Vietnam Testbericht

ab 35,98
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Erfahrungsbericht von maro79

Hué und Hanoi (ein Weltreisetagebuch - Teil 6)

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Es geht weiter mit dem mittlerweile sechstem Teil des Weltreisetagebuchs von unserer 5-monatigen Weltreise.
Gerade sind wir in Hué in Mittelvietnam angekommen:

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1.11. Halsabschneider
Im strömendem Regen ist unser Eindruck von Vietnam immer noch sehr getrübt. Sobald wir den Kopf aus dem Guesthouse stecken, sind wir umringt von einer Gruppe Vietnamesinnen. Die wollen uns zu Regenmänteln umfunktionierte Müllsäcke verkaufen, was uns durchaus entgegenkommt. Zur Mittagsessenszeit gönnen wir uns in einer Patisserie (auch hier haben die Franzosen ihre Spuren hinterlassen) ein leckeres Frühstück. Nach Wochen auch mal wieder mit einem Kaffee, der sogar Matthias Ansprüchen gerecht wird.

Eine der spärlich gesäten Regenpausen nutzen wir, um mit einem Motorad zur verbotenen Stadt zu fahren. Diese ehemalige vietnamesische Königsresidenz ist flächenmässig sogar grösser als das Pekinger Pendant – allerdings ist von den meisten Gebäuden nicht mehr sehr viel übrig. Das Eingangstor hat fünf Durchgänge, die früher dem Stand entsprechend benutzt werden durften – für die, die überhaupt hinein durften. Das Gehen durch ein falsches Tor konnte durchaus auch mal den Kopf kosten. Inzwischen hat sich politisch in Vietnam einiges geändert, die Tore werden aber immer noch von Halsabschneidern bewacht. Der Eintritt von 50 Cent verzehnfacht sich, wenn man nicht dem Stand der “Einheimischen” angehört, sondern Ausländer ist.

Es bleibt nicht lange trocken – der Blick auf die Vorhersage der nächsten Woche verheisst auch nichts Gutes. Über unseren nächsten Reisezielen in Südvietnam hat sich ein grosses Tief gemütlich gemacht. Aus Angst vor tagelangen Gewittergüssen ändern wir unseren Plan und buchen schon für den nächsten Tag einen Nachtzug ins 700 Kilometer nördlich gelegene Hanoi. So können wir einiges sehen, was uns schon mehrfach von anderen Travellern empfohlen wurde – kleiner Wehrmutstropfen ist, dass wir zurück in den Süden nach Saigon wohl fliegen müssen, da uns sonst die Zeit davon läuft.
Zufällig laufen wir Nadja und Zoe über den Weg, die wir zuletzt in Vang Vieng gesehen haben.


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2.11. Maybe later
Mit dem Motorad legen wir die zwölf Kilometer im vietnamesischen Verkehrschaos zu einem der vielen Königsgräber zurück. Neben uns fährt ein sehr penetranter Vietnamese her und betreibt in gebrochenem Englisch Smalltalk – vermutlich um uns irgendetwas zu verkaufen. Was, werden wir allerdings nie erfahren, weil wir ihn mit einer Fähre zum Grab abhängen. Und wieder erwartet uns eine skurrile Verkaufszene: Auf dem Weg vom Fluss zum Grab werden wir im Abstand von ca. sechs Metern mehr als zehn Mal von Bananenverkäuferinnen angesprochen, die sich nicht nur in Aussehen, Kleidung und Warenangebot, sondern auch ihren Verkaufstrategien ähneln. Nachdem wir auch die letzte davon überzeugen konnten, dass wir keine Bananen kaufen werden, stellt auch sie in der Gewisssheit, dass es keinen anderen Rückweg gibt, “maybe later” fest. Nach zwei Stunden Besichtigung der imposanten Grabanlage können sich dann auch einige der Damen fest daran erinnern, dass wir zugesagt haben, jetzt ihre Bananen zu kaufen.

Zugfahrten sind in Vietnam sehr günstig. Allerdings gilt das – wie auch schon bei Eintrittsgeldern zu kulturellen Sehenswürdigkeiten – nur für Einheimische. Nach dem Foreigner-Aufschlag von 300(!) Prozent zahlt man schon mehr als die Hälfte des Flugpreises für die Strecke. Dafür ist der Zug mit Schlafwagen auch sehr gemütlich, was wir uns nach unseren Laos-Erfahrungen auch verdient haben!


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3.11. Tagesanbruch in Hanoi
Fast pünktlich erreichen wir noch vor Morgengrauen um 5 Uhr unser Ziel. Ganz Hanoi schläft noch – Ganz Hanoi? Nein, um einen kleinen See im Zentrum haben sich hunderte tapfere Sportler versammelt. Getrennt nach Geschlechtern versuchen sich grössere Gruppen bei lauter Musik an aerobicähnlichem Frühsport. Weitere Hundertschaften joggen um den See, während sich die Fauleren auf zwanzig bis dreissig Motorädern ein Rennen liefern.

Im “Old-Quarter”, nördlich des Sees, konzentrieren sich Budget-Hotels und Restaurants. Deswegen sollte man hier auch neben Touristen auch Hanois berühmt-berüchtigte “Touts” (Kundenfänger) finden. Aber der Mob schläft noch und sogar die Hotels sind noch geschlossen.

Also setzen wir uns für ein Weilchen in ein Internetcafe. Danach ist draussen wirklich die Hölle ausgebrochen: Obwohl uns Thailand und Laos schon abgehärtet haben sollten, überrascht uns die Masse und Hartnäckigkeit der Cyclo-, Motorad- und Taxifahrer und der Verkäufer, die uns Bananen, Backwaren, kopierte Bücher, Postkarten, Schmuck, Wasser und anderes unter die Nase halten. Während sie unaufhörlich auf uns einreden, werden wir auf Schritt und Tritt von Schuhputzerkindern verfolgt, über die man fast stolpert. Da wir noch immer unsere Rucksäcke mitschleppen sind wir auch noch einfache Beute für die Fänger verschiedener Guesthouses. Zuletzt ertönen auch noch Rufe von allen Restaurants, doch jeweils dort zu essen. Trotz oder wegen des Überangebots brauchen wir eine ganze Weile, um eine Bleibe zu finden.

Schon viel länger als die Tourismusbranche haben sich hier im Old-Quarter tausende kleine Handwerksbetriebe niedergelassen – jeweils einige kleine Strassen beherbergen Läden fast ausschliesslich einer Zunft. Von Grabsteinmetzen, Dosenmachern, Goldschmieden, über Fisch- und Blumenverkäufern, bis zu einer Zeile mit Läden, in denen man bündelweise nachgemachtet Papiergeld kaufen kann (das in buddhistischen Zeremonien verbrannt wird), kann man hier alles finden.

Nach diesem Rundgang wollen wir Ho Chi Minh besuchen, der genau wie Lenin, Stalin oder Mao in einem Mausoleum aufgebahrt sein soll. Leider haben wir Pech: “Uncle Ho” ist in Russland, um wie jedes Jahr für zwei Monate aufgepäppelt zu werden.


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4.11. Ausflug ins Grüne
Wir entfliehen dem Trubel von Hanoi mit einem kleinen Ausflug in die Natur. Unser Ziel ist die 70 Kilometer entfernte Perfume-Pagoda, einem in Vietnam sehr bekannten Pilgerort. Da es in Hanois Verkehrchaos glatter Selbstmord wäre, selber zu fahren (Vietnam führt die weltweite Verkehrstotenstatistik an), haben wir uns einer Guided-Tour angeschlossen und müssen uns den ganzen Tag das schwer verständliche Gebrabbel eines gerade volljährig gewordenen Führers anhören. Anstrengend ist auch der Weg zur Pagoda. Zuerst für die Frauen, die uns fast eine Stunde einen Fluss in malerischer Landschaft entlang rudern, dann für uns, weil wir einige hundert Höhenmeter zurücklegen müssen.

Die Kultstätte selber ist eine grosse Höhle. Grund für ihre Beliebtheit ist, das die Pilgerfahrt bisher Kinderlosen zu ihrem Glück verhelfen soll. Alles was man tun muss, ist an einem bestimmten Felsen zu reiben: Links von uns Junge, rechts Mädchen – wir halten uns sehr vorsichtig in der Mitte. Auch für Wohlstand und Schönheit stehen Felsen bereit, die wir auch gleich umarmen. Auf dem Rückweg werden wir von einem Vietnamesen gerudert, der sich anscheinend vor seinen ansonsten ausschliesslich weiblichen Kollegen profilieren will und uns so mit einigem Vorsprung ins “Ziel” bringt. Mit im Boot sind zwei Japanerinnen, die es tatsächlich geschafft haben, mehr als eineinhalb Stunden des Ausflugs auf Video zu bannen. Auf dem Rückweg erwartet uns die Rush-Hour in
Hanoi, die das bisherige Verkehrschaos nocheinmal in den Schatten stellt: Autos, Busse und Motoräder erkämpfen sich ihren Weg durch die verstopften Strassen.

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