Michael Schumacher Testbericht

Michael-schumacher
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Erfahrungsbericht von suppengirl

Der Sonnenkönig

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

"Formule 1 c´est moi." Dieses leicht abgewandelte Zitat des absolutistischen französischen Königs Ludwig XIV. könnte ich mir aus dem Mund des amtierenden F1-Weltmeisters Michael Schumacher sehr gut vorstellen. Denn - ob man ihn nun mag oder nicht - jeder, der den F1-Zirkus regelmäßig und konsequent verfolgt, wird zugeben, dass Herr Schumacher in diesem Sport eine Sonderstellung nicht nur ein-, sondern für sich auch in Anspruch nimmt.

Ich gehöre zu den Menschen, die Herrn Schumacher nicht mögen. Und zwar weder in menschlicher, noch in - meiner Meinung nach damit eng verbundener - sportlicher Hinsicht. Nicht, dass man mich schon an dieser Stelle missversteht: Er ist zweifelsohne ein guter, ja ein sehr guter Fahrer. Nicht nur das! Er versteht es, ein Auto nicht nur zu steuern, sondern auch an seiner Entwicklung maßgeblich mitzuwirken. Und er schafft es, sein Umfeld für seine Dienste derart einzuspannen und wohl auch zu motivieren, dass selbst das für seine Schlampereien und sein Phlegma bekannte Ferrari-Team es mit ihm nach über 20 Jahren endlich wieder zu einem Fahrer-WM-Titel gebracht hat. Und das schaffte noch nicht einmal "Professor" Alain Prost (der hat es allerdings auch nur zwei Jahre lang versucht, bevor er vollkommen entnervt aufgab!).

Das alles erkenne ich in einem gewissen Maße an. Trotzdem ist meine Aversion gegen die Person Michael Schumacher in den letzten Jahren bis ins Unermessliche gewachsen. Ich werde mein Möglichstes tun, mich hier nicht in bodenlose Hasstiraden zu versteigen (obwohl das immer wieder verführerisch ist, hähä, aber da ich - wenn die Saison wieder beginnt - mit meiner Schwester sicherlich wieder unsere Tradition der allwöchentlichen Schumi-Hass- und Läster-Runde aufleben lasse, kann ich mich notfalls noch ein wenig zurück halten). Statt dessen möchte ich einige Ereignisse und Vorkommnisse, die mir aus dem Verlauf seiner Karriere gut im Gedächtnis geblieben sind, aufführen und beschreiben. Aufgrund meiner persönlichen Einstellung werde ich dabei sicher nicht immer ganz objektiv bleiben - was ich eigentlich auch gar nicht will, schließlich geht es hier um MEINE Meinung zu Michael Schumacher. Ich versichere euch aber: Die Ereignisse haben wirklich so statt gefunden Nichts davon habe ich mir aus den Fingern gesaugt. Aber Raum für individuelle Interpretationen sei mir - auch von Schumi-Fans - gestattet.

Noch kurz etwas zu meiner Person: Ich interessiere mich seit meinem 11. Lebensjahr (das war 1983; rechnet jetzt bitte nicht mein Alter nach!) für Motorsport, im Speziellen für die Formel 1. Seit damals habe ich pro Saison im Schnitt vielleicht drei Rennen nicht live im Fernsehen verfolgt. Ich scheute keine Unbequemlichkeiten, stand auch regelmäßig mitten in der Nacht auf, um Rennen in Australien oder Asien live zu sehen, denn eine Aufzeichnung ist einfach nicht das Gleiche. Außerdem war ich drei Mal live vor Ort (etwas, das ich mir heute nicht mehr wirklich leisten kann, was sicher auch mit der Popularität Michael Schumachers und der daraus resultierenden Preisexplosion für Eintrittskarten an Rennorten, die für mich einigermaßen gut und günstig zu erreichen sind, zusammen hängt; aber das kann und will ich ihm dann doch nicht zum Vorwurf machen.). Ich war und bin ein Vollblut-Formel1-Fan. Und es war und ist mir im Grunde vollkommen egal, ob da nun ein Deutscher mitfährt oder nicht. In den Jahren zwischen 1983 und 1990 war es schon eine Sensation, wenn sich ein deutscher Fahrer in den Punkten platzierte. Ja, es gab tatsächlich Jahre ganz ohne deutsche Beteiligung. Klar freute ich mich über gute Platzierungen von Stefan Bellof (und war unsagbar traurig über seinen Renntod 1985). Aber nicht, weil er ein Deutscher war, sondern weil er wahnsinnig sympathisch und ungeheuer talentiert war.

Trotzdem habe ich mich aus einem Grund gefreut, als sich da jemand aus deutschen Landen zeigte, der erfolgsversprechender unterwegs war als seine nationalen Vorgänger. Und das obwohl ich schon zu diesem Zeitpunkt -also bevor Michael Schumacher in die Formel 1 kam - eine Abneigung gegen ihn hatte (dazu später mehr). Wie bereits erwähnt: Mir persönlich ist es im Grunde egal, wo die Fahrer herkommen. Ich habe für mich noch immer einen Fahrer gefunden, auf den ich meine Sympathien abladen konnte, ob das nun Alain Prost, Alessandro Nannini oder Jean Alesi waren. Aber den anderen sportinteressierten Menschen in Deutschland war es wohl nicht egal. Und das war auch der Grund für das Stiefkind-Dasein, das die vermeintliche Randgruppensportart Formel 1 jahre- oder gar jahrzehntelang in Deutschland führte. Das hatte zur Folge, dass die Berichterstattung in den Medien mehr als dürftig ausgefallen ist. Live-Übertragungen im Fernsehen gab es nur in den seltensten Fällen - meist nur, wenn der GP von Deutschland auf dem Terminplan stand -, regelmäßig übertragen wurde eigentlich erst, als RTL die Rechte dafür einkaufte. Und das war zu einem Zeitpunkt, als schon die Ära Schumacher vor der Tür stand. Ich hatte vorher das Glück, dass ich nahe der österreichischen Grenze wohne. Die Sportbegeisterung der Österreicher scheint nicht so sehr von der Nationalität der Sieganwärter abzuhängen. Jedenfalls wurde und wird im ORF auch nach den Ären Lauda und Berger jedes Rennen live übertragen. Trotzdem bin ich nun - eigentlich! - ganz froh, die Wahl zu haben zwischen schlechtem Empfang - der ORF hat seine Sendeleistung unter dem Druck der deutschen Privatsender empfindlich herunter geschraubt (aber das ist eine andere Geschichte) - und dem auf bloßen Personenkult ausgerichteten eindimensionalen Marathonübertragungen auf RTL.

Aber nun zu meinem ersten bewussten "Kontakt" mit Michael Schumacher. Ich kann leider nicht mit Bestimmtheit sagen, in welchem Jahr es war, ich glaube 1990, kann aber auch schon 1991 gewesen sein. Jedenfalls fuhr der Knabe damals Deutsche Formel 3 Meisterschaft. Im Rahmenprogramm der DTM (glaube ich zumindest ;o) Suppi wird alt... L) fand auf der Avus in Berlin ein Rennen dieser Serie statt. Leider kann ich mich auch nicht mehr erinnern, wer das Rennen angeführt hat, ich vermute, es war Michael Bartels. Dich auf den Fersen waren ihm jedenfalls Ellen Lohr - eine der vielversprechendsten Frauen im Rennzirkus der letzten Jahre (leider versumpfte sie in der DTM) - und Michael Schumacher. Ellen Lohr jagte dem Führenden hinterher, suchte die Chance ihn zu überholen (und hätte sie vielleicht noch gefunden), aber irgendwie kam ihr etwas, oder vielmehr jemand dazwischen. Der drittplatzierte Michael Schumacher meinte wohl er hätte bessere Chancen gegen Bartels und räumte Ellen Lohr kurz entschlossen in einer Kurve zur Seite. Am Führenden kam er übrigens auch nicht vorbei, aber immerhin hatte er durch seine Aktion einen Platz gewonnen. Was solls, Ellen Lohr ist ja auch nur eine Frau, die hätte eh nie eine Chance gehabt in den Formel-Klassen noch weiter nach oben zu kommen (diese Gedanken unterstelle ich hier einfach mal gewissen Leuten).

Was mich betrifft, lieber Herr Schumacher, war diese Aktion das Fatalste Ihrer Karriere. Denn nicht umsonst sagt man, dass der erste Eindruck, den man von einer Person hat, irgendwie immer haften bleibt. Und mein erster Eindruck von Michael Schumacher war derart schlecht, dass ich mir dummerweise auch diesen Namen gleich gut gemerkt habe. Schlechter Einstand.

Trotzdem - wie bereits erwähnt - war Schumachers Einstieg in die Formel 1 auch für mich beeindruckend. Dass er sein allererstes Rennen in der Königsklasse hätte gewinnen können (bei einem der kuriosesten Rennen der letzten Jahre - der GP von Belgien in Spa 1991 - wäre manch Sensation möglich gewesen), wenn er nicht schon kurz nach dem Start wegen eines technischen Defekts liegen geblieben wäre, fand ich zu diesem Zeitpunkt zumindest amüsant. Nach nur einem Rennen für Jordan wechselte er zu Benetton, damals durchaus ein Gewinnerteam (Nelson Piquet gewann im Vorjahr damit immerhin zwei Rennen). Und so dauerte es auch nur ein Jahr, bis Schumi seinen ersten, ein weiteres bis er seinen zweiten Sieg einfahren konnte. Noch immer beobachtete ich diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Zum Einen war ich beeindruckt davon, wie dieser junge Fahrer mehr und mehr Fuß fasste, zum Anderen wuchs bei mir immer mehr die Antipathie gegen die Person Michael Schumacher, die ich damals noch nicht wirklich begründen konnte. Aber so ist es manchmal einfach: Es gibt Leute, die mag man nicht, einfach aus dem Bauch heraus.

Mittlerweile kann ich diverse Gründe dafür aufzählen, denn Herr Schumacher hat in seiner Karriere mehr als einmal sein wahres Gesicht gezeigt. Leider verschließen viele Leute in ihrem grenzenlosen Enthusiasmus davor die Augen und vergessen unglaublich schnell alles, was am Image ihrer Ikone kratzen könnte.

Erinnern wir uns also: Die Unglückssaison 1994 stand nach dem Tode von Ayrton Senna ganz im Zeichen des jungen Deutschen. Nach Hochs und Tiefs stand im letzten Rennen - dem GP von Australien - die Entscheidung an. Michael Schumacher führte in der WM einen Punkt vor Damon Hill. Das bedeutete Folgendes: Würde Hill vor Schumacher ins Ziel kommen, wäre der Brite Weltmeister; bei umgekehrter Reihenfolge oder bei einem Ausfall beider Kontrahenten hätte Schumacher den Titel in der Tasche. Der Deutsche ging im Rennen in Führung, doch schnell zeigte sich, dass der zweitplatzierte Hill schneller war als er. Eine Verfolgungsjagd begann und es war nur eine Frage der Zeit bis Hill an Schumacher vorbei ziehen würde. Doch dann zeigte der angeblich so nervenstarke Schumi Nerven: am Ende einer Kurve eckte er an der Bande an, wobei er sich mindestens einen Reifen und die Radaufhängung kaputt machte. Nun ging alles schnell. Hill sah seine Chance gekommen und wollte sofort an Schumacher vorbei gehen. Doch die beiden kollidierten bei dessen Versuch, Hill am Überholen zu hindern, und zwar so heftig, dass auch der Williams des Briten so sehr beschädigt wurde, dass er das Rennen nicht fortsetzen konnte. Schumacher war Weltmeister.

Ein normaler Unfall? Bloß der Versuch Schumachers Hill hinter sich zu lassen? Mag jeder interpretieren wie er will. Für mich jedoch handelte es sich um bloße Berechnung. Michael Schumacher kennt sein Auto in- und auswendig. Ich bin mir sicher, dass er im Moment des Aufpralls wusste, dass sein Benetton so sehr beschädigt war, dass an die Beendigung des Rennens nicht mehr zu denken war. Damon Hill ebenfalls aus dem Rennen zu befördern war seine einzige Chance, das Titelrennen trotzdem noch für sich zu entscheiden. Und die hat er genutzt, aber gründlich.

Wir überspringen drei Jahre (was nicht heißt, dass er sich über einen so langen Zeitraum tadellos verhalten hat; aber ich will ja nicht jedes Detail heraus kramen; nicht dass es heißt, ich sei kleinlich!): Die Saison 1997 war das erste Jahr, in dem Michael Schumacher und das Ferrari-Team wieder nach dem Titel griffen. Das letzte Rennen bot eine ähnliche Ausgangsposition wie das des Jahres 1994. Diesmal war der Kanadier Jacques Villeneuve sein direkter Konkurrent, der nur einen Punkt weniger auf den Konto hatte als er. Auch diesmal: GingE Michael Schumacher vor Villeneuve über die Ziellinie, wäre er Weltmeister. Würde dieser aber vor ihm durchs Ziel gehen (vorausgesetzt, dass er mindestens den sechsten Platz belegte), dann wäre es Essig mit dem Titel. Bei einem Ausfall der Beiden, wäre ebenfalls Schumacher der Glückliche (kommt uns doch irgendwie bekannt vor, oder?).

Auch diesmal ging Schumacher zunächste in Führung. Auch diesmal zeigte sich aber bald, dass Jacques Villeneuve der Schnellere der Beiden war. Es war nur eine Frage der Zeit bis er ihn überholen würde. Schließlich war es soweit, Jacques Villeneuve setze vor einer Rechtskurve zum Überholen an und versuchte Schumacher auf der Innenlinie auszubremsen. Dieser schien mit dem Angriff nicht gerechnet zu haben, denn er lenkte in die Kurve ein, als wäre nichts gewesen (zumindest schien das so) - und kollidierte mit dem Kanadier. Doch diesmal - der kleine Unterschied zu 1994 - war das Glück nicht auf seiner Seite. Schumachers Auto war in einem Ausmaß beschädigt, dass er das Rennen aufgeben musste. Auch Villeneuves Williams war merklich angeschlagen - nacheinander ließ der die beiden McLaren ohne große Gegenwehr passieren -, doch schließlich schleppte er sich auf dem dritten Platz in Ziel - und war Weltmeister!

Was nun folgte, überraschte mich doch sehr: In den Medien - auch in den deutschen und den italienischen - wurde das Verhalten von Michael Schumacher gerügt. Die offensichtlich mit voller Absicht ausgeführte Aktion schien endlich einen Kratzer in das Mister-Saubermann-Image des Kerpeners gerissen zu haben. Einen tiefen Kratzer sogar, denn die Schelte waren zum Teil nicht ohne. Endlich, ja endlich - so dachte ich damals - sind den Leuten die Augen aufgegangen. Ein Übriges dazu taten die peinlichen Versuche sich herauszureden des Herrn Schumacher: Da hieß es einmal, Villeneuve sei als er das letzte Mal in den Rückspiegel geblickt habe, noch so weit weg gewesen, dass er nie und nimmer mit einem Angriff gerechnet hätte (wobei er offen ließ, wann und wo er denn das letzte Mal in den Spiegel gesehen hatte... im Rennen davor vielleicht??? Aber ich wollte ja nicht unsachlich werden, tschuldigung). Später behauptete er sogar, dass Jacques Villeneuve mit dieser Geschwindigkeit und auf dieser Linie niemals durch die Kurve gekommen wäre, wenn er (Schumacher) ihn nicht abgebremst hätte. Häh??? Was soll das denn dann bitte für eine selbstlose Aktion gewesen sein?

Auch die FIA blieb diesmal nicht untätig. Wegen unfairen Verhaltens wurde Michael Schumacher der Vize-WM-Titel 1997 aberkannt. Eine nicht besonders wirkungsvolle Strafe, denn ich glaube nicht, dass er sich um den Vize-Titel irgendeiner Art besonders viel schert. Auch die andere Strafe - wohl die, die ihm viel mehr weh tat - schien nur zeitlich beschränkt zu sein: Die Verachtung der Medien und die Zweifel der Fans (sofern sie je wirklich welche zuließen!). Denn alles war bis zur nächsten Saison vergessen und vergeben. Nicht nur Gras, nein ein ganzer Urwald war über die Sache gewachsen. Das Ganze war wohl als zwar unsportliche aber doch menschliche Reaktion gewertet worden. Ein Reflex, den fast jeder Mensch in einer Situation, die eine Entscheidung in Sekundenbruchteilen fordert, nicht verhindern hätte können. Michael Schumacher lenkte in die Kurve ein und als er Jacques Villeneuve sah, überkam es ihn: Statt zurückzulenken zog er weiter nach innen und rammte den Kanadier.

Und ich sage euch: Es war KEIN Reflex. Es war wohl überlegt. Bevor ihr mir vorwerft unsachlich zu sein, bevor ihr meinen Bericht schlecht bewertet, weil ihr mir nicht glaube WOLLT: Holt euch eine Videoaufzeichnung des Unfalls und schaut einmal ganz genau hin. Beobachtet genau das Lenkrad des Ferrari!

Der genaue Unfallhergang: Villeneuve setzt zum Überholen an, befindet sich bereits neben Schumacher. Dieser beginnt in die Kurve einzulenken. Er sieht Villeneuve neben sich (und jetzt kommt der Reflex!) und lenkt zurück! Aber kurz darauf (nicht so kurz allerdings, dass man das noch immer als Reflex einstufen könnte), lenkt er erneut voll nach rechts, wohlwissend, dass er damit 100%ig den Williams treffen würde.

Wir wechseln ins Jahr 1998, Grand Prix von Kanada in Montreal. Michael Schumacher kommt zum Boxenstopp herein, alles läuft normal. Als er wieder auf die Strecke fährt, kommt von hinten mit Höchstgeschwindigkeit Heinz-Harald Frentzen die Gerade entlang. Michael "ich habe Vorfahrt" Schumacher sieht ihn nicht und macht ihm "die Tür zu" (in einem Moment, in dem der Geschwindigkeitsüberschuss von Frentzen sicherlich mehr als 100km/h betrug). Frentzen hat nur eine Möglichkeit um einen kapitalen Crash zu verhindern: Er weicht auf den Rasen aus, fliegt ab und knallt in die Leitplanken. Glück für ihn, dass ihm nicht mehr passiert ist. Herr Schumacher hat den Vorfall kaum mitbekommen, Heinz-Harald Frentzen ist danach natürlich etwas ungehalten - ziemlich ungehalten sogar, denn ansonsten ist es nicht seine Art Rennfahrerkollegen verbal anzugreifen, was er sich diesmal aber nicht verkneifen kann.

Nun gut, so etwas kann passieren und passiert leider auch recht häufig. Die Formel 1 ist ein wahnsinnig schneller Sport. Entscheidungen müssen in Sekundenbruchteilen getroffen werden, und das macht die Rennen leider nicht nur spannend, sondern eben auch gefährlich. Und es kann nun mal auch passieren, dass man eine Situation falsch einschätzt oder dass man einen anderen Wagen übersieht. Hier will ich Michael Schumacher auch keine Absicht unterstellen, denn ansonsten hätte diese Aktion an einen Selbstmordversuch gegrenzt. Wohl aber unterstelle ich ihm, dass er es weniger als Andere für nötig hält Rücksicht zu nehmen. Er konzentriert sich auf sein Rennen, auf seinen möglichen Erfolg, Und wenn ihm jemand in die Quere kommt, dann muss dieser Jemand mit allem rechnen.

Auch das will ich ihm gar nicht wirklich vorwerfen, da dieser Instinkt bei einem Fahrer da sein muss, wenn er es ganz an die Spitze schaffen will. Was ich ihm vorwerfe, ist sein unprofessionelles Verhalten, wenn er einmal einen Fehler gemacht hat. Und in diesem Fall lag der Fehler ganz eindeutig auf seiner Seite. Und dass Heinz-Harald Frentzen nach dem Unfall nicht gerade erfreut war und das auch geäußert hat, ist mehr als verständlich. Darauf angesprochen sagte Michael Schumacher in einem Fernseh-Interview aber nicht etwa: "Ja, es tut mir leid, dass das passiert ist...", nein, statt dessen kamen folgende wirklich sachlichen Worte aus seinem Mund: "Das muss man schon verstehen, dass Heinz-Harald so reagiert, schließlich bin ich mit der Frau verheiratet, mit der er einmal zusammen war."

Als ich das hörte, traute ich meinen Ohren kaum. Es ist ja wohl das Letzte in so einer Situation den privaten Hintergrund heranzuziehen. Halbgott Schumacher hat es nicht nötig sich für irgendetwas zu entschuldigen, nein, statt dessen lässt er sich gar herab nach Entschuldigungen für die aus seiner Sicht anscheinend vollkommen unverständlichen Entgleisungen seines Kollegen zu suchen: Eifersucht.

Übrigens - und das nur ganz am Rande - die Liasion Heinz-Harald und Corinna war lange bevor Michael eine Rolle in ihrem Leben spielte beendet.

Halten wir also fest: Wenn Schumi einen Fehler macht, scheint das in Ordnung zu sein. Kann ja mal passieren. Und bleiben wir in der Saison 1998. Der Grand Prix von Belgien in Spa stand auf dem Kalender. Es schüttete aus Kübeln, Regenkönig Schumacher lag überlegen in Führung als er auf den in aussichtsloser Position liegenden David Coulthard auflief und ihn überrunden wollte. Dieser wollte ihm das Überholen leicht machen und machte kurzzeitig etwas langsamer. Damit hatte der Deutsche - vielleicht von sich auf andere schließend - nicht gerechnet und er fuhr dem Schotten ins Heck. Ein schrecklicher Unfall war die Folge, ein wahres Wunder, dass niemand körperlich zu Schaden kam. Ein Missverständnis würde ich sagen, sicher nicht schwerwiegender als der Vorfall in Kanada. Nur diesmal war Herr Schumacher der Leidtragende. Grund genug für ihn diesmal mit einem anderen Maß zu messen. Wutentbrannt stürmte er zu David Coulthard in die McLaren-Box, konnte nur mit Mühe daran gehindert werden ihn körperlich anzugreifen, und warf ihm vor, dass er versucht hätte ihn umzubringen.

Ich verzichte auf weitere Kommentare hierzu.

Der Überflieger Michael Schumacher ist also nicht aus Gold, auch wenn er oft so glänzt als wäre es so. Lässt man sich nicht blenden, so kommen Charaktereigenschaften zu Tage, die man nicht unbedingt positv bewerten kann. Wie man diesen Mann sympathisch finden kann ist mir ein Rätsel. Mag ja sein, dass die Privatperson Schumacher ganz anders ist, ein harmoniebedürftiger liebender Familienvater. Aber diese Privatperson kenne ich nicht und ich werde nie mit ihr zu tun haben. Ich kenne nur die Person, die mir über die Medien vermittelt wird. Und diese Person mag ich nicht, so einfach ist das.

Und ich möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen. Wie schon erwähnt, erkenne ich durchaus Schumachers fahrerische Qualitäten an. Er ist gut, er ist sehr gut. Aber er ist nicht so überirdisch gut, wie man uns glauben macht. Oh ja, die Statistiken sprechen dafür, dass er der Beste aller Zeiten ist (ohne Zweifel wird er auch Alain Prosts Rekord von 51 Siegen noch brechen). Aber diese Statistiken sagen doch eigentlich nur, dass er der Erfolgreichste ist. Doch blicken wir einmal hinter die Statistik und fragen uns, ob Michael Schumacher jemals längere Durstjahre überstehen musste. Mika Hakkinen beispielsweise war schon viele Jahre in der Formel 1, bevor es ihm endlich vergönnt war, für ein Team zu fahren, mit dem man gewinnen konnte. Seine Karriere begann er im Lotus, zu diesem Zeitpunkt war dieses Traditionsteam schon eines der schlechtesten in der Königsklasse. Schumacher hingegen saß bei seinem ersten Auftritt in einem Jordan, ein Team der oberen Mittelklasse. Schon im nächsten Rennen wechselte er zu Benetton - wie schon erwähnt ein Auto, mit dem damals durchaus Rennen gewonnen werden konnte. Nach erfolgreichen Jahren in diesem Team wechselte er zu Ferrari. Gut, Ferrari hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Wagen, mit dem man serienweise Siege einfahren konnte. Aber Ferrari hatte und hat vor allem eins: Die Unterstützung eines riesigen Konzerns und unzähliger Sponsoren und damit ein riesiges Budget von mehreren Hundertmillionen Dollar pro Saison. Eine Summe von der ein Team wie Jordan oder Arrows nur träumen kann. Und eine Summe, die Material und Mitarbeiter ermöglichen, mit denen es nur eine Frage der Zeit sein KONNTE bis die Mühen von Erfolg gekrönt sein würden.

Aber nicht nur, dass Schumacher immer gutes oder bestes Material zur Verfügung hatte. Nein, er stand auch fast von Anbeginn seiner Karriere im Mittelpunkt des Teams, für das er fuhr. Eindeutigere Nummer 1-Fahrer als ihn gab es selten. Man kann Ferrari verstehen, dass sie - unter Druck von FIAT und ganz Italen - alles daran setzten endlich wieder einen Weltmeister hervorzubringen. Deshalb schien man auch die Maßnahme für unverzichtbar von Anfang an mit Stallregie für nur einen Fahrer zu arbeiten und ihm die optimalen Voraussetzungen zu liefern. Trotzdem ein Fehler, denn eine weitere TATSACHE, die allgemein übersehen wurde, war folgende: Hätte in der Saison 1999 Eddie Irvine nicht schon in einem der ersten Rennen Michael Schumacher passieren lassen müssen, obwohl dessen Auto angeschlagen und langsamer war als das des Iren, dann hätte dieser am Ende der Saison einen Punkt mehr gehabt - und hätte Ferrari schon ein Jahr früher den Weltmeistertitel beschert. Kaum zu glauben, aber wahr.

So, genug an der Ikone gekratzt. Mir ist schon klar, dass ich nicht wirklich objektiv geschrieben habe. Wobei auch die Schumi-Fans zugeben müssen, dass ich mich nur auf Tatsachen stütze. Mir ist schon klar, dass ich die Hardcore-Fans auch damit nicht überzeugen kann. Aber eine Frage will ich euch noch mit auf den Weg geben: Seid ihr Schumi-Fans, weil ihr von der Person so überzeugt seid, oder seid ihr Fans eines Bildes, eines Images, das Erfolg ausstrahlt und das die deutschen Farben vor sich herträgt? Würde Michael Schumacher plötzlich von Alfons Meier übertrumpft, der blonde lange Locken und einen Bierbauch hat und ein Rennen nach dem anderen gewinnen würde: Würdet ihr noch immer Schumi-Fans sein? Denkt mal drüber nach.

16 Bewertungen, 5 Kommentare

  • Knolle5

    05.05.2002, 12:14 Uhr von Knolle5
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich mag den Typ auch nicht.

  • blokk

    04.05.2002, 23:43 Uhr von blokk
    Bewertung: sehr hilfreich

    Du stehst mit deiner kritischen Meinung zu Schumacher nicht allein

  • LinkinPark

    21.04.2002, 17:19 Uhr von LinkinPark
    Bewertung: sehr hilfreich

    wie lange hast du dafür gebraucht?so viel schreiben das ist ja fast unnormal!Aber klasse Bericht MFG Linkin Park

  • PrinceofLies

    11.04.2002, 23:05 Uhr von PrinceofLies
    Bewertung: sehr hilfreich

    Zunächst einmal Kompliment für die herausragende Recherche!Unglaublich wieviele Details du zusammengetragen hast (auch wenn sie mir bekannt waren und noch ein paar mehr ist es eine Riesenmenge,die man erstmal in den jeweiligen Zeitrahmen bringen

  • DrKnickely

    11.04.2002, 22:56 Uhr von DrKnickely
    Bewertung: sehr hilfreich

    respekt, ist echt ausfürhlich der bericht!