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Erfahrungsbericht von Araxas

Robbins Tom / Pan Aroma

Pro:

herrlich abgedreht

Kontra:

eigentlich nichts

Empfehlung:

Ja

>> Ein altes ukrainisches Sprichwort warnt: „ Eine Geschichte, die mit einer Roten Bete anfängt, endet mit dem Teufel.“ <<

1.) Inhalt
2.) Gedanken und Bemerkungen zum Buch
3.) Das Buch
4.) Der Autor
5.) Links
6.) Fazit

1.) Inhalt
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König Alobar hat keine Lust zu sterben und wird auch über 1000 Jahre leben, die Kellnerin Priscilla ist auf der Suche nach der Rezeptur eines ganz speziellen Parfumes und dem perfekten Taco außerdem laboriert sie an lesbischen Tendenzen herum, Marcel LeFevre, kreativer Sproß einer Pafume - Dynasty trägt eine Walmaske und verläßt sich nur auf sein olfaktorisches Bewußtsein, Madame Devalier in New Orleans sucht nach der Basisnote eines sensationellen Parfumes das sie auf dem Grunde einer seltsamen, uralten Flasche erschnuppert hat, Kudra, eine indische Seilflechterin entgeht knapp dem Tode bei einer traditionellen Witwenverbrennung , kennt aber die Kamasutra In- und Auswendig und beglückt damit sowohl Sterbliche als auch Götter, besonders Pan dessen tierisch - erotischer Geruch sich durch die Geschichte wie ein roter Faden zieht. Daniel Wiggs erkennt beinahe alle Zusammenhänge und liegt doch weit daneben, außer dem liebt er seine Tochter mehr als alles andere und irgendwie hängt alles zusammen wobei die Bandalooper an allem Schuld sind, und auch Einstein hat irgendwie seine Finger im Spiel , und der Autor dieser Story hat eindeutig zuviel Lyseregsäuredietylamid..... (LSD 25) konsumiert.

Aber versuchen wir einmal die ganze Geschichte irgendwie zu ordnen:

PRISCILLA, die vom Genie geküßte Kellnerin, lebt in Seattle, sie opfert ihre gesamte freie Zeit der Suche nach der Rezeptur eines bestimmten Parfumes. In ihrem heruntergekommenen Apartment hat sie zu diesem Zweck extra ein Labor eingerichtet. Große Hoffnungen setzt sie auf ein Stipendium der „Töchter der Tageskarte“, einer Organisation von Kellnerinnen mit akademischem Abschluß die ihren Mitgliedern ermöglicht das Tablet abzustellen und einige Zeit ihrer wahren Berufung nachzugehen. Den Roten Beten die ein Unbekannter vor ihrer Tür abgelegt hat schenkt sie zunächst keine Beachtung.

Priscilla im Gespräch mit ihrer lesbischen Freundin Ricki:
Zitat>> Ricki schüttelte den Kopf. „ Mein Aszendent ist Jungfrau“, sagte sie „ Einmal im Monat bei Vollmond treibt es mich, mein Konto auszugleichen und meine Wohnung aufzuräumen. Ich kann nichts dagegen tun. Statt zu einem Wehrwolf werde ich dann zu einer Buchhalterin.“ „Die nur mit einem silbernen Dildo getötet werden kann“, rief Priscilla und verschwand mit ihren Drinks, während ihre Kolleginnen , die mittlerweile zu viert vor dem Seitentresen standen, ihr angewidert und bestürzt nachschauten.<<

MADAME DEVALIER und ihre farbige Assistentin V’LU suchen in New Orleans das gleiche wie Priscilla in Seattle. Madame Devalier betriebt ihre Parfümerie seit vierzig Jahren. Vor ihr hatte ihr Vater den Laden fünfzig Jahre lang betrieben. In Laufe der Zeit, so erzählte man sich, waren eine Reihe sonderbarer Dinge über die Schwelle des Ladens getragen worden, wie z.B. : Mond-Medizin und Aufpulver-Pulver, Glücks-Wurz und Hurricane-Tropfen. Im Gegensatz zu Priscilla macht sich Madame Devalier doch etwas mehr Gedanken über den Unbekannten der, in der letzten Zeit, des öfteren Rote Bete in ihrem Schlafzimmer hinterläßt.

Zitat:>>
„ Was ist die Uhr V’lu“
„ Die wass?“
“ Die Uhr. Was ist die Uhr?“
„ Wiesso, Madam, die Uh‘ isst dass ‚unde Ding mit den sswei Sseige’n in de Mitte.“
„V’lu“ sagte Madame Devalier. Wenn Madame Devalier ihre Stimme erhob, war das ungefähr so, wie wenn sich die Gallier gegen die Römer erhoben. Sogar die Termiten im Fundament gingen in Habacht - Stellung. „ Wie spät ist es?“
„Es isst d’ei Uh‘ Madam.“<<

CLAUDE und MARCEL LEFEVER sind Vizepräsidenten eines große Parfüm - Unternehmens mit Sitz in Paris. Wobei Marcel mit seinem einzigartigen Sinn für Gerüche für die kreative Arbeit zuständig ist und Claude die Finanz - Entscheidungen für das Unternehmen trifft. Zwischen den beiden ungleichen Cousins herrscht selten Einigkeit. In dem Fall der Roten Bete die schon seit Wochen im Posteingang landen sind sie sich aber darüber einig daß keiner weiß was das zu bedeuten hat.

Zitat: >> Dennoch schien Marcel verärgert zu sein. Vielleicht deswegen weil er gerade seine Walfischmaske trug .
Claude stemmte die Hände in die Hüften und sah seinen Cousin an.
„Leck mich am Arsch“, sagte Marcel aus dem Inneren seiner Maske.
„ Verzeih mir, aber mir ist nicht ganz klar, wo ich bei einem Fisch nach dem Arschloch suchen müßte.“
„ Wale sind keine Fische, du Blödmann .“
„ Oh, natürlich“<<

1000 Jahre zuvor, irgendwo in Böhmen, lebt König ALOBAR zunächst noch glücklich und zufrieden und vergnügt sich mit seinem Harem. Doch eines Tages entdeckt er etwas das ihn in Panik versetzt, ein graues Haar. Um dies zu verstehen muß man wissen das es in Alobars Königreich, einem winzigen Stadtstadt, Brauch war den König zu töten wenn irgendwelche Zeichen von Verfall zu bemerken waren. Dazu gehörten Falten oder nachlassende sexuelle Kraft und eben auch graue Haare. Alobar hatte den Brauch bisher für sehr vernünftig gehalten, denn ein schwacher König würde seine Schwäche auf das ganze Volk übertragen, sich auf die Fruchtbarkeit des Viehs auswirken, die Rote Beete Ernte auf den Feldern verdorren lassen und ganz allgemein die verschiedensten Katastrophen heraufbeschwören. Aber nun, da er selber an der Reihe ist, erscheint die Sache in einem anderen Licht, zusammen mit seiner Lieblingsfrau Wren versucht er zunächst die sichtbaren Zeichen seines Alters zu verbergen. Doch lange will ihm das nicht gelingen, der Geisterbeschwörer Noog kommt ihm auf die Schliche. Wiederum ist es Wren die ihm, mit Hilfe einer List, dazu verhilft dem Tod zu entkommen. Da er nun nicht mehr zu seinem Stamm zurück kann macht er sich auf zu einem langen Weg durch die Jahrhunderte.

Ein paar Jahre später kommt es zu einer seltsamen Begegnung, Aldobar trifft auf ein unvorstellbares Wesen, halb Mensch halb Ziege daß sich Pan nennt. Der überwältigende erste Eindruck den Aldobar von dem Gehörnten bekommt ist sein Gestank nach Ziegen und zwar nach Ziegen in der Brunftzeit. Der Gott und der Sterbliche gewinnen schnell Gefallen aneinander, nachdem sie festgestellt haben daß sie ein gemeinsames Ziel haben, nämlich die Flucht vor dem Tod. Pan erklärt Alobar daß die Götter keineswegs unsterblich sind, sie leben nur solange wie die Menschen an sie glauben und die Christen haben ihm schwer zugesetzt so daß seine Kräfte langsam schwinden. Von dieser Zeit an tritt
Pan immer wieder im Leben von Alobar in Erscheinung wobei er von Mal zu Mal an Substanz verliert bis schließlich nur noch sein Geruch übrigbleibt.

KUDRA die indische Seilflechterin und jahrhundertelang die Gefährtin von Alobar wechselt Kraft ihres Willens auf die „andere Seite“.

DR. DANNYBOY WIGGS ist Gründer der Last Foundation einer Gesellschaft zur Erforschung der Unsterblichkeit, glaubt an Feen und liebt seine Tochter Huxley Anne abgöttisch. Sein Steckbrief liest sich in etwa so: >> genialer junger Anthropologe der in Harvard lehrte wo er weit über die akademische Notwendigkeit mit bewußtseinsverändernden Chemikalien experimentiert hatte, reiste an den Amazonas um dort mit Indianern halluzinogene Weintrauben zu kauen, kehrte als Psychedelic-Prophet in die Staaten zurück, wurde wegen einer lächerlichen Marihuana - Geschichte in den Knast gesteckt, traf dort einen Mann der ihm ein Geheimnis anvertraute und verlor ein Auge durch einen sadistischen Gefängniswärter <<

All diese Personen, die zunächst noch, eine eigene Geschichte haben werden auf die unterschiedlichsten Arten zusammen finden und zur Fastnachtszeit in New Orleans wird daraus eine einzige.

2.) Gedanken und Bemerkungen zum Buch
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Aufbau der Geschichte
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Bei allen Verrücktheiten der Story und den vielen Handlungssträngen hat die Geschichte doch eine ganz klare logische Struktur. Die verschiedenen Geschichten vereinigen sich letztendlich zu einer einzigen in der sich dann alle beteiligten Personen begegnen und verschiedene Rätsel aufgelöst werden. Die durch diese langsame Verknüpfung der Handlungsfäden entstehende Spannung wirkt sich positiv auf den Gesamteindruck aus. Dazwischen verblüfft der Autor immer wieder mit außergewöhnlichen Einfällen und witzigen Dialogen. Außerdem geht er recht freizügig mit sexuellen Beschreibungen um die aber nie plump wirken, es paßt einfach zur Geschichte und wirkt nicht aufgesetzt. Sexualität ist ein Bestandteil der menschlichen Natur, es ärgert mich immer wieder wenn ein Autor etwa übertrieben prüde ist oder unpassend vulgär wird. Bei Robbins würde ich anmerken: mitunter recht heftig aber doch passend.

olfaktorisches Bewußtsein
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Aus den vorangegangenen Beschreibungen wird deutlich daß sich vieles in dem Buch um Gerüche dreht. Robbins beschäftigt sich ausgiebig mit der Bedeutung die Düfte für Menschen haben, er mixt dabei spielerisch wissenschaftliche Erkenntnisse mit reinen Spekulationen und stellt darauf aufbauend interessante Theorien auf. Er macht diese Spekulationen aber nicht zu unbedingten Bausteinen der Geschichte, viel mehr läßt er einen Protagonisten auftreten der seine individuellen Ansichten dazu darlegt und fordert den Leser damit indirekt auf, selbst einmal solche Gedanken zu spinnen.

Mich persönlich haben solche Ansätze dazu gebracht darüber nachzudenken warum man eigentlich sagt „ Ich kann diesen XY nicht riechen“ wenn man ein unbestimmtes negatives Gefühl einer speziellen Person gegenüber hat. Oder warum sagt man „ Dies oder jenes stinkt mir“ ? Das läßt sich natürlich beliebig vertiefen. Daran liegt mir, an dieser Stelle, aber recht wenig.

Robbins ist, unbestritten, ein Clown aber von welcher Sorte? Ein „dummer August“ mit roter Nase und übergroßen Schuhen ist er auf keinem Fall, eher die melanchonische Figur der italienischen Stegreifkomödie, des Pierrot, der eigentlich kein Clown sein will und immer um Ernsthaftigkeit bemüht ist, der dem Zuschauer dadurch einen Spiegel vorhält und hinter der vordergründigen Belustigung des Publikums etwas sehr Ernsthaftes darzustellen vermag. Wobei ich hier einen Vergleich wagen würde: während Douglas Adams mit seinem „Anhalter durch die Galaxis“ den vordergründigen Humor der Mainzer Fasenacht darstellt, läßt sich Robbins eher mit der subtilen Hintergründigkeit eines Carnevals in Venedig vergleichen. Beide haben ihren Reiz und stehen gleichberechtigt nebeneinander.

Post-Hippie
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Für die Hippie-Kultur war Robbins ungewöhnlich spät ‚dran ( 1984 ); aber es war der richtige Zeitpunkt eine der unwillkürlichen Tendenzen dieser außergewöhnlichen Kultur auf einen willkürlichen Punkt zu bringen und das ist ihm auf wirklich unvergleichliche Weise gelungen.

3.) Das Buch
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Titel: panaroma ( Orginal: Jitterbug Perfume )
Autor: Tom Robbins
ISBN: 3-404-25937-8
Seiten: ca. 430 beim TB
Preis: damals ( 1991 ) hat das Buch 12,80 DM gekostet

4.) Der Autor ( wörtlich von der Umschlagseite übernommen )
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Tom Robbins, 1936 in Virginia geboren ( oder handelt es sich dabei nur um seine bislang letzte Rematerialisation ?), lebt seit geraumer Zeit ( 1000 Jahre, 100 Jahre, 10 Jahre ?????) in La Conner USA. Seit Fertigstellung von >> Jitterbug Perfume << empfängt er Journalisten bevorzugt mit aufgesetzter Krokodilsmaske. Plant, im nächsten Jahr drei Zentimeter zu wachsen, um sein Volleyballspiel effektvoller gestalten zu können. Versteht sich als >> PR-Mann für den Lebenszirkus <<. Im Falle, daß einer der Clowns erkranken sollte, springt er auch mal für ihn ein.

weitere Werke
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Buntspecht So was wie eine Liebesgeschichte.

Sissy - Schicksalsjahre einer Tramperin

Ein Platz für Hot Dogs - Another Raodside Attraction

5.) Links
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http://www.subway-net.de/magazin/1998/08tom.shtml => kurzes Interview mit Tom Robbins.

http://www.die-leselust.de/buch/robbins_tom_panaroma.htm => Rezension mit Leseprobe.

http://members.aol.com/Poettys/Seite5buecher/robbins/robbins.html => weitere Leseproben.

6.) Fazit
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Das Buch hat mir riesengroßen Spaß gemacht, solch eine intelligente, lustvolle und lebensfrohe Erzählweise findet man nicht oft. Auch dieses Spiel mit pseudo philosphischen Ansätzen fand meine ungeteilte Aufmerksamkeit, genauso wie die Botschaft des Autors => „Erleichda“ = „Nimm’s nicht so schwer“, das Leben, das Universum und den ganzen Rest.

(c) by Araxas / 18.03.03

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