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Erfahrungsbericht von Tut_Ench_Amun

Rückkehr nach Midway / Ballard, Robert D.

Pro:

Schöner Bildband mit tollen Bildern und informativem Text

Kontra:

leider derzeit vergriffen, Preis

Empfehlung:

Nein

Schiffswracks interessieren mich nicht nur vom historischen / archaölogischen Kontext her, sie umgibt als düstere Zeugen von Katastrophen und Tragödien etwas gespenstisch Düsteres & Geheimnissvolles, dass mich seit ich denken kann in seinen Bann schlug. Angefangen hat diese Manie, als ich zum ersten Mal vom Unglück der TITANIC in meinen Kindertagen hörte, seither stapelt sich Buch um Buch in meinem erklecklichem Fundus, war meine Sammelwut zuerst nur auf dieses wohl berühmteste Schiffswrack der Geschichte focussiert, habe ich mittlerweile ein zweites Steckenpferd entdeckt – meine Vorliebe von Seeschlachten - und dadurch eine ganze Menge anderer Titel meiner kleinen Bibliothek einverleibt...ein nicht geringer Teil davon stammt vom Entdecker der Titanic, Dr. Robert D. Ballard, so auch der vorliegende Titel „Rückkehr nach Midway – Die Suche nach versunkenen Schiffen der grössten Schlacht im Pazifik“. Kaum ein anderer Konflikt hat dem Meeresboden mehr riesige Schiffsfriedhöfe geliefert, als der unsägliche 2. Weltkrieg...einen davon hat Ballard auch diesmal in seinem (derzeit) aktuellsten (Bild-)Band aufgetan und erforscht...

Der Steckbrief

  • Titel: „Rückkehr nach Midway“ („Return to Midway“)
  • ISBN: 3 550 08302 5 (HC)
  • Art: Sachbuch Forschung / Unterwasser-Archäologie
  • Autoren: Dr. Robert D. Ballard und Rick Archbold
  • Schiffs-Illustrationen: Ken Marshall
  • Verlag: Ullstein Verlag (Original: Madison Press)
  • Erscheinungsjahr: 1999
  • Übersetzung: Ralf Friese
  • Ausführung: gebundenes Hardcover mit farbigem Schutzumschlag
  • Format: 22,5 x 28,5 cm (Bildband-Format)
  • Seiten: 196, zahlreiche S/W und (grossformatige) Farbbilder
  • Aktueller Preis: 25,90 Euro

Historischer Kontext
Anfang Juni 1942, Pazifik – Midway-Inselgruppe- nordwestlich Hawaii. Ein gutes halbes Jahr vorher hat das japanische Kaiserreich den Überraschungs-Überfall auf Pearl Harbor durchgeführt und der amerikanischen Flotte bekanntermassen eine der schlimmsten Schlappen und den Verlust von insgesamt 18 Schiffen (darunter auch 3 sogenannte Grosskampfschiffe) der Pazifikflotte zugeführt. Wie durch ein Wunder befand sich aber kein einziger Flugzeugträger im Dezember 1941 im Hafen, sondern alle waren zu dieser Zeit im Einsatz auf See. Dieser für die Amerikaner glückliche Umstand, gepaart mit dem unmodern gewordenen Seekrieg mittels Schlachtschiffen, läutet nun auch bei den Amerikanern die Ära der trägergestützten Kriegsführung ein, welche die Japaner schon länger erfolgreich unter Admiral Yamamoto praktizieren.

Yamamoto beabsichtigt sich die Midway Inseln und den dort befindlichen Flugplatz einzuverleiben, damit Japan einen vorgeschobenen Posten zur Kontrolle des Mittel-Pazifiks zur Verfügung steht. Die US Navy hat - seit Pearl Harbor geschwächt – nicht allzu viel den gut trainierten japanischen Flottenverbänden entgegen zu setzen, doch fusst Yamamotos Plan wieder einmal auf absolut perfektes Timing und genaues Vorhersehen des gegnerischen Handelns. Diesmal soll er sich irren, seine beiden Hauptgegenspieler Admiral Chester Nimitz und Admiral Spruance sind unberechenbare, kühne Befehlshaber, die aus der Not eine Tugend machten, sich mit unvorherzusehenden Nadelstichen und effektiven Kommandoeinsätzen den übermächtigen Japanern entgegen zu stellen und Paroli zu bieten.

Im Morgengrauen des 4. Juni 1942 wendet sich das Blatt zugunsten der Amerikaner und soll ein Wendepunkt des gesamten Pazifik-Konflikts werden. Zum allerersten Male bekämpfen sich Marine-Einheiten beinahe ausschliesslich mit Flugzeugen und U-Booten, können dabei den Gegner hinter dem Horizont grösstenteils nicht mal sehen, das heisst: Die Stunde der Flugzeugträger und versteckt und/oder schnell operierenden Einheiten ist angebrochen und Grosskampfschiffe spielen seither in allen Marinen der Welt keine Rolle mehr. Der 4. Juni kostet die Japaner ganze 4 Träger und etliche Begleitschiffe, während die Amis lediglich den Total-Verlust des Flugzeugträgers „Yorktown“ und seines Begleitzerstörers „Hammann“ zu beklagen haben. Nimitz hatte das Schlachtglück an diesem Tag wohl gepachtet, ein japanischer Aufklärer hat den Verband beim Überflug schlichtweg übersehen, bzw. kam vom Kurs ab...Die Midways werden zum Synonym der japanischen Niederlage im WK 2.

Die Mitwirkenden
Dr. Robert D(uane) Ballard ist eigentlich Meeres-Geologe an der Woods Hole Oceanographic Institiution und hat seine von der US Navy gesponsorten Entwürfe von Tiefsee-Gerätschaften zur Vermessung des Meeresbodens anfangs auch ausschliesslich zu genau diesem Zweck verwendet, bis er 1986 auf die Idee kam, damit das berühmteste aller Wracks zu suchen, den Luxus-Liner „RMS Titanic“. Nachdem ihm dieses geglückt ist, hat er sich an weiteren Wracks versucht (unter anderem auch die „Bismarck“) und ist seit dem irgendwie die oberste Korephäe in Sachen Unterwasser/Tiefsee-Archäologie geworden. Seine Arbeit bei/für National Geographic Society ist allerdings seit dem Titanic-Fund nicht immer auf Gegenliebe gestossen, damals hat er es sich mit dem französischen Co-Partner verscherzt, man munkelt aus wirtschaftlichen/populistischen Gründen – in seinen Büchern und Filmen stellt er es natürlich etwas anders dar, doch ist Ballard in der Fachwelt nicht ganz unumstritten, wohl aber ein äusserst hartnäckiger (und überaus erfolgreicher) Forscher.

Rick Archbold, ein angesehener Historiker, arbeitet häufiger mit Ballard zusammen und sorgt zudem dafür, dass die Berichte und Texte auch gut lesbar und vor allem spannend sind. Archbolds berühmtestes eigenes Werk ist „Hindenburg“, eine minutiös geschriebene Recherche über das Unglück, dass den deutschen Luftschiff-Stolz in den 30er Jahren bei Lake Hurst ereilte. Auch diesmal sorgt Archbold dafür, dass Ballards Buch auch für Nicht-Kenner der Materie gut zu lesen ist, wobei er sich historisch nicht in Unwichtigkeiten verzettelt, sondern die Facts kurz und knackig und ohne Pathos (den Ballard manchmal im Übermass zu haben scheint) präsentiert.

Ken Marshall, ist der geniale Illustrator, der auch schon einen ganzen Bildband mit Titanic-Motiven herausbrachte, sowohl schwimmend als auch das Wrack – Ich kenne niemanden, der diese Art bedrückende Bilder so plastisch per Airbrush und Pinsel aufs Papier bringt und das manchmal nur anhand mehrerer Einzelbilder, aus denen er packende Unterwasser-Stilleben erstellt, welche man (wegen der in den grossen tiefe herrschenden Finsternis) so sicher niemals zu sehen bekommen würde. Auch er arbeitet häufig mit Ballard zusammen und hat (wieder einmal) das Titelbild erschaffen, wobei er diesmal das Wrack der „Yorktown“ gespenstisch und detailreich in Szene setzt. Allein seine Bilder sind den Kauf so manchen Buches wert.

Das Buch
„Rückkehr nach Midway“ ist ähnlich gegliedert, wie Ballards übrige Werke – ein wenig Vorgeschichte, Lobhudelei auf die Sponsoren und Marine, danach führt er den Leser in die Kunst des Suchens ein, wobei er dann auch jedes Mal seine „Rasenmäher“ Technik aufs Neue erklärt. Diese ist sein Schlüssel zum Erfolg, er bringt im mutmasslichen Untergangs- /Suchgebiet ein Netz aus Sonarbojen aus und fährt mit „seinem“ Schiff (tatsächlich sinds verschiedene Schiffe) parallele Suchbahnen nach einem bestimmten Muster ab. Mittels GPRS kann er seine Position ständig auf den Meter genau feststellen. Der Sonar- /Kameraschlitten, den er dabei im Schlepp knapp über dem Meeresboden hinter sich herzieht liefert Bilder und Sonarreliefs der Umgebung in die Leitzentrale.

Das ist nicht immer ungefährlich, schliesslich baumelt der Schlitten an einem etwa 4 Kilometer langem Kabel hinter dem Schiff her – sollte sich urplötzlich ein Hindernis vor ihm befinden sind Millionen Dollar ratz fatz perdú. Das ganze System ist dadurch und durch den immensen Wasserdruck sehr sensibel und fehleranfällig, wenn irgendwelche Apparate ausfallen, ist unter Umständen das ganze Unternehmen gefährdet. Auch bei dieser Expedition geht wieder allerhand schief, ich weiss nicht, ob Ballard es extra spannend macht, doch gleichen sich die Probleme auf allen seinen Expeditionen um dann doch – mit viel Aufwand und viel Einsatz – genau zum rechten Zeitpunkt beseitigt zu werden. Wie dem auch sei, die gesuchten Schiffe werden auf diese Art auch hier wieder aufgespürt und unter die Lupe genommen.

Zwischendurch werden durch alte Aufnahmen und Texteinlagen die geschichtlichen Hintergründe der Schlacht beleuchtet, das ist meist Aufgabe von Rick Archbold, der analog zur Suche nach den Wracks nebenher die Ereignisse die zum Untergang führten erklärt, oftmals lässt er dabei Zeitzeugen zu Wort kommen oder stützt sich auf erhalten gebliebene Log-Bücher und anderes historisches Material. Ich finde diese Auflockerung meist interessanter, als Ballards immer wiederkehrenden technischen Probleme mit seinem Equipment, dadurch kann man sich so ein genaueres Bild davon machen, was damals geschah, somit bekommt ein Wrack eine eigene Identität und ganz individuelles Flair.

Fazit
Das Buch bietet einen historischen Abriss zu einer denkwürdigen Schlacht, leider kümmert sich Ballard in diesem Werk fast ausschliesslich um das Wrack der „Yorktown“ und lässt den Zerstörer „Hammann“ und die japanischen Träger „Kaga“, „Soryu“, „Hiryu“ und „Akagi“ bildtechnisch leider ausser acht, aus dem einfachen Grunde, weil Ballard sie nicht fand, was daran liegen mag, dass mal wieder durch technische Schwierigkeiten zuviel Zeit bei der Suche nach der „Yorktown“ draufging. Das kann man ihm nicht wirklich ankreiden, doch hatte ich mir alleine durch den Untertitel: „Auf der Suche nach den versunkenen SCHIFFEN (plural / sic!)...“ eigentlich etwas mehr erwartet. Der Teil der Wrack-Erkundung fällt diesmal etwas kleiner aus und nimmt nur wenig Raum am Ende des Buches ein.

Ballard schon bessere Bildbände abgeliefert und „Rückkehr nach Midway“ gehört somit zwar zu den guten Büchern ist aber sein bisher Schwächstes. Man kann sich des Eindrucks manchmal nicht erwehren, dass durch die grossformatigen Bilder und die immer wiederkehrenden Ausfälle des Equipments, nebst der Litanei, wie die Suche nun technisch durchgeführt wird, Platz bzw. Seiten geschunden werden sollen. Lesenswertes aus der Zeit des Pazifik-Seekrieges, das ein „Gut“ redlich verdient hat bietet das Buch dennoch (allein schon durch die Bilder Ken Marshalls), für eine höhere Bewertung langts aber nicht.

„Wir haben mehr Kenntnisse über die Oberfläche des Mondes, als über den Meeresgrund unseres eigenen Planeten“ (Robert D. Ballard)

Jürgen

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-09-21 16:58:27 mit dem Titel Versenkt im Pazifik / Ballard, Robert D.

Ein Schauplatz erbitterter Kämpfe zu Lande, zu Wasser und in der Luft ist die Pazifik-Insel Guadalcanal und der darauf befindliche Flughafen „Henderson Field“. Von Japan und Amerika während des WK 2 heiss umkämpft, doch in der Konsequenz ist das Ganze ziemlich unwichtig gewesen – Als eine tragische Ironie des Krieges lieferten diese taktisch eigentlich unsinnigen Kämpfe den grössten bekannten Schiffsfriedhof, der dem Meeresgrund dort auch den treffenden Namen „Eisen-Sund“ einbrachte, weil unzählige Wracks sich dicht an dicht in der Tiefe quasi aneinander reihen. Die dort abgehaltenen Seeschlachten standen seit jeher im Schatten der Land- und Luftkämpfe, die dieses idyllische Eiland immer wieder heimsuchten.

Bekannt geworden ist Guadalcanal daher auch eher durch TV-Serien wie „Pazifik-Geschwader 214 – Die schwarzen Schafe“ oder neuerlich mit dem Anti-Kriegs-Streifen „Der schmale Grat“. Dass sich dort ganze Kriegsschiff- Flotten unerbittlich beharkt haben ist dagegen zumindest hierzulande fast in Vergessenheit geraten. Robert D. Ballard hat sich 1993 erneut mit seinem beispiellosen Tiefsee-Equipment aufgemacht, um den dort liegenden stummen Zeugen des Wahnsinns einen Besuch abzustatten...ganze 13 gespenstische Wracks wurden von seinem Team gefunden und erforscht, was der vorliegende Bildband „Versenkt im Pazifik – Schiffsfriedhof Guadalcanal“ eindrucksvoll illustriert.

Der Steckbrief

  • Titel: „Versenkt im Pazifik“ („The Lost Ships of Guadalcanal“)
  • ISBN: 3 550 06384 4 (HC)
  • Art: Sachbuch Forschung / Unterwasser-Archäologie
  • Autoren: Dr. Robert D. Ballard und Rick Archbold
  • Schiffs-Illustrationen: Ken Marshall
  • Verlag: Ullstein Verlag (Original: Madison Press)
  • Erscheinungsjahr: 1993
  • Übersetzung: Uwe D. Minge
  • Ausführung: gebundenes Hardcover mit farbigem Schutzumschlag
  • Format: 22,5 x 28,5 cm (Bildband-Format)
  • Seiten: 232, zahlreiche S/W und (ausklappbare) Farbbilder
  • Aktueller Preis: 25,90 Euro

Historisches
Die Schlachten um die Salomonen-Insel Guadalcanal im süd-östlichsten Ende des von Japan kontrollierten Pazifiks fanden über mehr als 3 Monate hinweg statt (August – November 1941), primär stand dabei die Kontrolle des auf der Insel befindlichen „Henderson Airfield“, den man als Ausgangsbasis für den gesamten südlichen Raum gut nutzen konnte. Sowohl die Japaner, als auch die Amerikaner sahen in der unscheinbaren Insel den Schlüssel zur Nierderringung des Gegners, da beide davon ausgingen, dass eine jeweilige Invasion nicht durch den Zentral-Pazifik, sondern über die bewohnten Inselgruppen erfolgen müsse. Wenn man so will ein kriegerisches Island-Hopping, dass sich in der Nachlese der Geschichte aber als falsch erwies, da die wirklich elementaren Gefechte beispielsweise genau dort erfolgten, wo keiner der beiden Kontrahenten (aufgrund der bescheidenen Versorgungslage) sich mit dem anderen Duellieren wollte.

Waren die Gefechte bei Midway und Truk noch zeitlich auf wenige Stunden oder Tage ziemlich begrenzte Einzelgefechte zwischen Marineverbänden, die den Krieg letztendlich entscheiden sollten, handelte es sich beim Konflikt um die Salomonen-Insel laut einem Zeitzeugen eher um eine „blutige Kaschemmen-Prügelei“, bei der keine Seite trotz sämtlicher aufgebotener Truppengattungen (nicht nur Schiffe, sondern auch Flugzeuge, Panzer und Infanterie) wirklich einen Sieg erringen konnte, dementsprechend häufig wechselte Guadalcanal dann auch immer wieder den „Besitzer“. Trafen Flottenverbände mal auf keine maritimen Gegner oder gegnerische Frachter, feuerten die Schlachtschiffe auch gerne mal auf Landziele und unterstützten somit ihre Bodentruppen mit der Schiffs- Artillerie oder deckten mit ihren FLAK-Kanonen den Luftraum ab, während man wieder mal versuchte die Insel einzunehmen und/oder zu verteidigen.

Der Schiffsfriedhof von Guadalcanal ist die direkte Konsequenz dieses Hin- und Hers und verdeutlicht wie kaum ein Zweiter, die Sinnlosigkeit einen total unwichtigen Fleck Erde mit allerhand Menschen und Technik zu umkämpfen, nur um nachher festzustellen, dass die wirklich entscheidenden Schlachten ganz woanders geschlagen werden. So war das Gerangel um Guadalcanal gemessen am taktischen Nutzen reine Verschwendung von Mensch und Material auf beiden Seiten, dem nicht wenige Schiffe, Flugzeuge, Panzer und Fuss-Truppen zum Opfer fielen. „Gewonnen“ haben diesen Konflikt die Amerikaner, nach der Versenkung des japanischen Superschlachtschiffes „Kirishima“ war der Widerstandswille der japanischen Invasionsflotte ziemlich gebrochen und es begann nunmehr die Zeit der Bodentruppen, versprengte und verschanzte Nester des Gegners auszuheben...Bei den erlittenen Verlusten der Amerikaner, kann man wahrhaftig aber nicht von einem „Sieg“ reden.

Die Mitwirkenden
Dr. Robert D(uane) Ballard ist Meeresgeologe an der Woods Hole Oceanographic Institiution, Mitglied der National Geographic Society und seit seiner Endeckung der „Titanic“ schon eine Berühmtheit unter den Tiefseeforschern, wenn auch nicht überall wohl gelitten. Sein zweiter Geniestreich war das Auffinden des deutschen Schlachtschiffes „Bismarck“ und dessen Erforschung. Ballard steht in dem Ruf viel Wert auf Publicity zu legen – einige seiner Wissenschaftskollegen mögen ihn dafür nicht sonderlich. Auf der anderen Seite ist eine solche Expedition mit einem immensen Kostenaufwand verbunden, so was Wunder, wenn er seine Funde entsprechend vermarktet und viel die Werbetrommel für die US Navy rührt, auf Basis deren Technik er seine Forschungen durchführt. Man kann über ihn denken was man will – er ist und bleibt der Shooting-Star unter den heutigen Unterwasser-Archäologen, der mit seinem System schon so manches verschollen geglaubte Wrack aufspüren konnte.

Rick Archbold, ein angesehener Historiker, dessen berühmtestes eigenes Werk „Hindenburg“, eine minutiös geschriebene Recherche über die Tragödie des deutschen, gleichnamigen Luftschiff-Stolzes LZ119 ist, welches in den 30er Jahren bei Lake Hurst verunglückte. Auch in diesem Band sorgt Archbold wieder dafür, dass sich Ballard ganz auf die Schilderung der eigentlichen Suche in den Tiefen des Pazifiks beschränken kann, den historischen Part setzt er gewohnt neutral in Text- und Bildform um, was sich allerdings auf alle Waffengattungen und die politischen Hintergründe bezieht und nicht nur auf die Seeschlachten (diese nehmen aber den grössten Teil ein). Dabei kommen auch wieder unzählige Geschichten zusammen, die das Ausmass der Sinnlosigkeit der Zerstörung rund um Guadalcanal verdeutlichen und illustrieren.

Ken Marshall, ist der Illustrator, der auch schon einen ganzen Bildband mit Titanic-Motiven herausbrachte – Ich kenne niemanden, der gerade diese Art bedrückender Wrackbilder so plastisch per Airbrush und Pinsel darstellen kann. Auch er ist seit dem Titanic-Band für Ballard in jedem seiner Bücher für die Illustration der Wracks zuständig und hat auch hier (wieder einmal) das Titelbild erschaffen, wobei er bei „Versenkt im Pazifik“ einen Teil des Wracks der „Quincy“ zusammen mit dem Tauchboot „Sea Cliff“ verwendet hat. Sehr düster und bedrohlich, ein Bild, das mir wieder mal eine Gänsehaut über den Rücken jagt.

Das Buch
Ballards dritte grosse Expedition zu gesunkenen Schiffen führt ihn 1992 nach Guadalcanal, diesmal bedient er sich wieder seiner gerühmten „Rasenmäher“-Such-Technik, wobei er mittels GPRS seine Position ständig auf den Meter genau feststellen kann und einen Sonarschlitten dabei im Schlepp knapp über dem Meeresboden hinter sich herzieht, dieser liefert Bilder und Sonarreliefs der Umgebung in die Leitzentrale des Forschungsschiffes. Ballard wird nie müde den Lesern dieses Suchmuster unter die Nase zu reiben, allerdings sind die Wracks im Suchgebiet diesmal so dichtgedrängt und auch der „Eisen-Sund“ längst nicht so tief, wie die Fundstellen der Titanic und der Bismarck, daher ist ein Auffinden von irgendwelchen Wracks diesmal wahrlich nicht das Problem. Die Exkursion bleibt Wunder-Oh-Wunder weitgehend von den sonst Ballard-Üblichen Pannen verschont.

Auch hier, wie bei der Titanic, greift Ballard nicht nur zu seinen ferngesteuerten Videoaugen, sondern begibt sich selbst in seinem tiefseefesten Mini-Tauchboot „Sea Cliff“ (dem Nachfolger seines legendären „Alvin“) zu einigen der interessanteren Wracks hinunter – das hat den Vorteil, dass er dort sein ferngesteuertes Tauchboot „Scorpio“ zusätzlich in Winkel schicken kann, die sonst nicht bildtechnisch zu erfassen oder für das bemannte Boot zu gefährlich sind. Dementsprechend detailliert kann dann auch hernach Ken Marshall seine Arbeit aufnehmen und die einzelnen Schiffe sehr stimmungsvoll und genau darstellen. Glücklicherweise finden sich auch in diesem Bildband die ausklappbaren Seiten, welche die perfekten Illustrationen auf ein dreifaches Panorama ausbreiten – meist sind noch markante Fakten darauf verzeichnet, die in der Bild-Legende erklärt werden, d.h. hier wird auf besonders interessante Fundstellen hingewiesen.

Rick Archbold ist für die Aufbereitung der geschichtlichen Hintergründe zuständig, so besteht das Buch zwar aus einem grossen Teil Wrackbildern und den Tauchgängen, die Hintergründe werden aber dennoch ausführlich von ihm dargestellt – Zu beinahe jedem Wrack gibt Archbold Augenzeugenberichte oder andere Quellen betreffend des Schicksals zum Besten. Er beschränkt sich aber nicht nur auf die Seeschlachten selbst, sondern liefert gleichzeitig noch interessante Nebeninformationen, sei es der Kampf an Land oder in der Luft, wenn’s geht sogar mit genauem Datum und Uhrzeit, damit man sich vom zeitlichen Zusammenhang der Ereignisse ein gutes Bild machen kann. Archbold heroisiert keine Seite und verhält sich bei seinen Recherchen sehr neutral, Ballard setzt dagegen manchmal etwas mehr auf Showmanship und Pathos, weswegen er wohl auch wieder Überlebende der Schlachten an Bord seines Forschungsschiffs eingeladen hat.

Fazit
Reich an verschiedenen Schiffen und die Sinnlosigkeit dieses Krieges durch die gut präsentierten geschichtlichen Hintergründe verdeutlichend, kann man dieses Buch als eins der Besten Ballards bezeichnen, vor allem durch das Fehlen grösserer Pannen und deren sonst so melodramatischen Beschreibung, konzentriert sich „Versenkt im Pazifik“ auf die Geschichte der einzelnen Wracks. Der Leser bleibt diesmal von ausladenen Erklärungen wie, wo und warum man genau „so“ nach versunkenen Schiffen sucht (und nicht anders) verschont, die sonst Ballards Werke schmücken. Archbold liefert einen akkuraten historischen Background ohne Pathos und sehr neutral, während der einfach geniale Ken Marshall wieder einmal seine Klasse beweist, die Unterwasserszenen bildlich darzustellen. Daher kann mein Urteil für diesen Bildband auch nur „sehr gut“ lauten, was beweist, dass Ballards Bücher am Besten sind, wenn der notorische Selbstdarsteller mal ein wenig zurücksteht und sich sein Co-Team hauptsächlich um den Inhalt kümmert.

„Eine gewaltige Explosion lief durch die Quincy, als sie zu sinken begann – Sie kenterte nach Backbord und ging steil mit dem Bug voran unter - Das Heck ragte hoch in der Luft und die Propeller drehten sich noch...“ (Warren P. Baker, Artilleriebeobachter der Quincy)

Jürgen

PS: Für Lesefaule gibts auch noch die Video-Reihe von National Geographic, zu beinahe allen bisher von Ballard unternommenen Exkursionen zu den Wracks dieser Welt.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-09-25 17:55:56 mit dem Titel Das Geheimnis der Lusitania

Die meisten Menschen bringen den Begriff U-Boot Krieg mit Deutschland des 2. Weltkriegs in Verbindung, doch das Bild vom pickelhaubigen und barbarischen Hunnen wurde bereits schon viel früher kultiviert, nämlich schon im WK 1 zur Zeit des Kaisers Wilhelm. Massgeblich ist ein Vorfall, der zur Versenkung des zivilen Passagierschiffs „Lusitania“ im Mai 1915 vor Irlands Küste führte – wenige Meilen bevor der Dampfer der Cunard-Line in den sicheren Hafen von Queenstown (dem heutigen Cobh) einlaufen konnte fiel der Stolz der Reederei einem deutschen Torpedo - abgefeuert von U-20 - zum Opfer. 1195 Menschen starben im frühjährlich kaltem Atlantikwasser, als das Schiff sank, was die englische Propaganda-Maschine weidlich ausschlachtete und somit erstmals das Bild vom zähnefletschenden, hässlichen Deutschen schuf. Diese hingegen sahen in der Lusitania ein legitimes Ziel und deklarierten es kurzerhand zu einem sogenannten „Hilfskreuzer“, zu dessen Versenkung sie sich berechtigt sahen. Ballard will in diesem Band klären, warum die Lusitania so rasch sank, ob sie tatsächlich Kriegsmaterial an Bord hatte und warum es mehrere Explosionen gab, obwohl die deutsche Seite steif und fest behauptete, dass nur ein einziger Torpedo abgefeuert wurde und nicht - worauf die Briten bestanden - 2 oder sogar 3. Um dies alles herauszufinden begibt sich Ballard samt Tauchboot nach Irland versucht dem Schiff seine Geheimnisse mit moderner Technik zu entreissen...

Der Steckbrief

  • Titel: „Das Geheimnis der Lusitania“ („Exploring the Lusitania“)
  • ISBN: 3 550 06888 3 (HC)
  • Art: Sachbuch Forschung / Unterwasser-Archäologie
  • Autoren: Dr. Robert D. Ballard und Spencer Dunmore
  • Schiffs-Illustrationen: Ken Marshall
  • Verlag: Ullstein Verlag (Original: Madison Press)
  • Erscheinungsjahr: 1995
  • Übersetzung: Klaus-Peter Schmidt
  • Ausführung: gebundenes Hardcover mit farbigem Schutzumschlag
  • Format: 22,5 x 28,5 cm (Bildband-Format)
  • Seiten: 232, zahlreiche S/W und teils grossformatige Farbbilder
  • Aktueller Preis: 25,90 Euro

Historisches
Unterseeboote und die Kriegsführung mit ihnen kam mit Beginn des ersten Weltkriegs in „Mode“, dabei galten beim Einsatz jedoch international schon immer strenge Seekriegs-Konventionen. Zum Einen war es U-Booten per se verboten nicht-militärische Schiffe anzugreifen, es sei denn der Kommandant hatte den dringenden Verdacht, dass die Ladung aus Kriegsmaterial bestand, aber selbst dann nicht ohne sich vorher zu erkennen gegeben zu haben und der Besatzung fairerweise die Chance einzuräumen das Schiff mit Rettungsbooten zu verlassen, sollte sich bei einer Überprüfung der Ladung herausstellen, dass Konterbande transportiert wurde – in diesem Falle gilt ein Passagierschiff oder Frachter laut Seekriegsrecht dann nicht mehr als ziviles Fahrzeug sondern als legitimes, militärisches Ziel. Diese Regelung wurde auch im zweiten Weltkrieg noch angewandt und trieb so einige Stilblüten auf beiden Seiten des Periskops...

Ein nicht getauchtes U-Boot ist ein leichtes Opfer, schliesslich ist seine grösste Stärke das heimliche und unentdeckte Operieren und seine Bewaffnung auch für diesen Zweck hin ausgelegt. Da Kaiser-Deutschland jedoch (wie das Dritte Reich später auch) von der Annahme ausging, dass es zur Nierderringung Englands deren Handelrouten unterbrechen zu müssen und die Briten somit faktisch auszuhungern, war dieses Vorgehen zuerst ein Prisenkommando auf ein ziviles Schiff schicken zu müssen natürlich mit der Gefahr verbunden relativ schutzlos an die Oberfläche zu kommen und leichte Beute, selbst für Waffen mit kleineren Kalibern – so ein U-Boot ist schliesslich empfindlich... Die Alliierten statteten – dessen voll bewusst - immer mehr zivile Schiffe mit versteckten Waffen aus, um ein aufgetauchtes U-Boot, das zur Aufbringung längsseits gehen musste um die Papiere des jeweiligen Dampfers zu überprüfen, dann bequem unter Feuer nehmen zu können.

Derart zu oft ausgetrickst gingen immer mehr U-Boot Kommandanten nach dem alten Motto: „Erst schiessen – dann fragen!“ dazu über getaucht zu bleiben und im Zweifelsfall lieber versteckt nen Torpedo abfeuern, als sich durch Auftauchen der Gefahr des Beschusses von vermeintlich hilflosen Dampfern auszusetzen. Ähnlich muss es KapitänLeutnant Schwieger auf U-20 gegangen sein, als er am 15. Mai 1915 vor der irischen Küste zum ersten Mal Sichtkontakt zu einem grossen Dampfer mit 4 schwarz gestrichenen Schornsteinen (Die Lusitania hatte in Friedenszeiten orange-rote Schlote) erhielt. Er war sich sicher, dass ein Schiff dieser Grösse eine Menge versteckter Waffen an Bord haben könne, sowohl an Deck, als auch als Ladung sprich Nachschub für die englische Kriegsmaschinerie. Als die Lusitania plötzlich den Kurs genau in seine Richtung ändert, vermutet er fälschlicherweise, er sei entdeckt worden und erwartet jede Sekunde unter Feuer genommen zu werden, macht die Rohre klar und schickt den verhängnisvollen Torpedo auf seine zerstörerische Reise...

Die Mitwirkenden
Meeresgeologe Dr. Robert D. Ballard vom Woods Hole Oceanographic Institiution, Mitglied der National Geographic Society ist seit seiner Endeckung der „Titanic“ und der „Bismarck“ eine Berühmtheit unter den Tiefseeforschern, der nach den beiden erstgenannten und einer weiteren Exkursion in den Pazifik (Guadalcanal) nunmehr seine 4. grosse Expedition zu berühmten Wracks unternimmt. Ballard ist mittlerweile von der reinen Geologie ziemlich abgerückt und auf Wrackerforschung fixiert, zudem legt er viel Wert auf Publicity. Auf der anderen Seite ist eine solche Expedition mit einem immensen Kostenaufwand verbunden, so kann man schon irgendwie nachvollziehen, dass gerade die filmtechnische Verwertung durch National Geographic das benötigte Kleingeld in die Kasse spülen muss, damit sich ein solches Unternehmen ansatzweise refinanziert.

Unterstützt wir Ballard auch dieses Mal von der US Navy bzw. deren Equipment, zudem wird als Co-Autor Spencer Dunmore genannt, dessen Name mir aber nichts sagt, auch das Buch schweigt sich darüber aus, welchen Teil er dazu beitrug. Anders bei Ken Marshall, der ist so was, wie Ballards Leib-Und-Magen-Illustrator, er ist seit dem Titanic-Band für Ballard in jedem seiner Bücher für die Illustration der Wracks zuständig und darf auch hier wieder (neben dem obligatorischen Titelbild) – gewohnt perfekt - künstlerisch tätig werden, wenn auch das arg gebeutelte & zerschmetterte Wrack optisch nicht soviel hermacht, wie beispielsweise die beinahe intakte Bismarck. Dennoch kann ich mir keinen Besseren vorstellen, die Geschichte der Lusitania einst und heute visuell darzustellen, da sitzt jeder Pinselstrich.

Das Buch
Titanic-Endecker Robert D. Ballard fischt in diesem Buch in für ihn ungewöhnlich seichten Gewässern, auch suchen braucht er das Schiff nicht, die Sinkposition nahe der Küste ist seit jeher bekannt und schon früher wurde das berühmte Wrack von Tauchern besucht, da es in lediglich 85 Metern Tiefe liegt ist es relativ einfach zu erreichen, doch Ballard treibt – wie so oft – der Forscherdrang herauszufinden, warum alles so abgelaufen ist, wie es nun mal durch mehrere Augenzeugen verbrieft ist: Die Lusitania war innerhalb von nicht mal 25 Minuten verschwunden und einhellig wird von mehreren (mindestens 2) Explosionen, doch nur von einer Torpedo-Blasenbahn berichtet, hatte die Lusitania doch – wie von den Deutschen behauptet – Munition an Bord, die nach dem Treffer hochging? Wie konnte ein Schiff mit so stattlichen Ausmassen und sehr Havariesicher konzipiert in so kurzer Zeit sinken nach nur einem Torpedo? Theoretisch hätte die Konstruktion sogar 3 – 5 derartige Treffer wegstecken können müssen, zum Vergleich: die nur geringfügig grössere und ähnlich gebaute Titanic hatte sich 3 Jahre zuvor trotz ungleich massiverem Wassereinbruch immerhin noch 2,75 Stunden über Wasser halten können...

War die Lustania wirklich ein Hilfskreuzer, war bewaffnet und/oder hatte Munition/Kriegsgerät geladen (und somit Schwieger nun das „Recht“, seine grösste Prise einzufahren) oder nicht? Beide Nationen haben den Vorfall weidlich propagandistisch ausgeschlachtet, auf Seiten der Deutschen war klar, dass diese Versenkung ein buchstäblich todsicherer und militärischer Schlag war, daran bestand für die Reichsmarine nicht der geringste Zweifel – Die Lusitania war in deren Augen ein 1A-Blockadebrecher. Die Briten sahen das natürlich naturgegeben anders, für sie stellte der Angriff einen Akt der Barbarei dar und das Bild vom „hässlichen Deutschen“, der ohne Vorwarnung und hinterrücks Zivilisten hinmordet geisterte seitdem quer durch die Presse. Das U-Boot als Waffe ist nach diesem Wendepunkt der Geschichte das Schmuddelkind aller Waffengattungen geworden.

Dazu gibt’s eine ausführliche Beschreibung des Hergangs aus der Sicht der Zeugenaussagen, garniert mit allerhand historischem Bildmaterial und den schlichtweg genialen Gemälden aus der Hand von Ken Marshall. Obligatorisch für die Meisten von Ballards Büchern ist die Gegenüberstellung des Schiffes damals und heute, so findet sich auch hier wieder eine grossformatige, ausklappbare Panorama-Ansicht des Wracks und eine Schnittzeichnung basierend auf den Original-Plänen der Werft. Es wird beobachtet, berechnet und logische Schlussfolgerungen gezogen, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte – nebenher wird die Geschichte der Lusitania beleuchtet und eine gute Unterscheidung zwischen Wahrheit & Mythos gezogen. Ein grosser Teil des Buches geht für die historischen Facts drauf, doch auch die Wrack-Untersuchung kommt nicht zu kurz, zwar ist sie nicht so üppig geschildert, wie beispielsweise die der Titanic oder der Bismarck, jedoch handelt es sich bei der Lusitania um ein weitgehend bekanntes und zuvor erforschtes Wrack, daher ist das Wie und Warum sicher interessanter, als zahllose schnöde Bilder von einem ziemlich mitgenommenen Schrotthaufen.

Fazit
Ballard taucht nicht nur, sondern rekonstruiert in diesem Band unter Zurhilfenahme von verschiedenen Schiffsbauern und anhand der Daten, die er vor Ort gesammelt hat, was damals nun wirklich geschah. Basierend auf seinen eigenen Beobachtungen und den überlieferten Schilderungen klärt Ballard zusammen mit Co-Autor Dunmore, welche Verkettungen vor beinahe 90 Jahren zu dieser Katastrophe führten. Sicher sind weder der Zustand des Wracks an sich noch die Umstände ihres Untergangs so spektakulär, wie das der Titanic, jedoch ein gut aufgearbeitetes Stück (auch deutscher) Geschichte, das lesenswert ist. Mein Urteil lautet trotz de hohen Preises, den man für Bildbände nun mal hinblättern muss eindeutig: „Sehr Gut“ – wer übrigens lesefaul ist, für den gibt es alle Bücher Ballards (dank des ihn ständig beleitenden Kamerateams von National Geographic) auch auf Video.

Der Sieger schreibt die Geschichte – manchmal korrigiert er sie auch ;-)
Jürgen


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-09-28 10:16:45 mit dem Titel Lost Liners / Ballard. Robert D.

...“so vergeht der Ruhm der Welt“...
Auf kein anderes Verkehrsmittel trifft dieses Zitat mehr zu, als auf Transatlantik-Schiffe, denn ihre Zeit ist längst vorbei, dank dem Aufkommen der Fliegerei sind diese Ozeanriesen immer mehr in den Hintergrund gedrängt und schliesslich komplett obsolet geworden. Doch auch während ihrer Hochzeit war nicht immer alles zum Besten bestellt und spätestens seit dem Untergang der Titanic hat die Technikgläubigkeit der Menschheit einen schweren Schlag erlitten. Seereisen sind gefährlich und die Natur lässt sich selbst mit der ausgeklügelsten Technik nicht überlisten und allzu oft waren Schiffskatastrophen auch durch schlichtes menschliches Versagen gekennzeichnet. Ballard und Marschall beleuchten in diesem Band die Geschichte der Passagier-Seefahrt und führen den Leser zu ausgewählten Wracks der einst stolzen und erhabenen Ozeanriesen...gemäss des Untertitels: “Von der Titanic zur Andrea Doria – Glanz und Untergang der grossen Luxusliner“

Der Steckbrief

  • Titel: „Lost Liners“
  • ISBN: 3 453 12905 9 (HC)
  • Art: Sachbuch Forschung / Unterwasser-Archäologie
  • Autoren: Dr. Robert D. Ballard und Ken Marschall
  • Schiffs-Illustrationen: Ken Marschall
  • Verlag: Wilhelm Heyne Verlag (Original: Madison Press)
  • Erscheinungsjahr: 1997
  • Übersetzung: Helmut Gerstberger
  • Ausführung: gebundenes Hardcover mit farbigem Schutzumschlag
  • Format: 30,5 x 28,5 cm (Bildband-Format)
  • Seiten: 232, zahlreiche S/W und teils grossformatige Farbbilder
  • Preis: 39,90 Euro (zurzeit vergriffen – Neuauflage ungewiss)

Die Mitwirkenden
Meeresgeologe Dr. Robert D. Ballard vom Woods Hole Oceanographic Institiution, Mitglied der National Geographic Society ist seit seiner Entdeckung der „Titanic“ und der „Bismarck“ eine Berühmtheit unter den Tiefseeforschern. Nicht überall ist Ballard gut angesehen, das liegt aber an seiner plakativen Art aber ganz bestimmt nicht an seiner Fachkompetenz, diese zweifeln auch seine Kritiker nicht an. Mittlerweile hat Ballard seine Meeresgeologie an den Nagel gehängt und konzentriert sich ausschliesslich auf das Auffinden vermeintlich verschollener Schiffe, wobei ihm seine Erfolgsquote durchaus Recht gibt. Seine Connections zur US Navy ermöglicht es ihm immer wieder an Schiffe und Tauchboote zu kommen, damit er sich in Tiefen wagen kann, die wohl noch keine Menschenseele lebend gesehen hat. Ansonsten lässt sich Ballard auch gerne von anderen Institutionen sponsern, um seine Expeditionen und das übrige Equipment/Personal zu finanzieren. Für den vorliegenden Band, der auch eine Zusammenfassung früherer Unternehmungen darstellt, ist auch wieder Rick Archbold als Texter/Historiker mit von der Partie, wird aber nicht auf dem Cover genannt, sondern muss sich mit einer Erwähnung auf Seite 4 im Impressum zufrieden geben.

Anders bei Ken Marschall, der ist vollkommen zurecht Ballards erklärter Leib-Und-Magen-Illustrator, er ist seit dem Titanic-Band für Ballard in jedem seiner Bücher für die Illustration der entsprechenden Schiffe zuständig, darf auch hier wieder (neben dem obligatorischen Titelbild) künstlerisch tätig werden, diesmal sogar als genannter Co-Autor des Werkes. Marschall steuert gewohnt souverän seine Artwork bei, wobei sich diese, wie schon bei der „Lusitania“ oder der „Titanic“ nicht nur auf Bilder der Wracks, sondern auch im „schwimmenden Zustand“ und auf die Bilder der Katastrophen und deren bildliche Darstellung selbst ausdehnt. Marschall, der nach eigenen Angaben einen Hang zu Schiffen und ihrer Geschichte hat, visualisiert das Geschehen für den Leser, wie kein Zweiter.

Das Buch
Das Titelbild ziert der wohl berühmteste aller Luxusliner, die Titanic – steuerbordseitig, noch unter voller Beleuchtung schwimmend - mit abgefiertem Rettungsboot und einem bereits zu dieser Phase des sich abzeichnenden Untergangs bedrohlich tief unter Wasser liegendem Bug. Das Buch an sich ist sehr schwer, leinengebunden und sämtliche Seiten sind in glattem, hochwertigem Glanzdruck gehalten, aufgelockert wird der informative Text durch Bilder Ken Marschalls und zeitgenössische Fotos, Zeichnungen und Zeitungsausschnitte. Der Inhalt gliedert sich, wie folgt:

  • Prolog / Wiedersehen mit den Luxuslinern – Ballard führt den Leser in die Welt der Ozeanriesen ein, erklärt, warum er davon so fasziniert ist und warum er dafür ist, die Schiffswracks so zu belassen, wie sie derzeit auf dem Meeresgrund liegen.

  • 1) Angenehmer über den Ozean – Ein geschichtlicher Abriss über die Entstehung des Linienverkehrs auf dem Atlantik von 1819 – 1900. Viele zeitgenössische Darstellungen und ein Einblick in eine Zeit, die zur Entwicklung der ersten Dampfer, die vollkommen ohne Segel auskamen, führte.

  • 2) Freundschaftliche Rivalen – Die Geschichte der fast baugleichen Schwestern Mauretania und Lusitania, während Erstere lange Zeit das „Blaue Band“ als schnellstes Transatlantik-Schiff inne hatte, ereilte die Lusitania im Mai 1915 ein deutscher Torpedo. Sie sank nahe der irischen Küste, das Wrack hat Ballard bereits 1995 untersucht und ihr einen eigenen Bildband / Videofilm gewidmet.

  • 3) Gescheiterte Träume – Dieses Kapitel enthält wieder zwei Schwestern, die ruhmreiche und gefeierte Titanic, deren Untergang 1912 beinahe die ganze Welt schockte und der zuverlässigen Olympic, die im ersten Weltkrieg zum Truppentransporter umgebaut wurde, um schliesslich in allen Ehren demontiert und verschrottet zu werden. Der Fund und die Erforschung der lange verschollenen Titanic hat Ballard berühmt gemacht – sein Buch und Film darüber ist weltweit ein Bestseller geworden.

  • 4) Die Schwester der Titanic – richtiger müsste es heissen: die jüngere Schwester, die eigentlich GIGANTIC getauft werden sollte, wovon man aber wegen des Titanic-Desasters schliesslich absah und ihr den Namen Britannic gab. An ihrem Wrack im Mittelmeer/Ägäis „übte“ Ballard 1984/85 die Unterwasser-Navigation für den Fall der Entdeckung der baulich sehr ähnlichen Titanic (was ihm 1986 ja auch geglückt ist). Die Britannic lief zum Lazarett-Schiff umgebaut vermutlich auf eine deutsche Ankertau-Mine und sank rasch.

  • 5) High-Society auf hoher See – hauptsächlich geht es in diesem Kapitel um die Normandie, welche im Hafen von New York während eines Umbaus durch Schweissarbeiten in Brand geriet und kenterte. 18 Monate lag das Wrack im Hafen auf der Seite, bis es demontiert und weggeschafft werden konnte. Schiff Nummer 2 in diesem Kapitel ist die Queen Mary, die später zum reinen Hotelschiff umgebaut wurde. Dieser Teil des Buches ist insofern bemerkenswert, da keine Passagiere zu schaden kamen und man die Geschichte der beiden Liner nicht als „Katastrophe“ im herkömmlichen Sinne betrachten kann.

  • 6) Der plötzliche Tod – 1956 nahm der Transatlantik-Transfer per Luxusliner ein relativ jähes Ende, der Untergang der Andrea Doria markiert diesen Punkt, als sie von einem anderen Schiff im Nebel und unter Missinterpretation des Radars dessen Kurs schneidet und gerammt wird. Von diesem Untergang gibt es sogar Filmaufnahmen und er gilt als einer der Bestdokumentierten der Seefahrt. Das Wrack liegt in verhältnismässig seichten 90 Metern Tiefe und ist ein beliebter Tummelplatz für erfahrene Sporttaucher.

  • 7) Schutz für gesunkene Passagierschiffe – Ballards abschliessendes Plädoyer (insbesondere) zivile Schiffswracks als Friedhöfe anzusehen, die man zwar erforschen solle, doch tunlichst daran keine Veränderungen vorzunehmen – oder gar versuchen Teile zu entfernen/heben.

Fazit
Diese Sammlung von Facts rund um die zivile Passagierschifffahrt ruft nicht zuletzt durch Ken Marschalls exzellenter Artwork und Ballards Erfahrung beim Aufinden und Erforschen von Wracks die alten glanzvollen (und auch die tragischen) Zeiten des Transatlantik-Verkehrs wieder ins Leben. Da Ballard diesmal nicht ein Buch mit Informationen zu einem einzigen Wrack füllen muss, gehört „Lost Liners“ eher zu seinen kurzweiligen Werken, ohne viel SchnickSchnack und das sonst andauernde Gesülze, wie man ein Wrack aufspürt. Hier kümmert man sich eher um die Schiffe und ihre Story, denn auf dröge technische Vorträge über die Tiefseeforschung. Leider ist der Bildband (laut BOL) derzeit vergriffen und eine Neuauflage ungewiss, doch hoffe ich, dass Verlagshäuser wie beispielsweise die Weltbild-Gruppe die Lizenz (durchaus nicht ungewöhnlich) erwerben und diesen Band neu verlegen, er ist es absolut wert...von mir gibt’s – trotz des happigen Preises – jedenfalls ein „sehr gut“.

„Keine Panik auf der Titanic – Alles Klar auf der Andrea Doria“ (Udo Lindenberg)

Jürgen

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