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Erfahrungsbericht von princesse

Kathy Reichs - Durch Mark und Bein.

Pro:

sehr spannend, unterhaltsam, bis auf einige Stellen flüssig geschrieben

Kontra:

zu viele Details über die Forensik, zu viele Abkürzungen

Empfehlung:

Ja

Prolog
Nachdem ich kürzlich eine Rezension über dieses Buch gelesen hatte war für mich im Grunde klar, Kathy Reichs\' Bücher brauche ich nicht unbedingt gelesen zu haben, obwohl das Genre Thriller mich mindestens genauso interessiert wie Krmis und insbesondere mag ich jene Geschichten, die sich ausgiebig mit dem Aufdecken der Fälle beschäftigen, sei es vor Gericht, auf der Strasse oder im Labor.

Aber ich stand am letzten Donnerstag in einem \"Der Club\" Buchladen in Rostock mit der Motivation, Reiselektüre zu erwerben (für eine achtstündige Zug-Fahrt) und wer diese Kette kennt (Der Club) weiss, dass das Angebot sehr reduziert ist und sich im allgemeinen nach dem Mainstream richtet, also Bücher, von denen mich sehr viele überhaupt nicht interessieren. Und so stand ich dann doch da und hatte Kathy Reichs\' Buch \"Durch Mark und Bein\" in der Hand. Für die Reise wirds wohl reichen, dachte ich, schwere Lektüre im Zug ist sowieso nicht empfehlenswert.
____

Das Buch beginnt mit einer bizzaren Szene, Tempe Brennan, forensische Antropologin, sieht im Wald zu einer Frau hinauf, die dort hing als würde sie durch die Bäume fliegen, ähnlich der Figur über dem Kühlergrill eines Rolls Royce, allerdings war diese Frau in den Bäumen nackt und ihr Körper endete an der Taille.
Tempe Brennan wurde zu einem Flugzeugabsturz gerufen, alle Passagiere sind tot, liegen zerfetzt, zermatscht mit abgetrennten Körperteilen und zum Teil noch an ihren herausgerissenen Sitzen angeschnallt wild verstreut über ein riesiges Waldgelände. Die Ich-Erzählerin Tempe soll helfen die Toten zu identifizieren, Körperteile zuzuordnen und zu katalogisieren.

< \"Die örtlichen Behörden waren bereits zur Stelle, sicherten die Unfallstelle und suchten nach Überlebenden. Ich sah Gestalten, die mit gesenkten Köpfen zwischen den Bäumen umhergingen, und andere, die am äußeren Rand des Schrottfelds Absperrbänder spannten. Sie trugen gelbe Jacken mit der Aufschrift Swain County Sheriff\'s Department auf dem Rücken. Wieder andere wanderten einfach herum oder standen in Gruppen beisammen und rauchten, redeten oder starrten ins Leere.
Auf der mir entgegengesetzten Seite sah ich rote, blaue und gelbe Lichter durch die Bäume blitzen. Dort also musste der Zufahrtsweg sein, den ich nicht gefunden hatte. Ich stellte mir vor, wie schon morgen früh diese Straße verstopft sein würde von Polizeiwagen, Feuerwehrautos, Bergungslastern und den Fahrzeugen von freiwilligen Helfern.
Der Wind drehte sich, und der Rauchgeruch wurde stärker. Ich drehte mich um und sah eine dünne schwarze Rauchsäule hinter dem nächsten Kamm aufsteigen. Mein Magen zog sich zusammen, denn ich war nahe genug am Geschehen, um einen anderen Geruch zu bemerken, der sich unter den scharfen, beißenden Rauchgestank mischte.
Als forensische Anthropologin ist es meine Aufgabe, gewaltsame Todesfälle zu untersuchen. Im Auftrag von coroners und medical examiners, so genannten MEs, den obersten beamteten Leichenbeschauern der diversen Countys, habe ich hunderte von Brandopfern untersucht, ich kenne also den Geruch von verkohltem Fleisch. In der Nachbarschlucht brannten Menschen.
Ich schluckte und konzentrierte mich wieder auf die Bergungsarbeiten. Einige, die bis jetzt tatenlos herumgestanden hatten, bewegten sich nun über das Gelände. Ich sah einen Deputy des Sheriffs, der sich bückte und den Schrott zu seinen Füßen untersuchte. Er richtete sich wieder auf, und in seiner linken Hand blitzte ein Gegenstand. Ein anderer Deputy hatte angefangen, Trümmer zu einem Haufen zu stapeln.
»Scheiße!« \" > [S11]

Doch ein abgetrennter Fuss, den die Antropolgin am nächsten Tag gerade noch einem Rudel Kojoten entreissen kann, gibt Rätsel auf, er scheint zu keinem der Passagiere zu passen, und kurz nach diesem Fund wird Tempe suspendiert mit fadenscheinigen Begründungen und falschen Anschuldigungen. Was den Fuss anbelangt, lässt Tempe dennoch nicht locker und ist bald einem grausigem Verbrechen auf der Spur, nicht ohne mehr als ein Mal ihr eigenes Leben zu riskieren. Denn aufeinmal ist sie mit menschlichem Kanabalismus konfrontiert, und die Aufdeckung dieses Geheimnisses soll mit allen Mitteln verhindert werden.

Das Buch ist spannend geschrieben und überwiegend unterhaltsam, die Geschichte selber wirkt schlüssig und dem Leser wird nur häppchenweise das ganze Ausmass des Grauens offenbahrt, soetwas nennt man den Spannungsbogen halten, was Kathy Reichs durchaus und sehr gut gelungen ist. Ich habe das Buch jedenfalls fast in einem Zuge ausgelesen, und das bei doch immerhin 400 Seiten. Ihr Stil ist flott, die Sprache angenehm, es treten keine Ungereimtheiten auf im Plot. - ABER - und nun komme ich darauf, was ich schon in der eingangs erwähnten Rezension gelesen hatte, das Buch ist stellenweise ziemlich anstrengend für Nichtmediziner, Kathy Reichs hat sich öfter sehr detailliert über die forensischen Untersuchungsmethoden ausgelassen, hat beschrieben, warum etwas so und so und nicht anders zu interpretieren ist (zum Beispiel ein Leichenfundort, der Verwesungsgrad, wie ein Körper sich verändert nach dem Tod usw.). Das ist schwer verständlich und langweilt und der Krimi gerät ins Stocken, ich habe dann irgendwann damit begonnen, diese Stellen \"diagonal\" zu lesen oder ganz einfach zu überspringen, es fehlte mir nichts, um weiterzulesen. Der andere Kritikpunkt ist, dass die Autorin oft Abkürzungen benutze, die zwar einmal erklärt wurden, da es aber doch einige waren (von irgendwelchen staatlichen Institutionen) erschwerte dieser Umstand das flüssige Lesen zusätzlich. Davon abgesehen aber war das Buch sehr spannend und ich bereue es nicht, es gelesen zu haben, die 16,90 Euro für die gebundene Ausgabe sind ok.



Kathy Reichs ist wie ihre Hauptfigur auch forensische Anthropologin, eine von 50 zugelassenen in Kanada und USA.
Reichs arbeitet für das \"Office of the Chief Medical Examiner\" in North Carolina und für das \"Laboratoire des Sciences Judiciaires et de Médecine Légale\" für die kanadische Provinz Quebec. Außerdem ist sie Professorin für Anthropologie an der Universität von North Carolina und ist häufig Expertenzeugin bei Kriminalfällen.
Sie ist regelmäßige Dozentin beim FBI in Quantico, wo sie den Agenten Unterricht in Spurenerkennung und - sammlung, sowie ersten forensischen Untersuchungen vor Ort erteilt.
Ihr erster Temperance-Brennan-Roman, ?Tote lügen nicht\" (=?Déjà Dead\"), gewann 1997 den \"Crime Writers of Canada\'s Arthur Ellis Award\" für die beste Erstveröffentlichung. Der Roman wurde bereits in 15 Sprachen übersetzt und war ein großer internationaler Erfolg, den sie mit ?Knochenarbeit\"(=?Death du Jour\") noch steigern konnte. In Deutschland erschien dieses Jahr der dritte Band ?Laßt Knochen sprechen\" (=\"Deadly Decisions\" ), in USA und Kanada bereits der vierte ?Fatal Voyage\". (1)
Kathy Reichs wurde im übrigen auch eingesetzt bei dem verheerenden Unglück (oder Verbrechen) vom 11.9., da war dieses Buch aber schon geschrieben.

In deutscher Sprache erschienen sind: \"Tote lügen nicht\", \"Knochenarbeit\" und \"Lasst Knochen sprechen\".



\"Nach nur vier Romanen ist Tempe Brennan eine wunderbar ausgewogene Figur geworden: menschlich, unverkrampft - und dem Leser eine angenehme Begleiterin für die Zeit, die sie braucht, um ihre verzwickten Fälle zu lösen.\"
Sunday Times



Meine Ausgabe ist gebunden, vom Verlag RM Buch Vertrieb und Medien GmbH (\"Der Club\"), hat 414 Seiten und kostete 16,90 Euro.
Es ist mittlerweile wohl eine Paperback-Ausgabe erhältlich für ungefähr die Hälfte (Preis).



(1) teilweise übernommen von http://www.buecher4um.de/AutorKR.htm

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