Nürburgring Testbericht

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Erfahrungsbericht von TheRealThing

Und wieder 24 Stunden!

Pro:

Hochinteressante Strecke, supervielfältiges Starterfeld

Kontra:

sanitäre Anlagen???

Empfehlung:

Ja

Hallo zusammen,

ich möchte heute mal die Gelegenheit wahrnehmen und über etwas schreiben, was in der deutschen Medienlandschaft nür wenig Beifall findet, wenn man von wenigen Fachmagazinen bzw. Sportsendern absieht.
Eigentlich passt es nicht so ganz hier hin, da es nicht viel mit Formel 1 zu tun hat, aber in Ermangelung einer alternativen Kategorie und da es eben auch zum Teil eine Formel 1 Strecke ist, schreibe ich hier.

Es handelt sich um das bald wieder stattfindende legendäre 24-Stunden Rennen am Nürburgring, die Nordschleife bzw. das Umfeld zu diesem.

Die meisten Printmedien verschweigen die Existent des Rennens ganz oder erwähnen es nur in einer Randnotiz und im Fernsehen bekommt man alljährlich nach dem Rennen die gleichen Bilder serviert, wobei sich gerade PRO7 und RTL hervortun. Denn dort hat man das Gefühl, man nimmt die Bilder vom Vorjahr und ändert einige Kommentare und schneidet ein wenig um, fertig ist der Bericht.

Nun, jeder hat seine eigene Meinung zum Thema Motorsport, nur bitte ich darum, mir auch meine zu lassen. Ich stehe allerdings nicht ganz alleine da, denn im letzten Jahr waren mehr als 200.000 Zuschauer an der Strecke und eine Menge Menschen haben die Live-Übetragungen auf DSF gesehen.


Zu Beginn einige wenige Fakten.

Der Nürburgring wurde am 18. Juni 1927 eingeweiht und ist seitdem Austragungsort vieler denkwürdiger Rennen gewesen. Er liegt mitten in der Eifel in der Nähe des Städtchens Adenau. Man erreicht ihn aus Richtung Ruhrgebiet (ich komme aus Bochum) über die A 43, A 1 über Köln weiter über die A 61 Richtung Koblenz bis zur Ausfahr Wehr. Dort ist aber auch bereits alles weitere beschildert.

Der Kurs besteht aus dem Grand Prix Kurs (eröffnet am 12. Mai 1984 Länge ca. 4,556 km) und der Nordschleife (20,8 km) mit insgesamt 73 Kurven und einem Höhenunterschied von 300 m. Es ergibt sich ein Gesamtlänge von 25,356 km. Es gibt allerdings noch andere Streckenführungen, so das die Länge des Grand Prix Kurses bzw. die Gesamtlänge variieren kann.

Für viele werden Namen wie Wippermann, Karussel, Hohe Acht, Flugplatz, oder Schwalbenschwanz, Fuchsröhre und Brünnchen durchaus Begriffe sein, die sie zuordnen können. Das für meine Generation (1961er) wohl spektakulärste Rennen dürfte hier 1976 stattgefunden haben, als Niki Lauda am 1. August im Rahmen des Formel 1 Rennens schwer verunglückte und nur mit Mühe aus seinem brennenden Fahrzeug gerettet werden konnte. Danach erhielt die Nordschleife keine Formel 1 Zulassung mehr, obwohl sie weiterhin für Rennen, Tests und auch für Freizeitfahrer geöffnet blieb. Der erste Sieger hieß übrigens Rudolf Carraciola für Mercedes Benz.

Während der Grand Prix Kurs eher alltäglich ist, trifft für die Nordschleife genau das Gegenteil zu. Natürlich ist sie nach heutigen Maßstäben eigentlich nicht mehr zeitgemäß, aber genau das macht sie so interessant. Das gilt gleichermaßen für Zuschauer als auch für die Fahrer. Es gibt keine Kiesbetten oder betonierten Auslaufzonen, es gibt nur Bäume und Felder neben der Strecke.
Ausserdem kann es vorkommen, daß Teile der Strecke noch trocken sind, während über andere ganze Bäche fließen. Das führt häufig zu kritschen Situatuionen für die Fahrer. Diese ergeben sich aber auch aus der Zusammensetzung des Starterfeldes. Während bei vielen Veranstaltungen lediglich Fahrzeuge einer Klasse am Start sind, ist das hier völlig anders. Hier starten Traumfahrzeuge wie Porsche, BMW M3, Viper oder Wiesman Roadster und Caterham, aber auch Allerweltsautos vom Schlage eines Mini, Polo, Corsa, Golf oder Astra mit Leistungen zwischen 100 und mehr als 500 PS. Es darf allerdings nicht jederman dort starten, sondern die Fahrer bzw. Autos müssen sich qualifizieren. Damit ist gewährleistet, das die Fahrer bzw. Teams auch ihr Handwerk verstehen. Trotzdem sind natürlich die Unterschiede zwischen den einzelnen Startern aufgrund der unterschiedlichsten Fahrzeugkonzepte teilweise eklatant. Außerdem reduziert man damit das Starterfeld auf ca. 180 Fahrzeuge, die man allerdings auch benötigt, um die entsprechende Action auf so einer langen Strecke zu gewährleisten. Überholmanöver verlangen volle Konzentration von beiden Beteiligten. Ansonsten kann es vorkommen, daß man in aussichtsreicher Position liegend sehr schnell aus dem Rennen ist, so wie das im letzten Jahr dem zweiten der beiden DTM-Opel Astra passiert ist.

Der einzige Schutz im Falle des \'abfliegens\' sind übrigens die Leitplanken und die Wälle, die sich um große Teile der Strecke ziehen und auf denen die Zuschauer sitzen. Daß das nicht ganz ungefährlich sein kann, habe ich auch bereits selbst erfahren. Es ist zwar niemand zu Schaden gekommen, aber im Rahmen eines 24-h Rennes hat der Fahrer eine ehemaligen DTM-Fahrzeuges in Höhe Schwalbenschwanz die Kontrolle über sein Auto verloren und ist von der Strecke abgekommen. Er schlitterte dann ca. 100 m auf der Leitplanke entlang, bäumte sich kurz vor uns noch einmal auf (ich konnte den Unterboden sehen) und blieb dann wenige Meter von uns entfernt liegen. Wir haben uns schon ein wenig erschrocken. Dem Fahrer ging es offenbar gut. Zumindest verlangte er nach einer Zigarette und einer Dose Bier.

Ich besuche das 24-Sunden-Rennen auf dem Nürburgring seit 1988 und es hat nur wenig mit dem gemein, was einem in den Medien vermittelt wird. Natürlich geht es auch dort hauptsächlich darum, seinen Spaß zu haben. das hat aber nichts mit der Menge des Alkohols zu tun, den man dort konsumiert. Um das 24-Stunden-Renner herum, gibt es eine Reihe weiterer Veranstaltungen, die zum Teil auf dem Grand Prix Kurs stattfinden. Dazu gehört zum Beispiel die Youngtimer Trophy.

Gut, da daß ein Erfahrungsbericht sein soll, schildere ich einfach mal, was ich so alles mache an und vor dem Wochenende.
Wir sind in der Regel eine Truppe von ca. 5-6 Leuten. Früher waren es mal deutlich mehr, aber im Laufe der zeit haben sich eben die Prioritäten verschoben (Kinder, Heirat, was auch immer).
Wir fahren auch nicht erst zum eigentlich Rennwochenede an, sondern sind bereits am Dienstag oder Mittwoch dort, um entsprechend gute Plätze auf dem Platz zu bekommen und ein Arteal für uns abzusperren. Das sind auch keine Campingplätze im eigentlichen Sinne, sondern von der Nürburgring bzw,. vom Veranstalter angemietet Wiesen, die nicht für andere Zwecke genutzt werden. Die Vorbereitung auf diese Rennwochenende laufen immer schon ein paar Tage früher an, denn es gilt einiges zu beachten.
Das ist besonders dann so, wenn mal mit dem Zelt unterwegs ist und nicht, wie das ja mittlerweile auch viele machen, mit dem Wohnmobil oder dem Wohnwagen. Als erstes geht es darum, zu entscheiden, was man mitnehmen muß und worauf zu achten ist.

Kleidung:
Das ist insbesondere für die Kleidung so. Da in der Eiffel das Wetter ja wirklich innerhalb weniger Minuten umschlagen habe ich mir allerdings angewöhnt, immer alles mitzunehmen. Es kann vorkommen, daß man morgens mit nackten Oberkörper und nachmittags mit Pullover und Jacke rumläuft. Ausserdem sollte man auf alle Fälle Regen einkalkulieren, egal wie das Wetter auf seinem Heimalplaneten auch gerade ist. Regenschirme machen allerdings wenig Sinn, da mit dem Regen in der Regel auch der Wind kommt. Ich habe mir für solche Fälle einen Regenponcho aus einem Armeeshop besorgt.
Als Fußbekleidung empfehle ich Springerstiefel.
Ausserdem sollte jeder eine Kappe als Kopfbedeckung mitnehmen (empfiehlt sich besonders bei Leuten ab meinem Baujahr mangels Haare), weil bei Sonnenschein diese auch brennt wie die Hölle.
Wenn man vorhat, nachts an der Strecke sitzen zu bleiben (was echt cool ist), sollte man auf alle Fälle auch Handschuhe haben.
Darüber hinaus nimmt man halt mit, was man zu jedem anderen Campingausflug auch mitnehmen würde.

Körperpflege und sonstige Hygiene:
Wer pingelig ist und großen Wert auf seine tägliche Hygiene legt, hat es an der Nordschleife schwer. Das putzen der Zähne ist noch ohne Probleme zu bewerkstelligen, aber darüber hinaus wird es schwierig. Es gibt hier keine Duschmöglichkeit und wird fahren im Bedarfsfall nach Adenau oder eine andere umliegende Ortschaft, um dort das Schwimmbad bzw. die dortigen Duschen zu benutzen. Um aber Mindestmaß an Hygiene sicherstellen zu können, ist es ratsam, seinen eigenen Wasservorrat mitzunehmen (20-30 Liter). Es werden zwar auch Wasserwagen aufgestellt, aber wenn die leer sind, muß man sehen wo man bleibt. Ausserdem hat man dann auch gleich Wasser zum Kaffee kochen.
Abstriche zu machen gilt auch beim Gang zur Toilette. Es handelt sich dabei um die altbekannten Dixi-Klos. Diese werden zwar täglich erneuert, aber was heißt das schon bei 200.000 Besuchern?
Hier empfehle ich eigenes Toilettenpapier und eine Flasche Desinfektionsspray. Bitte nicht in den Wald gehen und dort sein Geschäft erledigen. Wie das bei einer solchen Besuchermenge aussieht, kann sich wohl jeder vorstellen.

Verköstigung:
Nun gut, das macht halt jeder nach seinem Geschmack. Bei uns wird eigentlich fast nur gegrillt. Wir haben uns angewöhnt, zwar ordentliches Besteck mitzunehmen, aber des weiteren bengügen wir uns mit Papptellern bzw. Plastickbechern. Das wird nicht jedem schmecken und ist auch nicht gerade umweltfreundlich, aber wir machen es so.
Was uns zum nächsten Punkt bringt.

Umwelt:
Wichtig ist eben, daß man seinen Abfall nicht in die Botanik wirft, wie es leider viel zu häufig gemacht wird. Dabei wäre es nicht nötig, da man bei der Einfahrt auf den Platz eine Müllsack und einen gelben Sack erhält. Den kann man sogar auf dem Platz stehen lassen. Er würde dort auch entsorgt vom Veranstalter, noch besser ist es aber, daß selbst in die bereitstehende Container zu tun. Das gleiche gilt eben auch für mitgebrachte Bierdosen u.a.
Leider haben wir die Erfahrung gemacht, daß manche Leute ihre alten Möbel (!) mitschleppen, sie dort benutzen und dann den ganzen Plunder liegenlassen. Das sind dann genau solche Leute, die in den Medien zu sehen sind.

Sonstiges:
Darüber hinaus gibt es noch so einiges, was nützlich sein kann. Nehmt auf alle Fälle eine Taschenlampe oder ähnliches mit. Ich bevorzuge eine Petroleumlampe, weil ich mir an der nachts an der Strecke auch noch die Hände wärmen kann. Ober aber ich stelle sie unter meinen Campingstuhl, werfe meinen Poncho über und werde so richtig durchgewärmt. Ausserdem kann man sich sonst auf dem Weg zum Zelt oder zur Toilette den Hals brechen, denn es gibt an der Strecke keine befestigten Wege. Für alle, die mit den Zelt dorthin wollen, kann ich nur sagen: Nehmt die großen Heringe zur Sicherung!!

Dazu kommt dann noch das Zelt, ein vernüftiger Klappstuhl, eine Wolldecke, Schalfsack, Isomatte, Klappspaten, Säge, Kleidung zum wechseln, Grill, Holzkohle, Kühltasche, Isolierband, eine Rolle Schnur, Plastikfolie, Akkuschrauber, Dachlatten, Tacker, Nägel, Schrauben und vieles mehr.

Ich würde dazu raten, ein Stück Folie unter das Zelt zu legen. Zum einen wegen des Schwitzwassers, zum anderen aber auch wegen der Unwägbarkeiten des Wetters. Wir hatten bereits Jahre mit 30 und mehr Litern Regen pro Stunde und Quadratmeter.

Außerdem kann man Folie (daher auch Dachlatten, Tacker und Akkuschrauber und sonstiges Werkzeug) auch benutzen, um sich einen behelfsmäßigen Unterstand zu bauen.
Dieser wird von uns komplett wieder entsorgt bzw. abgebaut.
Der Klappstuhl sollte wirklich bequem sein, denn worauf man 1 Stunde gut sitzen kann, erweist sich manchmal als regelrechter Kreuzbrecher.

Ich empfehle auch ein Radio mitzunehmen. Weniger wegen der Musik, denn die bekommt man am Zelt umsonst, als vielmehr weger der Zwischenergebnisse. Man verliert sonst spätestens nach dem ersten Boxenstop den Überblick über die Positionen, Ausfälle und sonstige Ereignisse. Wenn Ihr Euch noch ein Programmheft kauft, damit Ihr auch wißt, wer in welchem Team fährt, kann eigentlich nichts mehr schief gehen.

Was braucht man sonst noch?
Eigentlich nichts. Außer die Eintrittskarten natürlich.

Kosten:
Die Karten bekommt man im Vorverkauf ein wenig billiger (z.B. wenn man MG im ADAC ist).
Behinderte und Jugendliche im Alter zwischen 13 und 17 Jahren zahlen 50%, Kinder darunter in Begleitung Erwachsener haben freien Eintritt. Die Karten für Erwachsene kosten für Donnerstag bis Sonntag einschließlich 36 Euro. Da sind allerdings die Preise für den Besuch des Fahrerlagers noch nicht drin. Der kostet noch mal ein paar Euro extra, lohnt aber manchmal. So kann man mal einen alten Rennreifen abstauben oder sieht den einen oder anderen Promi.
Wenn ich alles zusammenrechne, komme ich für so ein Wochenende auf ca. 120 Euro inkl. Sprit, Verpflegung, Getränke u.a. wie z.B. Küchenrollen, Petroleum, Müllsäcke und andere Kleinigkeiten.

Was bekommt man dafür?
Ich kann nur sagen, es ist im Motorsportzirkus einmalig. Motorsport zum anfassen sozusagen. Das Flair dieser Rennstrecke ist einmalig, der gebotene Sport hat größten Unterhaltungswert, die Landschaft ist schön und auch der absolut überwiegende Teil der Zuschauer ist völlig in Ordnung. Man kommt schnell in Kontakt zu anderen, da die meisten ja ähnliche Interessen haben. Wer bereit ist, auf ein paar Annehmlichkeiten (z.B. Schlaf oder Hygiene) zu verzichten, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Ich habe hier die Gelegenheit, mal wieder mit alten Bekannten über Gott und die Welt zu quatschen, dazu gemütlich ein Bier zu trinken, nett zu essen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Mancher wird sagen, daß er das zu Haus im Garten auch kann. Ok, das mag sein, aber das hier habe ich nicht jeden Tag.

Termine:
Übrigens findet das Rennen in den letzten Jahren immer am Wochenende um Fronleichnam statt (also in diesem Jahr ab dem 10. Juni ).

Noch ein Tipp zum Schluß:
Entweder wartet man das Rennen bis zum Schluß ab und baut dann erst Zelt ab und packt zusammen oder man macht das vorher und fährt eine Stunde vor Rennende. Es bricht nämlich regelmäßig ab 16:00 die Hölle los und sowohl die Landstraße Richtung Autobahn als auch die Autobahn selber sind völlig dicht.

Für die, die das Rennen nicht so interessiert oder die einfach nur mal schauen möchte, sei gesagt, daß man die Nordschleife auch mit seinem Privat PKW befahren darf. Das geschieht allerdings auf eigene Gefahr und die normale Haftpflicht oder Vollkasko kommt für eventuelle Schäden nicht auf. Die Preise für eine Runde liegen bei 14 Euro pro Auto oder Motorrad.

Aber auch Adenau und die Landschaft drumherum ist durchaus sehenswert, so das sich ein Tagesausflug allemal lohnt.

Etwas wichtiges noch zum Schluß: Auch wenn man Motorsport-Fan ist, sollte man sich darauf beschränken, diesen dort auszuüben, wo er hingehört, nämlich auf der Rennstrecke !! Leider sehe ich sie auch jedes Jahr wieder, die Leute, die vom Ring kommen und dann meinen, sie müssten das alles nachspielen. Das ist nicht Sinn und Zweck der Veranstaltung. Wer meint, er müsse rasen, tut das bitte, ohne andere zu gefährden.

Ich für meinen Teil freue mich schon wieder sehr darauf und hoffe, daß ich dem einen oder anderen ein wenig helfen konnte, auch wenn das Geschriebene natürlich rein subjektiv ist.
Wenn Euch noch etwas fehlt, so schreibt das bitte in die Bemerkungen und ich ergänze den Artikel entsprechend.

Gruß, The Real Thing

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