Natur Allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von dreamweb

Ich liebe Vater Rhein - aber nicht so nah! (Hochwasser am Rhein 2003)

Pro:

nichts

Kontra:

die Natur rächt sich... Falsche Umweltpolitik, Begradigung, Schäden, man macht sich Sorgen

Empfehlung:

Nein

Gestern abend war ich noch eine halbe Stunde am Rhein spazieren. Der untere Fussgängerweg war überschwemmt, aber das kommt bei jedem \"normalen\" also nicht gefährdendem Hochwasser hier vor. Dann nimmt man eben den oberen Weg, den man sich mit Radfahrern teilen muss.

So eine Überschwemmung ist für mich normal. Und wenn man bedenkt, dass hier fast einen Monat das Wasser immer mal so hoch war und nur etwas absank, dann ist das schon fast Gewohnheit.

Heute morgen hörte ich von dem schlimmen Hochwasser der Mosel. Aber bisher hatte sich das Hochwasser der anderen Flüsse nicht auf den Rhein ausgewirkt, jedenfalls nicht auf die Königswinterer und Bonner Gegend.

Wegen meiner Beschwerden musste ich heute vormittag noch zum Arzt. Dieser diagnostizierte eine akute Bronchitis mit einem schweren Reizhusten und wollte mir eine Infusion wegen einer Verengung geben, da ich dadurch langanhaltende und quälende Hustenanfälle haben. Aber irgendwie hatte ich mitbekommen, dass sich mein Arzt Sorgen wegen seines Autos machte, das unten am Rhein steht. Alle redeten von Hochwasser. Da kamen bei mir auch erste Bedenken auf. Normal steigt der Rhein nicht so schnell, aber wenn jeder von Überschwemmung redet und der Kiosk, der auf gleicher Höhe mit der Tiefgerage liegt, geschlossen werden soll, dann musste er wohl doch plötzlich schnell gestiegen sein.

Nun gut, Miara fragte während der Behandlung beim Doc nach. Und dieser riet mir dann, möglichst schnell zu meiner Tiefgerage zu laufen und den Wagen fortzufahren. Er habe gehört, da sei schon das erste Wasser eingedrungen. Und wenn das passiert, dann ist die Gerage auch schnell zugelaufen. Und somit wäre das Autochen von Miara auch bestimmt nicht in einem guten Zustand. Oh Gott, dachte ich nur. Wie das dann wohl mit der Haftung ist? Denn immerhin fahre ich einen Leasing-Firmenwagen, für den ich auch eine gewisse Sorgfaltspflicht habe.

Also bin ich vor der Infusion zur Tiefgerage gelaufen. Die Strasse zur Fähre stand schon bis kurz zur Gerage voll Wasser. Ein Blick in die Gerage und ich atmete erst einmal auf. Es war zwar schon Wasser in der Gerage, aber links vorne, wo ich parke, war alles noch trocken. Trotzdem ist es merkwürdig, wenn in einer Tiefgerage nur noch fünf Autos stehen, ein Bereich schon ca. 30 cm unter Wasser steht und sich sein eigenes Fahrzeug noch da befindet. Also habe ich schnell den Wagen herausgefahren und auf einen etwas höheren öffentlichen Parkplatz gefahren. Danach bin ich brav zum Doc zurück und habe mir die Infusion geben lassen. Noch während ich an der Nadel hing, haute dann der Arzt ab, mich versorgte seine Hilfe. Denn der Wagen der Arztes war immer noch auf einer der unteren Rheinstrassen. Und ein freundlicher Anriefer meinte, er sei schon etwas im Wasser. Somit sputete sich dann der Doc und nahm wohl jemanden zum Abschleppen mit, falls das Auto nicht mehr fahren konnte (Wasser in Motorhöhe soll schädlich sein).

Nun gut, gegen 14.00 Uhr ging ich mir dann Vater Rhein noch mal ansehen. Ich war echt geschockt, wie schnell sich der gutmütige Riese verwandelt hatte und so plötzlich gravierend anstieg. Das Wasser war jetzt wieder ein Stückchen weiter die Fährstraße hochgekrochen, in der sich auch die Tiefgerage befindet.Überall waren schon die Helfer mit ihren auffälligen Westen und es wimmelte auch von Sandsäcken. Die Straße war jetzt schon abgesperrt, denn sogar unsere Fähre fuhr nicht mehr. Und die fährt noch sehr lange bei Hochwasser. Dennoch ging ich nachher auch meine Straße, die Rheinstrasse herunter, um zu sehen, wie hoch das Wasser jetzt hier steht. Ein junger Mann schaute mich dann mitleidig an, als ich sagte wo ich wohne. Das hat mir nicht so gut gefallen und ein ungutes Gefühl verursacht. Seit drei Jahren wohne ich jetzt in Königswinter-Niederdollendorf. Und das höchste Hochwasser habe ich wegen eines Projektes nicht mitbekommen. Da stand das Wasser bei mir im Keller.

Gegen 15.00 Uhr hatte ich einen privaten Termin und kam dann gegen 16.00 Uhr zurück. Das Umleitungschild habe ich dann umfahren und noch einen Parkplatz auf dem relativ sicheren öffentlichen Parkplatz ergattert. Mittlerweile standen viele Autos auch solche von Hilfsdiensten herum. Der Rhein steigt stündlich um 10 cm sagte man mir. Und man befürchte so ein Hochwasser wie 93 oder 95. Da ich erst seit 98 hier wohne, sagt mir das nicht all zu viel. Man rechne zwischen 9,90 oder 10,50 Meter also relativ hoch. So hoch wie das Wasser jetzt schon steht, habe ich es selbst noch nie erlebt. Und jetzt steht es bei 8,50. Noch ist es ein Stück von mir weg, ich hoffe, das reicht aus. Gefährdet ist vielleicht meine Truhe im Keller. Sie steht ca. 15 cm hoch auf Steinen - wegen des Hochwassers. Sobald das in den Keller eindring, pumpt der Vermieter alles ab, somit soll es nicht höher steigen. Sorgen mache ich mir jetzt trotzdem. Und bin nicht gerade glücklich über den Dauerregen, der hier herrscht.

Auf alle Fälle war da mein Platz in der Tiefgerage auch unter Wasser und drei Leute schleppten das letzte Auto aus der Gerage hinaus, das aber wohl schon die Flüssigkeit abbekommen hatte und daher nicht mehr fuhr sondern geschoben werden musste. Und das Boot in der Rheinstraße war mir auch nicht ganz geheuer..

Zu meiner großen Freude erwartete mich beim Betreten unseres Hauses auch eine zusammengeheftete gelbe Zettelsammlung. Von wegen Reklame, so etwas nennt sich Hochwasserinformation. Auf drei Din A 4 Seiten kann ich hier nachlesen, wie ich mich verhalten soll, wer eventuell hilft und wer einem alles nicht hilft. Als letzten Satz lese ich noch, dass diese Hochwasserinformation alle Haushalte erhalten, die als gefährdet gelten und man gegebenenfalls noch neue Informationen erhält.

Lieber Rhein, ich mag dich ja sehr, aber bleibe bitte fern von meinem Heim. Das sind die Gedanken, die mir derzeit durch den Kopf gehen. Und ich weiß, ich werde heute und morgen wohl noch öfters vor die Haustür gehen um mir diesen Nebenbach anzusehen, zu dem sich der untere Teil der Rheinstrasse schon entwickelt hat. Wie gut, dass ich damals im Projekt war. Da habe ich nichts gewusst und mir keine Sorgen gemacht. Aber wenn man dann Zuhause ist und alles mitbekommt, auch die Stimmung der Helfer, dann macht man sich Gedanken. Ich jedenfalls.

Meinen Nachbarn, der auf gleicher Höhe wird, habe ich auch interviewt. Er hat damals noch weiter unten in der Strasse gewohnt, weiß also auch nicht, ob das Wasser bis ins Haus kommt. Und hofft, dass es nur in den Keller eindringt und dann eben dank des Vermieters dort direkt abgepumpt wird. Bei uns ist es bisher das Grundwasser gewesen, dass durch die Überschwemmung ansteigt und dann eben den Keller unsicher macht. Das Schild unten am Rhein mit den Hochwassermarken war allerdings sehr weit oben angebracht, daran erinnere ich mich auch noch. Allerdings kann ich bei dieser schwach ansteigenden Strasse selbst nicht beurteilen, ob 10,50 Meter jetzt auch meine Wohnung betrifft.

Gerade im Moment war meine Nachbarin da. Sie sagte, dass ab jetzt keine Waschmaschinen mehr laufen dürfen. Und dass das Wasser auf jeden Fall so hoch käme, dass es im Keller steht. Wenn es so hoch ist wie 1993 bzw. 1995 dann stände es auch vor unserem Tor. Wir haben ein Tor vor den drei Wohnungen in der Rheinstrasse 10 bis 12. Bisher sei es aber noch nie in den Wohnungen gewesen. Morgen früh wimmle es hier von Leuten des Vermieters dann würden wir noch mal prüfen, ob meine Kühltruhe weg muss. Und sie meint es sei sicherer, wenn ich immer einen Autoschlüssel beim Vermieter deponiere.

Derzeit steigt bei uns wegen des Regens und dem Wasser aus der Mosel das Wasser um 18 cm die Stunde. Ich persönlich habe lernen müssen, dass Vater Rhein schneller ansteigt, als ich damit je gerechnet hätte.

Wahrscheinlich werde ich euch auch weiter auf dem laufenden halten.

Und wenn ihr im Radio vom Hochwasser bei Bonn hört, dann denkt mal an mich

Liebe Grüße - Miara


Das Foto entstand beim letzten Hochwasser im November 2002 - da war es allerdings nicht so hoch wie jetzt.

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