Musik Allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von ewka78

The time when the music died

Pro:

Musik selbst

Kontra:

Die Entwicklung der letzten Jahre

Empfehlung:

Nein

Neulich erst in der c\'t (19/2002) las ich einen Leserbrief, der mal wieder dies auslöste, dass ich mir Gedanken um die Musik machte. Dieser war das Feedback auf einen Artikel in der vorher gehenden Ausgabe in der es um legale Musikangebote im Internet ging und um die Aussage von Jörg Hellwig, Geschäftsführer von Edel Music, der 99 Cent für ein Stück, was man sich runterladen kann, für einen fairen Preis hält. Ich möchte ihn in seiner ganzen Form wiedergeben:
\'Viele Branchen wären froh, wenn ihre Umsätze nur um 26% rückläufig wären. Dann auch noch 99 Cent für einen guten Preis zu halten, macht wirklich nachdenklich. Vielleicht sollte Herr Hellwig mal die Qualität seiner Produkte hinterfragen. Bei den meisten Produktionen der 80er Jahre war \'Super Cherry Picking\' nicht nötig. Da war man schon sauer, wenn einem zwei Titel nicht gefielen. Heute muss man über das Gegenteil froh sein. Das Casten von ein paar Teenies bringt halt nicht die Qualität, wie sie \'echte\' Bands haben. Solange das Preis-/Leistungsverhältnis so daneben liegt, brauchen sich die Labels über Kaufverweigerung nicht wundern.\'

Genau an der Stelle möchte ich eigentlich auch anknüpfen, denn für mich selbst ist Musik schon extrem wichtig, und ja, ich kaufe gern Musik und ich lade sie auch gern runter. Vielleicht ist es darin begründet, dass ich schon als Kind intensiven Musikunterricht genoss, selbst viel Musik hörte und auch selbst Musik machte. Ich kann mich an fast alle internationalen und nationalen Hits seit ca. 1983-84 erinnern, kaum eine Band entging meinem Interesse, ich fing auch recht früh Musikaufnahmen, ob\'s nun Vinyls, oder Kasetten waren, zu sammeln, dass ich wahrscheinlich mit 10 mehr Tonträger besass als manch ein Erwachsener. Heute sind CDs fast schon wie eine Plage geworden, dass ich selbst gar nicht mehr weiss, was ich überhaupt an Tonträgern alles habe und eigentlich gibt es auch kaum eine Musikrichtung, die mich nicht interessieren würde, solange diese auch gut gemacht ist. Gut gemacht – Mitterweile muss ich sagen, dass so langsam mein Musikhunger grösser ist, als das, was vorhanden ist. Nein, es liegt nicht daran, dass weniger Musik produziert wird. Es liegt auch nicht daran, dass ich zum Nostalgiker mutiert bin, der nur das gut findet, was es früher gab, es liegt schlichtweg daran, dass Musik immer mehr an Qualität verliert. Wo ich noch vor 6-7 Jahren ein faszinierter Musiksendergucker war, bin ich heute ein absoluter Musiksenderverweigerer geworden. - Nein, bei mir zu Hause wird kein Musikssender angemacht!

Jobbedingt kommt es auch mal vor, dass ich einen Musiksender Abends laufen lasse, ist mir doch egal, was die Kundschaft an musikalischen Entgleisungen zu sehen, oder zu hören, bekommt. Ich selbst kehre nach Feierabend zu meiner Endlossammlung zurück, die mir mittlerweile wichtiger ist, als vieles andere. Manchmal aber, wenn ich ganz allein bin und schon die Buchstaben der letzten c\'t weggelesen habe, suche ich mir Alternativbeschäftigungen. Meine neuste Lieblingsbeschäftigung besteht darin Coverversionen, die pro Stunde auf VIVA/MTV/MTV2 laufen und ich erschrecke mich jedes mal vor den Ergebnissen. Eine pro Stunde ist schon wenig, manchmal kommen auch gleich 4-5 hintereinander und das ist schon recht heftig. Ich meine, Covers gab\'s schon immer, immer wieder wurden alte Songs genommen und neuaufgenommen und manche von denen waren teilweise besser als die Originale, zb. der Song \'Dancing in steets\', was 1986 David Bowie und Mick Jagger coverten. Das Original dazu stammte aus dem Jahr 1965 und war von Martha and the Vandellas. Ja, ich weiss, weder an das eine, noch an das andere kann sich kaum einer erinnern, aber das sollte auch nicht das Thema sein, wer sich noch an was für Gruppen erinnern kann. Viele der damaligen Coverversionen hatten einfach ihr eigenes Arrangement, wo man einfach weniger das Gefühl hatte, dass da irgendwas \'abgekupfert\' wurde von jemandem anders, sie waren oft sehr gut sogar gewesen.

Heute macht man es sich viel einfacher - Arrangement, was ist das überhaupt? - Es reicht schon ein fetziger Techno-Beat, wenn der/die \'Sänger/in\' nicht singen kann, dann wird nachgeholfen, Hauptsache er/sie sieht gut genug aus und schon hat man den neusten Hit und dieser wird auch noch als solcher verkauft. Beispiele habe ich dafür genug. Seit einiger Zeit musste Mike Oldfield schon dran glauben, im Moment laufen gleich zwei seiner alten Hits als der neuste super-duper Hit, \'To France\' und \'Moonlight shadow\'. Oder auch ein nettes Beispiel ist der Song \'I just died in your arms tonight\' – Pfui, Teufel! Wie konnte man nur diese Songs so dermassen verunstalten?
Eigentlich sind Covers für mich oft ein Zeichen dafür, dass einem Künstler nicht mehr viel einfällt und er einfach irgendwie einen Hit haben möchte, ohne selbst dafür viel tun zu müssen und da seit einiger Zeit schon sich gern an alten Songs vergriffen wird, ist für mich eigentlich schon ein richtiger Tiefpunkt. Das ist auch kaum verwunderlich, dass Herbert Grönemeyer mit seinem Song und Album \'Mensch\' die Herzen vieler Menschen in Deutschland erobert und damit an der Spitze der Charts landet. Gute Musik ist heute einfach rar geworden und damit trifft Grönemeyer den Nerv der Zeit.

Wie kommt das aber überhaupt? - Wenn man sich die Biografien von so einigen Bands von früher, wie zb. Queen, Aerosmith, Depeche Mode, Bon Jovi u.s.w. durchliest, dann stellt man eigentlich fest, dass JEDE dieser Bands erst miteinander Musik machten und das auch nur, weil sie pures Interesse und Spass an Musik hatten und immer wieder in Kneipen, Bars, u.ä. aufgetreten sind, um auf sich aufmerksam zu machen. Irgendwann mit viel Glück war ein Talentsucher unterwegs, dem es gefiel, was sie machten und bot so denen ihren ersten Plattenvertrag an, der denen dann die Tür in die schöne Musikwelt öffnete. Heute hingegen ist so viel Aufwand gar nicht mehr nötig, man muss einfach nur Glück haben und sich für nichts zu schade zu sein. So werden immer wieder in der Republik \'Talentshows\' veranstaltet, an denen jeder mitmachen kann, der sich irgendwie dazu berufen fühlt, Popstar zu werden. TV-Shows krönen das ganze noch und so entstehen \'Bands\' wie Bro\'sis, No Angel und wie die sonst alle heissen. Qualität interessiert heute wirklich kaum noch einen. Es werden Quasi Stars hochgezüchtet, die man auch wieder abstürzen lassen kann, wenn ein neuer Plattenboss kommt, oder man nicht mehr ganz so gefragt ist, wie vor 2-3 Jahren. Ziemlich kurzweilig das ganze... Dieser Schwindel, weil anders kann man das nicht mehr nennen, hat aber auch seine Folgen. Nicht alle Menschen mögen diese Art von Fast Food Musik, wo die Gesichter sich ständig wechseln und auch kaum noch richtige Bands bekannt werden. Ich kann mir auch vorstellen, dass neben den ganzen Britney Spears, Shakiras und No Angels es viel schwieriger geworden ist für \'echte\' Bands hochzukommen. Hinzu kommen noch die Musiksender, die kaum noch was anderes ausstrahlen, was nicht \'zeitgemäss\' ist. Zeitgemäss bedeutet nämlich, entweder ist es Hip-Hop, zuckersüsser Pop, oder irgendwas technomässiges. Selbst R\'n\'B, Soul und Funk wurde davon fast schon verdrängt, obwohl dies auch sich einer grossen Beliebtheit erfreut. Musiksender, die sich an das etwas \'reifere\' Publikum richteten, wie VH-1 und VIVAII wurden eingestellt, denn sowas guckt doch sowieso keiner und will auch keiner sehen und Sendungen, die Hits der Vergangenheit zeigten, wurden komplett verbannt. - Wieso nur???

Wie dieser aufmerksame c\'t-Leser es auch richtig bemerkt hat, reagieren viele genervte Verbraucher mit Kaufverweigerung, ich zähle mich sicherlich auch dazu, denn so wie ich früher noch teilweise sehr viel Geld in CDs versilbern konnte, muss ich heute lange suchen, bis ich etwas finde, was mir auch gefallen würde. Die Chartnotierungen schaue ich mir heute dazu gar nicht mehr an, denn wenn irgendwas Gutes kommt, dann fällt\'s mir sowieso früher oder später auf, die Singlecharts sind uninteressanter denn jemals zuvor und so wie mir, geht es sicherlich einigen so. Hinzu kommt natürlich die schwierige weltwirtschaftliche Lage, wo die Menschen nicht mehr ganz so viel Geld haben und auch nicht mehr so viel Musik kaufen. Für Verkaufsrückgänge wird dann mal eben prompt die Piraterie verantwortlich gemacht und tada! - Man hat einen Sündenbock gefunden, den man nun mit allen Mitteln versucht zu bekämpfen.

An sich sieht es für mich immer aus wie der sprichwörtliche Kampf gegen die Windmühlen aus, wenn man eine Tauschbörse dichtmachen lässt, kommt dann die nächste. Selbst gegen vermeintlich legale Angebote wird massiv vorgegangen, dass sich bei mir oft das Gefühl erschleicht, dass man eigentlich gar kein Interesse daran hat ein kostenpflichtiges Portal zu eröffnen, was eine gute Auswahl mit humanen Preisen hätte. Ich selbst hätte auch durchaus ein Interesse an einem solchen Portal, vorrausgesetzt, dieser würde nicht dem allgemeinen Trend nachjagen, dass alles, was nicht in das Bild der \'zeitgemässen\' (s.o.) Musik passt, einfach unterm Tisch fallen gelassen wird und nicht bedient wird. Diese massive Front gegen Musiktauschbörsen halte ich auch für ein Geplänkel der Major Labels, denn die kleinen Labels haben manchmal selbst gar kein Interesse an einer solchen Cyberjagd. Dies zeigt mir zb. ein amerikanisches Portal, was Musik zum Download anbietet für einen Preis von $1,99, dies ist allerdings ein Zusammenschluss von kleinen, relativ unbekannten Labels, die auch kleine und relativ unbekannte Künstler unter Vertrag haben. Man darf nämlich nicht vergessen, dass viele erst durch das Internet auf Künstler aufmerksam werden und dann auch deren Platten auch kaufen. Daher bin ich ziemlich oft auch auf mp3.com unterwegs, stets auf der suche nach Künstlern, von denen ich glaube, dass aus denen noch was werden kann, die aber noch keiner kennt und gerade dann ist für mich der Weg zum Plattenhandel nicht mehr weit, wenn ich etwas finde, was mir auch gefällt. Solche Künstler unterstütze ich wirklich gern.

Ich kann mich auch durchaus in die Lage der Künstler versetzen, denn ich habe selbst etliche Stücke geschrieben, habe selbst jahrelang Musik gemacht und war selbst einige Jahre Mitglied bei der GEMA (Deutsche Gemeinschaft für Musikrechte), nur manchmal versuche ich mich auch in die Lage der wirklich unbekannten Künstlern zu versetzen. Heute ist oft das Internet und Locations, wie zb. das Hamburger LOGO, oder Markthalle, das einzige Sprungbrett, um etwas mehr bekannter zu werden, als im eigenen Bekanntenkreis. Und damit wäre man wieder an der Stelle angelangt, dass oft auch das Internet und Plattformen wie mp3.com und auch Tauschbörsen wie Audiogalaxy.com einen auch verhelfen aus dem Einheitsbrei der Chartmusik sich etwas abzuheben. Vorbei ist auch die Zeit von \'richtigen\' Talentshows, die nicht irgendwelche Teenies casten, sondern \'richtigen\' Bands einen Möglichkeit geben sich zu zeigen und vielleicht unter den Vertrag eines Labels zu kommen. Solche Shows hätten auch wirklich Sinn gemacht, alles andere fördert nur Trash, von dem es immer mehr wird.

Wo ich aber schon bei Filesharing war, möchte ich auch sagen, dass ich nicht glaube, dass Musikgrössen, wie zb. REM, Red Hot Chilli Peppers, oder David Bowie wirkliche Einbüssen haben im Verkauf ihrer Machwerke, denn diese haben mittlerweile eine grosse Fanschaft und Fans kaufen bekanntenmassen am liebsten Originale. Es gab nämlich schon immer welche, die sich ganze Musikalben auf Kasetten zb. überspielt haben, weil sie nichts für ihre Musik ausgeben wollten, oder sich schlichtweg es nicht leisten konnten sich alles zu kaufen, was sie haben wollten. Vielleicht ist durch die Einfachheit von Filesharing und Gebrauch von CD-Rs die Masse grösser geworden, aber ich denke nicht, dass sie nun plötzlich so enorm geworden ist, dass die Künstler nichts mehr dran verdienen, wie die Musikindustrie es einem vormachen möchte. Machen uns auch nichts vor, CDs sind teuer, zwischen 15 bis 20 Euro muss man schon für ein Album hinlegen, viele ältere Alben sind zwar im Nice Price Bereich zu finden, manchmal kann man auch so einiges im Sonderangebot kaufen, aber wer einen grossen Musikdurst hat, der wird schon etliche Euros auf dem Tisch legen müssen, um den zu stillen. Ich finde, dies ist auch das falsche Zeichen, denn wenn man etwas immer teuerer macht, animiert man damit nicht die Kundschaft zum Kauf, sondern man schreckt sie eher ab und unterläuft auch damit die Gefahr, dass einige irgendwann mit völliger Kaufverweigerung reagieren. Ich meine, selbst wenn man komplett auf Filesharing verzichtet, muss man nur ein ziemlich grossen Bekanntenkreis haben, von denen welche gelegentlich Platten kaufen und schon hat man eine gute Quelle, wo man sich dann immer mit Musik versorgen kann. Selbst wenn man die CDs gegen digitales Kopieren schützt, kann man nicht verhindern, dass Leute dann wieder auf analoge Medien zurückgreifen, denn sofern ich weiss, gibt es kein Verfahren, was CDs vor dem Überspielen auf eine Kasette schützt... Zum Kopierschutz möchte ich eigentlich auch nur eines sagen: Sinnvoll ja, wenn man sich darauf einigt, dass man dann keine GEMA-Gebühren auf die CD-Rohlinge erhebt, wenn man aber auch da zulangt, dann ist es eigentlich nur noch pure Abzockerei. An sich halte ich das sowieso für ziemlich verbraucherfeindlich, denn durch einige der Verfahren lassen sich die CDs an bestimmten Geräten nicht mehr abspielen. Wer will denn auch schon sich vorschreiben lassen, wo er seine Musik hören will???

Insgesamt erschreckt mich eigentlich die Entwicklung der Musik in den letzen Jahren, wo viel zu sehr Wert auf Äussere gelegt wird, statt auf die Qualität der Musik. Die ist kontinuierlich gesunken und wer will denn schon ständig aufgewärmten Brei von früher hören? Irgendwann wird\'s einfach zu viel und so langsam ist es jetzt.

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