Pflegekinder Testbericht

No-product-image
ab 12,07
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003

5 Sterne
(5)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(1)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(1)

Erfahrungsbericht von campino

Mit dem Herzen dabei

Pro:

Nur PRO!

Kontra:

Kein Kontra!

Empfehlung:

Ja

Kinder wurden schon im Mittelalter außerhalb der eigenen Familie untergebracht. Die hohe Mütter-Sterblichkeit, oft durch das gefürchtete Kindbettfieber, machten Einrichtungen wie Findel- und Waisenhäuser unumgänglich.
Ammen und Ziehmütter wurden mit der Aufgabe betraut, elternlose Kinder großzuziehen, aber all diese Einrichtungen konnten ein Elternhaus nicht oder im besten Fall nur unzulänglich ersetzen.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden Kinder vermehrt bei sogenannten Koststellen untergebracht. Die Versorgung war schlecht und die Kinder mussten für ihren lächerlich gering gehaltenen Unterhalt arbeiten. Von Lebensqualität und Zukunftschancen waren diese ausgenutzten Kinder weit, weit entfernt.
Dies führte dazu, dass die Pflegekinderaufsicht erstmals gesetzlich geregelt wurde und zwar im Rahmen des Reichsjugendwohlfahrtgesetzes, das 1922 in Kraft trat.

Jetzt wurden die Kinder hauptsächlich in Heimen untergebracht, ohne persönliche Bezugspersonen, praktisch chancenlos war auch das kein kindgerechtes Leben.
Auch im Jugendwohlfahrtsgesetz von 1962 stand die Heimaufsicht noch im Vordergrund.
Es dauerte bis zum Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Jahre 1991, bis die Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege die entsprechende Würdigung als Dienstleistung im Rahmen der Jugendhilfe erhielt.
Das als kurze Einleitung zur Geschichte der Pflegekinder, bzw. Pflegefamilien.

Meine erste Erfahrung mit Pflegekindern machte ich im Jahre 1985. Mein damaliger Mann und ich hatten uns bei unserem örtlichen Jugendamt gemeldet, um uns zu erkundigen, wie man überhaupt Pflegeeltern werden kann.
Dann ging alles ganz schnell. Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes besuchte uns zu Hause, um unser häusliches Umfeld zu inspizieren, wir mussten einige Fragen beantworten und schon nach ein paar Tagen kamen unsere ersten Vollzeitpflegekinder zu uns nach Hause.
Ich war zu dieser Zeit nicht berufstätig, hatte zwei leibliche Töchter und freute mich sehr, zwei Söhne von 3 und 5 Jahren dazu zu bekommen.
Leider war unser erster Versuch nicht von Erfolg gekrönt. Die beiden Jungs waren völlig verwahrlost und hatten bestimmt schon schlechte Erfahrungen gemacht. Diese Erziehungsarbeit konnten wir nicht leisten. Da war wirklich schon viel zu viel kaputt gemacht worden. Das bemerkten wir schon nach ein paar Tagen. Der größere Junge war Pyromane (und das in einem Raucherhaushalt), beide waren Bettnässer und haben auch eingekotet, konnten nicht mit Besteck essen, damit meine ich, sie haben alles mit den Händen gegessen und sogar die Suppe getrunken. Andere Dinge, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte kamen hinzu und so entschlossen wir uns, schweren Herzens und schlechten Gewissens, das diese Kinder in erfahrenere sozialpädagogische Hände gehören und nicht in eine „einfache“ Familie.
Damit war unser erster Ausflug in die Welt der Pflegeeltern sehr schnell und abrupt beendet.

Zwei Jahre später ging unsere Ehe auseinander, ich war mit meinen Töchtern, die eine 11, die andere 4 Jahre alleine, ohne Möglichkeit, zumindest für die Kleine eine Betreuung außerhalb der Kindergartenzeiten Mo bis Fr, jeweils von 7:30 bis 11:30 Uhr zu finden.
Was ich jedoch hatte, war eine große 5-Zimmer-Wohnung und Zeit.
Sicherlich hatten doch andere Mütter dasselbe Problem, aber den Platz und die Zeit nicht, also meldete ich mich wieder beim Jugendamt, diesmal als Tagesmutter.
Und Tagesmütter wurden tatsächlich gebraucht. Im Laufe von fast 6 Jahren betreute ich nun tagsüber "meine" Kinder. Zu einigen von ihnen habe ich noch heute Kontakt.

1992 wurde meine Enkeltochter geboren und zu dieser Zeit kam auch die Anfrage vom Jugendamt, ob ich nicht auch als Vollzeitpflegemutter zur Verfügung stehen würde. In Anbetracht der Situation, meine Tochter sollte trotz Kind erst mal ihre Schule beenden und eine Ausbildung machen, sah ich mich gezwungen, meine Berufstätigkeit noch einige Jahre hinauszuschieben und sah deshalb der Tätigkeit als Vollzeitmutter, die ich ja sowieso schon war, ziemlich gelassen entgegen.

Schon eine Woche später "bekam" ich ein Baby. Wie meine Enkelin Jahrgang 1992. Jetzt war ich quasi Mutter von Zwillingen. Das war am Anfang nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte, lief aber dann nach relativ kurzer Zeit sehr gut und ich marschierte stolz mit meinem Zwillingskinderwagen durch die Gegend. Aus meiner damaligen Pflegetochter ist mittlerweile meine Tochter geworden, sie trägt meinen Namen und wird im nächsten April 14 Jahre alt. Aber über dieses Thema habe ich schon an anderer Stelle hier bei Yopi geschrieben.

Heute wird es nicht mehr so locker gehandhabt, wenn eine Familie sich entschließt ein Kind bei sich aufzunehmen. Aber immer noch werden Pflegeeltern händeringend gesucht. Ich mache jetzt noch Notfallpflege, das heißt, ich nehme ganz kurzfristig Kinder bei mir auf, oft ist es nur eine Nacht, oder ein paar Tage, bis ein Platz für das Kind gefunden ist.

Die Richtlinien für Pflegeeltern unterscheiden sich von Stadt zu Stadt und von Bundesland zu Bundesland.

Grundsätzlich können Paare, Ehepaare, aber auch Einzelpersonen Pflegeperson werden. Erfahrungsgemäß sind die Voraussetzungen jedoch oft günstiger, wenn in Pflegefamilien Vater und Mutter als Rollenvorbilder zur Verfügung stehen. Werden Pflegepersonen für Jugendliche gesucht, kann es eher von Vorteil sein, eine Einzelperson als Pflegeperson zu haben. Eigene Kinder in der Familie erleichtern dem Pflegekind oft die Eingewöhnung und stehen ebenfalls als Vorbilder, z. B. für soziales Lernen zur Verfügung.

Jährlich wir von einem Mitarbeiter / einer Mitarbeiterin des Jugendamtes zusammen mit der Pflegefamilie ein sogenannter Hilfeplan erstellt. Dieser Hilfeplan dient dazu festzulegen, welche Hilfe das Kind und die Familie brauchen und wie diese erbracht werden soll. Der Hilfeplanumfasst alles Wissenswerte, beschreibt die Situation des Kindes und der Familie in der es lebt und hält auch getroffene Vereinbarungen fest. Dieser Plan wird jährlich fortgeschrieben.

Einen genauen Überblick, wie alles gehandhabt wird, erteilen die örtlichen Jugendämter.

Ich hoffe, Euch einen kleinen Einblick gegeben zu haben. Er kann leider nur klein sein, dazu ist das Thema zu komplex.
Pflegeeltern zusein ist eine große Aufgabe, die viel fordert, aber auch viel zurückgibt und was gibt es schöneres als die Liebe die man gibt zurück zu bekommen?

124 Bewertungen, 10 Kommentare

  • anonym

    13.12.2009, 19:45 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Auch wenn das Einstellungsdatum bereits graue Haare hat, hab ich den Bericht mit Interesse gelesen. LG von der Leseratee Heidi.

  • hjid55

    03.02.2007, 17:55 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & lg Sarah

  • Zuckermaus29

    12.12.2006, 00:09 Uhr von Zuckermaus29
    Bewertung: sehr hilfreich

    :o) liebe Grüße Jeanny

  • manu63

    08.09.2006, 00:47 Uhr von manu63
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich finde prima das du das machst

  • anonym

    13.08.2006, 17:30 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)

  • Düsseldorf

    24.01.2006, 00:36 Uhr von Düsseldorf
    Bewertung: sehr hilfreich

    yea wieder ein cooler bericht von dir..hoffe wir lesen und bald wieder ! lieben gruß und einen schönen abend bzw. eine geruhsame nacht wünsche ich Dir ! ciao ciao bis bald, Düssi

  • Tweety30

    30.12.2005, 15:30 Uhr von Tweety30
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr interessant geschrieben. Liebe Grüße, Tweety30!

  • Cicila

    25.11.2005, 18:18 Uhr von Cicila
    Bewertung: sehr hilfreich

    Das ist echt toll! Solange deine Töchter damit umgehen konnten! <br/>LG Cicila

  • campimo

    23.11.2005, 00:02 Uhr von campimo
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller, interessanter Bericht! Ich wußte gar nicht, daß es neben der Adoption noch andere Möglichkeiten gibt.

  • morla

    18.09.2005, 03:23 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich