Peking Testbericht

Peking
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Erfahrungsbericht von LosGatos

Die Revolution entlässt ihre Kinder

Pro:

eine moderne Stadt

Kontra:

Smog

Empfehlung:

Ja

Noch nie war ich bislang in China gewesen, deshalb war ich ganz besonders erfreut, dass ich Ende November 2003, wenn auch etwas verspätet, doch noch dienstlich nach Peking reisen durfte.

Das Visum, das 6 Monate Gültigkeit hat, hatte ich mir unlängst besorgt. Und so startete ich an einem Freitag zusammen mit 2 Kollegen die einwöchige Reise mit einem Flug von München über Frankfurt nach Peking. Die Flugzeit Frankfurt-Peking beträgt etwa 9 Stunden. Dazu kommen 7 Stunden Zeitverschiebung, sodass wir am frühen Vormittag planmäßig in Peking landen konnten. Die Einreiseformalitäten sind schnell und wortlos erledigt. Und als dann endlich auch mein Koffer vom Fließband rollt, heißt es endgültig „Peking, da bin ich!“ Schnell stecke ich noch zwei 50-Euro-Scheine in einen Automaten und erhalte stattdessen fast 1000 Yuan zurück. Der Umrechnungskurs ist also nahezu 1:10.

Wir nehmen uns ein Taxi, das uns zu unserem Hotel bringt. Für die ca. 20minütige Fahrt über eine gebührenpflichtige Autobahn zahlen wir umgerechnet um die 6 EUR. Auch in den folgenden Tagen zahlen wir nie mehr als 3 EUR für verschiedene Fahrten. Feilschen im Taxi ist hier nicht notwendig, denn die Uhr läuft stets mit. Allerdings kann man hier im Taxi schon Probleme bekommen, denn die wenigstens Taxifahrer verstehen Englisch. Und Aufschreiben von Hotelnamen wird auch nicht viel nützen, denn was Wort und Schrift angeht, ist man hier in der Tat in einer anderen Welt. Allerdings setzt man jetzt in Hinblick auf Olympia 2008 alles daran, dass die Fremdsprachenkenntnisse verbessert werden. Wir haben jedoch das Glück, dass einer meiner Kollegen Taiwanese ist und daher die Landessprache spricht.

Nach einer kurzen Erfrischungspause nehmen wir uns vor, wieder mit dem Taxi ins Zentrum zu fahren, um die Verbotene Stadt zu besichtigen. Aufgrund meiner leuchtend-orangenen Jacke werde ich auch in Peking zur auffälligen Erscheinung. So wie die Rapsglanzkäfer auf Rügen ziehe ich hier die fliegenden Händler an. Jeder will mir etwas verkaufen. Und ein einfaches „No, thank you“ reicht hier längst nicht. Die Chinesen sind sogar lästiger und aufdringlicher als Ägypter. Schließlich lasse ich mich erweichen und erwerbe eine Broschüre der Verbotenen Stadt zum Preis von 40 Yuan. Dieser Verkaufserfolg scheint die Händler jedoch erst recht zu ermutigen. Dann bittet mich ein Bettler auf zwei Krücken um Geld. Als ich wortlos und zügig weitergehe, bekommt der plötzlich Flügel und verfolgt mich noch ein Stückchen. Für den Eintritt zur Verbotenen Stadt zahle ich nochmals 40 Yuan.

Die Verbotene Stadt, die heute auch Palastmuseum genannt wird, befindet sich im Herzen Beijings. Sie wurde im 15. Jahrhundert erbaut und diente 24 Kaisern der Ming und Qing Dynastien als Residenz. Sie enthält zahlreiche hallenartige Paläste und Pavillons. Der Gesamtkomplex wird durch 10m hohe Mauern und einen breiten Wassergraben geschützt, sodass sich die Kaiser mit ihrer Gefolgschaft in quasi einer Burg verschanzen konnten. Neben den Gebäuden, in denen Throne, Einrichtungsgegenstände und Gemälde besichtigt werden können, sind außen zahlreiche Bronzekessel und Tierstatuen erwähnenswert. Für die Besichtigung kann man 2 Stunden veranschlagen.

Der Eintritt von umgerechnet 4 Euro mag wohl aus unserer Sicht nicht hoch erscheinen. Doch könnte ich mir vorstellen, dass das für die Einheimischen doch eine ganze Menge Geld ist. Natürlich sind in der Verbotenen Stadt auch einige Langnasen, sprich Touristen, unterwegs, doch der überwiegende Teil der Besucher sind in der Tat Chinesen. Und die machen garantiert mehr Fotos als wir ausländische Besucher. Ich bin zwar mit Pullover und dicker winddichter Jacke warm genug angezogen. Aber keineswegs zu warm. Meine Kollegen sind auch etwas am frösteln. Es ist ein trockener, aber kalter Wintertag. Einige in den Ecken lagernde Schneereste sind Indiz, dass hier der Winter längst eingekehrt ist. Die chinesischen Frauen tragen meist Daunenjacken, während die Männer sehr oft wesentlich leichter bekleidet sind und teils im offenen Jackett herumlaufen. Bei diesem Anblick wird mir in der Tat kalt.

Die Luft ist von beißendem Smog durchsetzt. Nun mag die gegenwärtige Inversionswetterlage die Luftverhältnisse nicht gerade begünstigen, doch vermute ich, dass die Luft in Peking auch bei anderem Wetter nicht viel besser ist. So sieht man auch vereinzelt Leute mit Mundschutz auf der Straße, wobei ich nicht davon ausgehe, dass es sich da noch um SARS-Auswirkungen handelt. Auffällig auch die große Anzahl von Radfahrern auf den Straßen, für sie ist auf größeren Straßen eine eigene Fahrspur vorgesehen. Peking ist eine sehr ebene Stadt, Steigungen und Talfahrten habe ich nirgends bemerkt, sodass Peking von dieser Warte gesehen ideal für Radfahrer ist. Wenn halt die schlechte Luft nicht wäre…Was den Straßenverkehr angeht, habe ich nicht den Eindruck, dass hier besondere Verkehrsregeln gelten. Vorfahrt hat hier, wer das größere Durchsetzungsvermögen zeigt, und das muss nicht immer der Autofahrer sein. Auch der Taxifahrer flucht vor sich hin, als eine Gruppe Radler mutig die Vorfahrt beansprucht.

Obwohl wir morgens im Flieger noch gefrühstückt haben, drängt einer meiner Kollegen schon die ganze Zeit auf Mittagessen. Nach der „Palastbesichtigung“ und dem damit verbundenen Spaziergang durchs winterliche Peking ist auch mir nach einer Aufwärmung von Körper, Geist, Seele und Magen. In einem Einkaufszentrum besuchen wir einen asiatischen Imbiss. Jeder bestellt eine Schüssel mit „Nudelsuppe“, angereichert mit Huhn oder, wie in meinem Fall mit Seafood, vorher gab es noch eine kleine Vorspeise. Dazu trinken wir einheimisches Bier, das hier in 0,63l-Flaschen angeboten wird. Kein wirklicher Genuss für Bierliebhaber, aber man kann es zum Essen gut trinken, und mit der auf der Welt meistverbreitetsten Marke Heineken kann es leicht mithalten. Die Rechnung teilen wir durch 3, so dass jeder nicht mehr als umgerechnet 4 Euro zahlt. Wir sind ein jeder satt und zufrieden.

Ich schlage dann vor, nochmals zurückzugehen in Richtung Verbotene Stadt, denn gleich gegenüber ist der „Platz des himmlischen Friedens“, wo sich China beim Niederschlagen einer Studentenrevolte vor einigen Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte. Hier ist großes Schaulaufen angesagt. Viele Einheimische, darunter auch viele Soldaten beiderlei Geschlechts, bummeln hier auf und ab, nicht ohne sich dabei laufend gegenseitig abzulichten. Natürlich machen auch wir ein paar Bilder. Da sich die Sonne mittlerweile ganz zurückgezogen hat, sind auch die letzten wärmenden Strahlen verschwunden und der Smog vermischt sich mit Nebel. Oder umgekehrt, wer will das schon auseinanderhalten. Gleich bin ich wieder Opfer zahlreicher Händler. Bildbände von der „verlorenen Stadt“ und der Chinesischen Mauer sind nach wie vor im Überangebot ebenso wie die Mao-Bibel, ein Renner der 60er Jahre. Aber die Verkäufer haben auch ein Auge für wahre Bedürfnisse. Deshalb lasse ich mich nicht lange überreden, bevor ich mir ein paar warme Wollhandschuhe für 30 Yuan zulege. Ich sehe nicht ein, dass ich mit den armen Kerlen, die hier den ganzen Tag rumlaufen und jeder Langnase hinterher rennen, wegen ein paar Cent das Handeln anfangen soll, zumal ich die Preise für angemessen halte. Einmal ein Opfer gefunden, wollen die Burschen natürlich noch mehr loswerden und lassen nicht locker. Ich sehe jedoch keinen weiteren Handlungsbedarf. Mein Kollege liebäugelt mit einer Militärmütze mit rotem Stern drauf. Als er sich durchgerungen hat, gibt es nur noch Broschüren, Postkarten und Papierdrachen.

Bislang hatte ich mich mit China wenig beschäftigt und daher ganz andere Vorstellungen von diesem Land. Irgendwie hatte ich immer noch Bilder vom Wasser schleppenden Kuli im Hinterkopf, der am Tag eine Handvoll Reis zu essen hat. Erfahrungen habe ich eher mit Ländern wie Brasilien, Indien oder auch Südafrika, wo einem die Armut oft direkt ins Gesicht schreit. Ich hatte nicht erwartet, dass das moderne Peking ein ganz anderes Bild vermittelt. Ich habe hier keinerlei Slums zu Gesicht bekommen, die Straßen sind gar sauberer als in Deutschland und sie sind gesäumt von meist hohen modernen Bauten, die freilich oft etwas steril wirken. Aber nirgendwo wirkt etwas baufällig.

Am ersten Abend brechen wir dann gegen 19 Uhr zum Abendessen auf. Weder haben wir vor, im Hotel zu essen, noch steht uns in China der Sinn nach Paulaner-Bräu oder Trattoria, also halten wir nach bürgerlicher landestypischer Küche Ausschau. Gegenüber von unserem Hotel finden wir ein Restaurant „Dark & Duck“, das in keinster Weise schmuddelig wirkt und vor allem von Einheimischen gut besucht ist. Das ist für mich ein Indikator für gutes Essen. Schnell sind wir uns einig, da hineinzugehen. Wir bestellen für 3 Personen insgesamt 6 Gerichte. Die kommen dann auf einmal auf den Tisch. Anfangs haben wir noch Zweifel, ob wir das alles wegbringen würden. Aber zum Schluss ist außer Reis nicht mehr viel da. So wie man in Wien typischerweise Wiener Schnitzel bestellt, liegt es in Peking nahe, Peking-Ente zu ordern. Aber auch mit den anderen Gerichten wie in feine Scheiben geschnittener Schweinebauch oder einem schmackhaften Shrimps-Gericht sind wir sehr zufrieden. Einschließlich Getränken legt zum Schluss jeder umgerechnet 9 Euro auf den Tisch.

Nach dem Essen mache ich noch einen kurzen Streifzug durch ein exklusives Shopping-Center, solche Geschäfte haben hier übrigens bis 22 Uhr geöffnet, 7mal die Woche. Hier sind alle renommierten Marken vertreten, sowohl in der Kosmetik- wie in der Modeabteilung, von Dior bis Versace. Ich staune nicht schlecht: für einen Pullover verlangt man hier um die 400 EUR, einen Designer-Anzug gibt es ab 1000 EUR aufwärts. Wer soll hierzulande so etwas kaufen? Kundschaft ist um diese Zeit nicht übermäßig vorhanden, dafür umso mehr Personal, das hier aber im Gegensatz zu den Straßenhändlern eher zurückhaltend ist. Wenn man aber Rat bräuchte, kann man davon ausgehen, dass gleich 5 Verkäuferinnen gleichzeitig zur Stelle wären. Endgültig habe ich den sicheren Eindruck, dass es in China nichts gibt, was es nicht gibt. Außer gelegentlicher Plakate, die den großen Vorsitzenden zeigen, deutet nichts auf ein kommunistisches Land hin. Die Revolution hat ihre Kinder längst entlassen.

Für den Sonntag haben wir im Hotel zum Preis von umgerechnet 35 EUR pro Person eine Bustour zu den Ming Gräbern und zur chinesischen Mauer gebucht, Mittagessen inklusive. Der chinesische Reiseleiter spricht ausgezeichnetes Englisch und ist von Anfang an bemüht, während der ca. einstündigen Busfahrt, Information mit Unterhaltung zu verbinden. So erfahren wir zunächst einiges über einfachstes Grundvokabular und chinesische Aussprache, z.B., dass es 4 verschiedene i-Töne gibt, für einen Europäer jedoch sind die Unterschiede schwer nachvollziehbar. Der deutsche Mitreisende Mr. Busch („Is Busch really a German name?“) wird als Paradebeispiel eines Nein/Ja-Sagers hingestellt, denn „Bu“ heißt auf deutsch „nein“ und „sch“ soviel wie „ja“. Dann gibt es einen Exkurs über chinesische Tierkreiszeichen und ihren Bezug zum Lebensalter. Weiterhin erfahren wir, dass Peking derzeit um die 13 Millionen Einwohner zählt. 8 Millionen davon sind täglich mit dem Fahrrad unterwegs und 2 Millionen mit dem Auto. Die jährliche Zuwachsrate der Autos betrage 20% trotz der durch hohe Steuern bedingten extremen Preise. Dann folgt ein freimütiges Bekenntnis, dass in China so ziemlich alles gefälscht wird, von der Rolex bis zur bekannten Modemarke. Die allerbilligsten Fakes könne man vergessen, aber eine 20$-Rolex sei schon brauchbar, will heißen, sie funktioniert. Nachgemachte Schuhe seien nicht zu empfehlen, bei Kleidungsstücken merke man die Qualitätseinbußen nach einer Wäsche. Vor allem bei Straßengeschäften, aber auch in vielen Läden, gelte die Devise „Handeln um jeden Preis“, Ziel sollte dabei ein Preisnachlass von bis zu 80% sein. Außerdem müsse man damit rechnen, dass Touristen gegenüber versucht wird, Falschgeld (d.h. niederwertige Währungen aus Nachbarländern) unterzujubeln, wenn sie nicht in der Lage sind passend zu zahlen. Ich überlege sofort, wie ich bei den gestrigen Kleineinkäufen bezahlt habe. Aber alles im grünen Bereich.

Schließlich gibt es noch einen Exkurs über Jade, den Diamanten Chinas. Das dient gleichzeitig als Vorbereitung für eine bei derartigen Bustouren unvermeintliche Verkaufsveranstaltung. Wir besuchen eine Jadefertigung mit angeschlossenem Geschäft. Hier bekommen wir das theoretisch Besprochene vorgeführt: Tipps & Tricks zum Erkennen von echter Jade. In der verbleibenden Zeit erwerbe ich noch ein kleines Geschenk für LosGatos’ Freundin.

Dann geht es weiter zu den Ming-Gräbern. Diese liegen etwa 800m hoch, es ist noch kälter als in Peking, liegengebliebener Schnee liefert den optischen Beweis. Hier waren wir doch gestern schon, meint mein Kollege. Eine Anspielung darauf, dass die Gebäude denen in der Verbotenen Stadt gleichen. Leo, der Reiseleiter, liefert dazu die passende Erklärung, Grabstätten sollten den Wohnhäusern zu Lebzeiten gleichen. Alle Dächer sind gelb, die Farbe der chinesischen Kaiser. Die Gebäude mit ihren Holzpfeilern, die ihr Rückgrat bilden, sind erstaunlich gut erhalten. Jedenfalls ist Luft hier im Vergleich zur Millionen-Metropole rein und unverbraucht. Der Lohn für den Rundgang in klirrender Kälte ist das Mittagessen.

Danach geht die Fahrt noch etwas weiter zu unserem eigentlichen Tagesziel, der chinesischen Mauer. Die Superlativen sind längst bekannt. Erbaut im 5. Jahrhundert ,v. Ch., ist sie mit 6300km das längste Bauwerk der Welt und das einzige, welches aus dem All sichtbar ist. Gut eineinhalb Stunden gibt uns unser Führer Zeit, Chinas größte Touristenattraktion zu besteigen und zu besichtigen. Natürlich gibt er uns noch ein paar Warnungen mit auf den Weg. Dass es sehr steil und anstrengend sei und dass letztes Jahr ein Amerikaner, der eine Stufe verpasste, nach einem Sturz ein halbes Jahr im Krankenhaus lag. Mittlerweile ist die Sonne herausgekommen und es ist ein herrlicher Tag geworden. LosGatos, der für seine Vorliebe für das Erklimmen von Steigungen bekannt ist – schließlich ist er im Sternzeichen des Steinbocks geboren – ist nicht mehr aufzuhalten. Es geht teilweise sehr steil hinauf und nicht immer erfolgt der Aufstieg über Stufen. Gut, dass die Sonne hier wenig Eis zurückgelassen hat. Es geht bergauf, dann auch wieder etwas hinunter, hin und wieder erreicht man einen Turm. Dann ist der nächsthöhere Turm das Ziel. Ich schaffe es, in der gegebenen Zeit den höchsten Turm zu erreichen, nicht um des Ausblickes willen, sondern aus sportlichem Ergeiz. Nur verlassen solle man die Mauer nicht, schon gar nicht zur falschen Seite. Denn dann wäre man in der Mongolei und da droht Ärger. Die Chinesen haben wohl vor über 2000 Jahren die Mongolen nicht sonderlich gemocht. So sprach zu jener Zeit womöglich ein chinesischer Kaiser „Niemand hat die Absicht, hier eine Mauer zu errichten…“ Und bald darauf (wobei in diesem Fall „bald“ ein relativer Begriff ist) war die Abgrenzung errichtet. Leo ließ uns wissen, dass wir heute ausgesprochenes Glück gehabt hätten, denn einige Tage vorher hätte man das Bauwerk vor lauter Schnee und Nebel nur aus 2 Meter Entfernung erkennen können.

Zum Abendessen gönnen wir uns heute etwas Besonderes. Wir besuchen das exklusive Seafood-Restaurant East Ocean in der Nähe unseres Hotels. Fische und anderes Meeresgetier kann man sich frisch aus dem Aquarium auswählen. Wir bestellen Suppe, einige Vorspeisen und dann nur vom Feinsten: Tintenfisch, einen im ganzen gebratenen Fisch und Hummer, alles kommt stäbchengerecht auf den Tisch. Selten habe ich jemals so gut gegessen. Es ist klar, dass heute 9 Euro pro Person nicht ausreichen. Aber keiner von uns bereut hier die Ausgabe.

Die folgenden Tage stehen bei uns im Zeichen der Arbeit. Natürlich gehen wir abends stets zusammen zum Essen. So fahren wir am Montag mit dem Taxi in die Innenstadt. Mein Kollege, der aus der ehemaligen DDR stammt, ist von den riesigen Leuchtreklamen in der Fußgängerzone beeindruckt. In seinem Sozialismus habe alles ganz anders ausgesehen. Wir erreichen schließlich eine lange Kette von Essständen. Hier werden die köstlichsten Sachen zubereitet und gegrillt. Vor allem beim Anblick der Meeresfrüchte läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Trotzdem haben wir keine Lust, bei der Kälte auf die Schnelle im Freien zu essen. Also halten wir nach Restaurants Ausschau, die hier zahlreich vorhanden sind. Mich würde es ausgesprochen reizen, mal Schlangenfleisch zu essen. Dafür müssten wir in ein kantonesisches Restaurant gehen, hatte uns Tourleiter Leo als Tipp mit auf den Weg gegeben. Wir finden auch eins. Aber mit Schlange ist nichts. Sind wahrscheinlich in der Großstadt schlecht zu fangen. Es gibt auch Tage, wo uns das Essen hier nicht so geschmeckt hat, was vielleicht auch auf einen Gewöhnungseffekt zurückzuführen ist. Bei einem Restaurantbesuch erleben wir den einmaligen Fall, dass uns die Bedienung leicht verzweifelt das Trinkgeld von umgerechnet 70 Cent zurückgibt, mit der Begründung, sie dürfe das nicht annehmen. In der Tat eine reichlich unverdorbene Welt. Und als wir eines Abends eine Bar suchen, um noch einen Drink zu uns zu nehmen, sind wir erstaunt, dass sich das Leben trotz klirrender Kälte draußen abspielt: Chinesen mittleren Alters halten hier einen Volkstanzabend ab.

Mit meiner Reise nach China konnte ich wieder einen weißen Fleck auf meiner Landkarte der unbereisten Länder auslöschen. Auch wenn wenige Tage nicht ausreichen, um einen kompletten Eindruck von einem der größten Länder der Erde und einer völlig fremden Kultur zu bekommen, werde ich an meinen Aufenthalt in Peking überwiegend positive Erinnerungen behalten.

Copyright LosGatos
Erstveröffentlichung 5.12.2003
Veröffentlicht außer bei Ciao derzeit nur noch bei Yopi

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