Zypern Testbericht

No-product-image
ab 124,26
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003

5 Sterne
(9)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(2)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von glockenkind

Zypern: Wo Aphrodite dem Schaum entstieg ....

Pro:

Ruhe, Natur, Freundlichkeit abseits der Touristenströme

Kontra:

relativ teuer, keine schönen Sandstrände

Empfehlung:

Ja

Zypern: Für mich die schönste aller Inseln.

Die rmeisten Zypern-Touristen landen unweigerlich in Larnaca, Limassol, Paphos oder Aya Napa und Umgebung. Diese Orte sind \"Hotelburgen\", die Strände nicht besonders aufregend (meistens Kieselstrand), die Hotels fast immer gut aber auch sehr teuer, das Essen eintönig und nicht besonders lecker. McDonalds, Woolworth, Benetton und co. sind dort wie überall; speziell in Aya Napa wird man bei nächtlichen Spaziergängen durch enge Gassen von lauter Musik beschallt, die die gleiche ist wie in den Discos von London oder Köln.

Aber wie anders ... wie völlig anders ist alles, wenn man sich abseits der Touristenströme begibt und bereit ist, sich auf Land und Leute einzulassen.

Einsame Spaziergänge durch Orangen- und Olivenhaine oder über Kalkfelsen und durchs Gebirge, Spurensuche in einer Jahrtausende alten Geschichte und Begegnungen mit besonders freundlichen Menschen können einen Zypern-Urlaub zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.

Eine griechische Insel, wie von vielen angenommen, ist Zypern nicht. Politisch ist es ein eigenständiger Staat, geografisch liegt es - weit entfernt von Griechenland - direkt vor den Ländern des Nahen Ostens (Türkei, Israel, Libanon). Diese Lage wurde zu allen Zeiten als strategisch günstig empfunden; deshalb herrschten in der wechselvollen Geschichte der Insel alle \"üblichen Verdächtigen\" - von den Veneziern bis zu den Kreuzrittern, von den Osmanen bis zu den Engländern. Diese vielfältigen Einflüsse haben die Insel geprägt. Da Zypern bis 1960 britische Kolonie war, fährt man bis heute links, und englisch ist zweite Amtssprache, was es einfach macht, sich zurecht zu finden.

Ich verzichte darauf, hier die üblichen Daten + Fakten aufzuzählen, die man eh in jedem Reiseführer nachlesen kann. Und ich beziehe mich nur auf die Republik Zypern, nicht den türkisch-okkupierten Teil.

Die Anreise ist mit vielen Airlines möglich. Die zypriotische heisst Cyprus Airways (Abflug z.B. von Frankfurt oder Berlin-Schönefeld). Aber von TUI über alle möglichen Charterer bis zu British Airways, Austrian Airlines und verschiedenen anderen Linien hat man viele Alternativen. Je nach gewähltem Ziel kommt man entweder in Larnaca oder Paphos an; letzterer ist ein sehr kleiner Flughafen. Die Insel ist nach Kreta und Sizilien die drittgrößte im Mittelmeer. Die Fahrt von einem Ende zum anderen dauert durchaus mehrere Stunden, so dass es lohnt, sich den günstiger gelegenen Flughafen rauszusuchen.

Die meisten Touristen steuern Larnaca an. Vorheriger Geldumtausch ist nicht nötig (was Paphos betrifft, weiss ich es nicht, da ich den Flughafen nicht so gut kenne). In Larnaca jedenfalls stehen in derselben Halle, in der man auf das Gepäck wartet, mehrere Geldautomaten. Mit EC-Karte und Geheimnummer holt man sich dort unkompliziert Landeswährung (1 ZYP Pfund ist ungefähr EUR 1,75 wert).

Busse von den Flughäfen aus gibt es nicht (bis auf die Reisebusse der großen Pauschal-Veranstalter). Als Individualtourist muss man den Flughafenbereich also entweder per Taxe oder mit dem Mietwagen verlassen. Wenn man kein Auto mieten möchte und knapp bei Kasse ist, fährt man mit der Taxe bis Larnaca Stadt oder Paphos Stadt und steigt dort in einen Bus um; daneben gibt es in allen Städten auch die günstigen Service-Taxen (Sammeltaxen für mehrere Kunden, die dasselbe Ziel haben).

Wie gesagt, wenn man den Zauber von Zypern wirklich erleben möchte, muss man sich außerhalb der Touristenzentren orientieren. Für die Wahl der Unterkunft empfehle ich zum Beispiel www.cyprus-villas.com. Wenn man dort \"villas and holiday apartments\" anklickt, gelangt man auf eine Seite, auf der Unterkünfte (Häuser und kleine Wohnungen) in idyllischen Dörfern angeboten werden. Alternativ findet man ein ähnliches Angebot auf www.cyprusdestinations.com/agrotourism. Solche Unterkünfte vor Ort selbst zu entdecken, ist relativ unwahrscheinlich, da auf Zypern Privat-Zimmervermietungen unnüblich sind und es nur in ganz wenigen Dörfern Häuser gibt, die an Touristen vermietet werden. Einzig von dem Dorf Tochni rate ich ab, weil dort der \"Individualtourismus\" ausser Kontrolle geraten ist (zu viele Häuser in dem kleinen, wunderschönen Dorf werden an Touristen vermietet, so dass der \"Individualtourismus\" mittlerweile das Dorf dominiert).

Wenn man einmal seine Unterkunft in solch einem kleinen Dorf bezogen hat, ist man, wenn man möchte, Teil des dortigen Alltagslebens. Im Kaffeehaus findet man auf Anhieb die Gelegenheit zur Kommunikation mit den männlichen Einwohnern, und mit den Frauen kommt man im Tante-Emma-Laden oder in den engen Gassen in Kontakt. Die allermeisten Zyprioten sind - extrem freundlich und gastfreundlich (jedenfalls ausserhalb der größeren Städte), politisch gebildet und am Rest der Welt sehr interessiert. So kommt man schnell ins Gespräch über Weltpolitik, Preisvergleiche für Lebensmittel in den jeweiligen Ländern (meistens werde ich zuerst gefragt, was das Brot bei uns kostet), Renten- und Gesundheitssysteme etc. Auf diese Weise erfährt man über das Gastland vieles, was einem am Strand oder in der Disco in Aya Napa entgehen würde.

Wenn man auf diese Weise Urlaub macht, ist ein \"fahrbarer Untersatz\" fast obligatorisch, denn Bahnen gibt es nicht, und das Busnetz ist nicht besonders gut. Vom Fahrrad über Mopeds bis zu jeder Art von Auto ist alles möglich. Hat man sich auf diese Weise mobil und unabhängig gemacht, kann man anfangen, die Insel zu erkunden. Die vielen sehenswerten Geschichts- und Kulturdenkmäler hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Ich empfehle statt dessen mal die, die ich besonders interessant finde:

Khirokhitia (auch Chirokotia geschrieben): die älteste bisher ausgegrabene Siedlung der Weltgeschichte stammt aus dem Neolithikum (Jungsteinzeit) und gehört zu den zypriotischen Geschichtszeugnissen, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Über einen Hügel an einem (jetzt ausgetrockneten) Flußbett ziehen sich die Reste steinerner Rundhütten. Man bekommt eine Ahnung davon, wie die Menschen 7000 bis 6000 Jahre vor Chr. gelebt haben, und hat, wie sie damals, einen atemberaubenden Ausblick auf die umgebende Landschaft und das Meer.

Troodos-Gebirge: Idealerweise sollte man es im Sommer besuchen, wenn es unten unerträglich heiss und in den Bergen sehr angenehm ist. Etliche der Dörfer, Kirchen und Klöster hier gehören - wiederum - zum Weltkulturerbe. Der höchste Berg ist mit knapp 2000 Metern der Olymp. Sehr sehenswert sind z.B. das byzantinische Kloster Kykkos aus dem 12. Jahrhundert (größtes und bekanntestes der vielen Klöster auf Zypern) und das Weindorf Omodos, in dem man eine restaurierte historische Weinpresse anschauen und Wein sowohl probieren als auch kaufen kann. Übrigens werden in vielen der Klöster Wein, frisch gepresstes Olivenöl und Honig aus Eigenproduktion zum Kauf angeboten. Wir fanden alles, was wir dort erstanden haben, extrem lecker.

Museen: Die beiden interessantesten stehen in Nicosia, der Hauptstadt. Das Cyprus Museum beherbergt ganz unglaubliche Funde vom Steinzeitalter bis zur frühen Byzantinischen Periode; die Ausstellungsstücke im Leventis Museum dokumentieren das Leben auf Zypern von der Antike bis in die Gegenwart.

Tekke: Sehr malerisch in einem Palmenhain liegt unweit des Flughafens Larnaca an einem Salzsee, der im Frühling von Flamingos \"bewohnt\" wird, die Moschee Hala Sultan Tekke. Sie gehört zu den heiligsten Stätten des Islam, weil sich hier angeblich das Grab einer Tante von Mohammed befindet. Die Ausstattung ist eher karg als prächtig, aber mich versetzen die Aufenthalte dort immer in eine sehr meditative, entspannende Stimmung.

Von den Bädern der Aphrodite, den Mosaiken und dem Amphitheater in Courion, den Königsgräbern bei Paphos und von vielen anderen geschichts- und legendenträchtigen Stätten habe ich gar nicht gesprochen - aber, wie schon gesagt: das würde den Rahmen sprengen und kann bei Interesse anderweitig nachgelesen werden.

Noch ein Wort zur zypriotischen Küche: Das Essen ist sehr bodenständig und nicht besonders vielfältig. Die Speisekarten der Restaurants ähneln einander sehr, und Gourmets werden kaum auf ihre Kosten kommen. Am erfreulichsten finde ich immer wieder \"Meze\": eine Zusammenstellung vieler verschiedener kleiner Köstlichkeiten. Wenn man \"Meze\" bestellt, bekommt man in guten Restaurants durchaus schon mal 30 verschiedene Schüsselchen, in denen sich praktisch das ganze Spektrum der einheimischen Küche präsentiert. Obwohl das Mittelmeer ziemlich leergefischt ist, findet man immer noch ganz gute Fischtavernen. Die besten sind in Zygy, einem unscheinbaren Küstendorf auf halber Höhe zwischen Larnaca und Limassol. Am Wochenende geht es hier turbulent zu; die Fischtavernen von Zygy sind berühmt, und zwar vor allem unter Zyprioten, die sonntags aus ganz Zypern hierher kommen. Touristen begegnet man in dieser Gegend und in diesen Tavernen eher weniger, und das ist ja höchstens erfreulich. - Falls ein Abstecher in die arabische Küche erwünscht ist, empfehle ich noch den \"Syrian Club\" in Limassol. Hier bekommt man in einem wunderschönen Garten von sehr freundlichen Syrern leckeres Essen serviert (besonders gut ist die Vorspeisen-Platte) und kann hinterher ganz gemütlich eine Wasserpfeife rauchen.

Das \"Nationalgetränk\" Brandy Sour wird mit zuckergetränktem Glasrand serviert und enthält zu gleichen Teilen Brandy, Seven Up und Lemon Squash, dazu kommen je ein Spritzer Angostura und Grenadine Sirup. Die Geschichte dieses Cocktails: Ein arabischer Scheich soll mit Gefolge Urlaub im kühlen Troodos-Gebirge gemacht haben. Seinem Koch, der auch dabei war, gab er die Anweisung, ein alkoholisches (weil Alkohol in seiner Heimat nicht konsumiert werden durfte) und trotzdem erfrischendes Getränk zu servieren. Dieser Koch kreierte \"Brandy Sour\" .... jedenfalls der Legende zufolge.

Zum Schluss noch ein Wort zu den Preisen: Zypern war früher preiswert, heute ist alles ebenso teuer oder teurer als in Deutschland. In Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der EU sind die Preise bereits während der vergangenen Jahre drastisch gestiegen. Diese Wahrnehmung bestätigt sich schmerzhaft beim Preisvergleich im Supermarkt, auch wenn Anbieter von Pauschalreisen natürlich immer mal wieder günstige Angebote auf den Markt \"werfen\".

Ein weiteres Manko ist das mangelnde Umweltbewusstsein. Zypern darf durchaus als ziemlich schmutzig bezeichnet werden: Jede Art von Müll, von der Cola-Dose bis zur Plastiktüte, wird an Wegen, Stränden und Straßenrändern \"für immer vergessen\". Da die Entwicklung auf dieser Insel am Rande Europas jedoch in allen Dingen ein Jahrzehnt hinterher hinkt und wir selbst Umweltschutz ja auch erst relativ kurz betreiben, habe ich, was diesen Punkt betrifft, noch Hoffnung ...

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich Zypern für den typischen Familien-Badeurlaub NICHT empfehle, da die Republik Zypern verhältnismäßig teuer ist und über keine schönen Strände verfügt. In Bezug auf die positive Bewertung sollte dies berücksichtigt werden. Individualreisenden sei die Insel jedoch trotz der zuletzt noch erwähnten Kritik sehr ans Herz gelegt.

18 Bewertungen