Napola (DVD) Testbericht

ab 5,44
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  viel
  • Anspruch:  anspruchsvoll
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  sehr spannend

Erfahrungsbericht von NoSoul

Napola- militaristische Elitenzüchtung verfilmt!

Pro:

Mitreißende Story, gute Schauspieler

Kontra:

blendet bedeutende Aspekte der Nazizeit aus

Empfehlung:

Nein

Friedrich Weimar ist ein Arbeiterjunge aus Berlin Wedding. Er ist gerade mit der Schule fertig und erlebt 1942 die ersten Luftangriffe auf Berlin. Seine größte Leidenschaft ist das Boxen. Als er gegen einen Schüler einer nationalsozialistischen Eliteschule, einer so genannten Napola, antritt, wird er von einem Lehrer entdeckt und bekommt das Angebot ebenfalls eine Napola zu besuchen. Sein Vater, ein Antifaschist, ist strikt dagegen. Friedrich geht trotzdem und bricht mit seinem Vater. Er verspricht sich großartige Zukunftschancen und eine große Chance, aus seinem Boxtalent etwas zu machen. Anfangs wird er auch nicht enttäuscht. Die Schule befindet sich in einer alten Burg. Er findet schnell Anschluss und Freunde und erlebt Sachen, die ansonsten nur der Elite des Nazireiches offen stehen. Ob Segelfliegen oder persönlicher Einzelunterricht im Boxen, alles läuft super. Doch es geschehen auch seltsame, Friedrich unverständliche Dinge. So ist sein Hundertschaftsführer ohne Grund einfach nur ein Arschloch und tyrannisiert alle unter ihm stehenden. Einer seiner Mitschüler ist ein Bettnässer. Dieser wird von den Lehrern immer wieder vorgeführt und gedemütigt. Schließlich kommt es bei einer Wehrübung mit Handgranaten zu einem Unglück und der Bettnässer wirft sich auf die Granate, rettet damit allen Mitschülern das Leben. Der Lehrer hatte sich vorher in Panik selbst gerettet. Auf der Trauerfeier wird der Bettnässer nun auf einmal ein Held, bekommt posthum einen Orden verliehen und soll ein Beispiel für seine Mitschüler sein. Friedrich bekommt die Widersprüche und die Heuchelei in der Napola vor Augen geführt und verarbeitet sie auch, aber noch ist er überzeugt von dieser Schule. Noch ist ihm sein Boxen zu wichtig. Erst sein Freund Albrecht Stein sorgt für ernste Zweifel in Friedrich. Albrecht ist Sohn des Gauleiters. Wie Friedrich hat auch Albrecht mit seinem Vater zu kämpfen. Albrecht ist ein „Schöngeist“, wie das die Nazis abfällig nennen. Er schreibt lieber als mit Waffen zu hantieren. Vor allem erkennt Albrecht das Unrecht, das tagtäglich um ihm herum geschieht. Dennoch kämpft er um die Anerkennung seines Vaters, bekommt sie aber nie. An dem Geburtstag seines Vaters bringt Albrecht Friedrich mit. Albrechts Vater ignoriert Albrecht fast, ist aber sehr gut auf Friedrich zu sprechen, von dessen Box-Fähigkeiten er schon viel gehört hat. Er lässt Friedrich gegen Albrecht in seinem Keller sogar boxen und demütigt seinen eigenen Sohn dabei.
Eines Nachts werden die Napola-Schüler aus ihren Betten geholt und bekommen den Auftrag entflohene Kriegsgefangene wieder einzufangen. Sie bekommen dafür scharfe Munition. Sie erschießen einige Flüchtlinge. Es sind junge Russen, abgemagert und unbewaffnet. Als Albrecht einen von ihnen zu verbinden versucht, erschießt sein Vater den Verwundeten. Am nächsten Tag beschreibt Albrecht in einem Aufsatz im Deutschunterricht diese Nacht als Verbrechen. Sein Vater will ihn daraufhin zur Waffen-SS an die Ostfront schicken. Albrecht bringt sich danach bei einer der inhumanen Sportübungen (die Schüler sollen unter der Eisdecke eines zugefrorenen Sees von einem eingeschlagenen Loch zu einem anderen tauchen) um. Friedrich versteht die Welt nicht mehr. Anstatt zu trauern interessiert sich die ganze Welt nur für den großen Boxkampf, der ihm bevorsteht. Er soll die Ehre seiner Napola verteidigen. Er steigt in den Ring und gewinnt den Kampf auch fast. Der Gegner hängt schon halb K.O. in den Seilen. Da schaut er sich um und sieht seine Mitschüler und Lehrer wie sie ihm zurufen, den Gegner K.O zu schlagen. Selbst Albrechts Vater sitzt in den Rängen und jubelt engagiert mit. Friedrich lässt die Arme runter und wird schließlich selbst von seinem Gegner K.O. geschlagen. Für diese „schwache“ Entscheidung wird er schließlich aus der Napola raus geschmissen.




Napola ist der Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit der Elitenzüchtung der Nazis. Diese ist nur halb gelungen. Anfangen möchte ich mit den gelungenen Aspekten. Sehr gut ist der Leistungsdruck dargestellt, dem die Schüler ausgesetzt sind. In der Napola geht es den Siegern, den guten Sportlern und denen ohne Mitleid sehr gut. Sie werden gelobt, belohnt und stehen in der Hierarchie weit oben. Die vermeintlich schwachen und die Schöngeister werden verhöhnt, diskreditiert und gedemütigt. Albrecht muss das sogar von seinem eigenen Vater erfahren. Friedrich wird immer wieder dazu angespornt ohne Mitleid auch einen in den Seilen hängenden Gegner brutal niederzuschlagen. Der Bettnässer muss vor den Augen seiner Kameraden auf seine Matratze urinieren. Sehr gut ist auch die Heuchelei der Lehrkörper und des gesamten Systems dargestellt. Vom Sportlehrer, der stets den harten spielt und wegrennt, wenn es gefährlich wird, bis zum Direktor der Napola, der immer wieder betont wie gleich alle sind in der Napola. Dabei sind ganz offensichtlich hauptsächlich die Kinder hoher Nazis dort. Nicht Leistung oder Quoten bestimmen im Normalfall wer diese Internate besucht, sondern der Posten des Vaters.
Negativ muss man dem Film allerdings ankreiden, dass er das spezifische des NS-Staates nicht herausarbeitet oder nur unzureichend. Der Leistungsdruck, die Demütigungen vermeintlich Schwacher und die Heuchelei einer Elite sind allgemeine Spezifika militaristischer Elitenbildungen. Noch heute kann man Ähnliches in den Militärakademien und Ausbildungslager einiger Armeen beobachten. Die Ideologie der Nazis hätte ein größeres Augenmerk verdient. Zwar gibt es Unterrichtsszenen, in dem Rassenideologie und Lebensraum im Osten angesprochen werden. Doch nicht ein einziges Mal erfährt man, wie stark sich diese Ideologie in den Köpfen der jungen Elite verfestigt. Friedrich gerät als Arbeiterjunge aus dem Wedding nicht ansatzweise in einen ideologischen Konflikt. Einzig die komplett durchhierarchisierte Gemeinschaft der Napola mit ihrem übersteigerten Leistungsdruck wird thematisiert. Das entschärft den Film zu einem typischen Film über diverse Elite-Internate. Einzelne Nebenfiguren unterstreichen diese Wahrnehmung noch, da sie genau solchen Filmen entnommen scheinen. Da ist der coole, der alles unter Kontrolle hat und weiß wo es lang geht. Da ist ein Dickerchen, der nicht so recht ernst genommen wird und da ist das Arschloch aus dem höheren Jahrgang, der die jüngeren terrorisiert. Stereotype, die das eigentliche Vorhaben des Filmes verschleiern! Einzig die Jagd auf die entflohenen Kriegsgefangenen ist ein Versuch aus dem typischen Elite-Internatsfilm auszubrechen und die nationalsozialistische Realität mit einzubeziehen. Schade ist es, dass die Filmemacher da nicht kreativer waren und einen Konflikt außerhalb der Napola brauchten, um den Höhepunkt des Dramas zu erreichen. Eine Auseinandersetzung mit der Naziideologie innerhalb den Mauern der Napola und im Rahmen des Unterrichtes und Konfliktlinien zwischen Zweiflern und Überzeugten hätte dem Vorhaben des Filmes entsprochen.
Es kommt auch nicht so wirklich rüber, was diese Napolas so anziehend gemacht hat! Der Erfolg der Nazis bei den Jugendlichen wird nach diesem Film überhaupt nicht erklärbar. Friedrich geht nur in die Schule, weil er sich eine Boxer-Karriere verspricht. Die meisten seiner Mitschüler müssen diese Schule besuchen, weil ihre Eltern sie mehr oder weniger dazu zwingen. Die Anziehungskraft der Nationalistischen Ideologie auf die Jugend, die Versuchung der Macht und der Anerkennung durch die Nazis werden so gut wie gar nicht behandelt, obwohl gerade hier ein viel versprechender Ansatz gewesen wäre, die nationalsozialistische Realität einzufangen und einen herausragenden Film zu machen.

Trotzdem ist der Film nicht wirklich schlecht. Dramaturgisch durchaus mitreißend erzählt er von einer Welt, in der nicht Mitmenschlichkeit, sondern einzig Leistung und Abstammung etwas gelten. Die Schauspieler machen ihre Sache gut und bringen die Schicksale der Figuren gut rüber. Die Hauptfiguren Friedrich und Albrecht werden hervorragend gespielt. Interessant ist die charakterliche Komposition der beiden. Der eine ein Boxer aus einem Berliner-Arbeiterbezirk, der nach seiner großen Chance sucht. Der andere ein talentierter Schreiber, der keine Anerkennung von seinem Vater erhält. Beide haben Streit mit ihren Vätern aus entgegengesetzten Gründen. Beide Väter begründen ihre Standpunkte nicht. Friedrichs Vater scheint es nicht zu können und versucht seinen Sohn einzig mit seiner Autorität von den Nazis fern zu halten. Albrechts Vater dagegen kann seinen Standpunkt nicht begründen, weil er ein typischer und dummer Nazi ist. Albrecht und Friedrich sind sich trotz der oberflächlichen Unterschiede sehr ähnlich. Beide haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und spüren von Anfang an, dass etwas falsch läuft. Beide können nicht anders und müssen ihrem Gewissen gehorchen, wenn sie erstmal das Unrecht erkannt haben. Deshalb schreibt Albrecht den Aufsatz, obwohl er weiß, dass er große Probleme bekommen wird. Und genau deshalb schlägt Friedrich am Ende nicht mehr zu und bewahrt sich doch sein Mitgefühl. Das macht den Film zu einem guten Drama und auch empfehlenswert. Ich habe ihn damals im Kino gesehen, was sich nicht gelohnt hat. Die DVD würde ich mir nicht holen. Der Film wird sicher häufig genug im fernsehen kommen, um ihn sich mal anzuschauen.



Napola

Deutschland, 2004 Drama
Länge:115 Minuten
FSK:ab 12
Produktion:Molly von Fürstenberg, Viola Jäger, Harald Kügler
Regie:Dennis Gansel
Buch:Dennis Gansel, Maggie Peren
Kamera:Torsten Breuer
Musik:Normand Corbeil, Angelo Badalamenti
Schnitt:Jochen Retter
Darsteller:Max Riemelt (Friedrich Weimer), Tom Schilling (Albrecht Stein), Devid Striesow (Heinrich Vogler), Joachim Bissmeier (Dr. Karl Klein), Justus von Dohnanyi (Gauleiter Heinrich Stein), Michael Schenk (Josef Peiner), Florian Stetter (Justus von Jaucher), Alexander Held (Friedrichs Vater), Sissy Höfferer (Friedrichs Mutter)
Quelle: Cinomat

23 Bewertungen, 7 Kommentare

  • Kjeldi

    31.08.2007, 02:13 Uhr von Kjeldi
    Bewertung: sehr hilfreich

    abgesehen vom Führerkult, Antisemitismus und Krieg, wenn ich denen weiße Hemden und ein blaues oder rotes Halstuch übergestülpt hätte, denk ich an Parallelen in der ehem. sog. DDR

  • chulia

    23.02.2007, 19:39 Uhr von chulia
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh! LG, chulia

  • anonym

    06.01.2007, 15:25 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)

  • firehunter75

    06.01.2007, 13:10 Uhr von firehunter75
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Karsten

  • Sayenna

    06.01.2007, 09:26 Uhr von Sayenna
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :-)

  • echodelta

    06.01.2007, 01:38 Uhr von echodelta
    Bewertung: sehr hilfreich

    Danke für den Tipp, warte aufs Fernsehen. Viele Grüße, Kai

  • Mondlicht1957

    06.01.2007, 01:01 Uhr von Mondlicht1957
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH LG Pet