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Erfahrungsbericht von nosianai

Schnellkurs Hinduismus (DuMont) - Schneller ist besser?

Pro:

reich bebildert, ganz gut verständlich, sehr übersichtlich, schön zusammengefasst ...

Kontra:

... aber das präventiert den Tiefgang, den man bei einer solchen Thematik eigentlich braucht

Empfehlung:

Nein

Schnellkurs Hinduismus – Werner Scholz (DuMont)

Es sucht der Laie nach Rat, stiefelte in die Bibliothek und packte sich Bücher über den Hinduismus in die Tasche, auf dass der was lerne.
Darunter auch ein kleines Taschenbuch aus der „Schnellkurs“-Reihe von DuMont.

[ Wissen im Schnelldurchgang ]

Der ein oder andre weiß es wohl schon: DuMont bietet zu den unterschiedlichsten Themen Taschenbücher an, welche alle unter dem Titel „Schnellkurs“ erscheinen.
Für den Laien heißt das dann meist: schnell, übersichtlich und verständlich ein paar Anrisse zum jeweiligen Thema.

Vom „Alten Ägypten“ über „Antikes Rom“, „Kunstgeschichte Malerei“ und „Islam“ bis hin zu „Mode“ und „Judentum, hat man bei DuMont eigentlich schon beinahe jedes Thema reich bebildert und in ein kleines Büchlein verpackt, auf das der Interessierte auch mal mit Wissen geschlagen wird.

[ Nosianai goes Regenbogen ]

Einen tieferen Sinngehalt hat diese Überschrift nicht, außer dass man beim Schnellkurs Hinduismus die Seitenränder zur besseren Übersicht farbig gestaltet hat, wie ein Regenbogen eben.

Das ist aber eine knackige Einleitung auf die Haupteigenschaft des Kurses: Gute Optik und deren Nutzen!

Wie das auf Umschlagseiten meistens so der Fall ist, wird man mit dem Inhalt des Buches konfrontiert. In diesem Fall sind es auf violettem Hintergrund fünf Bilder, die im westlichen Auge sofort mit Indien und demzufolge Hinduismus assoziiert werden.

Zunächst ein Bild, welches in seiner Gestaltungsform für den Durchschnittseuropäer recht „indisch“ ausschaut. Dann zwei der sieben Haupt-Chakras des Menschen, was einem vor dem Lesen des Buches leicht schleierhaft vorkommen dürfte. Weiterhin ein Bild von Gandhi – das muss wohl so sein. Ein Sitar-Spieler und schließlich das Bild einer Göttin, so wie wir es aus Indien „gewohnt“ sind: bunt, mystisch und es sagt uns wie immer rein gar nichts.

Über dem Titel „Schnellkurs Hinduismus“ prangt die Silbe Om.

Von äußerlichem Klischeedenken ließ ich mich allerdings nicht abschrecken und las das Buch dennoch. Und das von der ersten bis zur letzten Seite, was bei einem Sachbuch nicht zu oft vorkommt. Zu trocken sind die meisten geschrieben. Zu klugscheißerisch kommt der Autor daher und will mir was erzählen.

Zumindest hinsichtlich dessen sei bemerkt: Werner Scholz reißt sich zusammen, auch wenn man zwischendurch auf der einen oder anderen Durststrecke angelangt.
Aber alles der Reihe nach.

[ Außen pfui, innen hui!!! ]

Weg von Äußerlichkeiten: Das Buch ist unterteilt in neun Kapitel, plus obligatorischem Einführungs-Blabla, Glossar und den üblichen Registern.

Erstaunlicher Weise war das BlaBla dann doch eher ein konsequentes Aufräumen mit westlichen Vorurteilen, was ich doch mal mit einem lautstarken „Hurra“ begrüßen möchte. Kein Gesülz von wegen „Jetzt erzähl ich euch mal was...“, sondern auf Los ging’s los und schon die ersten Absätze waren geprägt vom Wunsch, dem Nichtsahnenden etwas Komplexes so kurz wie möglich beizubringen.
Inwieweit Werner Scholz die Gratwanderung zwischen wissenschaftlichem Denken und Vereinfachung bzw. Verallgemeinerung geglückt ist, dazu später.

Die Neun Kapitel:

1. Vedische Kultur und Brahmanismus
2. Smriti – Heilige Texte ohne Offenbarungscharakter
3. Darshana – Die Philosophie der Hindus
4. Vishnu und seine Verehrer
5. Shiva und seine Gefolgschaft
6. Tantra und die Tantriker
7. Heilige Orte, Flüsse, Berge, Bäume und Pflanzen
8. Der Moderne Hinduismus
9. Das Leben im Hinduismus

[ Vedische Kultur und Brahmanismus ]

Ab ins Kalte Wasser, dachte ich mir beim Lesen des Kapitels.
Selbstverständlich baut der Kurs auf der Geschichte auf, und die kann bekanntermaßen sehr lang sein.

So interessant das Kapitel auch ist, so verwirrend erscheint es auch. Viele religiöse Begriffe erscheinen zwar in der internationalen Schreibweise, wie es bereits im Vorwort gesagt wird, doch das ändert nichts daran, dass auch ein internationales Sanskrit dem Leser durchaus fremd erscheint.

Es geht zunächst um die „Anfänge“ des Hinduismus und um „Heilige Schriften“, alles untermalt mit einer Zeittafel.

[ Smriti – Heilige Teste ohne Offenbarungscharakter ]

Das Kapitel selbst ist nicht halb so trocken wie der Titel Glauben macht. Tatsächlich werden die beiden großen Epen Mahabharata und Ramayana beleuchtet, sowie die „Abenteuer der Götter“.

Es lässt sich auf alle Fälle einfacher und spannender lesen als:

[ Darshana – Die Philosophie der Hindus ]

Dahinter steckt wirklich jede Menge Philosophie, die bei weitem nicht so lebendig herübergebracht wurde, als das beim vorangeschrittenen Kapitel der Fall gewesen war.

Für das Verständnis des Buches sicher wichtig, aber den Laien wird es freilich wenig interessieren.
Das Buch wurde sicher nicht für Indologie-Studenten geschrieben, und darum kann man den Anspruch auf Unterhaltsamkeit wohl bedenkenlos höher schrauben als wenn man einen Duden betrachtet.

Diese negative Seite sollte dem Buch jedoch keinen Abbruch tun: Immerhin hat man diesen Abschnitt kurz gehalten.

Das kann vom nächsten Kapitel nicht behauptet werden:

[ Vishnu und seine Verehrer ]

Zunächst wird der Gott Vishnu in seinen Erscheinungsformen und Eigenschaften beschrieben. Sehr interessant.
Doch immer mehr verliert sich das Kapitel in der Beschreibung der verschiedenen Sekten, was nicht jedermanns Geschmack ist.

Zu oberflächlich und doch verwirrend ist es, wenn auf jeder Seite von einem anderen Lehrmeister oder einer Sekte erzählt wird.

[ Shiva und seine Gefolgschaft ]

Es zitterten mir die Knie, ob wohl noch ein so trockenes Kapitel folgen würde, doch das war dann glücklicher Weise nicht der Fall. Zwar geht es wiederum um den Gott Shiva in seinen Gestalten, um seine Erlebnisse und welche Formen seine Anhängerschaft annehmen kann, was auch wiederum Sekten einschließt, doch das ganze wurde dann doch etwas hübscher verpackt, so dass auch jeder etwas damit anfangen kann.

In den Beiden letzten Kapiteln gibt es allerdings schon ein paar Dinge, die für den bereits in Indien Gewesenen hier und da ein „Aha“ auslösen. Kleinigkeiten, die jeden Tag gesehen wurden, aber so ganz unerklärlich waren, finden ihre Erklärung tatsächlich in diesen beiden Kapiteln.

[ Tantra und die Tantriker ]

... räumt dann wiederum mit den Vorurteilen und Schnellschüssen der Europäer auf. Es wird durchaus anschaulich versucht, das Thema „Tantra“ von allen Seiten zu beleuchten, auch wenn das widerum nur ein kurzer Abriss ist.

Man überlebt es und ist im Nachhinein wirklich ein Stück schlauer.

[ Heilige Orte, Flüsse, Berge, Bäume und Pflanzen ]

Ein sehr aufschlussreiches Kapitel mit vielen Eigenarten des Hinduismus, aber es erweckt für meinen Geschmack zu sehr den Eindruck, als ob „das alles wäre“. Dabei ist die Liste der Heiligtümer unendlich lang.

Dieses Kapitel halte ich für mit Abstand das schlechteste, weil der Leser den Absolutheitsgedanke aufgezwängt bekommt. So nach dem Mott, „das war’s. Mehr is’ nicht.“
Vor allem Südindien finde ich grob vernachlässigt, was allerdings während des gesamten Buches so gehandhabt wurde und wohl darin begründet liegt, dass der Autor sich ein Jahr lang in Nordindien aufhielt.

[ Der moderne Hinduismus ]

beschreibt ein paar Gegebenheiten, Persönlichkeiten und dergleichen, die die heutige Auffassung vom Hinduismus maßgeblich beeinflusst haben.
Darunter auch Sri Aurobindo, dessen zwielichtige Bekanntschaft ich in Pondicherry ebenfalls machte.

[ Das Leben im Hinduismus ]

- ein für mich sträflichst vernachlässigtes Kapitel. Die wenigsten Leser werden aus diesem Kapitel etwas Neues erfahren. Dabei halte ich die meisten Sachen auch für dermaßen vereinfacht, dass sie schon fast falsch erscheinen.

Ich habe weiß Gott nicht viel Ahnung vom Hinduismus, aber ich habe Augen im Kopf, und was ich in einem halben Jahr Indien gesehen habe (und selbst das war nur ein schmerzlich kleiner Ausschnitt aus dem Leben auf dem Subkontinent) übersteigt das Dargebotene im letzten Kapitel nun wirklich bei Weitem.

Selbstverfreilich könnte man jetzt sagen, dass ja nicht jeder in Indien gewesen war, aber es gibt Dinge, die weiß man einfach. Und 90% des letzten Kapitels gehören meiner Meinung nach einfach dazu. Da gibt es keinen neuen Einblick oder etwas ungeahntes... Wie gesagt: ein enttäuschendes Kapitel.

[ Fazit ]

Wie gesagt, Nosianai hat sich durch alle neun Abschnitte gearbeitet. Manchmal war das mehr ein Kampf, ein andermal wieder lies sich alles sehr einfach lesen. In dieser Hinsicht hat der Umschlagtext natürlich recht: „Eine Einführung in die Welt des Hinduismus, so übersichltich wie ein Lexikon, so unterhaltsam wie ein Roman, so anschaulich wie ein Bilderbuch.“
Am Ende bin ich ein bisschen schlauer, aber es ist eben doch nur eine Einführung gewesen.

Für ein kurzes Schulreferat oder das brennende Interesse zwischendurch kann man das Buch nur empfehlen.
Wer sich allerdings näher mit der Thematik beschäftigen will, der betrachtet das Buch als eine angenehme Vorspeise und sucht weiter im Bücherdschungel. Denn auch wenn sich das Teil "Schnellkurs" nennt: Ein bisschen mehr Tiefgang, dafür weniger Themen, hätte dem Machwerk kaum geschadet.

Gesagt. Getan. Und so macht sich Nosianai wieder auf in die Bücherei und durchforstet auch die letzten Winkel. Vielleicht gibt’s bald wieder einen ähnlichen Buchbericht. Wer weiß.

17 Bewertungen, 6 Kommentare

  • Schlingel62

    28.06.2002, 14:04 Uhr von Schlingel62
    Bewertung: sehr hilfreich

    find ich toll, dass Du Dich mit dem Thema befasst. Was TAJ MAHAL betrifft, ist es so, es ist an einem Wochentag, glaub ich nur für Hindis zugänlgich und kostet dann keinen Eintritt. Gruss Günter

  • Andreas68

    11.06.2002, 00:13 Uhr von Andreas68
    Bewertung: sehr hilfreich

    Das mit den DuMont-Taschenbüchern wusste ich gar nicht. Danke für den Tipp, so kann ich nach relativ kurzem Lesen noch mehr Bildung vortäuschen ;-)

  • anonym

    19.04.2002, 21:01 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    auch ein klasse Bericht

  • ralf0816

    17.04.2002, 04:00 Uhr von ralf0816
    Bewertung: sehr hilfreich

    der alte MARX sagt: Opium für´s Volk. Erschlägt man auch mal gerne seinen Mitmenschen. Sollte jede/jeder für sich aus machen. Das mit Gott, und so.

  • guardien

    17.04.2002, 00:25 Uhr von guardien
    Bewertung: sehr hilfreich

    präventiert... schön;)

  • botanik

    27.03.2002, 18:15 Uhr von botanik
    Bewertung: sehr hilfreich

    Finde ich sehr lesenswert !