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Erfahrungsbericht von LeaofRafiki

Erotik im Kinderzimmer !!!!!!!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

So ähnlich lautete Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts der Aufschrei von Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen, als ein Wesen in die Spiellandschaften ihrer Sprößlinge, vornehmlich der Töchter, Einzug hielt, dessen Äußeres eher an Pin-Up-Girls in irgendwelchen Spinden erinnerte denn an das, womit sich die lieben Kleinen ihrer Meinung nach abgeben sollten: Barbie. Allein schon bei diesem Namen rollen sich mir heute die Fußnägel hoch, klingt er doch so richtig nach dem, was man(n) sich unter einer Traumfrau vorstellt: feines hüftlanges blondes (!) Haar, Schmollmund, Busen und Wespentaille...
Aber, ich wäre nicht Kind meiner Zeit, wenn nicht auch ich von diesem blonden Virus infiziert worden wäre...
Und so hielt sie irgendwann, nach langem Quengeln, Einzug bei mir. Ausgerechnet bei mir, die ich nie zuvor mit Puppen gespielt hatte, der alles typisch mädchenhafte fremd war, die Petticoat und Lackschühchen haßte wie die Pest und lieber in einer Lederhose auf Bäume kletterte, oder in den letzten Kriegsruinen nach Ratten gejagt hatte, die lieber Trapper und Indianer spielte, dabei natürlich nie die brave Squaw sondern immer nur ein furchtloser Kämpfer und Märtyrer am Marterpfahl gewesen war, die zwar aus welchem Grund auch immer auch irgendwann einen Puppenwagen ihr eigen nannte, na ja, jedenfalls so etwas ähnliches, in diesem aber höchstens ihren als Indianerin ausstaffierten Teddybären durch die Gegend kutschierte.

So saß dieses blonde Zauberwesen dann irgendwann etwas verloren zwischen all meinen Steifftieren, versuchte vergeblich sich zwischen ihnen zu behaupten. Und doch konnte ich mich dieser Attacke weiblicher Sozialisation nicht so ganz entziehen...
Das Quengeln ging weiter, ich nervte meineGroßeltern mit Bettelbriefen, mir doch zu jeder passenden (oder auch unpassenden) Gelegenheit eines dieser wundervollen, aber auch sündhaft teuren, Outfits für das Püppchen zu schenken und erinnere noch wie gestern an das seltsame Gefühl, ihr diese an und auszuziehen. Barbie sah nämlich nicht nur anders aus als andere Puppen, sie fühlte sich auch anders an. Ihre langen Beine, wie überhaupt ihr ganzer Körper, hatte nicht diese kalte Plastikoberfläche, sondern war aus einem Kunststoff, der sich wenn auch hart, so doch samten und warm anfühlte. Zudem knackten ihre Gelenke so merkwürdig, wenn ich sie in die von mir gewünschte Position brachte, ohne daß irgendwelche Scharniere zu sehen waren wie bei anderen Puppen (wie sie meine Freundinnen hatten).

Der Barbie-Wahn ging sogar soweit, daß sie später eine Gefährtin bekam, ein dunkelhäutiges Wesen, wenn ich mich recht erinnere, auf den Namen Christie getauft, mit ebenso langen, aber rabenschwarzen Haaren und die beiden, wie bei Frauen so üblich, sich gegenseitig Konkurrenz machten.
Ich weiß nicht mehr, wie lange diese Phase meiner Kindheit währte, allzulange aber kann sie nicht gedauert haben, wohl aber, daß sie ein unrühmliches Ende fand. Friseur-Spielen war immer schon eine meiner Leidenschaften gewesen, sei es, daß mein Teddy statt gelber eines Tages schwarze Zöpfe bekam, oder daß nach einem Spiel mit Mutterns großer Schneiderschere sie keinen anderen Ausweg mehr sah, als mich zum Friseur zu zerren, auf daß er aus meiner selbstverfaßten asymmetrischen Frisur einen halbwegs annehmbaren Kurzhaarschnitt machte, jedenfalls ereilte Barbie ein ähnliches Schicksal... Da ihr aber im Gegensatz zu mir die Haare nicht nachwuchsen, landete sie in der hintersten Ecke meiner Spielzeugkiste und verschwand eines Tages sogar auf Nimmerwiedersehen.

Barbie Millicent Roberts, so ihr voller Name, ist das gertenschlanke um nicht zu sagen magersüchtige Produkt der Firma Mattel, Inc., geboren bzw. erschaffen im Jahre 1959, nach Deutschland ausgewandert, pardon, importiert anno 1964, als eine Puppe, die Generationen von Mädchen in höchste Verzückung versetzen sollte, entstanden aus der Idee, eine dreidimensionale Anziehpuppe auf den Markt bringen, um Träume und Phantasien so wirklichkeitsgetreu wie möglich nachspielen zu können, sprich, um im Rollenspiel die spätere Aufgabe als doppelt- und dreifach belastete Frau zu üben...
Die erste Barbie soll, pferdeschwanz-tragend, nur mit einem schwarzweiß gestreiften Badeanzug, hoch-hackigen Sandalen, Sonnenbrille und Ohrringe bekleidet gewesen sein. Da dies natürlich nicht ausreichte, wurden alsbald Kollektion von Moden und Accessoires, teils von namhaften Modedesignern wie Christian Dior entworfen, später ganze Häuser samt Einrichtung und anderen Kulissen inclusive Reitstall und VWs nachgeschoben.
Obwohl blond und dümmlich aussehend mit immer lächelndem Mund, machte sie nicht nur als Cinderella eine gute Figur, sondern erprobte sich auch in (damals) eher frauenuntypischen Berufen und Situationen: Ärztin, Astronautin, Feuerwehrfrau, Taucherin, Ingenieurin etc. wie auch in typisch weiblichen: Eisläuferin, Märchenprinzessin, Braut, Krankenschwester, ja sogar als Hausfrau.

Im Laufe der Jahre erweiterte sich ihre Familie und ihr Freundeskreis:
1963 gesellte sich die Freundin Midge hinzu,
1965 ihre kleine Schwester Skipper
1968 erschien die afro-amerikanische Christie auf der Bildfläche
1962/1969 wurde sie erwachsen und lachte sich einen Freund an: Ken Carson
1995 erhielt sie eine weitere Schwester namens Baby Sister Kelly, die realistisch gesehen eher ihre Tochter sein könnte und
1997 wurde sie mit einer Freundin im Rollstuhl, Smile Becky, gesegnet.
(Sowie Cousine Francie, Tutti und Todd als weitere Geschwister, PJ und Stacey als weitere Freundinnen usw. usw.)

Aber Barbie ist nicht nur ein Spielzeug für Mädchen, wobei ich die ins Auge gefaßte Gruppe von 3 - 7 Jahren für zu jung halte, sondern auch ein mittlerweile begehrtes Sammlerobjekt, an dem sich die (Mode)Trends der letzten bald fünfzig Jahre ablesen lassen. Kein Wunder, bei bald 1 Milliarde verkauften Exemplaren...

Hätte ich Kinder, Töchter, ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn sie eines Tages an mich den Wunsch nach einer solchen Puppe herantragen würden. Einerseits finde ich dieses stereotype Frauenbild „Wasserstoffblondinchen\" ausgesprochen doof, und selbst dunkelhaarige Exemplare nicht viel besser, andererseits sind sie realistischer, wenn auch oft dem Upper-Class-Glamour verhaftet, als andere Puppen, so daß sie schon die Chance zu wirklichkeitsgetreueren Spielen bieten, da sie eben nicht dem Kindchenschema entsprechen, was man Kindern so gerne in die Hand gibt.
Hmmm, würde mich meine Patentochter eines Tages um eine Barbiepuppe angehen, ich würde ihr als Gegenbild der Perfektion der Barbie-Kunstwelt wohl noch am ehesten die oben erwähnte Rollstuhlfahrerin beschaffen, die es aus welchem Grund auch immer, angeblich nur in Amerika geben soll (aber wozu gibt es ebay...), denn wann hat ein Kind schon die Möglichkeit, sich im Spiel mit Behinderungen auseinanderzusetzen, zumal wenn, realstisch genug, der Rolli weder ins Puppenhaus noch in den Puppenvan hineinpaßt...

www.mattel.com
http://www.behinderte.de/KUNST/BECKY.HTM
http://rhein-zeitung.de/on/97/05/22/topnews/barbie.jpg


© LeaofRafiki 13.01.2003

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ACHTUNG FAKERSCHUTZ: Ich poste meine Berichte lieber selber und unter gleichem Nick regelmäßig bei Ciao, häufig bei Yopi, ab und an bei talkon, nach dem Relaunch selten Dooyoo, und noch seltener bei Ecomments, Griasdi oder gar Hitwin *grins*

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