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Erfahrungsbericht von Volker111

Die letzte Wahrheit?

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Minette Walters The Sculptress Die Bildhauerin

**** Warum dieses Buch? ****

Als ich bei CIAO einen begeisterten Bericht über diesen Roman las, überprüfte ich die Büchersammlung meiner Frau, von der ich weiß, dass sie ein begeisterter Minette Walters Fan ist. Siehe da, zwar wie zumeist in Englisch, gehörte es sogar zu den schon etwas älteren Büchern ihrer Minette Walters Reihe.

Schon nach kurzem Einlesen, wobei ich für die englischen Ausgaben immer etwas längere Zeit zum Lesen brauche, war ich so gefangen, dass ich mit dem 309 Seiten langen Roman kaum aufhören konnte. Schon 2 Tage darauf las ich die letzte Seite und ließen mich mit Zweifeln an der "letzten Wahrheit" zurück.

**** Kurzer Inhaltsanriss ****

Zu Beginn, im Prolog, steht ein relativ kurzer Zeitungsartikel über die Verurteilung einer erst 23jährigen Mörderin, Olive Martin, zu lebenslänglicher Haft, aus der sie frühestens nach 25 Jahren entlassen werden dürfte.
Die junge Frau hatte nach diesem Bericht ihre Mutter und ihre Schwester regelrecht abgeschlachtet.
Vor Gericht hatte sie selbst auf schuldig plädiert.

Die Journalistin Rosalind Leigh, kurz Roz, erhält seitens ihrer Redaktion den Auftrag, über diesen besonderen Mordfall ein Buch zu schreiben, welches die Hintergründe ausleuchten soll, was bedingt, dass Roz mit der Täterin im Gefängnis entsprechende Interviews führen muss. Roz ist alles andere als begeistert, doch hat sie aufgrund ihrer persönlichen Situation keine Wahl.

Je mehr Roz sich im Gefängnis mit Olive beschäftigt, je mehr sie anschließend die doch scheinbar klaren Fakten und Zeugenaussagen recherchiert, um so verwirrender und zweifelhafter wird der Fall. Immer mehr gelangt Roz zur Überzeugung, dass Olive für jemand anderem diese schreckliche Tat gestanden hat.

Bei ihren Ermittlungen wird sie selbst in gefährliche Situationen verwickelt, ihr eigenen erlittenen persönlichen Schicksalsschläge werden deutlich und vermischen sich mit ihrer Aufklärungsarbeit.

Mehr möchte ich vom Inhalt her nicht verraten, um die durchgehende Spannung des Romans mit seinen wechselhaften Bezügen nicht zu mindern.

**** Was mir besonders gefiel ****

Roz teilt zunächst durchaus die allgemeinen Vorurteile, die jeder von uns einem scheinbaren menschlichen Monstrum gegenüber hegt, verstärkt durch die körperliche Anormalität (extremes Übergewicht, Unförmigkeit) der Verurteilten.
Doch schafft sie es, trotz widriger Umstände und eigener beträchtlicher persönlicher Beziehungsprobleme, eine Sympathie zur Verurteilten zu entwickeln und trotz der sehr geringen Hilfe bzw. sogar diverser Lügen von Olive zunächst einmal von deren Nichtschuld auszugehen.

Bei ihren Ermittlungen ist sie nie einfach nur Journalistin oder Detektivin, sondern ein Mensch, der von seinen Emotionen, Erinnerungen, Hoffnungen, Verzweiflungen beeinflusst wird, der auch in und während seiner Arbeit versucht, sich selbst zu erfahren, sich selbst zu finden.
Auch wenn zum Schluss hin sie erfolgreich ihre Recherchen abgeschlossen zu haben scheint, der einzig sichere Erfolg besteht im Bekenntnis zu sich selbst, in der positiven Annahme des Lebens mit all seinen Höhen und Tiefen.

**** Schlussbemerkungen ****

Knapp 5 £ zahlte damals 1995 in London meine Frau für dieses Buch, bei amazon.de war die deutsche Taschenbuchausgabe ab 14 bis 17 DM erhältlich. Momentan gibt es eine Sonderausgabe für 7 € im Goldmannverlag München als Taschenbuch.

Am bekanntesten ist wohl "The Ice House" von Minette Walters, durchaus erfolgreich auch verfilmt, doch meine ich, dass "The Sculptress" diesem Bestseller in nichts nachsteht. Dieser Roman ist jedenfalls aus meiner Sicht eine ganz klare Empfehlung.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-03-27 11:35:10 mit dem Titel Geballte Leidenschaft aus Norwegen

Das Buch Dina Herbjørg Wassmo

Obwohl der Roman mit einem Mord beginnt und einem Mord endet, ist dies doch kein Kriminalroman, sondern ein mich faszinierender historisch orientierter Schicksalsroman über eine außergewöhnliche Frauenfigur aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in Norwegen.

Zum Inhalt: Dina, die Tochter des Lehnsmanns, wird mit Jacob, dem schon älteren Witwer, Herr des Gutes Reinsnes, im Alter von 16 Jahren verheiratet.
Ihr Vater ist froh, seine wilde, im herkömmlichen Sinne schlecht erzogene Tochter seinem Freund zur Frau geben zu können.

Mehr oder weniger unbewusst gab der Lehnsmann seiner damals erst 5jährigen Tochter die Schuld an einem grässlichen, schrecklichen Hausunfall, dem seine Gattin Hjertrud zum Opfer fiel, als sie im letzten Moment versuchte, drohendes Unheil von ihrer Tochter abzuwenden.
Anstatt sich besonders um seine Tochter zu kümmern, hielt er sie auf Distanz und ließ sie mit ihrem Seelenschmerz allein.

Dina entwickelt ihre eigene Ethik, in der kein Platz für gebrochene Versprechen ist.
Als ihr Mann in ihren Augen seine Versprechen bricht, nutzt sie, inzwischen 18 Jahre, die nächste Gelegenheit, ihre tödliche Strafe zu vollziehen. Jeder geht von einem Unfall aus.
Nach einem durch äußere Sprachlosigkeit demonstrierten Rückzug aus jeder Verantwortung, kehrt sie langsam ins Leben zurück.

Sie übernimmt aufgrund ihrer Intelligenz und auch einer gewissen Härte erfolgreich die Verwaltung des Gutes. Dabei wächst sie in eine erstaunlich würdige Verantwortung für die Menschen auf Reinsnes hinein. Sie setzt sich dabei zum Teil rigoros über die Vorurteile aber auch über ungeschriebene Gesetze der Gemeinschaft hinweg. Sie dominiert ihre Umgebung, im Guten wie im Bösen.
Obwohl sie in vielfacher Weise emanzipatorisch bezeichnet werden kann, bleibt sie doch immer auch Frau, besonders in der Liebe.

Gerade als man meint, einem Happy-End einer unter den schwierigsten Bedingungen aufgewachsenen, erfahrenen und erfolgreichen Frau entgegen zu sehen, scheitert sie doch an der Unbeugsamkeit ihrer Ansprüche in der Liebe. Der Mann, den sie am meisten liebt, ist gleichzeitig derjenige, der am wenigsten bereit ist, einen Teil seines Lebens auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. Er spürt nicht die Totalität ihrer auch besitzergreifenden Liebe und so wird auch er eingereiht in die Zusatzwelt ihrer Toten.

Die einzelnen Kapitel werden durch ein passendes Bibelwort, überwiegend sehr nachdenkenswerte Sprüche des Salomos, eingeleitet. Sehr frauenfreundlich ist folgendes Bibelzitat zur hohen Bedeutung der GASTFREUNDSCHAFT sicher nicht:

"Zwei Engel kamen zu Lot, der saß zu Sodom unter dem Tor. Er empfing sie freundlich und nahm sie mit in sein Haus. Aber die Männer in Sodom wollten ihnen Böses tun...und sprach:
Ach, liebe Brüder, tut nicht so Übel! Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch, und tut mit ihnen, was euch gefällt; aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Daches gekommen." (Das erste Buch Moses, Kapitel 19)

Zwischendrin erscheinen die Gedanken Dinas, beginnend mit "Ich bin Dina." Gefolgt von kurzen knappen Aussagen zu ihrer Doppelwelt, kursiv gedruckt. Nur einmal heißt es gegen Schluss hin "Bin ich Dina?" Doch diese Zweifel vergehen und die Schlussworte des Romans lauten: "...Ich bin Dina - die sieht."

Das alles klingt sehr anspruchsvoll, doch spiegeln andere Textpassagen Lebenslust, Leidenschaft und Willenskraft wider:

"Der grüne Samtrock mit der Borte am Saum teilte sich, als sie das Cello zwischen die Knie nahm. Es war keine weibliche Geste. Weder schön noch elegant. Eine schwere Körperlichkeit erfüllte den Raum.
Das verschleierte Jacob den Blick.
Zwei strotzende junge Brüste gelangten in sein Blickfeld, als sie sich über das Instrument beugte und den Bogen anlegte..."

"Sie zog das Leibchen aus, so dass die Brüste herausfielen. Freigelassene Gefangene in seinen Händen. Leuchtend, jede Brust mit der dunklen, wachsenden Erhöhung unter seinen Fingern. Er beugte sich herunter und trank aus ihnen..."

Trotz der weitergehenden detailreichen Beschreibung des Liebesaktes wirkt der Text durch die kraftvolle poetische Sprache an keiner Stelle obszön oder primitiv.

Folgende Angaben entstammen dem Innenblatt des Buches im Knaur Verlag:
Dieser Roman wurde 1991 vom norwegischen Buchhändlerverband zum besten Roman der achtziger Jahre gewählt. Die 1942 in Nordnorwegen geborene Herbjørg Wassmo erhielt für ihre Tora-Trilogie 1987 den Literaturpreis des Nordischen Rates, die höchste Auszeichnung der skandinavischen Länder. Sie gilt als meistgelesene Autorin Norwegens.

Erstaunlich, dass die erste deutsche vollständige Taschenbuchausgabe erst August 1999 erschien.
Ich jedenfalls werde mich nach weiteren Romanen wie "Gefühlloser Himmel" "Der stumme Raum" und anderen umschauen.
Wer an historisch orientierten Schicksalsromanen mit Leidenschaft und Tragik interessiert ist, muss diesen Roman unbedingt gelesen haben. Möglicherweise spricht er jedoch eher Frauen an. Beinahe vergessen, 539 Seiten hat das Buch und kostete 16,90 DM.

Nachtrag: der neue aktuelle Preis beträgt fürs Taschenbuch 8,90 EURO, also etwas mehr als damals. Für 2 bis 3 Euro verkaufe ich viele meiner gelesenen Bücher, bei Interesse einfach E-Mail schicken, bisher war noch jeder zufrieden.

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-08-22 21:54:10 mit dem Titel Wer ist das Monstrum?

Leon de Winter Leo Kaplan

Vorwort
Vorweg, ich biete hier weniger denn je eine Inhaltsangabe sondern mehr eine Inhaltsbesprechung. Sie zeigt also vorrangig auf, welche Eindrücke auf mich dieser ergreifende Roman gemacht hat. Für eine Inhaltsangabe langen die kurzen Angaben bei amazon.de.

Inhaltsbesprechung
Der jüdische Schriftsteller Leo Kaplan scheint nach sexuellen Beziehungen zu Frauen süchtig zu sein. In zum Teil pornografisch anmutender direkter Art beschreibt er seine Verhältnisse zu seiner ersten. und zweiten Ehefrau sowie nachfolgende diverse Eskapaden.
Doch die Gründe für seine scheinbare Unfähigkeit zu einer wirklichen und stabilen Beziehung werden dem Leser aber auch ihm selbst erst im dritten Teil des Romans deutlich, in dem er den Verlauf seiner ersten Liebeserfahrung und Begegnung schildert.

Erst als Leo sich nach 19 Jahren zur Aufgabe seiner Flucht vor seiner ersten großen Liebe durchringt, wird er fähig, seine eigene, selbst entwickelte Monstrosität abzustreifen, ja, überhaupt erst zu leben.
Er wird sich bewusst, warum er diese Frau liebte und immer noch liebt, er wagt einen Versuch, sich zur schmerzhaften Liebe zu bekennen und wird dadurch fähig, auch ohne dieses seelische Monstrum von Frau zu leben.

Um nicht missverstanden zu werden, dies sind meine Worte, denn Leo selbst macht nie irgend jemanden ernstlich Vorwürfe, zudem erfährt er auch nie die ganze Wahrheit.
Verwoben in diesen Roman sind noch verschiedene zum Teil sehr extreme Lebensschicksale vom Serienkiller bis zum Selbstmörder, die aber als Handlungsstränge sich berühren oder überkreuzen.

Ich stellte mir im Verlauf des Romans öfters die Frage, wer von drei Personen das seelisch und ethisch größte Monstrum sei, er, der haltlose untreue Ehemann und suchende Schriftsteller, der in seinem Roman ein Kind durch seinen Romanhelden vergewaltigen lässt, der sich selbst nicht ganz unberechtigt als Golem mit Krokodilsseele sieht, oder der Serienmörder, der immer wieder in Gesellschaft seines Schäferhundes (auch der kommt recht originell einmal zu Wort) Liebende während des Aktes erschießt, weil er die physisch erlebte Untreue seiner ersten Liebe nicht verkraftete oder aber Ellen, die mit einer Lüge, um ihn zu verletzen, gleich sehr viele Menschen auf einmal betrog und zum Teil zerstörte.

Sie lebt mit einer versteinerten Lüge, mit der sie zum einen Leo fast zerstörte, seinen Freund nachträglich als Vaterersatz benutzte, nur möglich, weil dieser nach Zurückweisung seines Liebesantrages ihr gegenüber tödlich verunglückte (Selbstmord?) und diesen damit noch im Tode wehrlos der Lächerlichkeit preis gibt, den Eltern des Freundes, die sich als Großeltern sehen und natürlich ihrem Enkel ihr nicht unbeträchtliches Vermögen vermachen, ihrem Ehemann, der sie lebenslang als Opfer statt als Täterin eines unbarmherzigen Schicksals ansah und vor allem aber ihrem Sohne gegenüber, dem sie den Anspruch auf das Wissen um seine eigene Identität ohne Not vorenthält, den leiblichen Vater verschweigt.

Dass sie beim ersten Anschein einer möglichen Untreue ihres Ehemannes beginnt ihre unerfüllten sexuellen Bedürfnisse (Leo fehlt ihr) und Phantasien mit einem Kellner auszuleben, selbst als sie sehr schnell erfährt, dass ihre als Rechtfertigung dienende Pseudoeifersucht in jeglicher Hinsicht unberechtigt war, rundet die für mich unfassbare Monstrosität dieser Seele nur ab.

Obwohl, wie schon angedeutet, Leo Kaplan die ganze Wahrheit über das Scheitern seiner ersten großen Liebe nie erfährt und obwohl er selbst bei dem Versuch, diese Liebe zu leben oder bewusst und verantwortungsvoll zu beenden, erneut ständig belogen wird, wird ihm durch die Verarbeitung und der Bereitschaft, seine Gefühle zu akzeptieren, nicht davon zu laufen, ein echter Neuanfang möglich. Er beginnt verantwortungsbewusst zu leben.
Erst jetzt, im Epilog angedeutet, wird Leo zum erwachsenen Mann.

Bewertung
Leon de Winter entwirft meisterhaft die Psychogramme seiner Romanfiguren, wobei sicherlich autobiographische Elemente eingeflossen sind.
Zwischen den erotischen Beschreibungen leidenschaftlicher Liebesszenen seiner Frauenbegegnungen findet man köstliche Realsatiren genauso wie mehr oder weniger ernst gemeinte humoristische Weltanschauungstheorien.

Allein die Abhandlung über die Bedeutung des richtigen Toilettenpapiers nebst den diversen Reaktionen der unterschiedlichen weltanschaulich orientierten Parteien oder Gruppierungen würde jedem CIAO Autor über Charmin deLuxe vor Neid erblassen lassen und anderen endlich die überragende existenzielle Bedeutung dieses Konsumartikels und damit die nachträgliche Rechtfertigung der vorübergehenden Einordnung in die 3 Cent Kategorie mehr als nur begründen. Für YOPI-Autoren gilt ähnliches.

Wer geistreiche, anspruchsvolle Lektüre gepaart mit sehr freizügigen Sexbeschreibungen und starken Emotionen verkraften kann, für den müsste dieser Roman ein Genuss sein.
Englischkenntnisse für die fiktiven Interviews, italienisch für Restaurantbestellungen und etwas Sprachgefühl für jiddische Redewendungen sollte der Leser, die Leserin allerdings mitbringen, um Ironie und bissigen Humor des Schriftstellers würdigen zu können.

Empfehlung
Den Roman kann ich mit den genannten Voraussetzungen Erwachsenen ab 18 Jahren empfehlen, wobei etwas mehr eigene Lebenserfahrungen sicherlich von Vorteil sind, also eher ein Roman für Leser ab 30(?) Jahren.
Doch so wie es für die Tiefe und Reichhaltigkeit von Lebenserfahrungen keine feste Altersgrenze geben kann, so gilt dies natürlich genau so für die Leseempfehlung eines Schicksalsromans. Also einfach lesen und eventuell ein paar Jahre später nochmals lesen.

Ach ja, ein paar Fakten fehlen noch: Diogenes Verlag, gebundene Ausgabe, noch für 46,90 DM von meiner Frau gekauft, inzwischen 23,90 Euro, bisher noch nicht als Taschenbuch erschienen, 544 Seiten. Über amazon.de findet man bestimmt etwas preiswertere Gebrauchtausgaben, vielleicht sogar von mir ;-)

Bin gespannt, wie andere Leser diesen Roman erfahren haben.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-12-25 19:31:44 mit dem Titel Menschliche Tragödien hinter der Fassade

Minette Walters The Echo 1997

••• Hintergrund •••

Mehr im Stil der klassischen Kriminalromane \"whodunnit\" setzt Minette Walters mit \"The Echo\" ihre erfolgreiche Romanreihe fort.
Mit \"The Ice House\" gewann sie den Crime Writer´s Association John Creasay Award für die beste Kriminalgeschichte im Jahre 1992.
Mich hat allerdings besonders ihr zweiter Roman \"The Sculptress\" (Die Bildhauerin) beeindruckt, über den ich hier ja auch schon einen Bericht eingestellt habe.

Den Roman \"The Echo\" hatte meine Frau gekauft, die von uns beiden zuerst auf Minette Walters vor vielen Jahren gestoßen war.
Da ihr \"The Echo\", ein äußerlich wunderschönes, eingebundenes Buch der britischen Macmillan Ausgabe mit graphisch sehr gelungenem Schutzumschlag vom Inhalt her nicht so gut gefallen hatte, sie es mir für den Verkauf über Amazon frei gab, musste und wollte ich es unbedingt vorher noch lesen.
Ich habe es nicht bereut, denn mein Urteil fällt sehr positiv aus. Doch dazu mehr am Schluss.

Vorweg, 16,99 britische Pfund hatte vor 5 Jahren dieses Buch laut Aufdruck gekostet, wobei ich nicht mehr genau weiß, ob wir es über einen britischen Buchclub preisermäßigt erstanden hatten oder ob meine Frau es auf einer ihrer London-Dienstreisen gekauft hat.
Zu den aktuellen Preisen der sehr unterschiedlichen Ausgaben ebenfalls mehr zum Schluss.

••• Kurzer Inhaltsanriss •••

Ausgangspunkt des Geschehens des Romans ist der mysteriöse \"Verhungerungsselbstmord\" eines weitgehend unbekannten Billy Blakes in der Garage der wohlhabenden Architektin Amanda Powell in London.
Der Journalist Michael Deacon versucht zunächst im Auftrag, mehr über die Identität und Motive Billy Blakes in Erfahrung zu bringen. Dabei stößt er auf ein Beziehungsgeflecht vergangener und gegenwärtiger menschlicher Tragödien. Er selbst wird in die Beziehungen der Opfer, Täter und Randpersonen mehr einbezogen als ihm lieb sein kann, lernt aber gleichzeitig dabei, mit seiner eigenen Vergangenheit und Gegenwart bewusster umzugehen.

Am Ende des Romans, wobei einige Entscheidungen offen bleiben, hat Michael Deacon Billy Blake geholfen, den wichtigsten Teil seiner selbst gestellten Aufgabe zu erfüllen.
Ob Michael Deacon seiner ursprünglichen Auftraggeberin Amanda Powell geholfen hat, vordergründig sicherlich, bleibt sehr fraglich. Trotz mancher verwirrender, sich zeitlich überkreuzender Handlungsstränge bleibt der Roman bis zum Schluss hin spannend.

••• Eigene Bewertung, Fazit •••

Sicherlich zieht der Roman einen Teil seiner Spannung aus der klassischen Frage, wer nun welchen Mord aus welchen Motiven heraus begangen hat. Doch die besondere Wirkung der Geschichte ergibt sich sowohl aus der dichten Atmosphäre, aus der erschreckenden Gesamtstimmung als auch aus dem Ausmaß deprimierender Wahrheiten, die nach und nach die Fassade der Normalität durchdringen.
Die zum Schluss klar werdenden Gesamtzusammenhänge passen schon eher in einen Horror- als in einen Kriminalroman.
Die psychische Darstellung Michael Deacons und seines persönlichen Umfeldes waren für mich der zusätzliche, besondere \"Kick\" des Romans.

Von mir gibt es daher auch für diesen Psycho-Krimi eine klare Empfehlung.

Das 343 Seiten umfassende Buch kostet aktuell in der deutschen Fassung als Taschenbuch bei Amazon ab 8 Euro, gebraucht ab 2 Euro, als gebundene Ausgabe nur noch gebraucht ab 3,80 Euro, die Druckausgabe Macmillan gibt es nur noch gebraucht zu 16 Euro.
Ein Sammlerstück (Macmillan Ausgabe) mit Signierung der Autorin wird für 39 Euro angeboten.
Der Minette Walter Buchliebhaber und Sammler hat also reiche Auswahl, allerdings ist die jeweils zur Verfügung stehende Anzahl der Bücher bei Amazon nur noch sehr gering.

Viel Spaß bei der Auswahl und beim Lesen.

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2003-01-28 18:34:57 mit dem Titel Wer ist das Monstrum?

Leon de Winter Leo Kaplan

••• Vorwort •••

Vorweg, ich biete hier weniger denn je eine Inhaltsangabe sondern mehr eine Inhaltsbesprechung. Sie zeigt also vorrangig auf, welche Eindrücke auf mich dieser ergreifende Roman gemacht hat. Für eine Inhaltsangabe langen die kurzen Angaben bei amazon.de.

•••Inhaltsbesprechung•••

Der jüdische Schriftsteller Leo Kaplan scheint nach sexuellen Beziehungen zu Frauen süchtig zu sein. In zum Teil pornografisch anmutender direkter Art beschreibt er seine Verhältnisse zu seiner ersten. und zweiten Ehefrau sowie nachfolgende diverse Eskapaden.
Doch die Gründe für seine scheinbare Unfähigkeit zu einer wirklichen und stabilen Beziehung werden dem Leser aber auch ihm selbst erst im dritten Teil des Romans deutlich, in dem er den Verlauf seiner ersten Liebeserfahrung und Begegnung schildert.

Erst als Leo sich nach 19 Jahren zur Aufgabe seiner Flucht vor der durch eine monströse, einer versteinerten Lebenslüge seine erste große Liebe unterbrechenden Beziehung durchringt, wird er fähig, seine eigene entwickelte Monstrosität abzustreifen, ja, überhaupt erst zu leben.
Er wird sich bewusst, warum er diese Frau liebte und immer noch liebt, er wagt einen Versuch, sich zur schmerzhaften Liebe zu bekennen und wird dadurch fähig, auch ohne dieses seelische Monstrum von Frau zu leben.

Um nicht missverstanden zu werden, dies sind meine Worte, denn Leo selbst macht nie irgend jemanden ernstlich Vorwürfe, zudem erfährt er auch nie die ganze Wahrheit.
Verwoben in diesen Roman sind noch verschiedene zum Teil sehr extreme Lebensschicksale vom Serienkiller bis zum Selbstmörder, die aber als Handlungsstränge sich berühren oder überkreuzen.

Ich stellte mir im Verlauf des Romans öfters die Frage, wer von drei Personen das seelisch und ethisch größte Monstrum sei, er, der haltlose untreue Ehemann und suchende Schriftsteller, der in seinem Roman ein Kind durch seinen Romanhelden vergewaltigen lässt, der sich selbst nicht ganz unberechtigt als Golem mit Krokodilsseele sieht, oder der Serienmörder, der immer wieder in Gesellschaft seines Schäferhundes (auch der kommt recht originell einmal zu Wort) Liebende während des Aktes erschießt, weil er die physisch erlebte Untreue seiner ersten Liebe nicht verkraftete oder aber Ellen, die mit einer Lüge, um ihn zu verletzen, gleich sehr viele Menschen auf einmal betrog und zum Teil zerstörte.

Sie lebt mit einer versteinerten Lüge, mit der sie zum einen Leo fast zerstörte, seinen Freund nachträglich als Vaterersatz benutzte, nur möglich, weil dieser nach Zurückweisung seines Liebesantrages ihr gegenüber tödlich verunglückte (Selbstmord?) und diesen damit noch im Tode wehrlos der Lächerlichkeit preis gibt, den Eltern des Freundes, die sich als Großeltern sehen und natürlich ihrem Enkel ihr nicht unbeträchtliches Vermögen vermachen, ihrem Ehemann, der sie lebenslang als Opfer statt als Täterin eines unbarmherzigen Schicksals ansah und vor allem aber ihrem Sohne gegenüber, dem sie den Anspruch auf das Wissen um seine eigene Identität ohne Not vorenthält, den leiblichen Vater verschweigt.

Dass sie beim ersten Anschein einer möglichen Untreue ihres Ehemannes beginnt ihre unerfüllten sexuellen Bedürfnisse (Leo fehlt ihr) und Phantasien mit einem Kellner auszuleben, selbst als sie sehr schnell erfährt, dass ihre als Rechtfertigung dienende Pseudoeifersucht in jeglicher Hinsicht unberechtigt war, rundet die für mich unfassbare Monstrosität dieser Seele nur ab.

Obwohl, wie schon angedeutet, Leo Kaplan die ganze Wahrheit über das Scheitern seiner ersten großen Liebe nie erfährt und obwohl er selbst bei dem Versuch, diese Liebe zu leben oder bewusst und verantwortungsvoll zu beenden, erneut ständig belogen wird, wird ihm durch die Verarbeitung und der Bereitschaft, seine Gefühle zu akzeptieren, nicht davon zu laufen, ein echter Neuanfang möglich. Er beginnt verantwortungsbewusst zu leben.
Erst jetzt, im Epilog angedeutet, wird Leo zum erwachsenen Mann.

••• Bewertung •••

Leon de Winter entwirft meisterhaft die Psychogramme seiner Romanfiguren, wobei sicherlich autobiographische Elemente eingeflossen sind.
Zwischen den erotischen Beschreibungen leidenschaftlicher Liebesszenen seiner Frauenbegegnungen findet man köstliche Realsatiren genauso wie mehr oder weniger ernst gemeinte humoristische Weltanschauungstheorien.

Allein die Abhandlung über die Bedeutung des richtigen Toilettenpapiers nebst den diversen Reaktionen der unterschiedlichen weltanschaulich orientierten Parteien oder Gruppierungen würde jedem CIAO Autor über Charmin deLuxe vor Neid erblassen lassen und anderen endlich die überragende existenzielle Bedeutung dieses Konsumartikels und damit die nachträgliche Rechtfertigung der vorübergehenden Einordnung in die 3 Cent Kategorie mehr als nur begründen.

Wer geistreiche, anspruchsvolle Lektüre gepaart mit sehr freizügigen Sexbeschreibungen und starken Emotionen verkraften kann, für den müsste dieser Roman ein Genuss sein.
Englischkenntnisse für die fiktiven Interviews, italienisch für Restaurantbestellungen und etwas Sprachgefühl für jiddische Redewendungen sollte der Leser, die Leserin allerdings mitbringen, um Ironie und bissigen Humor des Schriftstellers würdigen zu können.

••• Empfehlung •••

Den Roman kann ich mit den genannten Voraussetzungen Erwachsenen ab 18 Jahren empfehlen, wobei etwas mehr eigene Lebenserfahrungen sicherlich von Vorteil sind, also eher ein Roman für Leser ab 30(?) Jahren.
Doch so wie es für die Tiefe und Reichhaltigkeit von Lebenserfahrungen keine feste Altersgrenze geben kann, so gilt dies natürlich genau so für die Leseempfehlung eines Schicksalsromans. Also einfach lesen und eventuell ein paar Jahre später nochmals lesen.

Ach ja, ein paar Fakten fehlen noch: Diogenes Verlag, gebundene Ausgabe, noch für 46,90 DM von meiner Frau gekauft, inzwischen 23,90 Euro, bisher noch nicht als Taschenbuch erschienen, 544 Seiten. Über amazon.de findet man bestimmt etwas preiswertere Gebrauchtausgaben, inzwischen nicht mehr von mir ;-)

Bin gespannt, wie andere Leser diesen Roman erfahren haben.

27 Bewertungen, 3 Kommentare

  • Baby1

    16.07.2008, 09:52 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.

  • hjid55

    12.05.2007, 15:46 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh & lg Sarah

  • Tweety30

    12.08.2006, 15:27 Uhr von Tweety30
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wow, ein sehr langer, ausführlicher Bericht! LG, Tweety30!