließlich liegt die Stadt an der Trave. Doch ganz so einfach ist das nicht.
Schuld an dem Namen ist ein slawischer Stamm, die Wabrien. Ihnen hatte Karl der Groß 804 einen Teil von Ostholstein überlassen. Die Wabrien errichten Alt-Lübeck im 11. Jahrhundert nahe einer slawischen Ringburg Liubice. Das soll übersetzt Die Schöne, Liebliche bedeuten.

GESCHICHTE LÜBECKS:
Tja, da wären wir schon, mitten in der Entstehung der Stadt. Doch zunächst gab es (Mitte des 12. Jahrhunderts) einen Rückschlag. Die soeben gegründete Kaufmannssiedlung wurde zerstört, entstand aber um 1158/59 wieder neu. Heinrich der Löwe sah in Lübeck ein wichtiges Tor zur Ostsee und räumte der Stadt zahlreiche Privilegien ein. Kaiser Friedrich II. machte 1226 aus Lübeck eine freie Reichsstadt. Es wurden Bündnisse mit Fürsten, See- und Handelsstädten abgeschlossen, die Grundlage zur Hanse war entstanden, Lübeck übernahm die Führung der Handelsvereinigung und war seit Mitte des 14. Jahrhunderts Schauplatz für die Hansetage, 1630 fand der letzte davon statt. Zu ihm kamen neben den Gastgebern lediglich Vertreter aus Hamburg und Bremen. Die Lübecker Flotte war noch bis zum 30jährigen Krieg größer als die Englands.
Immer wieder kam das nahe gelegene Dänemark ins Spiel.1201 gelang es ihnen die Stadt in ihre Hände zu bekommen, für 25 Jahre. Mitte des 14. Jahrhunderts gab es erneut einen mehrjährigen Krieg mit den Nachbarn aus dem Norden, der im Frieden von Stralsund endete und die Macht der Stadt stärkte. Und auch im 19. Jahrhundert gab es Kämpfe mit den Dänen, diesmal ging es um die Verkehrswege der Stadt.
Zu Zeiten Kaiser Karls IV. zählte Lübeck neben Florenz, Pisa, Rom und Venedig zu den fünf Herrenstädten des Reiches. 30-tausend Menschen lebten hier.
Mit der Entdeckung und Besiedlung Amerikas nahm die Bedeutung der Ostsee ab und mit ihr auch die Lübecks. Sie blieb aber weiterhin eine bedeutende Kaufmannsstadt.
Ich mache jetzt einen großen Sprung ins Jahr 1942. Bei einem Bombenangriff wurden große Teile der Altstadt zerstört. Nach dem zweiten Weltkrieg, nach der deutschen Teilung, gehörte Lübeck zum Zonenrandgebiet, konnte sich aber nicht mehr (wie Bremen oder Hamburg) als eigener Stadtstaat halten, sondern wurde Teil des Landes Schleswig-Holstein).

WELTKULTURERBE LÜBECK:
1975 schloß die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) eine Partnerschaft ab, die dafür sorgen sollte, dass das kulturelle Erbe der Völker bewahrt, und archäoligisch Stätten und Naturparks geschützt werden. Zu dieser Liste zählen unter anderem die Schloßanlagen von Versailles oder die ägyptischen Pyramiden. Seit 1987 gehören nun auch Teile der Lübecker Altstadt zum Weltkulturerbe.

UNTERWEGS NACH LÜBECK:
Ja, ich gebe es zu: Ich bin passionierte Autofahrerin. In Grundschulzeiten musste ich vier Jahre lang täglich den Bus nehmen, im Studium ging es immer per Bahn und Bus zur Uni. Die schlechten Erfahrungen, die ich damit gemacht habe, sind einen eigenen Beitrag wert. Alle, die klar zur Bahn stehen, wissen wahrscheinlich, dass man gut nach Lübeck gelangt, z.B. von Hamburg aus. Ihnen kann ich als Tipp noch das Schleswig-Holstein-Ticket mitgeben.
Wer das Auto nimmt, kommt über die A1 direkt ans Ziel. Der Weg ins Stadtzentrum ist dann ausgeschildert, man ist von der Autobahnausfahrt bis in die Altstadt noch gut zehn Minuten (hängt ein wenig vom Verkehr ab) unterwegs. Für den Weg von Hamburg nach Lübeck braucht man auf diese Weise gut eine Stunde (je nachdem, von wo losfährt auch etwas mehr). Will man auf der Tour noch etwas von Schleswig-Holstein sehen, so ist die Landstraße eine Alternative. Die B432 bzw. B 434 führt einen quer durchs Land.

PARKEN IN LÜBECK:
Tja ... Mal wieder tja ... Denn als ich jetzt wieder in Lübeck war, gab es eine böse Überraschung. Bisher konnte man in den Nebenstraßen mit Glück einen kostenlosen Parkplatz ergattern. Doch herrscht überall Parkscheinpflicht. Im Prinzip ist das zwar okay. Doch die Preise sind gesalzen. 1 Euro wird fällig, pro halbe Stunde. Damit liegt Lübeck gleich auf mit der Düsseldorfer Kö! Ein aus Besuchersicht trauriger Spitzenplatz! Die Parkscheinregelung finde ich noch aus einem zweiten Grund ärgerlich: Wenn man irgendwo zu Besuch ist, weiß man meist nicht, wie lange man parken will: Vielleicht schlendert man durch die verschiedensten Straßen und geht dann noch in ein Lokal und muss plötzlich schnell wieder zum Auto hasten, um einen neuen Parkschein zu ziehen. Leider verlängert der den alten nicht einmal, statt dessen verfällt das alte Restgeld ... falls noch welches da ist. Daher mein Tipp: Besser in eines der Parkhäuser fahren. Hier sind die Preise zwar nach meinen Erfahrungen ähnlich unverschämt. Aber immerhin zahlt man nur für die Zeit, für die man wirklich geparkt hat ...

DAS HOLSTENTOR:
Es ist das erste, was ich ich bei meinem ersten Lübeck-Besuch gesehen habe. Da war doch was? Na klar! Der alte 50 Markschein, der irgendwann Anfang der 90er aus dem Verkehr gezogen wurde. Mehr als das Tor an sich fallen einem die beiden dicken runden Türme auf, die den Durchgang flankieren. Sie haben quasi spitze Hüte aufsitzen. Die schönste Holstentor-Ansicht hat man, wenn man von außen in die Stadt kommt. Entsprechend stehen vor dem Tor auf der grünen Wiese dann auch zahlreiche Leute, die eine Aufnahme von dem wunderschönen Bauwerk erhaschen wollen. Sie und die Autos, die neben dem Tor her in die Altstadt hinein fahren, machen es etwas schwierig, sich die Vergangenheit des Holstentors vorzustellen, ich probier es trotzdem mal:
Es war zu der Hochzeit der Hanse, als sich Lübeck im Spätmittelalter dieses Bauwerk errichten lies. Die Befestigungsanlagen der Stadt sollten ausgebaut werden und um das zu tun, engagierte man den Ratsbaumeister Helmstede. Auf einem Untergrund aus Moor und Torf errichtete er das Tor, dessen Mauern bis zu 3,50 Meter dick waren. Der Boden hielt dem Gewicht nicht stand, Moor und Torf wurden wohl zu Braunkohle gepresst.
Mit der Zeit entsprach das Tor aber nicht mehr dem modernen Befestigungsstandard, zusätzliche Anlagen mussten gebaut werden. 1863 fiel dann im Rat der Stadt die wichtige Entscheidung, das Bauwerk zu erhalten, es wurde von Grund auf restauriert und schließlich Anfang der 1930er auch endlich standfest gemacht.
Noch heute symbolisiert das Tor die Stadt, seit 1950 ist in den Räumen des Holstentor das Stadtgeschichtliche Mueseum. Doch das zu besuchen, hab ich bislang noch keine Zeit gefunden.

DAS RATHAUS:
Ich geb es ja zu: ich bin kein Architekturspezialist. Es ist mehr das Bauchgefühl, dass mich beim Anblick dieses Baus Wow sagen läßt. Mit seinen Zinnen erinnert es mich eher an den Teil einer Burg. Dann wieder sehe ich indirekt Parallelen zu der Münsteraner Innenstadt und den Häuserfassaden dort. Vielleicht ist es aber auch nicht nur meine Unschlüssigkeit. Denn 1230, also noch früh in der Lübecker Stadtgeschichte, aber an einem Punkt, als es schon sehr bedeutende Handelsbeziehungen gab, wurde mit dem Bau des Rathauses begonnen, in der Folgezeit erweiterte man es immer wieder. So auch in der Zeit nach 1350. Damals entstand das spitzbogige Hauptportal aus grün glasiertem Backstein. Die Eingangshalle, so habe ich mir sagen lassen, sollen wohl aus der Neugotik stammen.
In den letzten Monaten oder Jahren (ich bin immer nur sporadisch ein-, zwei- oder dreimal pro Jahr in Lübeck) scheint sich einiges getan zu haben. Zum Marktplatz hin sieht man nun, dass die Fassaden dort renoviert werden. So strahlt eine Seite nun in frischem weiß, eine andere ist noch von Planen verhangen.


DIE MARIENKIRCHE:
Sie liegt direkt neben dem Rathaus. Mir ist als erstes dort ein kleiner Teufel aufgefallen, der verschmitzt lächelnd mit baumelnden Beinen vor der Kirche sitzt und sich den Bart hält. Er, so heißt es in der Legende, habe beim Bau der Kirche fleißig mitgearbeitet. Eigentlich unsinnig, oder? Nein, denn der Teufel dachte, es würde ein Weinhaus entstehen. Als er seinen Irrtum erkannte, wurde er wütend und wollte einen Stein auf St. Marien schleudern. Doch in letzter Sekunde konnte man ihn überreden, das nicht zu tun und man versprach ihm, neben der Kirche ein Gasthaus zu errichten, den Ratskeller. Der Teufel vor St. Marien ist allerdings neueren Datums. Er entstand dank Spenden aus der Lübecker Wirtschaft und wurde aus Bronze gegossen.
Wenn ich heute die Kirche betrete, dann wirkt sie eher schlicht. Zuletzt war ich mit Besuch aus Bayern dort, der etwas enttäuscht über das schlichte Innere war. Zwischen 1250 und 1350 entstand die dreischiffige Basilika. Sie kann, wie ich gehört habe, auch heute noch einen Rekord für sich verbuchen: ihr 40 Meter hohes Mittelschiff soll das höchste Backsteingewölbe der Welt sein.
Im zweiten Weltkrieg wurde auch St. Marien schwer getroffen. Im Inneren sieht man zum Gedenken daran noch zwei alte Glocken. Sie waren im Jahre 42 beim großen Brand der Kirche aus dem Südturm abgestürzt. Ich hab es ja angedeutet: Auch heute noch wirkt St. Marien nicht sonderlich prunkvoll. Dazu mag beitragen, dass immer wieder an und in ihr gebaut wird, gerade bei meinem letzten Besuch waren Baugerüste zu sehen. Die Orgel ist für meinen Geschmack außergewöhnlich schlicht aus Holz..
Und so ist für mich und für viele andere Besucher dann erstaunlicherweise doch der Teufel das interessanteste Stück St. Marien ....

NIEDEREGGER ODER: ZEIT FÜR EINE KAFFEEPAUSE:
Die meisten haben es irgendwann und irgendwo schon einmal gesehen: Niederegger Marzipan. Wenn Tempo für Taschentücher steht und tesa für Klebestreifen, so ist Niederegger fast schon der Inbegriff für Marzipan und eine echte Institution von Lübeck. Einmal mehr erkennt man, wie sehr sich Stadtgeschichte und die Geschichte überkreuzen und miteinander verwoben sind. Denn das Holstentor dient als Logo für das Süßwarenhaus. Ganz ehrlich gesagt: Niederegger ist inzwischen mein Lieblingsplatz in Lübeck. Kommt man in die Konditorei rein, so fällt mit als erstes die große Theke im Mittelbereich auf. Sie ist über und über voll mit Köstlichkeiten in den verschiedensten Formen: Traditionelle Marzipanriegel in rotem Papier verpackt gibt es da ebenso wie Früchte der verschiedensten Formen oder Tiere aus Marzipan. Rechts, in der Theke, verlocken verschiedenste Torten, z.T. auch mit Marzipanüberzug ...
Im Erdgeschoss oder ein Stockwerk höher kann man dann ins eigentliche Kaffee gehen. Das ist recht gediegen gehalten, in dunklem Holz und in rot. Auch in der ersten Etage findet man einmal mehr eine Theke mit köstlichen Torten. Am liebsten würde man da gleich mehrfach zugreifen. Besonders kann ich aber die Marzipan-Nusstorte (heißt in anderen Konditoreien auch Lübecker Nuss) empfehlen. Sie hat eine Marzipan-Decke und eine wunderbar cremig-sahnige Schicht darunter, die mit klein gemahlenen Nüsschen durchzogen ist. 2,60 Euro zahlt man für diesen Genuss im Kaffee, teuer, aber allemal angemessen für diese Qualität! Sehr empfehlenswert ist auch das Niederegger-Eis. Hier kann ich besonderes zur Marzipan-Sorte raten.
Es gibt noch jede Menge mehr zu Niederegger zu erzählen. Und weil es so viel ist, dass es diesen Beitrag sprengen würde, werde ich Niederegger vielleicht mal gesondert vorstellen!

UND NOCH MEHR ENTDECKUNGEN:
Schon wenn man durch die Lübecker Straßen schlendert, gut gesättigt von leckerer Torte oder gutem Eis, kann man einige weitere schöne Hausfassaden bewundern, z.B. die des Puppen-Theaters, eines Backsteinhauses, das vor allem mit seinem metallernen Schild und den Buchstaben an der Häuserwand mich stark an meine alten, auf altertümlich gemachten Playmobil-Häuser erinnert.
Jetzt mag schon der eine oder die andere auf das Buddenbrock-Haus warten. Eigentlich ein Muss für jeden Lübeck-Besucher. Ich bin wohl bislang dummerweise dran vorbei gelaufen. Denn es soll gegenüber der Marienkirche liegen. Einst wohnte hier der Großvater der Schriftsteller Thomas und Heinrich Mann. Durch Thomas Manns Die Buddenbrocks wurde es weithin bekannt. Im Krieg wurde das Gebäude weitgehend zerstört, nur Fassade und Gewölbekeller blieben bestehen. Eine Bank baute hinter der Fassade eine Filiale. 1991 kehrte das Haus dann aber in den Besitz der Stadt Lübeck zurück, die es seitdem als Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum nutzt. Bei meinem nächsten Besuch werde ich es mir anschauen.

AUSFLUG ANS MEER:
Von Lübeck ist es zur Ostsee nicht mehr weit, nach Travedmünde oder an den Timmendorfer Strand braucht man etwa eine halbe Stunde. Dort (am Timmendorfer Strand) kann man dann typisches Ostsee-Flair genießen, denn auf den feinen Sand steht quasi Strandkorb an Strandkorb. Die bequemen Sitzgelegenheiten schützen die Besucher sowohl an windigen Tagen als auch vor zuviel Sonneneinstrahlung. Mein Geschmack ist diese Art von Urlaub allerdings nicht. Mir ist gerade in der Feriensaison der Trubel der dicht an dicht sitzenden und liegenden Badegäste zu groß, ich ziehe eher den viel weitläufigeren Strand von St. Peter Ording vor.

FAZIT:
Soweit meine Kurzreise nach Lübeck ... Und nochmals: Alles sind nur Eindrücke bzw. Dinge, die ich über die Plätze, an denen ich war, gehört habe und die mich faszinieren. Mir ist klar, dass der Bericht die Geschichte und Geschichten der alten Hansestadt nicht vollständig wiedergeben kann. Aber mich reizt die Stadt, ich werde sie sicher wieder besuchen, werde vor allem immer wieder dann auch bei Niederegger eine Pause einlegen und zusehen, dass ich noch mehr von dieser Stadt entdecke.
Es gibt nur einen Haken an der Sache: Die inzwischen fast unverschämten Parkgebühren. Mir ist klar, dass man gerade für die Erhaltung so einer schönen alten Altstadt jede Menge Geld braucht. Doch die Preise in Lübeck sind entschieden zu hoch! Eigentlich wollte ich Lübeck die volle Punktzahl geben. Doch wegen der Parkgebühren gibt es dann einen Abzug! Dennoch sollte man sich die Stadt auf alle Fälle anschauen!

25 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Clarinetta2

    18.03.2007, 18:08 Uhr von Clarinetta2
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller Bericht LG Clarinetta