Paper Moon (DVD) Testbericht

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Erfahrungsbericht von Gemeinwesen
Warmherziger Sonntagnachmittagskintopp
Pro:
ein brillant fotografierter s/w - Film für Menschen mit Sinn für Zwischentöne
Kontra:
nichts - außer, dass er mit den Jahren leider etwas in Vergessenheit geraten zu sein scheint
Empfehlung:
Ja
Hanging over a cardboard sea
But it wouldn’t be make-believe
If you believed in me”
Der Mond, den man dort droben sehen kann,
Ist aus Papier, die See drunter von Pappe,
Doch sagtest du nur, du glaubst an mich, dann
Wär’ das alles nicht länger Attrappe.
(Übertragung ins Deutsche von mir)
Ort der Handlung: der mittlere Westen der USA zur Zeit der Wirtschaftsflaute in den 30er Jahren. Eigentlich hatte der windige Bibelverkäufer Moses Pray (Ryan O’Neal) nur einer seiner Liebschaften die letzte Ehre erweisen wollen – doch bevor er sich's versieht, haben ihm zwei ältliche Damen auch schon das Versprechen abgenommen, sich der Tochter der verblichenen Verflossenen anzunehmen und Waisenkind Addie (Ryan O’Neals Tochter Tatum O'Neal) bei einer Tante in Missouri abzuliefern. Als das Duo sich auf den Weg macht, ahnt Moses noch nicht, dass die kesse, Zigaretten rauchende Göre an seiner Seite selbst über einige kriminelle Energie verfügt, dank derer sich sein Einkommen schon bald bessern wird.
Mit seinem in vier Kategorien für einen Oscar nominierten Film gelang Regisseur Peter Bogdanovich („Is’ was, Doc?“) eine der schönsten Komödien der 70er. Im Erscheinungsjahr 1973 zählte „Paper Moon“ zu den fünf an der Kinokasse erfolgreichsten Filmen des Jahres; bei der Verleihung der Academy Awards erhielt die damals erst neunjährige Tatum O'Neal den Oscar in der Kategorie „Beste Nebendarstellerin“ und hält bis heute den Rekord als jüngste mit einem Oscar ausgezeichnete Schauspielerin.
„Paper Moon“ lebt vor allem von der sichtlich guten Chemie zwischen seinen beiden Hauptdarstellern sowie der brillanten Arbeit von Kameramann Laszlo Kovacs, dessen Bildgestaltung viel zur im besten Sinne unaufgeregten Erzählweise des Films beiträgt. Seine dank des häufigen Einsatzes von Weitwinkelobjektiven ungewöhnlich tiefenscharfe Schwarzweiß-Fotografie verleiht „Paper Moon“ den Charakter des Unmittelbaren, Quasi-Dokumentarischen: „Paper Moon“ ist warmherziges, zeitloses Sonntagnachmittagskino in der Optik eines IMAX-Films über den amerikanischen Mittelwesten der 30er Jahre.
Dank des gelungenen Transfers auf DVD kommt die eindrucksvolle Optik von „Paper Moon“ auch im heimischen Kino zu ihrem Recht: das Bild ist nahezu frei von Kratzern und anderen Störungen – angesichts des Alters des Films alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Die Extras der DVD bieten Klasse statt Masse: in drei Featurettes mit einer Gesamtspieldauer von etwas mehr als einer halben Stunde plaudern Regisseur Peter Bogdanovich, Produktionsdesignerin Polly Platt und, leider nur sehr kurz, Kameramann Laszlo Kovacs aus dem Nähkästchen; im filmbegleitenden Audiokommentar liefert ein erzählfreudiger Bogdanovich noch mehr szenenspezifische Hintergrundinformationen.
Wer übrigens über genügend Scharfsinn verfügt, um den in „Paper Moon“ vorgeführten Wechselgeld-Trick beim ersten Sehen als Betrug zu entlarven und die zum guten Gelingen erforderlichen einzelnen Schritte auf Anhieb nachzuvollziehen und zu reproduzieren, sollte eine Karriere als Taschenspieler ins Auge fassen. So charmant bekommt man einen Schmu selten vorexerziert – und die Bauernfängerei, die hier betrieben wird, ist wirklich sehr elegant.
So elegant, dass, schenkt man Bogdanovichs Ausführungen Glauben, auch Darsteller Ryan O’Neal die Gaunerei bis zuletzt nicht ganz durchschaut habe, sondern sich schlicht penibel an die Anweisungen der Regie gehalten habe.
R e s ü m e e
„Paper Moon“ ist kleines, feines Komödienkino für Kenner, das, um es mit dem Titel eines Songs von Dolly Parton zu sagen, eine Geschichte aus "the good old days, when times were bad" erzählt – ein nostalgisches Roadmovie für Menschen mit Sinn für Zwischentöne.
Die DVD mag den Wunsch nach einem Mehr an Ausstattung wecken, ist dafür aber grundsolide und garantiert frei von sich als „Making of“ tarnenden Werbefilmchen und lädt mit Qualität statt Quantität dazu ein, „Paper Moon“ wieder bzw. neu zu entdecken.
T r i v i a
Warum eigentlich „Paper Moon“?
Seinen Titel verdankt der Film dem Stück „(It’s only a) Paper Moon“, das Harold Arlen („Over the Rainbow“) für ein im Jahre 1932 am Broadway uraufgeführtes Stück mit dem Titel „The Great Magoo“ komponiert hat. Und mag auch das Stück, für das „Paper Moon“ ursprünglich geschrieben wurde, in Vergessenheit geraten sein – das Lied ist es nicht. Vielmehr ist „Paper Moon“ im Laufe der Zeit ein beliebter Standard geworden, den viele Größen des Jazz und Pop eingespielt haben. Besonders populär ist wahrscheinlich die Version von Nat King Cole; als Fan der großartigen Ella Fitzgerald möchte ich Interessierten ihre Aufnahme für das „The Harold Arlen Songbook, Volume 2” empfehlen, das ohnehin eine lohnenswerte Anschaffung für jeden ist, der gern Musik hört (Hörprobe unter http://www.vervemusicgroup.com/).
Seinerzeit ist übrigens eine LP zum Film erschienen, auf der sich neben „Paper Moon“ noch 14 weitere Stücke fanden, die im Film als „source music“ verwendet wurden. Eine entsprechende CD ist zwar bislang nicht veröffentlicht worden, aber mit ein bisschen Glück lässt sich die für den Film handverlesene Zusammenstellung von Stücken aus den 30er Jahren ja auch „Stück für Stück rekonstruieren“, denn schließlich wurde auf vorhandenes Material zurückgegriffen, das auch in anderer Form veröffentlicht worden ist.
Im Film ist der Mond aus Papier übrigens eine Rummelplatz-Attraktion, mit der zusammen man sich gegen Entgelt ablichten lassen kann (genau das tut Addie) – dass es sich dabei weder um eine Erfindung von Joe David Brown, dem Autor der Romanvorlage „Addie Pray“, noch um einen Einfall von Regisseur Peter Bogdanovich handelt, legt übrigens auch der Text des Songs nahe, in dem das billige, harmlose Amüsement, schöner Schein und Illusion eine wichtige Rolle spielen. Und was ist darin wohl „das einzig Wahre“? Natürlich die Liebe – und der kann es ja wirklich ganz egal sein, ob der Mond nun echt ist oder nur Kulisse.
Oder?
47 Bewertungen, 16 Kommentare
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31.12.2006, 19:30 Uhr von hjid55
Bewertung: sehr hilfreichsh & wünsch dir eine schöne Silvester Feier. lg Sarah
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18.03.2006, 13:18 Uhr von sascha6525
Bewertung: sehr hilfreichlg, Sascha6525
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17.03.2006, 23:49 Uhr von Ilka123
Bewertung: sehr hilfreichlg, Ilka123
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17.03.2006, 16:00 Uhr von topfmops
Bewertung: sehr hilfreich'n netter, kleiner Film
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17.03.2006, 15:49 Uhr von ch123
Bewertung: sehr hilfreichsh! lg, ch123
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16.03.2006, 08:50 Uhr von Naffy
Bewertung: sehr hilfreichGruß Naffy
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16.03.2006, 08:06 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichIch mag den Film.
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15.03.2006, 22:33 Uhr von WreckRin
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich, LG Sandra <br/>würd mich über Gegenlesungen freun
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15.03.2006, 22:18 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreich***sh***Lg, Christina
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15.03.2006, 22:12 Uhr von bigmama
Bewertung: sehr hilfreichSuper Bericht, LG Anett
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15.03.2006, 21:53 Uhr von topware2002
Bewertung: sehr hilfreich(((( sh ))))
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15.03.2006, 21:26 Uhr von MarkusH18
Bewertung: sehr hilfreichToller und informativer Bericht, deshalb ein "sehr hilfreich"!! Weiter so!! Gruß Markus!
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15.03.2006, 21:23 Uhr von Alphanova1
Bewertung: sehr hilfreichLg!!! Lukas
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15.03.2006, 21:10 Uhr von TheLick
Bewertung: sehr hilfreichdu hast eindeutig lyrisches Talent
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15.03.2006, 21:07 Uhr von steinchen512
Bewertung: sehr hilfreichSEHR HILFREICH! <br/>LG steinchen512
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15.03.2006, 21:06 Uhr von sindimindi
Bewertung: sehr hilfreichSchön geschrieben! :-) - die Übersetzung ist wirklich gelungen...Angilistik studiert? <br/>Anglistik...*seufz*
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