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Erfahrungsbericht von hawker

Nachtflug von Antoine de Saint-Exupéry

Pro:

Spanndende Gedankengänge, Einblick in das Pilotenleben, schnell zu lesen

Kontra:

relative wenig aktive Handlung

Empfehlung:

Ja

Nachtflug

Ein Buch, das man einfach gelesen haben muss. Ich habe mich zuerst an der Französischen Ausgabe versucht, habe dann aber zum besseren Verständnis auch noch zur Deutschen Fassung gegriffen.
Um es vorweg zu nehmen, wer viel Handlung erwartet wird bei diesem Buch wahrscheinlich nicht glücklich. Es ist ein Buch in dem Gedanken und Weltansichten eine sehr grosse Rolle spielen.

Kurze Zusammenfassung

Ich möchte ihnen nun einen wirklich kurzen Überblick über das Buch geben.
Die Hauptperson mit dem Namen Rivière besitzt in Südamerika ein Postflugunternehmen in Buenos Aires Argentinien mit dem Namen Aeroposta Argentina. Man kann ihn als den Erfinder von kommerziellen Nachtflügen bezeichnen. Lange Zeit musste er um deren Einführung kämpfen, musste die Argumente der Gegner, wie, es ist zu gefährlich, oder das rentiert nie, zerstreuen, bis er es endlich geschafft hatte. Aber so war Aeroposta fähig die Post viel schneller als Schiffe, Züge und andere Flugzeuge zu transportieren, was Rivière zu grossem Erfolg verholfen hatte. Jeden Tag fliegen Flugzeuge von anderen Südamerikanischen Ländern nach Argentinien und von dort aus startet der Kurier nach Europa. Die zweite wichtige Person in diesem Buch, der Pilot Fabien, startet wie immer zu seinem Postflug. Diesmal sollte aber alles anders werden. Er und sein Bordfunker geraten in ein schweres Unwetter, welches es ihnen verunmöglicht irgend einen Flugplatz anzufliegen. Also irren sie in der Nacht herum bis, ihnen der Sprit ausgeht und zerschellen irgendwo in der Dunkelheit. Rivière denkt aber nicht daran, die Nachtflüge jetzt einzustellen. Er lässt das Leben in der Firma weitergehen als wäre nichts geschehen.

Charaktere

Für mich ist immer wichtig, was für Personen in einem Buch mitspielen. Deshalb habe ich für die wichtigen Personen ein Kurzportrait gemacht.

Rivière, wie bereits erwähnt, ist der Chef der Firma Aeroposta Argentina. Mit seiner Kommerzialisierung des Nachtfluges ist er zu grossem Erfolg gekommen. Für diesen Erfolg musste er aber hart arbeiten und kämpfen. Daher ist es verständlich, dass er nicht will, dass ihm jemand oder etwas sein Lebenswerk zerstört. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum er so streng zu seinen Angestellten ist und sie wegen jedem kleinen Fehler bestraft oder gar feuert. Aber in seinen Augen kommen die Bestrafungen allen zu gute, denn wer Fehler macht, stellt eine Gefahr für alle dar. Mit seinen Exempeln versucht er die Produktivität und Qualität der Arbeit seiner Angestellten zu steigern.
Man ist sich nicht ganz sicher ob für ihn der berufliche Erfolg mehr zählt als ein Menschenleben, aber darüber spielt sich in seinen Gedanken ein wahrer Kampf ab.
Er ist ein sehr ehrgeiziger Mensch. Aber Dank seinem Ehrgeiz ist er ein reicher Mann geworden und hat etwas erreicht in seinem Leben.
Rivière ist eine Führungspersönlichkeit.
Wie er aussieht weiss man nicht richtig. Man weiss nur, dass er 50 Jahre alt ist, graue Haare hat, und immer einen Mantel und Hut trägt. Eigentlich ist er auf eine Silhouette reduziert.

Robineau ist einer seiner Inspektoren welche die Angestellten bestrafen müssen, welche einen Fehler gemacht haben. Aber er ist nicht glücklich mit seinem Leben. Seine Frau lebt einige Tausend Kilometer weg von ihm und die Beziehung durchlebt gerade eine Krise. Wegen seiner Einsamkeit versucht er in der Firma Freunde zu suchen. Dies glückt ihm aber nicht, weil Rivière es ihm untersagt hat, freundschaftliche Beziehungen mit Angestellten einzugehen, weil er Autorität behalten muss.
Er mag es nicht die Leute zu bestrafen, die er eigentlich mag und er denkt auch manchmal, dass die Bestrafungen ungerecht und übertrieben sind. Trotzdem führt er immer alle Befehle aus, die er von Rivière erhält.
Robineau hat eine Vorliebe für Geologie, deshalb trägt er immer einen kleinen Beutel mit Sand bei sich.

Der Pilot Fabien ist ein Kurier bei Aeroposta. Er ist ein echter Pilot. Die erste Frage die er stellt, wenn er aufsteht ist: Was haben wir für Wetter? Aus welcher Richtung weht der Wind? Was für Zeit ist es? Welche Route nehme ich? Sein Beruf ist für ihn sein Leben und es muss immer alles korrekt sein. Wenn ihn seine Pilotenstiefel drücken, will er andere und er will immer seine Notfalllampe bei sich haben. Fabien ist ein ehrlicher Mann, der sich auch nicht schämt zuzugeben, dass er beim letzten Flug wirklich Angst gehabt hat, weil der Motor gestottert hat, obwohl er auch nicht stolz ist auf seine Angst. Allerdings hat er nicht den Mut seinem Chef zu widersprechen.
Die Funker mag er nicht besonders, weil diese schon ab der kleinsten Sache eine Heidenangst haben.
Auch in den auswegslosen Situationen behält er einen kühlen Kopf und verzweifelt nicht, auch Schmerz ist ihm ein Fremdwort.

Simone Fabien ist die Frau von Fabien. Die Beiden waren für 6 Wochen verheiratet. Simone liebt ihren Mann wirklich, sie bewundert ihn sogar. Für sie ist er wie ein Held in einer Rüstung, mit seinem grossen Körper, seinen schweren Stiefeln, seiner Pilotenjacke. Sie ist sich aber durchaus bewusst, dass Fabien ein gefährliches Leben führt. Jedes Mal, wenn Fabien einen Flug hat, ist es für sie als würde er ihn den Krieg ziehen.
Von Zeit zu Zeit ist sie ein bisschen Eifersüchtig, weil ihr Mann manchmal sehr lange weg ist.
Wie jede Frau hat Simone so etwas wie einen sechsten Sinn, obwohl Rivière ihr nie genau sagt, was Fabien zugestossen ist, weiss sie ganz genau was mit ihm passiert ist.
Sie ist nicht der Typ von Frau welche ihre Gefühle an die grosse Glocke hält, sie frisst alles in sich hinein.

Es gibt auch noch andere Charaktere in diesem Buch, wie z. B Pellerin, auch ein Pilot, Roblet, ein Angestellter und noch einige andere.


Was möchte uns das Buch sagen?

Das Buch ist eine Geschichte über Sinnfindung, Sinnfindung für das Leben, für die Firma, für die Piloten usw.
Mit Rivière möchte uns Saint-Exupéry eine Person zeigen welche Opfer bringt, welche etwas riskiert und etwas neues ausprobiert, um in seinem Leben etwas zu erreichen.
Aber man sieht auch sehr schön, dass Geld nicht alles ist. Nehmen wir zum Beispiel den Piloten Fabien. Auch er hat Erfolg, vielleicht nicht soviel wie Rivière, aber dafür ist er viel glücklicher. Er hat eine Frau welche ihn liebt und einen Job welcher ihm gefällt und ein Haus. Rivière dagegen hat keine richtigen Freunde, keine Frau und kaum Freizeit.
Also, man kann sein Glück auch ohne Geld finden! Saint-Exupéry sagt aber nicht, dass alles falsch ist, was Rivière macht, schliesslich hat Rivière mehrfach sehr ehrenhafte Gedanken während der Geschichte.
Saint-Exupéry möchte uns sagen, das der Mensch sein Glück nicht in der Freiheit findet, sondern in der Verwirklichung in seinem Beruf. Auch wenn der Mensch stirbt, so bleibt der Nachwelt sein Lebenswerk erhalten. Rivière möchte mit seinem Lebenswerk etwas erreichen, was der Nachwelt etwas nützt.
Sehr schön wird auch gezeigt, wie das Leben eines Piloten im Jahre 1931 ausgesehen hat. Damals wurden Piloten noch viel mehr respektiert als heute. Pilot zu sein bedeutete Spass haben, Gefahren auf sich zu nehmen, aber auch Opfer bringen.
Das Thema des Heldentums wird auch angesprochen. So werden z.b die Piloten als Helden dargestellt. Wenn die Piloten von einem Flug heimkehren, feiert der ganze Flugplatz ein Fest. Alle bewundern sie wie sie mit diesem gefährlichen Beruf umgehen. Sogar Rivière sagt einmal: „Ein Nachtflug ist jedes Mal eine Chance zu sterben.“ Man könnte auch in ihm eine Art Helden sehen, weil so viel Erfolg gehabt hat.
Die Einsamkeit spielt auch eine wichtige Rolle in diesem Buch. Fast alle die für Aeroposta arbeiten sind einsam. Rivière hat keine Frau, seine Angestellten haben keine Zeit für die Liebe, Robineau lebt getrennt von seiner Frau und Fabien ist oft weg von zu Hause. Die Piloten und Funker sitzen stundenlang alleine in ihren fliegenden Kisten.
Als letztes grosses Thema empfinde ich die Nacht. Das Buch heisst Nachtflug und fast die ganze Geschichte spielt sich in einer nächtlichen Atmosphäre ab. Nie wird etwas von Sonne gesagt. Für mich ist Nacht gleichzusetzen mit Traurigkeit und Sonne mit Licht, also ist dies ein Buch von Traurigkeit. Aber das Licht wird Mehrfach als Hoffnungsträger dargestellt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es 6 grosse Aspekte in diesem Buch gibt: Opfer bringen, Ehrgeiz, Berufliche Verwirklichung, die Einsamkeit, das Heldentum und die Nacht.

Meine persönliche Einschätzung zum Buch

Im Allgemeinen ist das Buch einfach zu lesen, ohne grössere Verständnisprobleme. Nur manchmal muss man sich schon konzentrieren, vor allem wenn Rivière einen seiner philosophischen Gedankenflügen hat. Man merkt sehr gut wie der Autor, der selber auch Pilot war, seine Erfahrung in dieses Buch hat einfliessen lassen. Z.T ist das Buch wie eine Autobiographie.
Mir hat das Buch auf jeden Fall gefallen, besonders weil ich mich als Hobbypilot mit den Piloten im Buch idendifizieren konnte

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