Macht Liebe - Rosenstolz Testbericht

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Auf yopi.de gelistet seit 09/2003
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Summe aller Bewertungen
- Cover-Design:
- Klangqualität:
Erfahrungsbericht von flyingdanny
Eine tolle Mischung sanfter Balladen und anspruchsvoller Pop-Tracks
Pro:
tolle Texte, anspruchsvolle Musik, ergreifende Balladen
Kontra:
nix
Empfehlung:
Ja
Es ist ja nun schon etwas länger her, dass ich mal einen Bericht über meine absolute Lieblingsband Rosenstolz geschrieben habe, doch für all jene, die entweder genau wie ich ein fanatischer Fan sind, bzw. die es einfach nur interessiert kommt nun ein Erstbericht zu Rosenstolz' Ende November 2002 erschienene Album "Macht Liebe!", das all seinen Vorgängern und Nachfolgern in keinster Weise nachsteht. Rein musikalisch gesehen merkt man noch deutlich, dass es zur Übergangsphase der Band zwischen stark extrovertiertem Chanson/Pop der Anfangszeiten und den softeren Songs ihrer aktuellen Alben gehört.
Hier erst einmal ein paar allgemeine Daten: Das Album erschien am 25. November 2002 unter dem Label Polydor (Universal). Zur Zeit kostet es bei amazon.de 13,95 Euro, was ich für durchaus erschwinglich halte.
Die Tracklist:
1. Sternraketen
2. Macht Liebe
3. Paradies
4. Es tut immer noch weh
5. Komm doch mit
6. Heiss
7. Ich verbrauche mich
8. Unsterblich
9. Raubtier
10. 48 Stunden
11. Prinzessin auf dem Abstellgleis
12. Tag in Berlin (November)
Sternraketen:
Für Fans des früheren Stils von Rosenstolz ist dieser Song äußerst ungewöhnlich für die Ohren, denn er gehört meiner Meinung nach zumindest vom klang her eher in die Kategorie "Kitsch-Pop". Lediglich der Text ist gewohnt außergewöhnlich und lädt zum Nachdenken ein. Der Song verbreitet durch den Gebrauch vieler Tonikas durchaus gute Laune und Harmonie, eignet sich aber schlecht als Opener dieses ansonsten so anspruchsvollen, melancholischen Albums. Der Song wurde als Single ausgekoppelt und hatte wenigstens den positiven Effekt, dass sich mehr und mehr Leute mit Rosenstolz beschäftigten, da sie nun Musik zu machen schienen, die sehr vielen Ohren schmeichelt. Somit verloren sie den Stempel des "abgespacten Berliner Pop-Duos".
Macht Liebe:
Dieser Song ist sehr lasziver und erotischer Natur. Der Namensgeber des Albums wird von Annas fast durchweg gehauchter und somit sehr sexy klingenden Stimme dominiert. Auch Peter hat mal wieder eines seiner seltenen Intermezzos. Musikalisch klingt der Song ein wenig veraltet und sehr elektronisch, aber durchaus passabel. Der Refrain geht ins Ohr und macht Spaß. Allgemein ist diese Hymne an die und Aufforderung zur Liebe im gewohnten frühen Stil von Rosenstolz komponiert und arrangiert, sollte aber keineswegs als anzügliche Provokation verstanden werden, denn da spricht der etwas philosophische Text deutlich dagegen.
Paradies:
"Paradies" beginnt sehr zart und zugleich mit härteren Elektro-Beats. Annas perfekte, klare Stimme verzaubert und insbesondere der Refrain wirkt sehr chillig. Die Interpretation des Textes möchte ich einem jeden selbst überlassen, denn das ist erstens etwas schwierig und zweitens sehr individuell - wie so oft bei Rosenstolz. Streicher-Arrangements und weiterhin viele elektronische Klänge (die, nur so nebenbei, nicht wie bei den meisten anderen Elektro-Songs, nicht lächerlich klingen). Der Song kommt an einigen Stellen auch nur mit Annas Stimme und einem E-Piano oder Blechbläsern nachempfundenen Klängen aus.
Es tut immer noch weh:
Ein sehr, sehr dramatischer Song, den ich in vielen Lebenslagen schon gehört habe. Die Stimmung ist überaus melancholisch, größtenteils geführt von Gesang und Gitarren- bzw. Pianoklängen. Man könnte meinen, Anna denke über eine vergangene Beziehung oder ähnliches nach und das soll man wahrscheinlich. Es ist ständig die Rede von "wir". Außerdem wird die Zeit als Abstraktum angesprochen: "Doch Zeit kann grausam sein, sie bricht dein Herz, dann wird sie's wieder heil'n" - ein sehr schönes Statement voller Wahrheit. "Wenn du mir auch den Mond versprichst, wir kleben doch am Boden, und können uns nicht bewegen" ist eine weitere Aussage, die gegen Ende hin getroffen wird, bevor das Klavier jäh den Song kurz mit einem Zwischenspiel unterbricht, bevor Anna zum erneuten Singen des Refrains ansetzt. Bei diesem Song merkt man ganz deutlich, dass sich Annas Stimme besonders für solch tragisch-melancholische Lieder anbietet - eine echt toller Song, der zum Schluss noch einmal durch sein nicht enden wollendes Fade Out auf sich aufmerksam macht, bevor dann eine schöne Klaviermelodie den Song endgültig beendet, aber irgendwie das Ende dann doch offen lässt.
Komm doch mit:
"Komm doch mit" ist ein leicht verständlicher Pop-Song, der einfach nur zum handeln auffordert und so auf nahezu alle Lebenslagen transferiert werden kann. "Wer nicht springt, wird es nie erleben" verdeutlicht die Aussage unter anderem. In den Zwischenspielen kommen erneut elektronische Klänge zum Vorschein, doch ansonsten ist die Melodie, die von einem oft wiederkehrenden Gitarrenmotiv dominiert wird, sehr eingängig und zusammenhängend arrangiert. Am Ende bekennen Rosenstolz noch einmal ganz deutlich Farbe, zu wem sie halten und was sie verabscheuen:
"All die alten Leisetreter, Speichellecker, Schwulenhasser, Kriegsindianer, Patrioten und Idioten, lass sie einfach hier"
(Manche Begriffe müssen hier natürlich im übertragenen Sinne gesehen werden.)
Heiß:
Heiß erinnert vom Stil her an Lied 2, sprich "Macht Liebe!", ist aber dann doch ganz anders, denn diesmal geht es wirklich darum, ein wenig zu provozieren, aber auf, na ja, stilvolle Art und Weise eben. Ich erkläre das einfach mit Rosenstolz' anfänglich schrillem Stil und Faible für extravagante Texte. Cool finde ich Peters ständig dazwischen geworfenes "Mach dich frei und komm!". Ansonsten spricht der Text für sich:
"Lass uns hei-, hei-, hei-, hei-, heiß sein und dabei lau-, lau-, lau-, lau-, laut schreien!", da gibt es interpretatorisch nicht viel zu zu sagen ;)
Musikalisch setzen Rosenstolz den Stil des Albums fort und offenbaren weitere Requisiten ihres Elektro-Repertoires.
Ich verbrauche mich:
Ähnlich wie "Es tut immer noch weh" ein sehr emotionaler und gefühlsgeladener Song. Der Anfang ist wiederum speziell: Man hört Schritte, ein Feuerzeug, das Anzünden einer Zigarette und dann setzt Annas gequält klingender Gesang begleitet vom Klavier ein. Traurig-melancholisch und dennoch sehr harmonisch erzählt Anna eine Geschichte von einem lyrischen Ich, das aus Liebe viel zu viel gegeben hat und immer noch gibt, doch erst am Ende merkt, dass es zunehmend sich selbst schadet und daran zugrunde zu gehen scheint. "Und dann steh ich vor dem Spiegel, diese Falte geht an dich, wird auf ewig dich wohl lieben, denn du bist ja mein Gesicht. Ich verbrauche mich an dir, …", eine Textpassage die Wiedererkennungswert hat und mich beispielsweise durchaus an Beziehungen erinnert hat, in denen man wirklich so vernarrt war, dass man gar nicht bzw. erst zu spät gemerkt hat, wie schlecht es einem geht und wie unglücklich man eigentlich ist.
Der Song wird von sanften Klavier- und Schlagzeugklängen geführt, teilweise sind auch Streicher zu hören. Insgesamt offenbart sich ein eher poppiges Gesamtbild, das trotz seines Balladen-Charakters schwungvoll bleibt - eine tolle Mischung!
Unsterblich:
Beginnt gewohnt puristisch nur mit Gesang und Gitarre, dann setzt ein Schlagzeug ein. Der Song setzt den gewohnt melancholischen Charakter des Albums fort. Es geht um das einstige Blick sowie das Philosophieren über das Scheitern. Man erinnert sich schwermütig an vergangene Tage, an denen man "unsterblich" war, daher der Titel. Genau dieses Thema wird verfolgt. Gegen Ende überraschen dann Akkordeon-Klänge. Der Balladen-Pop rührt wieder einmal das Herz auf nicht kitschige Art und Weise und überzeugt vollkommen!
Raubtier:
Dieser Song gehört eindeutig wieder zum extravaganten Stil von Rosenstolz, textlich erinnert es etwas an "Das gelbe Monster" vom späteren Album "Herz". "Lass mein wildes Raubtier frei, gib ihm wieder was zu Fressen, denn es wird gefährlich sein, ist vor Sehnsucht schon besessen" ist ein wiederkehrendes Motiv und kann auf vielfältige Art und Weise interpretiert werden, auf jeden Fall handelt es sich um eine Einschränkung bzw. einen Entzug, der beschrieben wird und den man beendet sehen will. Elektro-Klänge dominieren neben Schlagzeug und Gitarre wiederum das musikalische Bild.
48 Stunden:
"Meine Nacht hat 48 Stunden" ist die allererste Aussage des Songs und beschreibt ein dunkles Gefühl in ebensolcher. "Ich hab mein Glück noch nie gefunden und wenn ich's hätt, wär's längst entzwei" - daraus spricht die pure Resignation ob der Lebensumstände. Die Gitarrenmelodie begleitet Annas verzweifelten Gesang, der sich wie so oft um Herzschmerz und Liebe dreht und als Protagonisten mal wieder das "traurige Mädchen" einführt. "Ich bin nicht gut, im Liebe nehmen und geben und wenn ich geb, geb ich zu viel" - dies wiederum spricht mir aus der Seele, da ich früher selbst immer so gehandelt habe. Es spielt auf Klammern und "Sich-vor-Liebe-vergessen" an. Ein nachvollziehbares Gefühl, denke ich. Sanfte Klavierbegleitung und Schlagzeugklänge umrahmen den Song.
Prinzessin auf dem Abstellgleis:
Auch diese Ballade dürfte vielen Leuten aus der Seele sprechen, behandelt sie doch ein alltägliches Problem. "So viel Männer hinter sich - keiner blieb. Mit ihrer Sehnsucht zog sie los…Prinzessin auf dem Abstellgleis blieb allein". Der Song wird von einer melancholischen Klaviermelodie und einem vollmundigen Streich-Arrangement getragen. Inhaltlich geht es um die verzweifelte Suche nach einem steten Partner, um das "Sich-ausprobieren" und die resignierende Erkenntnis, dass man trotz unzähliger Versuche dennoch allein geblieben ist. Diese Rekapitulation begegnet vielen Menschen, insbesondere jüngeren. "Sie zählt bis sie der Schlaf besiegt" - der Song lässt keine Lösung zu sondern beschreibt vielmehr das Verharren in jener schrecklichen Situtation. Viele ritardandi, Fermaten und Kunstpausen lassen den Song immer und immer innehalten, ein wirkliches Voranschreiten gibt es nicht, was angesichts der ausweglosen Lage auch klar ist.
Tag in Berlin (November):
Betrachtet man die Discographie von Rosenstolz dürfte einem auffallen, dass es immer wieder Album-Songs gibt, die eine Monatsangabe haben. Ein weiteres Beispiel hierfür ist Augenblick (Dezember) vom Album "Herz". Rosenstolz hat damit Schritt für Schritt eine Art musikalischen Kalender erstellt, der von gefühlvollen Balladen dominiert wird und abgesehen vom Mitleid spendenden Charakter auch eine gewisse Zuversicht für den aufmerksamen Zuhörer bereitstellen.
"Tag in Berlin (November)" könnte durchaus autobiographische Züge haben, kennt doch jeder Rosenstolz-Fan die enge Bindung der Band an ihre Heimatstadt Berlin. Der Song wird von einzelnen gezupften Gitarren-Klängen eingeläutet, beim Voranschreiten Richtung Refrain kommen dann dramatische Streicherklänge hinzu. Der Text beschreibt die wunderbaren Fähigkeiten einer fiktiven Figur, die Anna bzw. die Protagonistin zu verzaubern vermochten und ihr wieder Lächeln schenkten, doch der Traum einer idyllischen Beziehung platzt recht schnell: "Wenn es Tag wird in Berlin, sind die Augen wieder grün, war das blau auch noch so schön, ich muss weiter, ich muss gehen." - diese Passage aus dem Chorus enthält zwei interessante sprachliche Motive: zum einen die blauen Augen, die für Naivität und Leichtgläubigkeit stehen, zum anderen aber auch den Tag, der mit seinem Sonnenlicht die in der Nacht so wunderbar scheinenden Eigenschaften von Menschen und Dingen mit erbarmungsloser Realität erfüllt. Musikalisch verharrt das Lied in seiner Einfachheit bis zum Schluss, das Ende ist wie so oft offen und lässt Spielraum für eigene Gedanken - eine ganz spezifische Eigenschaft von Rosenstolz, die mich unter anderem inspiriert und so für diese Band begeistert.
Hier erst einmal ein paar allgemeine Daten: Das Album erschien am 25. November 2002 unter dem Label Polydor (Universal). Zur Zeit kostet es bei amazon.de 13,95 Euro, was ich für durchaus erschwinglich halte.
Die Tracklist:
1. Sternraketen
2. Macht Liebe
3. Paradies
4. Es tut immer noch weh
5. Komm doch mit
6. Heiss
7. Ich verbrauche mich
8. Unsterblich
9. Raubtier
10. 48 Stunden
11. Prinzessin auf dem Abstellgleis
12. Tag in Berlin (November)
Sternraketen:
Für Fans des früheren Stils von Rosenstolz ist dieser Song äußerst ungewöhnlich für die Ohren, denn er gehört meiner Meinung nach zumindest vom klang her eher in die Kategorie "Kitsch-Pop". Lediglich der Text ist gewohnt außergewöhnlich und lädt zum Nachdenken ein. Der Song verbreitet durch den Gebrauch vieler Tonikas durchaus gute Laune und Harmonie, eignet sich aber schlecht als Opener dieses ansonsten so anspruchsvollen, melancholischen Albums. Der Song wurde als Single ausgekoppelt und hatte wenigstens den positiven Effekt, dass sich mehr und mehr Leute mit Rosenstolz beschäftigten, da sie nun Musik zu machen schienen, die sehr vielen Ohren schmeichelt. Somit verloren sie den Stempel des "abgespacten Berliner Pop-Duos".
Macht Liebe:
Dieser Song ist sehr lasziver und erotischer Natur. Der Namensgeber des Albums wird von Annas fast durchweg gehauchter und somit sehr sexy klingenden Stimme dominiert. Auch Peter hat mal wieder eines seiner seltenen Intermezzos. Musikalisch klingt der Song ein wenig veraltet und sehr elektronisch, aber durchaus passabel. Der Refrain geht ins Ohr und macht Spaß. Allgemein ist diese Hymne an die und Aufforderung zur Liebe im gewohnten frühen Stil von Rosenstolz komponiert und arrangiert, sollte aber keineswegs als anzügliche Provokation verstanden werden, denn da spricht der etwas philosophische Text deutlich dagegen.
Paradies:
"Paradies" beginnt sehr zart und zugleich mit härteren Elektro-Beats. Annas perfekte, klare Stimme verzaubert und insbesondere der Refrain wirkt sehr chillig. Die Interpretation des Textes möchte ich einem jeden selbst überlassen, denn das ist erstens etwas schwierig und zweitens sehr individuell - wie so oft bei Rosenstolz. Streicher-Arrangements und weiterhin viele elektronische Klänge (die, nur so nebenbei, nicht wie bei den meisten anderen Elektro-Songs, nicht lächerlich klingen). Der Song kommt an einigen Stellen auch nur mit Annas Stimme und einem E-Piano oder Blechbläsern nachempfundenen Klängen aus.
Es tut immer noch weh:
Ein sehr, sehr dramatischer Song, den ich in vielen Lebenslagen schon gehört habe. Die Stimmung ist überaus melancholisch, größtenteils geführt von Gesang und Gitarren- bzw. Pianoklängen. Man könnte meinen, Anna denke über eine vergangene Beziehung oder ähnliches nach und das soll man wahrscheinlich. Es ist ständig die Rede von "wir". Außerdem wird die Zeit als Abstraktum angesprochen: "Doch Zeit kann grausam sein, sie bricht dein Herz, dann wird sie's wieder heil'n" - ein sehr schönes Statement voller Wahrheit. "Wenn du mir auch den Mond versprichst, wir kleben doch am Boden, und können uns nicht bewegen" ist eine weitere Aussage, die gegen Ende hin getroffen wird, bevor das Klavier jäh den Song kurz mit einem Zwischenspiel unterbricht, bevor Anna zum erneuten Singen des Refrains ansetzt. Bei diesem Song merkt man ganz deutlich, dass sich Annas Stimme besonders für solch tragisch-melancholische Lieder anbietet - eine echt toller Song, der zum Schluss noch einmal durch sein nicht enden wollendes Fade Out auf sich aufmerksam macht, bevor dann eine schöne Klaviermelodie den Song endgültig beendet, aber irgendwie das Ende dann doch offen lässt.
Komm doch mit:
"Komm doch mit" ist ein leicht verständlicher Pop-Song, der einfach nur zum handeln auffordert und so auf nahezu alle Lebenslagen transferiert werden kann. "Wer nicht springt, wird es nie erleben" verdeutlicht die Aussage unter anderem. In den Zwischenspielen kommen erneut elektronische Klänge zum Vorschein, doch ansonsten ist die Melodie, die von einem oft wiederkehrenden Gitarrenmotiv dominiert wird, sehr eingängig und zusammenhängend arrangiert. Am Ende bekennen Rosenstolz noch einmal ganz deutlich Farbe, zu wem sie halten und was sie verabscheuen:
"All die alten Leisetreter, Speichellecker, Schwulenhasser, Kriegsindianer, Patrioten und Idioten, lass sie einfach hier"
(Manche Begriffe müssen hier natürlich im übertragenen Sinne gesehen werden.)
Heiß:
Heiß erinnert vom Stil her an Lied 2, sprich "Macht Liebe!", ist aber dann doch ganz anders, denn diesmal geht es wirklich darum, ein wenig zu provozieren, aber auf, na ja, stilvolle Art und Weise eben. Ich erkläre das einfach mit Rosenstolz' anfänglich schrillem Stil und Faible für extravagante Texte. Cool finde ich Peters ständig dazwischen geworfenes "Mach dich frei und komm!". Ansonsten spricht der Text für sich:
"Lass uns hei-, hei-, hei-, hei-, heiß sein und dabei lau-, lau-, lau-, lau-, laut schreien!", da gibt es interpretatorisch nicht viel zu zu sagen ;)
Musikalisch setzen Rosenstolz den Stil des Albums fort und offenbaren weitere Requisiten ihres Elektro-Repertoires.
Ich verbrauche mich:
Ähnlich wie "Es tut immer noch weh" ein sehr emotionaler und gefühlsgeladener Song. Der Anfang ist wiederum speziell: Man hört Schritte, ein Feuerzeug, das Anzünden einer Zigarette und dann setzt Annas gequält klingender Gesang begleitet vom Klavier ein. Traurig-melancholisch und dennoch sehr harmonisch erzählt Anna eine Geschichte von einem lyrischen Ich, das aus Liebe viel zu viel gegeben hat und immer noch gibt, doch erst am Ende merkt, dass es zunehmend sich selbst schadet und daran zugrunde zu gehen scheint. "Und dann steh ich vor dem Spiegel, diese Falte geht an dich, wird auf ewig dich wohl lieben, denn du bist ja mein Gesicht. Ich verbrauche mich an dir, …", eine Textpassage die Wiedererkennungswert hat und mich beispielsweise durchaus an Beziehungen erinnert hat, in denen man wirklich so vernarrt war, dass man gar nicht bzw. erst zu spät gemerkt hat, wie schlecht es einem geht und wie unglücklich man eigentlich ist.
Der Song wird von sanften Klavier- und Schlagzeugklängen geführt, teilweise sind auch Streicher zu hören. Insgesamt offenbart sich ein eher poppiges Gesamtbild, das trotz seines Balladen-Charakters schwungvoll bleibt - eine tolle Mischung!
Unsterblich:
Beginnt gewohnt puristisch nur mit Gesang und Gitarre, dann setzt ein Schlagzeug ein. Der Song setzt den gewohnt melancholischen Charakter des Albums fort. Es geht um das einstige Blick sowie das Philosophieren über das Scheitern. Man erinnert sich schwermütig an vergangene Tage, an denen man "unsterblich" war, daher der Titel. Genau dieses Thema wird verfolgt. Gegen Ende überraschen dann Akkordeon-Klänge. Der Balladen-Pop rührt wieder einmal das Herz auf nicht kitschige Art und Weise und überzeugt vollkommen!
Raubtier:
Dieser Song gehört eindeutig wieder zum extravaganten Stil von Rosenstolz, textlich erinnert es etwas an "Das gelbe Monster" vom späteren Album "Herz". "Lass mein wildes Raubtier frei, gib ihm wieder was zu Fressen, denn es wird gefährlich sein, ist vor Sehnsucht schon besessen" ist ein wiederkehrendes Motiv und kann auf vielfältige Art und Weise interpretiert werden, auf jeden Fall handelt es sich um eine Einschränkung bzw. einen Entzug, der beschrieben wird und den man beendet sehen will. Elektro-Klänge dominieren neben Schlagzeug und Gitarre wiederum das musikalische Bild.
48 Stunden:
"Meine Nacht hat 48 Stunden" ist die allererste Aussage des Songs und beschreibt ein dunkles Gefühl in ebensolcher. "Ich hab mein Glück noch nie gefunden und wenn ich's hätt, wär's längst entzwei" - daraus spricht die pure Resignation ob der Lebensumstände. Die Gitarrenmelodie begleitet Annas verzweifelten Gesang, der sich wie so oft um Herzschmerz und Liebe dreht und als Protagonisten mal wieder das "traurige Mädchen" einführt. "Ich bin nicht gut, im Liebe nehmen und geben und wenn ich geb, geb ich zu viel" - dies wiederum spricht mir aus der Seele, da ich früher selbst immer so gehandelt habe. Es spielt auf Klammern und "Sich-vor-Liebe-vergessen" an. Ein nachvollziehbares Gefühl, denke ich. Sanfte Klavierbegleitung und Schlagzeugklänge umrahmen den Song.
Prinzessin auf dem Abstellgleis:
Auch diese Ballade dürfte vielen Leuten aus der Seele sprechen, behandelt sie doch ein alltägliches Problem. "So viel Männer hinter sich - keiner blieb. Mit ihrer Sehnsucht zog sie los…Prinzessin auf dem Abstellgleis blieb allein". Der Song wird von einer melancholischen Klaviermelodie und einem vollmundigen Streich-Arrangement getragen. Inhaltlich geht es um die verzweifelte Suche nach einem steten Partner, um das "Sich-ausprobieren" und die resignierende Erkenntnis, dass man trotz unzähliger Versuche dennoch allein geblieben ist. Diese Rekapitulation begegnet vielen Menschen, insbesondere jüngeren. "Sie zählt bis sie der Schlaf besiegt" - der Song lässt keine Lösung zu sondern beschreibt vielmehr das Verharren in jener schrecklichen Situtation. Viele ritardandi, Fermaten und Kunstpausen lassen den Song immer und immer innehalten, ein wirkliches Voranschreiten gibt es nicht, was angesichts der ausweglosen Lage auch klar ist.
Tag in Berlin (November):
Betrachtet man die Discographie von Rosenstolz dürfte einem auffallen, dass es immer wieder Album-Songs gibt, die eine Monatsangabe haben. Ein weiteres Beispiel hierfür ist Augenblick (Dezember) vom Album "Herz". Rosenstolz hat damit Schritt für Schritt eine Art musikalischen Kalender erstellt, der von gefühlvollen Balladen dominiert wird und abgesehen vom Mitleid spendenden Charakter auch eine gewisse Zuversicht für den aufmerksamen Zuhörer bereitstellen.
"Tag in Berlin (November)" könnte durchaus autobiographische Züge haben, kennt doch jeder Rosenstolz-Fan die enge Bindung der Band an ihre Heimatstadt Berlin. Der Song wird von einzelnen gezupften Gitarren-Klängen eingeläutet, beim Voranschreiten Richtung Refrain kommen dann dramatische Streicherklänge hinzu. Der Text beschreibt die wunderbaren Fähigkeiten einer fiktiven Figur, die Anna bzw. die Protagonistin zu verzaubern vermochten und ihr wieder Lächeln schenkten, doch der Traum einer idyllischen Beziehung platzt recht schnell: "Wenn es Tag wird in Berlin, sind die Augen wieder grün, war das blau auch noch so schön, ich muss weiter, ich muss gehen." - diese Passage aus dem Chorus enthält zwei interessante sprachliche Motive: zum einen die blauen Augen, die für Naivität und Leichtgläubigkeit stehen, zum anderen aber auch den Tag, der mit seinem Sonnenlicht die in der Nacht so wunderbar scheinenden Eigenschaften von Menschen und Dingen mit erbarmungsloser Realität erfüllt. Musikalisch verharrt das Lied in seiner Einfachheit bis zum Schluss, das Ende ist wie so oft offen und lässt Spielraum für eigene Gedanken - eine ganz spezifische Eigenschaft von Rosenstolz, die mich unter anderem inspiriert und so für diese Band begeistert.
12 Bewertungen, 5 Kommentare
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23.05.2007, 23:24 Uhr von AndreaBln
Bewertung: sehr hilfreichsh...freue mich über Gegenlesungen..LG Andrea
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23.05.2007, 16:20 Uhr von frankensteins
Bewertung: sehr hilfreichsehr schöner Bericht lg
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23.05.2007, 15:19 Uhr von topfmops
Bewertung: sehr hilfreichJetzt soll ich auch noch Kot eingeben . . . Aber was tut man nicht alles, um einen lesenswerten und informativen Bericht entsprechend zu bewerten??
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23.05.2007, 14:46 Uhr von maerchenfee
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich!
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23.05.2007, 13:35 Uhr von manyatta
Bewertung: sehr hilfreichKlasse Bericht über ein klasse Album!
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