Mein Poesiealbum Testbericht

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Erfahrungsbericht von Starki

Bertolt Brecht - Schlechte Zeit für Lyrik

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Ich weiß doch: nur der Glückliche
Ist beliebt. Seine Stimme
Hört man gern. Sein Gesicht ist schön.

Der verkrüppelte Baum im Hof
Zeigt auf den schlechten Boden, aber
Die Vorübergehenden schimpfen ihn einen Krüppel
Doch mit Recht.

Die grünen Boote und die lustigen Segel des Sundes
Sehe ich nicht. Von allem

Sehe ich nur der Fischer rissiges Garnnetz.
Warum rede ich nur davon
Daß die vierzigjährige Häuslerin gekrümmt geht?
Die Brüste der Mädchen
Sind warm wie ehedem.

In meinem Lied ein Reim
Käme mir fast vor wie Übermut.

In mir streiten sich
Die Begeisterung über den blühenden Apfelbaum
Und das Entsetzen über die Reden des Anstreichers.
Aber nur das zweite
Drängt mich, zum Schreibtisch.



Interpretation:
***************


In dem Gedicht "Schlechte Zeit für Lyrik" von B. Brecht, das in der Zeit um den 2. Weltkrieg geschrieben wurde, stellt das lyrische Ich die schönen und hässlichen Sachen abwechselnd gegenüber.
Am Ende wird klar, dass Hitler für das Schlechte steht und, dass dieses das lyrische Ich mehr zum Schreiben bewegt als das Schöne.

Das Gedicht ist aus sechs Strophen aufgebaut. Die erste hat drei Verse, die zweite vier, die dritte und fünfte jeweils zwei und die vierte und sechste Strophe haben jeweils fünf Verse. Die erste Strophe besagt, dass "nur der Glückliche beliebt ist". In der zweiten Strophe geht es um einen verkrüppelten Baum, der auf schlechtem Boden nicht gedeihen kann. Doch die Leute beschimpfen ihn trotzdem.
Das lyrische Ich sagt mit der dritten Strophe, dass es die Boote mit ihren Segeln nicht sieht. Die Strophe endet mit einem Zeilensprung und der Satz wird in der vierten Strophe weitergeführt. Diese Strophe erzählt von Fischernetzten, einer gekrümmten Faru und von immer noch warmen Brüsten der Mädchen. In der fünften Strophe heißt es, dass Reime für dieses Gedicht unpassend sind, da sie es fröhlicher erscheinen lassen würden, was allerdings den Gehalt des Gedichtes schlecht unterstreichen würde. In der sechsten Strophe sagt das lyrische Ich, dass es hin- und hergerissen ist zwiaschen der Schönheit des blügenden Baumes und dem Schaden, den Hitler durch seine Reden und sein Handeln verbreitet. Doch nur das Schlechte bewegt ihn zum Schreiben.
Die erste und dritte Strophe befassen sich mit eher positiven Sachen. Die zweite und vierte mit negativen. Somit ist das Gedicht antithetisch aufgebaut. Allerdings mündet es in eine Summation ind er sechsten Strophe, da beide Seiten noch einmal auf einer höheren Ebene zusammengefasst werden.
Auch der Grund für das Schreiben dieses Gedichtes wird genannt, wie bereits erwähnt.

Das gesamte Gedicht ist reimlos, das wie im Gedicht erwähnt dazu beiträgt, dass es sachlich und nicht fröhlich bzw. übermütig wirkt.
Weiterhin gibt es in jeder Strophe Enjambements (Zeilensprünge). Strophe 3 und 4 sind dadurch getrennt. Es gibt eine rethorische Frage in Strophe 4. Diese wird vom lyrischen Ich nicht mehr beantwortet.

Ich denke, die Interpretationhypothese könnte besagen, dass die Zeit um den Krieg keine gute Zeit ist um Gedichte zu schreiben, was ja auch im Titel wiedergegeben wird. Die Menschen sind trist und grau, sie schönen Sachen sind vergänglich und scheinen neben den üblen Machenschaften Hitlers und deren Folgen als unscheinbar und nebensächlich.
Selbst als B. Brecht die wahl hat, über etwas Schönes, Unverdorbenes schreiben zu können, erscheint es ihm dringender, das Schlechte zu umschreiben.
Man kann an dem Gedicht sehen, dass das Schlechte eindeutig überwiegt, das diese Strophen länger sind als jene, in denen es um Schönheit geht.
B. Brecht schreibt von Booten, die er zwar in gewisser Weise sieht und mit dem Auge erblickt, aber doch nicht wahrnimmt. Er sieht nur dei zerrissenen Netze der Fischer.
Auch die Unregelmäßigkeit der Bauform hat meiner Meinung nach einen großen Einfluss auf die Stimmung im Gedicht, Dadurch wird der Verfall und das übel stärker hervorgehoben.

Ich finde, das Gedicht wirkt beim ersten Lesen noch etwas konfus, doch die letzten beiden Strophen bringen Klarheit. Auch die Stimmung, die durch das Gedicht ausgedrückt wird, kommt meiner Meinung nach recht gut hervor.

Ich würde nicht sagen, dass dieses Gedicht eines von denen ist, die mir besonders am Herzen liegen oder mich besonders berührt haben, aber es gefällt mir.

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