Ägypten Testbericht

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Erfahrungsbericht von sili74

Ein Juwel der Wildnis

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Es war im Juni anno 1995. Sili und ihre Freunde waren wieder mal unterwegs. Diesmal verschlug es uns in eine weniger schöne, aber dafür umso eindruckvollere Gegend - auf den Spuren der Nation Israel 1500 v. Chr.

Nie werde ich vergessen, wie begeistert ich war, als ich den traditionellen Berg Sinai zum ersten Mal sah. Wir waren damals in einem Taxi durch das heiße, staubige Terrain der ägyptischen Sinaihalbinsel gefahren, als wir uns plötzlich in der weiten, offenen Ebene er-Raha wiederfanden. Die eindruckvolle Wand des Berges Sinai ragte steil auf und zeichnete sich scharf von dem flachen Land ab. Der Berg sah aus wie ein Juwel in der Wüste. Das könnte er also gewesen sein – der Berg, auf dem Moses von Gott die 10 Gebote erhielt.

Zwar ist die genaue Lokalisierung des Biblischen Berges Sinai noch immer etwas umstritten, doch Pilger zieht es schon seit Jahrhunderten dorthin, weil sie glauben, dass es sich um den berühmten Berg handelt. Bereits im dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung trafen Asketen ein, um sich in der Abgeschiedenheit ganz ihren religiösen Gedanken zu widmen. Im sechsten Jahrhundert gab der byzantinische Kaiser Justinian I. Weisung dort ein festungsartiges Kloster zu erreichten, um solche Einsiedler zu schützen und die römische Präsenz in diesem Gebiet zu gewährleisten. Jenes Kloster, das am Fuß des traditionellen Berges Sinai liegt, ist heute als das Katharinenkloster bekannt.

Wie wär´s jetzt mit einer gemeinsamen Reise zum Berg Sinai?


Auf Entdeckungstour
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Nach unserer Fahrt durch das ausgedörrte Tal setzt unser Taxifahrer, ein Beduine, meine Reisebegleiter und mich direkt unterhalb des Klosters ab. Nachte Felsspitzen bilden die Kulisse des Landschaftsbildes, und die von Bäumen gesäumten Mauern und der grüne Garten des Klosters sind ein willkommener Anblick. Aber wir gehen daran vorbei, denn unser unmittelbares Ziel ist, den südlichen Gipfel zu besteigen und dort oben zu übernachten. Dieser Gipfel, der Dschebel Musa (was „Mosesberg“ bedeutet), wird traditionell mit dem Berg Sinai identifiziert.

Ein zweistündiger Aufstieg bringt uns zum sogenannten Elias-Plateau – eine kleine Bergmulde, die die etwa drei Kilometer lange Bergkette des Sinai durchschneidet. Gemäß der Überlieferung hörte der Prophet Elia hier in einer nahen Höhle die Stimme Gottes. Unter einer 500jährigen Zypresse verschnaufen wir. es gibt hier auch einen alten Brunnen. Wie gut doch das kühle, klare Wasser tut, das uns ein freundlicher Beduine anbietet!

Der regulären Touristenroute folgend, kämpfen wir uns noch 20 Minuten lang 750 Steinstufen hinauf zum Gipfel. Hier steht eine kleine Kirche. Die Mönche behaupten, dass sie genau an der Stelle erreichtet wurde, wo Moses die 10 Gebote erhalten hatte. An der Kirche grenzt eine Felsenhöhlung, in der sich Moses verborgen haben soll, als Gott vorüberging. In Wahrheit weiß aber niemand, wo genau diese Stellen zu lokalisieren sind. Jedenfalls ist die Aussicht vom Gipfel großartig! Wir lassen unseren Blick über die Reihen von rötlichen Granitbergen schweifen, die hinter der mit Steinen übersäten Ebene in der Ferne entschwinden. Im Südwesten ragt der Dschebel Katherin oder Katharinenberg auf, der mit 2637 Metern die höchste Erhebung in diesem Gebiet ist.


Aufstieg zum angrenzenden Ras es-Safsaf
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An einem anderen Tag haben wir die Gelegenheit, den Ras es-Safsaf zu besteigen, eine Bergspitze, die zu der gleichen drei Kilometer langen Bergkette gehört wie der Dschebel Musa. Der Ras es-Safsaf bildet den nördlichen Gipfel und ist nicht ganz so hoch wie der Dschebel Musa. Der Ras es-Safsaf erhebt sich abrupt aus der Ebene er-Raha, wo die Israeliten gelagert haben mögen, als Moses hinaufstieg, um von Gott das Gesetz und die 10 Gebote zu empfangen.
Während wir durch eine Landschaft mit kleineren Gipfeln und Tälern zum Ras es-Safsaf wandern, kommen wir an erlassenen Kapellen, Gärten und Brunnen vorbei – Spuren einer Zeit, in der über hundert Mönche und Einsiedler hier in Höhlen und Steinzellen lebten; heute ist es nur ein einziger Mönch. Wir treffen diesen alleinlebenden Mönch in einem Garten, der mit einem hohen Stacheldrahtzaun umgeben ist. Wir dürfen näher treten. Er erklärt uns, dass er seit fünf Jahren in diesem Garten arbeitet und nur einmal in der Woche zum Kloster hinabgeht. der Mönch zeigt uns den Weg zum Ras es-Safsaf, und wir schleppen uns die Serpentinen weiter hinauf, bis wir – endlich (!) – oben ankommen und hoch über den umliegenden Gipfeln stehen.
Unter uns sehen wir die weite Ebene er-Raha. Speziell an diesem Aussichtspunkt kann ich mir gut vorstellen, dass dies die Stelle ist, zu der Moses vom Lager Israels aus hinaufstieg, um vor Gott zu erscheinen. Ich sehe die drei Millionen Israeliten förmlich vor mir, die in dieser ausgedehnten Ebene vor dem Berg versammelt sind. Ich male mir aus, wie Moses einen ausgrenzenden Holweg hinabsteigt und dabei die beiden Tafeln mit den Zehn Geboten in den Händen hält.

Zufrieden, dass sich unser mühevoller Aufstieg gelohnt hat, gehen wir bei Sonneuntergang gemächlich zu unserem Zelt zurück. Beim Lichtschein eines kleinen Feuers lesen wir Passagen aus 2. Mose; sie beschreiben die Erlebnis, die Moses hier hatte. Und dann wird geruht. Am nächsten Tag klopfen wir spät am Vormittag an das Tor des Katharinenklosters.


Im Kloster
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Das Katharinenkloster gilt als eines der wichtigsten Bauwerke der Christenheit. Das Kloster wird von griechisch-orthodoxen Mönchen bewohnt und ist nicht nur wegen seiner Lage berühmt, sondern auch für seine Ikonen und seine Bibliothek. Das Kloster war die meiste Zeit seiner Geschichte so isoliert, dass die Ankunft eines Besuchers ein seltenes und willkommenes Ereignis war. Die Mönche umarmten den Gast, küssten ihn herzlich und wuschen ihm sogar die Füße. Ein Gast durfte sich in den verschachtelten Gebäuden hinter den 14 Meter hohen Klostermauern völlig frei bewegen. Heute wird die Gastfreundschaft der etwa ein Dutzend verbliebenen Mönche allerdings gewaltig überstrapaziert. Bis zu 50 000 Besucher kommen jährlich, um das Kloster zu besichtigen.

Wegen dieser Menschenmassen ist das Kloster nur an fünf Tagen in der Woche jeweils drei Stunden geöffnet. Touristen ist lediglich ein kleiner Teil des Klosters zugänglich – ein Hof mit dem Mosesbrunnen (von dem die Überlieferung sagt, Moses habe hier seine zukünftige Frau getroffen), die Verklärungskirche (sie soll die älteste ununterbrochen genutzte Kirche der Welt sein) und ein Verkaufsraum für Bücher. Den Touristen wird auch die Kapelle des Brennenden Dornbuschs gezeigt. Die Mönche erzählen, es handle sich um genau die Stelle, an der Moses zuerst Zeuge der Gegenwart Gottes wurde. Da die Mönche diesen Ort als den heiligsten Ort auf der Erde betrachten, wird man gebeten, vor dem Betreten die Schuhe auszuziehen, so wie Gott dem Moses geboten hatte.

Wir sind enttäuscht, das man uns keinen Blick in die berühmte Bibliothek des Klosters werfen lässt, an der wir doch am meisten interessiert sind. Auf unsere Bitte hin, eine Ausnahme zu machen, reagiert der Führer mit dem Ausruf; „Unmöglich! Das Kloster wird in wenigen Minuten geschlossen.“ Etwas später jedoch, als wir uns von der Touristengruppe entfernt haben, flüstert er uns zu: „Kommen sie, hier entlang!“ Wir schlüpfen unter Seilen hindurch, laufen Treppen hinauf und an einem französischen Mönch vorbei, dem man ansieht, dass ihn unser Anblick erstaunt. Nun stehen wir in einer der ältesten und berühmtesten Bibliotheken der Welt! Die Bibliothek umfasst mehr als 4 500 Werke in griechischer, arabischer, syrischer und ägyptischer Sprache.


Ein Abschied mit melancholischer Note
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Unsere Führung endet außerhalb der Kostermauern mit einem Besuch des Beinhauses. Dort türmen sich die Gebeine von Generationen von Mönchen und Einsiedlern, getrennt in Beinknochen, Armknochen, Schädel und so weiter. Die Schädel reichen beinahe bis zur Decke. Warum betrachtet man einen so schaurigen Ort als Notwendigkeit?
Die Mönche haben nur einen winzigen Friedhof. Wenn also jemand stirbt, ist es üblich, die Gebeine aus dem ältesten Grab zu entfernen, um Platz für eine Begräbnisstätte zu schaffen. Jeder Mönch rechnet damit, dass seine Knochen eines Tages zu denen seiner Gefährten im Beinhaus gelagert werden.

Unsere Reise findet daher ein eher melancholisches Ende. Aber die Mühe hat sich auf jeden Fall gelohnt. Wir haben die ehrfurtgebietendem Ausblicke und den Besuch des berühmten Klosters so richtig genossen. Doch der tiefe Eindruck, den wir bei der Abreise mitnehmen, ist der Gedanke, dass wir womöglich auf denselben Pfaden gewandelt sind wie Moses und das Volk Israel vor 3 500 Jahren hier am Berg Sinai – einem Juwel in der Wildnis.


Fazit
****
Ich kann jedem die Reise auf die ägyptische Sinaihalbinsel nur empfehlen. Besonders für bibelgläubige und/oder –interessierte Menschen hat diese Gegend eine besonderen Reiz.
Vielleicht macht jemand von euch bei seiner nächste Reise nach Ägypten einen Abstecher in die Wüste Sinai. Es loht sich auf jeden Fall!

13 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Lachesis

    06.05.2002, 11:03 Uhr von Lachesis
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich war nur zum Tauchen im Sinai. Aber meine Eltern haben damals auch einen Ausflug zum Kloster gemacht.

  • martinius

    06.05.2002, 10:42 Uhr von martinius
    Bewertung: sehr hilfreich

    Hört sich aber auch für nicht Bibelinterressierte Interressant an. Gruß Martinius!