Oceanborn (New Version) - Nightwish Testbericht

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ab 13,12
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003
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Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von Tut_Ench_Amun

Der Pharao segelt zum Orion

Pro:

Innovative Klang-Kompositionen, "Rondo Veniziano" für Metaller, der Powergesang von Tarja, Keine wirklichen Durchhänger im gesamten Album

Kontra:

...nöö, nicht doch ;-)

Empfehlung:

Ja

Der olle Pharao meldet sich diesmal wieder mit Musik aus dem Hartwurst-Sektor zu Wort, ein gewisser \"Wunschmeister\" (Name von der Red. geändert) hat mich dezent gefragt, ob ich mich zu NIGHTWISH – OCEANBORN denn nicht schreibtechnisch ereifern möchte. Wohlwissend, dass Merkwürden ein Faible für finnischen Metal hat, standen die Chancen für das Anliegen natürlich nicht schlecht *g*. Mit Nightwish bin ich (leider) erst recht spät in Kontakt gekommen und zwar erst, nachdem ich mich begann für die Austro-Combo EDENBRIDGE zu interessieren. Von vielen Seiten wurde mir mitgeteilt, dass der Stil der beiden Formationen nicht unähnlich ist und eine grosse Gemeinsamkeit aufweisen: Die Lead-Vocals werden von Frauen gesungen und auch die Instrumentierung bzw. Musik geht ungefähr in die gleiche Richtung. „Oceanborn“ war meine erste CD der Nordlichter, und zwar aus dem einfachen Grund, dass Track 9 mich vom Titel her auf der Rückseite des Covers sofort ansprach (irgendwie klar, oder?). So habe ich mir die Neuauflage des Albums dann für 12,99 € bei MediaMarkt gegönnt. Auch wenn diese 1998er Produktion nicht die Neueste ist und die Finnen noch andere Alben am Start haben, so war dieser eine Song quasi kaufentscheidend. Hören wir denn mal rein, was gerade dieses Werk (das in den Augen vieler, das Beste Album von Nightwish ist) sonst noch zu bieten hat und was es auszeichnet...

Der Steckbrief
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Titel: „Nightwish - Oceanborn“
Ersterscheinung / Land: 1998 - Finnland
Genre: Epic Metal
Label: Spinefarm Records
Gesamtlaufzeit: etwa 55 Minuten*
Abmischung: ADD (nicht vermerkt)
Tracks: 10 +1 *
EAN: 641 787 1 0 16 728
Preis: zwischen 12,99 und 14,99 €

Band LineUp:
Tarja – Lead Vocals
Jukka – Drums & Percussion
Emppu – Guitars
Sami – Bass
Tuomas – Synthies & Piano
Gäste:
Flöte - Esa Lehtinen
Streicher - Plamen Dimov, Kaisli J. Kaivola, Markku Palola, Erkki Hirvikangas
Growlparts (Teufel und Pharao) - Wilska

*) Die Neuauflage der CD enthält den Bonustrack „Sleeping Sun“.

Die Pflicht - Der Tonträger
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Leider gehen immer mehr CD-Hersteller dazu über nicht mehr zu verzeichnen, auf welche Art das Material auf dem Tonträger abgemischt wurde. Daher bleibt mir auch bei dieser Scheibe nur der Weg über den Spectroanalyzer meines Computers um ungefähr herauszufinden, was Sache ist. Davon ausgehend, dass Anno 1998 DDD-CDs noch nicht sehr in Mode (und entsprechend teuer zu produzieren) waren, ist der Fall ziemlich klar: ADD würde ich jetzt mal ganz kess sagen. Das Frequenzband ist ausgewogen mit Hang zum Kick- bzw. Midbass. Die Dynamik ist an einigen Stellen etwas eingeschränkt doch nur Besitzern mit gutem HiFi-Equipment dürfte das gehörmässig auffallen – wenn überhaupt. Der Computer jedoch ist darin penibel und unbestechlich *g*. Apropos Computer: Auch die Neuauflage ist nicht mit einem Kopierschutz versehen, lässt sich also auch in PC-Laufwerken und zickigen Home-Playern ohne Probleme abspielen. Als Dreingabe hat sie dafür aber Nummer 11 als Bonus-Track spendiert bekommen, welcher das Werk um 4 Minuten und 20 Sekunden verlängert. Kopierschutz: Out - Bonustrack: In...so mag ich das .. ;-)

Technische Wertung:
Dynamik: **** (geht in Ordnung)
Bass: **** (sehr Mid-Bass lastig)
Höhen: ***** (nichts zu meckern)
CD-Text: - Fehlanzeige, Schade!...No Points –
CD - Gimmicks / Extras: Nur der Bonustrack
Kopierschutz: ***** (keiner vorhanden)

Die Kür – Die Tracks
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STARGAZERS (4.27)
Der Opener des Albums legt mit Bombast-Synthies los und wird sogleich von den sich hoch schraubenden Gitarren begleitet. Der Schlagzeuger legt sich mächtig ins Zeug um Tempo zu generieren, bis Tarjas kräftige Stimme auch endlich zum ersten Mal erschallt. Souverän und flott bewegt sie sich durch den Text und man ist erstaunt über die Bandbreite ihrer Stimmbänder...naja, nicht wirklich, schliesslich hat sie die entsprechende Ausbildung. Nach der Hälfte des Songs findet ein Tempiwechsel statt und das Gitarrensolo im Verbund mit dem Keyboard und der Flöte gegen Ende setzen diesem tollen Stück die Krone auf. Na, das fängt ja schon mal gut an mit der Scheiblette...

Gesamtbewertung: [9,5/10]

GETHSEMANE (5.21)
Gethsemane gehört zusammen mit Track 8 „The Riddler“ zu den etwas rockigeren Mid-Tempo Titeln, die durch innovative Instrumentierung und deren Zusammenstellung glänzen. Im Verbund mit den obligatorschen elektrisch verzerrten Klampfen und dem stuckernden Bass, dürfen auch die 4 klassischen Saitenverbieger mal zeigen, was sie drauf haben – zur Hilfe eilt ihnen die Flötistin, beide Fraktionen dürfen hierbei solieren und die Metal-Komponente tritt dabei in den Hintergrund. Zum Schluss hin möchten die Metaller aber dann auch mal wieder mitspielen und Tarja ein wenig singen, schliesslich ist das hier ja doch Schwermetallmucke und nicht etwa der Soundtrack zum Herrn der Ringe oder sowas...*g* Ein überaus gefälliges Stück mit gut gesetzten Geschwindigkeitswechseln und Abwechslungsreichtum.

Gesamtwertung: [8/10]

DEVIL & THE DEEP DARK OCEAN (4.46)
Track 3 präsentiert und zum ersten Mal Wilskas dunkle Growl-Stimme in Gestalt des Teufels, beachtenswert, dass man Text dennoch gut verstehen kann und dass dort sogar eine Melodie zu finden ist. Der Beginn an sich ist schon schön fix mit Synthesizer und Gitarrenriffs durchsetzt bevor der Beelzebub zu seinem Sprechgesang ansetzt, noch schneller wird\'s kurz bevor Tarja ihren Senf dazugibt: Schrammelnde Saiteninstrumente, allen voran die Gitten legen einen unverschämten Takt vor, der vom knackig perlenden Bass unterstützt wird. Doch auch die Streicher sind nicht eingeschlafen und fiedeln ordentlich mit bis die Bögen glühen. Die Gesamtkomposition ist hervorragend ausgewogen mit Tempiwechseln und untergemischtem Meeresrauschen, was immer den grummelnden Teufels-Sing-Sang begleitet. Ein Spitzensong, der mehr als anderen in Richtung bombastischen Power-Metals geht, ausgenommen mal Track 9, der auf die gleichen Tugenden baut. Genial!

Gesamtbewertung: [10/10]

SACRAMENT OF WILDERNESS (4.12)
Ahhhh Metal! Wilderness, der Name ist Programm: Schnelles Schwermetall, mit allem was dazugehört, ein fulminanter Klangteppich aus der Hand des Gittareros und hektisch treibende Bässe kombiniert mit dem kraftvollen Powergesang von Tarja. Da nickt der Schädel ganz unwillkürlich im Highspeed Takt mit ob lange Haare oder nicht. Die Klassik-Elemente stehen hier ein wenig zurück und die Combo frönt mal fast ganz für sich alleine dem Bombast-Metal, ohne sich um Streicher oder Flötenspiel kümmern zu müssen...is ja auch mal nett, zur Abwechslung frank und frei abhotten zu können *g*. Das Tempo variiert nur wenig aber dafür wohldosiert, damit sich auch mal ein kleines Solo verstohlen einschleichen kann, bevor der Bär wieder beginnt zu steppen. Der Tiefbass könnte meinethalben noch wuchtiger hämmern, Kickbass ist ja schön und gut, doch ich hab\'s – wenn schon denn schon - gern noch tiefer im Frequenzkeller, das ist auch mein einziger (nicht sehr grosser) Kritikpunkt.

Gesamtwertung: [9/10]

PASSION AND THE OPERA (4.58)
Auch nicht unbedingt langsam, doch schon eher in den Mid-Tempo Bereich gehörend beginnt Track 5 recht flott mit Synthie und Rythmguitar. Der 4 Saiter E-Bass und die Gitten zeichnen sich auch hier wieder durch rotzfreches Spiel aus. Gesangstechnisch zieht Tarja, wie das „Opera“ im Titel zurecht vermuten lässt ihr gesamtes stimmliches Spektrum aus dem Hut respektive der Kehle. Das erinnert mich streckenweise an den Auftritt der „Diva“ aus Luc Bessons „The Fifth Element / Das Fünfte Element“, dort wäre dieses Stück als Soundtrack sehr gut aufgehoben, wenngleich es ein Fitzelchen schneller ist, als das „Original“. Wenn man bei diesem Album davon überhaupt sprechen kann, dann gehört Song 5 zu den etwas Schwächeren, einen gewissen Hang zu Arien sollte man hier schon mitbringen – sicherlich nicht jedermanns Geschmack, mir gefällt\'s aber ich hör ja auch so ab und zu Klassik ;-)

Gesamtwertung: [8/10]

SWANHEART (4.44)
Eine irisch klingende Flöte eröffnet diesen ruhigen Track, dicht gefolgt vom Gesang, der kurz darauf in einer Art Dopplereffekt vervielfacht wird, sodass es wie ein mehrstimmiger Chorus bestehend aus lauter Tarjas wirkt. Gegen 2.30 nimmt der Song dann etwas Fahrt auf und mutiert zu einer richtiggehenden Hymne mit schön knackiger Percussion und schluchzenden Sechs-Saiter Soli. Der Klangteppich trägt wunderschön locker-flockig bis zum Ende des Liedes hin, instrumental klingt dieser Track schlussendlich auch aus und hinterlässt eine wohlige Gänsehaut. Eine reinrassige Ballade ist Swanheart irgendwie nicht, aber verdammt nah dran ;-)

Gesamtwertung: [8/10]

MOONDANCE (3.13)
Ein reines Instrumental (naja, nicht ganz), dass mit Klavier eröffnet wird und mich von der Grundmelodie her an das Main-Theme von „Pinocchio“ erinnert, doch eigentlich verstärkt Elemente von russischen Volksweisen verwendet. Zwischen den Pianos, den Streichern und der Flöte, setzt sporadisch ein melodiöser, fetter Gitarrenteppich samt Schlagzeug schmissig ein. Verstärkt wird der Eindruck des russischen Einschlags gegen Ende, wenn der Chor aus Männerstimmen sein flottes „Hey!“ und „Hey-Ho!“ schmettert.

Gesamtwertung: [8/10]

THE RIDDLER (5.16)
Vom Start weg ist The Riddler rasant unterwegs und kommt ohne Umschweife auf sein fetziges Tempo hoch und da auf dem High-Pitch Level bleibt er auch für die meiste Zeit, mit einem einzigen leicht getrageneren Gesangspart gegen Ende der zweiten Strophe – die Ruhe währt aber nicht lang, es ist nämlich immer noch ein Metal-Scheibchen, dass sich im Player abrackert, Jawoll, das werden wir doch nicht vergessen haben? Rotzige und sehr schön anzuhörende Gitarrenriffs und eine markerschütternde Bass-Line verleihen dem Song eine verdammt rockige Atmosphäre. Der gute Rätsler ist noch ein gerüttelt Maß fixer unterwegs als das fast genauso rockige Gethsemane und für meinen Geschmack noch einen Tick „runder“ gelungen.

Gesamtwertung: [9/10]

THE PHARAOH SAILS TO ORION (6.27)
Logischerweise und aus absolut verständlichen Gründen für mich DER Track des Albums *g*...nein, mal ernsthaft: Das leicht orientalisch angehauchte Synthiestück und Geläut zu Beginn wird schon recht schnell von Wilskas dunkler und rauer Stimme abgelöst, der mit seinem Growl gegen den plötzlichen Knackbass und die schnarrende Rythmguitar antritt. Schon bald fällt auch Tarja mit ein und ist dabei ungewöhnlicherweise etwas höher in der Tonlage als sonst. Da die beiden sich begleitet vom flotten Piano und dem Gitarrenteppich bei ihrem Gesang abwechseln ist es kein Duett, sondern ein Dialog geworden, bei dem die beiden einige Passagen aus dem ägyptischen Totenbuch (dem „Amduat“) zum Besten geben. Auch die Flöte darf hier wieder solieren (ebenfalls orientalisch) und selbstmurmelnd lassen die 4 Gaststreicher auch nicht lumpen, bis sich der Song zum Finale Furioso hochgeschraubt hat. Neben Track 3 mein Top-Favorit auf der Scheibe.

Gesamtwertung: [10/10]

WALKING IN THE AIR (5.28)
Der ehemalige Closer des Albums ist eine ruhige und besinnliche Ballade mit schön getragener Melodie und Instrumentierung, auch hier ist neben Tarjas genialem Gesang die Flöte besonders hervorzuheben, doch auch das schluchzende Gitarrensolo weiss sehr zu gefallen. Der Bass ist friedfertig und plätschert schön langsam und zurückhaltend mit, ganz ohne übertriebene Kracher-Effekte. In den Intermezzi und gegen Ende kriegt der Hörer auch noch mal wieder ein paar motivierte Streicher in den Gehörgang gesäuselt, bevor der Track leise mit dem Xylophon ausklingt. Ein sehr würdiger und besinnlicher Closer fürs eigentliche Album, doch dank der Neuauflage ist hier noch nicht Schluss...

Gesamtwertung: [9/10]

*Bonustrack* SLEEPING SUN (4.03)
Ebenfalls ein recht getragenes Stück, dafür aber mit fetterem Bass ausgestattet, als der ehemalig letzte Track des Albums. Das Stück ist ein wenig temporeicher als „Walking In The Air“ und möchte sich damit ebenfalls als passender (Alternativ-)Closer empfehlen, dessen Funktion es ja schliesslich in der Neuauflage auch übernimmt. Dennoch kommt es an den vorhergehenden Titel nicht ganz ran, was bei weitem nicht bedeutet, dass der Song schlecht ist... ;-)

Gesamtwertung: [8/10]

Fazit
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Nightwish bietet eine hervorragende Klangvielfalt und Abwechslung auf diesem Album, sodass auch gerne wieder mal Genre-Fremde reinhören dürfen. Tarjas kräftige Gänsehautstimme, die ich irgendwo zwischen Sopran und Alt einordnen würde ist die eine Sache, doch ab und zu würzt auch ein nettes Growling des männlichen Counterparts Wilska (als Teufelsstimme und als Pharao) das Werk. Der Witz dabei ist, dass man diese Passagen trotzdem verstehen kann und sie sogar im Gegensatz zu so manchem anderen Interpreten überaus melodiös ausgefallen sind. Loben muss man den Aufwand sich richtige Streicher ( 2 Violinen, 1 Viola und 1 Cello) ins Boot zu holen, somit ist der Klang nicht aus der Konserve, das hört man auch deutlich heraus. Eins der seltenen Alben, die absolut keine Schwächen zeigen, dafür aber mit mindestens 2 - wenn nicht gar 3 oder 4 – herausragenden Hammertracks aufwarten kann. Klassik und Belcanto-Gesang meets Metal - Oceanborn macht es mir leicht, was anderes, als die epische 5-Sterne Wertung und die damit verbundene Hörempfehlung für alle die gute Musik mögen, kommt hier gar nicht erst in die Tüte.

SoLong & Shake Heads!

Der Sailing-Pharao

Warnhinweis:
Schnellklicker sollen sich in Finnlands weiten Wäldern verlaufen oder im Ozean jämmerlich absaufen...ohne Wiedergeburt versteht sich ;-)

18 Bewertungen