New York Testbericht

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Erfahrungsbericht von LoMei

Die Hochzeit am Niagara

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Unser Sohn Uli und ich waren im Juli 1999 zur Hochzeit von Jimmie und Jennifer nach North Tonawanda bei Buffalo eingeladen. Tonawanda ist ein indianischer Name. Er bezieht sich auf den Niagara und bedeutet: schnell fließendes Wasser.
Jimmie hatte als AFSer ein Jahr in der Südpfalz in Wörth am Rhein gelebt, unter anderem in Tübingen studiert und zeitweise bei uns gewohnt. Heute ist er Deutschlehrer in der Nähe von Baltimore.
Nach unserer Ankunft in den USA hatten wir einige Tage zusammen in Maryland verbracht und waren dann mit dem Auto nach Norden gefahren. Vor der Hochzeit war noch viel zu erledigen, aber es blieb genügend Zeit, auch an die Niagarafälle zu fahren.

INHALT

1. An den Niagarafällen
2. Hochzeitsvorbereitungen
3. Der Geist der Trommel
4. Generalprobe
5. Polterabend auf amerikanisch
6. Die Hochzeit
7. Abschiednehmen
8. Fazit


1. AN DEN NIAGARAFÄLLEN

Wir fuhren also nach Niagara Falls NY, stellten unser Auto in Ufernähe ab und wanderten zum American Fall und danach über einige Brücken zur Ziegeninsel (goat island). Der Gang über die Brücken ist auch etwas besonderes. Man hat den Blick auf die im Fluss oberhalb der Fälle befindlichen kleinen unbewohnten Inselchen, die bei dem schnell fließenden Wasser nicht zu erreichen sind. Auf ihnen war die Vegetation völlig unberührt.
Die Ziegeninsel teilt den Fluss. Auf der amerikanischen Seite fällt das Wasser in einer geraden aber unterbrochenen Front nach unten. Wer Lust hat, kann in Ölzeug auf glitschigen Holztreppen ziemlich weit an die Wasserwand herangehen.
Auf der kanadischen Seite hat sich ein Rundbogen gebildet. Das sieht mit etwas Phantasie wie ein Hufeisen aus. Deshalb wird dieser Fall der Hufeisenfall (horse shoe fall) genannt. Auf der goat island gibt es herrliche Parkanlagen und einen guten Blick auf den horse shoe fall und die kanadische Stadt Niagara Falls.
Das Wetter spielte mit, und wir freuten uns über den Sonnenschein und das Brausen in der Luft. Am horse shoe fall wehte der Wind Gischtwolken durch die Luft. Wir wurden öfter richtig nass.
Ich hatte die Niagarafälle früher schon zweimal von der kanadischen Seite aus gesehen und zwar im Sommer 1959 und dann in vereistem Zustand im Februar 1982. Das Sommererlebnis und das Wintererlebnis und nun der Besuch im Juli 1999 ergänzen einander. Von der kanadischen Seite sieht alles etwas größer und weiter aus. Damals hatten wir durch die oberhalb der Fälle in den Fels getriebenen Stollen in Ölzeug bis an das herabstürzende Wasser herangehen und einen sehr unmittelbaren Eindruck von den Naturgewalten bekommen können. Es besteht unter anderem die Möglichkeit, mit einem Schiff „maid of the mist“ bis an die Fälle heranzufahren. Wir haben das nicht gemacht, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das lohnt.
Besonders im Sommer wird viel für die Touristen gemacht. Manches ist des guten fast zu viel. Beispielsweise werden die Fälle nachts ziemlich kitschig angestrahlt. Wer das mag, kann sich daran freuen. Ich hab mir das alles immer weggedacht und mich an dem großartigen Naturwunder gefreut. Beim ersten Besuch der Fälle war der Eindruck am nachhaltigsten. Das ist wohl immer so.
Die eigentlichen Fälle haben eine Höhe von etwa 50 Metern. An sich beginnen sie schon dort, wo der Fluss den Eriesee verlässt und das Wasser über viele Stromschnellen mit Schaumkronen heranrauscht. Unterhalb der Fälle fließt der Niagara in einem tief in das Felsgestein eingeschnittenen Flussbett, das wie ein Canyon aussieht, mit leichtem Gefälle und recht schnell weiter zum Ontariosee.
Die großen Seen liegen fast 200 Meter über dem Meeresspiegel. Durch große Schleusen im St. Lorenz-Strom zwischen Montreal und dem Ontariosee (St. Lawrence Seaway) und in dem parallel zum Niagara auf der kanadischen Seite verlaufenden Wellandkanal mit seinen 8 Schleusen, die einen Hub von je ca. 15 Metern haben, können Seeschiffe seit 1958 alle Häfen im Bereich der großen Seen erreichen. Ich war selber 2 Jahre im Liniendienst zwischen Hamburg und Chicago dabei. Es war eine wunderschöne Zeit.
Als ich so nach Kanada hinüberblickte, kamen wieder viele Erinnerungen hoch.
Am Niagara wurden Wasserkraftwerke errichtet, die einen Teil des Wassers oberhalb der Fälle entnehmen, über die Turbinen strömen lassen und dann unterhalb der Fälle wieder in den Fluss einleiten. In der touristischen Hochsaison wird die Turbinenleistung gedrosselt, damit eine genügend große Wassermenge über die Fälle strömt und die Besucher nicht um den großen Eindruck betrogen werden.


2. HOCHZEITSVORBEREITUNGEN

Jimmie wollte unbedingt, dass seine Hochzeit einen leichten deutschen Touch bekommt. Dazu gehörte unter anderem nach Verlassen der Kirche das Zersägen eines Stückes Holz. Da es weit und breit keinen Sägebock gab, musste einer gebaut werden. Mit Hilfe des Nachbarn Cramer wurden Latten geschnitten und mit der Arbeit begonnen. Jimmies Vater schärfte die alte Familiensäge. Jimmie werkelte fleißig und recht geschickt mit den Hölzern herum und wollte sich auf keinen Fall helfen lassen. Schließlich stand der Sägebock stabil im Garten. Aber er sah irgendwie unansehnlich aus. Da musste Farbe drauf. Er besorgte eine neue Spraydose und sprayte den Bock weiß. Nun machte er einen schmucken Eindruck.
Beim Probesägen klemmte das Sägeblatt. Also mussten die Zähne geschränkt werden. Als das mit Hilfe einer Kombizange geschehen war, funktionierte das Geschäft hervorragend.


3. DER GEIST DER TROMMEL

Am Abend saßen wir in gemütlicher Runde im Garten. Es wurde ein besonderer Abend. Der eine Nachbar war Mohawk-Indianer. Er hatte indianische Freunde eingeladen und auf seiner Veranda versammelt. Er kam an den Zaun und fragte, ob wir uns wohl gestört fühlen würden, wenn er und seine Gäste trommeln und singen. Es könne nämlich spät werden. Keiner hatte etwas dagegen.
So sangen die Indianer zu rhythmischen Trommelschlägen alte Stammesgesänge. Ich hatte in Westafrika Singen und Tanzen zu rhythmischen Trommelklängen kennen gelernt. Dieser Rhythmus war anders. Der ging unter die Haut. Es ging etwas geheimnisvolles nicht erklärbares davon aus. Dave’s Hund war furchtbar unruhig und sprang gehetzt und ängstlich hin und her. Dabei bellte und jaulte er unentwegt. Auf unsere Frage nach der Bedeutung des Gesanges wurde uns erklärt, die Trommel sei neu angefertigt worden und nun würde der Geist der Trommel gerufen. Es hörte sich fremd und gleichzeitig interessant und faszinierend an. Spät gingen wir ins Bett. Ich hatte den Klang der Trommel noch lange in den Ohren.


4. GENERALPROBE

Schon gleich nach hastig eingenommenen Frühstück war die Familie, vor allem Jimmies Mutter, von Unruhe ergriffen worden.. Ein Vorbereitungstermin löste den anderen ab. Das Telefon klingelte öfter.
Am Nachmittag mussten dann alle wichtigen Leute in die Kirche, um dort den Einmarsch und den Ablauf der Trauzeremonie zu üben. Das dauerte länger, als gedacht.


5. POLTERABEND AUF AMERIKANISCH

Jimmie wusste, dass in Deutschland vor der Hochzeit meistens auch ein Polterabend gefeiert wird. Er hatte uns gesagt, das könne man in Amerika nicht machen. Aber seine Mutter hatte er gebeten, ein Partyzelt zu ordern, damit es wenigstens ein Gartenfest gäbe, auf dem die teilweise von fern angereisten Gäste sich kennen lernen konnten. Ohne dass er es bemerkte, wurde von Uli und Jimmies Bruder Dave ein Polterabend vorbereitet. Zusammen mit dem Nachbarn Cramer wurde eine Wäscheleine von Dachrinne zu Dachrinne gespannt. Jimmies Mutter hatte alte Babysachen ihrer beiden erwachsenen Söhne hervorgekramt. Die flatterten bald lustig im Wind. Die ganze Nachbarschaft war informiert und zum Gartenfest eingeladen.
Dave hatte in einem Spezialgeschäft für ausrangierte Haushaltseinrichtungen altes angeschlagenes Geschirr und in der freien Natur einen großen Felsbrocken besorgt. Den besprühte er mit signalroter Farbe.
Inzwischen kamen die ersten Polterabendgäste. Der rot besprayte Stein lag gleich hinter der Eingangstür zum Hof. Daneben stand ein kleiner Tisch. Darauf waren die alten Teller zum Zerdeppern fein säuberlich gestapelt. Ich wurde vor Beginn der Zeremonie gebeten in wenigen Worten etwas über Sinn und Unsinn des Polterns zu sagen und erzählte etwas vom Vertreiben der Poltergeister, und dass man glaubt, Scherben brächten Glück. Dave begann. Er nahm sich einen Teller, zielte auf den roten Stein, und dann schepperte es. Der Stein war wichtig, denn der Untergrund bestand aus weichem grünem Rasen.
Einer nach dem andern tat es ihm nach und zerdepperte ganz konzentriert einen Teller. Für die Erwachsenen war es ein ernst fröhlicher Spaß und für die Kinder ein Gaudi.
Auf der sich anschließenden Party begrüßten sich alte Freunde, und neue lernten sich kennen. Ich wurde öfter auch in recht ernsthafte Gespräche verwickelt, so über das Verhältnis Deutschland zu Amerika, das Dritte Reich, den Korea-Krieg, den Golfkrieg, die Raketenangriffe auf Belgrad und vieles mehr. Die reichlich anwesende Jugend war fröhlich und ausgelassen. Es war ein interessanter Abend und der schönste Polterabend, den ich je mitgefeiert habe.


6. DIE HOCHZEIT

Am Samstag wurde es nach dem Frühstück langsam hektisch. Wir mussten uns fein machen. Gegen 12.30 Uhr fuhren wir zur die Kirche. Langsam trudelten dort nacheinander die Gäste ein. Vor und neben dem Portal gab es viele Vorstellungen und Begrüßungen. Manche kannten wir vom Abend davor. Um 14:00 Uhr sollte die Trauung beginnen. Alle waren anwesend, nur die Braut fehlte noch. Schließlich um 14:20 Uhr war sie da.
Der Gottesdienstverlauf folgte einer ganz normalen katholischen Messe. Ich saß in einer der hinteren Bankreihen und hab außer dem Jawort nicht viel von dem verstanden, was da gesagt wurde.
Nach der Kirche mussten die Brautleute das auf den weißleuchtenden Sägebock liegende Holz zersägen. Ich wurde kurzfristig gebeten, das Sägen und die Bedeutung zu erklären und sagte also sinngemäß, beim Sägen könne jetzt jeder beobachten, wie harmonisch und effektiv die Zusammenarbeit der jungen Eheleute sei. Leider war der Stamm eher ein dünner Ast und sehr schnell durchgesägt.
Die schwarze vierzehnsitzige Superlimousine mit dem Brautpaar den Trauzeugen und den Ehrendamen und ihren Herren machte eine Exklusiv-Rundfahrt zu einer besonderen Wedding Party, von der alle anderen ausgeschlossen waren.
Um 18:00 Uhr waren alle wieder im Hollyday Inn am Niagara River oberhalb der Niagara-Fälle. Ein Vertreter des mit der Festorganisation beauftragten wedding party service war anwesend und führte Regie.
Am Eingang des Festsaales stand das Brautpaar und die beiden Elternpaare und hießen alle eintretenden Gäste nacheinander durch Handschlag willkommen.
Wir bekamen unsere Plätze am Braut-Tisch zugewiesen. Zum Schluss kamen die Ehrenpaare nacheinander herein und stellten sich rund um unseren Tisch. Das Brautpaar kam zuletzt.
Nun erhoben sich alle von ihren Plätzen. Dave als hielt als Trauzeuge (best man) eine kleine humorige Ansprache und übergab dann mir das Mikrofon. Anschließend spracht Uli und zum Schluss Jimmie selber. Wir fielen bei den Grußworten durch unseren Akzent auf und wurden hinterher mehrfach angesprochen.
Das Essen war gut. Es gab an der Bar Getränke nach Wunsch.
Auf der Tanzfläche wurde fleißig getanzt und in den Gängen und auf der Terrasse small talk gemacht. Es war eine heitere und gelöste Stimmung.
Um Mitternacht war die Party zu Ende. Es gab noch ein kleines Abschlusstreffen in der Bar, und dann gingen alle auf ihre Zimmer. Bevor wir uns schlafen legten, genossen wir noch eine Weile den Blick auf den Niagara River.


7. ABSCHIEDNEHMEN

Am späten Sonntag Vormittag waren wir wieder in Jimmies Elternhaus. Sofort wurden die teilweise geliehenen Festanzüge ausgezogen und gegen bequemere Klamotten getauscht. Nachdem unsere Koffer reisefertig waren, saßen alle noch gemütlich auf der Veranda vor dem Haus. Nacheinander verabschiedeten sich die letzten Gäste.
Schließlich begann auch für uns das endgültige Abschiednehmen bei Jimmies Mutter mit Tränen und bei seinem Vater mit feuchten Augen. Die Umarmungen waren sehr ehrlich und gefühlvoll. Auf dem Fughafen brachten uns die frisch Vermählten bis zur Passkontrolle. Sie sagten „Bis bald“.
Wenige Tage später waren sie bei uns in Deutschland und gingen hier auf ihre Hochzeitsreise.


8. FAZIT

Ich war vorher öfter in den USA und in Kanada gewesen, zum Teil als Seemann oder auf Dienstreisen.
Dieser Besuch war durch das Eingebundensein in die Familie und deren großen Freundeskreis etwas ganz besonderes.
Ich kann leider keine Angaben zu Hotelreservierungen und Preisen machen. Wir waren privat untergebracht und haben nur die „Hochzeitsnacht“ auf Einladung unserer Gastgeber im Hotel verbracht. Das Hotel (Holyday Inn) war gut. Es lag direkt am Fluss. Im Bereich der Uferzone war ein kleiner Park angelegt, in dem man gut spazieren gehen und den vorbeifahrenden Sportbooten nachschauen konnte.
Von Buffalo haben wir nicht viel gesehen. Wir sind nur auf dem Highway an der Stadt vorbeigefahren.
Die Niagarafälle und der Niagarafluss sind eine Reise wert. Wer dort hinfährt, sollte sich aber auch die Zeit für einen Besuch des Wellandkanals nehmen. Auch das lohnt sich!

19 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Anuminas

    02.04.2002, 21:27 Uhr von Anuminas
    Bewertung: sehr hilfreich

    super interessant zu lesen

  • Jerry0205

    13.03.2002, 08:36 Uhr von Jerry0205
    Bewertung: sehr hilfreich

    Muss ich endlich auch mal sehen