Oberhausen Testbericht

Oberhausen
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Erfahrungsbericht von Musical-World

Falco trifft Amadeus: FMA im TheatrO CentrO

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Nachdem der kleine grüne Drache Tabaluga seine Flügel traurig im eigens für dieses Stück konzipierten TheatrO CentrO im Oberhausener Einkaufszentrum eingepackt hatte, blieb es bis Dezember 2001 still in der eindrucksvollen Stahlkonstruktion mit dem grünen Drachenkopfdach. Doch nach dem kurzen, aber erfolgreichen Weihnachtsmusical vom "Geist der Weihnacht" zieht am 4. April wieder Leben in die verwaiste Bude ein, wenn für ca. 1 Jahr dort Falco seinem antiken Alter Ego Amadeus allabendlich begegnet.
5 Tage vor der offiziellen Premiere besuchte ich die Vorpremiere der Show, die von Elmer Ottenthal von Berlin, wo sie am 13. Mai 2000 uraufgeführt wurde, in den Ruhrpott geholt wurde.

Vor dem Theater schmücken nur relativ kleine Plakate die triste Fassade, im Foyer schwebt eine überdimensionale E-Gitarre über der Haupttreppe und an den Wänden kündet ein Warhol-verzerrter Mozart von dem zu erwartenden Ereignis; ansonsten ziert die Spielstätte eine erschreckende Unpersönlichkeit und betonlastige Kühle, die nicht gerade Theaterstimmung aufkommen lässt (bleibt zu hoffen, dass bis zur tatsächlichen Premiere zumindest ein Merchandising Shop mehr Atmosphäre aufkommen lässt).
Im Theater selbst ist fast alles beim Alten geblieben: vor der normalen Hauptbühne zieht sich ein langer und neu verbreiterter Laufsteg in die beinahe kreisförmige Publikumsarena, zwei kleine Satelittenbühnen direkt im Publikum sind noch genauso vorhanden wie die riesigen Projektionswände beidseitig der Bühne, aus der hoch oben zwei weitere Plattformen ausgefahren werden können. Zahlreiche Scheinwerfer lassen auf ein aufwendiges Lichtdesign hoffen.
Doch besonderes Aufsehen erregen mehrere Kamerateams von RTL: die gesamte Show soll aufgezeichnet werden (ich muss sogar meinen Platz räumen, da ich den Blickwinkel der Kamera einschränke - aber wenn dabei ein besserer Platz herausspringt, warum nicht?).

Mit 10 minütiger Verspätung (die Kameraleute mussten noch das Licht abgleichen) beginnt die Show mit einem kleinen Falco-Knirps, der darauf hinweist, dass Bild- und Tonmitschnitte nicht erlaubt sind (was machen die surrenden RTL-Kameras eigentlich?) und sich mit einer ultra-coolen Handbewegung durch das gegeelte Haar fährt und damit die Sympathie des Publikums gänzlich für sich gewinnt.
Doch diese Ansage bleibt für lange Zeit die letzte deutliche Aussage des Musical-Nachmittags: das Buch von Burkhart Driest mit den ach so tiefsinnigen gereimten Dialogen in einem Mix aus unverständlichem Wiener-Englisch verdeutlichen nicht gerade die wirre und konstruierte Story aus drogenvernebeltem egoistischen Starkult, Seitenspung-Exzessen, Verrat und Betrug durch Manager und Presse und der Pakt mit dem Teufel in Form eines weiblichen Kommissars, die dem verkannten Genie Falco nicht die wahre Liebe gönnt.
Obwohl im Vorfeld der Produktion mit noch verrückteren Kostümen und spektakulärerer Inszenierung als in Berlin geworben wurde, hat man unglücklicherweise an der verdrehten Handlung kaum etwas verändert, denn gerade hier hätte Nacharbeit investiert werden müssen. Und so ziehen sich schauspielerisch sicherlich anspruchsvolle, aber für das Publikum schnell ermüdend lange Dialogsequenszen durch den ersten Akt, ohne die Handlung auf der Bühne adäquat zu erläutern oder zügig voranzutreiben. Es bleibt mir in Bezug auf die Handlung nur der Verweis auf meine DVD-Kritik zu "FMA" (siehe unten!), denn ohne ein erläuterndes Programmheft, welches zur Vorpremiere noch nicht erhältlich war, sind mir weitergehende Einblicke in den wirren Handlungsablauf leider durch die Bühnenshow versagt geblieben. Einzig wenn der arme Diener Joseph das Auto waschen oder das Baby wickeln muss, kommt bei den Dialogpassagen so etwas wie Humor über die Bühne...

Aber wenn die Dialog-Duelle zwischen Falco und Mozart eine kurze Pause einlegen und ein Falcohit in modernem Arrangement so üppig aus den Boxen donnert, dass dies unmöglich allein der Verdienst des auf der Bühne arrangierten kleinen Orchesters sein kann (Herr Ottenthal ist seit "Gambler" und "Gaudi" bekannt für seine beeindruckenden Orchesteraufnahmen, die bei diesen Produktionen gänzlich vom Band kamen), vergisst der Zuschauer schnell die Längen des Stückes. In prachtvoll choreographierten Tanzsequenzen, die so manchem Videoclip von MTV die Show stehlen, zeigt sich mit einem enthusiastisch engagierten Cast die eigentliche Qualität des Musicals: auf den Punkt perfekt dargeboten, werden die Klassiker der 80iger Jahre von "Der Kommissar" über "Sound Of Music", "Titanic" bis zu "Out Of The Dark" und "Coming Home" zu einem optischen Leckerbissen.
In phantasievoll wechselnden Kostümen in stimmungsvoll wechselndes Licht getaucht, machen besonders die erotischen Knaller "Jeanny" und "Push! Push! Push!" im wahrsten Sinne Lust auf mehr!
Hier zeigt sich auch die Besetzung der Hauptakteure, die schon in Berlin überzeugten, als Glücksgriff: Axel Herrig ist als "Egoist" Falco ein beängstigend gutes Double des verstorbenen Idols und Enfant terrible Martin Moss zeigt in "Dance Mephisto", dass er den "Raab der Woche" als durchgeknallter Schreihals, den phonetisch schon lange niemand mehr verstehen kann, zurecht verdient hat, trotzdem aber noch höllisch gut sein kann, wenn ein diabolischer Manager dargestellt werden muss, der eine Kathedrahle mit braven Hochzeitsgästen im Nu in eine Hölle mit orgastischem Gelage in Lack und Leder verwandeln kann...
In den Tanzsequenzen wurden alle Register der neuen Spielstätte gezogen: aus den Seitenbühnen erscheinen leicht bekleidete Damen, an die Projektionsflächen werden Filme eingespielt, die teilweise ans "Blair Witch Project" erinnern, und im Himmel schwebt Amadeus an Seilen über dem Publikum, die noch vor nicht allzu langer Zeit Tabalugas Mond oder Lillis Herz durch die Lüfte zogen.

Beim Vorpremieren-Publikum und mir ist der Funke (besonders im zweiten Akt) dann also doch noch übergesprungen: Standing Ovations und langer Applaus sowie die lauthals vorgetragenen Rufe nach einer Zugabe mussten vom Abendspielleiter schließlich mit dem Kommentar: "Wir sind auf so eine begeisterte Publikumsreaktion leider noch nicht vorbereitet! Eine Zugabe ist aus technischen Gründen nicht möglich, Frohe Ostern!" beendet werden.
Die Zukunft wird zeigen, ob FMA Oberhausen endlich den ersehnten Erfolg eines großen Musicalhits bescheren kann - und vielleicht gibt es dann auch die ersehnte Zugabe!

Fazit: Unerträgliche Dialoge in verwirrender Handlung mit grandiosen Gesangs- und Tanzeinlagen, die für alle Unzulänglichkeiten des Buches entschädigen.


Technische Daten:
Original Besetzung: Axel Herrig, Martin Moss, Hans Alberts
TheatrO CentrO Oberhausen
Musik und Texte: J. Hölzel, Bolland & Bolland, W.A. Mozart
Aufführungsdauer: ca. 150 min.
Uraufführung: 4. April 2002


Die DVD:

"Der musikalische Aufstieg und Fall eines Genies" - so ist Burkhard Driests Musical "Falco Meets Amadeus", welches am Theater des Westens in Berlin unter der Regie von Elmer Ottenthal zu sehen ist, untertitelt. Zu 13 klassischen Falco-Songs gesellen sich 3 klassische Lieder von Wolfgang Amadeus Mozart und schon ist der Titel des Stückes gerechtfertigt. Aber was steckt wirklich hinter der Kombination der beiden österreichischen Multitalente, die hier so schonungslos miteinander verglichen werden? Mit der DVD- und Videoproduktion können Sie sich dieses Machwerk in die eigen vier Wände holen und selbst urteilen...

Falco ist in der Krise: seine Platten verkaufen sich schlecht und ihm fällt partout kein neuer Song ein. Und als ihn seine Freundin Jeanny verläßt, schmiedet Manager Zuweger den Plan, Falco verschwinden und für Tod erklären zu lassen, denn merke: Platten von Toten verkaufen sich besser. Um den Ruhm wieder anzuheizen, geht der von Ödipus-Komplexen gejagte Künstler sogar einen Pakt mit Tod und Teufel in der Gestalt des Kommissars ein. Doch bei seiner opulenten Beerdigung tritt der Sänger plötzlich wieder ins Leben. Konny will er auch noch heiraten, obwohl sie heimlich schwanger vom eifersüchtigen Manager ist. Baby Europa hat demnach auch einen dunklen Teint, aber Papa Falco erkennt im Drogenwahn eh nicht mehr die Wahrheit. Nur gut, daß er in seinem Alter Ego Amadeus einen inspirativen Freund gefunden hat. Erst sein Diener klärt Falco über die katastrophalen Folgen der Drogenexzesse auf: Falco kein Papa und pleite, aber dafür mit unzähligen Affären. Klar das der Tod seinen Pakt nun einfordert. Im Himmel treffen sich dann alle beim Sound Of Musik wieder...

Wenn Sie nun glauben, verehrter Leser, daß ich diese Inhaltsangabe rein aus dem Genuß der DVD gezogen habe, muß ich Sie enttäuschen. Ohne Vorkenntnisse des beiliegenden Booklets erschließt sich der geschilderte Handlungsverlauf nicht. Viel zu wirr ist das Kauderwelsch aus Deutsch, Englisch und Französisch, das in hohen Reimen oft unverständlich über die Bühne schwebt, als daß man genau wüßte, was dort gerade abgeht. Das ganze Stück ist wie im Drogenrausch szenenhaft unzusammenhängend erzählt. Hinzu kommt ein textlich gänzlich unverständlicher Martin Moss (vormals der ausgeflippte Puppet-Master in Gaudi), der bei ?Dance Mephisto? zwar eine tänzerisch brillante Show abliefert und gesanglich so mancher Christine das zweigestrichene "C" buchstäblich aus dem Munde singen kann, aber man versteht halt kein Wort...

Aber ist FMA deshalb ein Flop? Eindeutig nein! Denn sieht man mal von dem grauenhaften Buch ab, bekommt man hier einiges geboten. Zunächst einmal erklingen die wohlbekannten Falco-Songs im modernen, durch Orchester aufgepepptem Sound. Bühnenbild und Kostüme überraschen immer wieder durch stilvolle und imposante Einfälle, die durch raffiniertes Lichtdesign richtig zur Geltung kommen und selbst einem Madonna-Video den Rang ablaufen könnten. Der größte Pluspunkt der Show ist die von Kim Duddy und Jochen Ulrich kreierte Choreographie mit wirklich guten Tänzern und - last but not least - die guten Hauptdarsteller.
Hier nahm Regisseur Elmer Ottenthal so manchen "Star" aus seinen Werken "Gaudi" und "Gambler" mit nach Berlin: Martin Moss als Manager, Leon van Leeuwenberg als Diener Joseph und Annika Bruhns als Kommissar und Tod. Barbara Ferun steuert durch ihre wohlklingende Opernstimme als Ehefrau Konny bei der Interpretation ihrer Mozart-Arien einen gelungenen Kontrast zum bassbetonten Rock-Pop der übrigen Songs bei. Axel Herrig gibt seinen Falco schon rein äußerlich perfekt wieder (auch wenn ihm noch ein letzter Tick Coolness des Originals fehlt) und Joachim Schweizzer ist als Amadeus auch nicht aus dem letzten Jahrtausend.

Die DVD vermag dieses wirre Bühnenspektakel in satten 4:3-Bildern einzufangen, auch wenn die Schittechnik zu viel Wert auf die Hauptakteure legt und man nicht immer die grandiosen Tanzsequenzen mitbekommt. Doch dafür haben die Produzenten die Multiangel-Funktion als nettes Extra eingeführt, so daß man alle Schlüsselszenen gleich in 2 Kameraperspektiven erleben kann. Leider ist es mit dem Ton nicht so optimal gelaufen. Die Live-Aufnahme ist nicht immer perfekt ausgesteuert (ganz anders als die ebenfalls erhältliche Studio-Aufnahme auf CD) und so verzichtete man von vornherein auf 5.1 Dolby Digitalsound - Schade!
Fast sehenswerter als die Show ist das 45 minütige Making Of, bei dem man vom ersten Casting bis zur Premiere dabei ist und alles von den Hauptdarstellern erfährt. Mein Tipp: zum besseren Verständnis der Handlung sollte man sich das Making Of vor dem "Hauptfilm" ansehen oder aber zumindest das Booklet aufmerksam gelesen haben. Denn erst dann kann "Falco Meets Amadeus" überzeugen.

Fazit: Wenn schon Falco als Musical, dann FMA!

Technische Daten:
Regionalcode: 2
Sprachen: Deutsch Dolby-Digital 2.0
Untertitel: keine
Länge: 100 min + 45 min Making Of
Hersteller: Universal

10 Bewertungen, 2 Kommentare

  • penalty

    05.04.2002, 11:50 Uhr von penalty
    Bewertung: sehr hilfreich

    Werde mir das wohl wirklich anschauen ......hört sich prima an ...... gruß penalty

  • Netti1982

    05.04.2002, 11:48 Uhr von Netti1982
    Bewertung: sehr hilfreich

    ist trotzdem nichts für mich... MfG Netti