Pharisäer Testbericht

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Erfahrungsbericht von egonman

Rausch des Winters und nicht nur da !

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

„Pharisäer“


Wie „Pharisäer , Punsch“ und andere hochprozentige Getränke Leib und Seele erwärmen .
Wenn das Glas beschlägt , stellt sich die Gemüdlichkeit ein !


Wenn die Bäume bei jedem Windhach frostig knacken , die Seen blanke Eisflächen sind -
dann schauen wir gerne aus dem Fenster . Weil der Gegensatz so anheimelnd ist - zwischen der Kälte vor der Tür und der Wärme im Zimmer . Eine Stimmung , für den nur das Deutsche einen Begriff hat : „Gemüdlichkeit“ . Ein Winter-Wort . Denn richtig gemütlich wird es nur , wenn’s knackig kalt ist . Draußen . Und - seien wir ehrlich - wir ordentlich einen im Tee haben : einen Rum , Cognac oder Whisky . Oder wir auf den Tee gleich ganz verzichten , uns stattdessen mit „Grog , Punsch oder Glühwein“ wärmen . Der Hang zum hochprozentig Heißen hat Tradition und eint das Land . Ob an der Küste , im Gebirge : im Winter wird überall gleich getrunken - möglichst heiß und möglichst süß und mit den immer gleichen Folgen : Je wärmer und zuckriger der Alkohol ist , desto schlimmer der Kater .

An versuchen , dieses Treiben zu bannen , hat es in der Geschichte nicht gemangelt . Da war zum Beispiel der freudlose calvinistische Pastor Bleyer . Er hatte im 19. Jahrhundert eine Gemeinde bei Husum übernommen : brave Leute , aber zum Leidwesen des Pfarrers auch standfeste Trinker . Ihnen dies abzugewühnen , betrachtete Bleyer als Lebens-Aufgabe . Scheinbar mit Erfolg : Wann immer er bei einer Feier auftauchte , tranken die Menschen ausschließlich Kaffee . So war es auch bei der Taufe einer Tochter von Peter Georg Johannsen . Dabei kam Bauer Johannsen die rettende Idee : Er ging in die Küche und wies seine Magd an , in jede Tasse einen tüchtigen Schluck Rum zu gießen und eine dicke Sahnehaube darauf zu setzen , damit der Pfarrer den Alkohol nicht riechen könne . Der Trick funktionierte vorzüglich , die Gesellschaft wurde immer heiterer - bis der misstrauische Priester aus der falschen Tasse trank . Entsetzt sprang er auf und rief entrüstet : „Ihr Pharisäer“ ! Der Mann war pikiert , das friesische National-Getränk erfunden - welches
Im 20. Jahrhundert , sogar vom Flensburger Amtsgericht peinlich genau justiziabel definiert wurde : Ein Kneipier hatte einen Gast verklagt , weil der sich weigerte , seinen „Pharisäer nach Orginal-Rezept“ zu bezahlen : Mit nur 2 cl Rum schmecke das Getränk zu sehr nach Kaffee . Der Richter bat zum Ortstermin . Abwechselnd trank er Mischungen mit 2 cl und 4 cl und kam , natürlich „Im Namen des Volkes“ , zu dem Schluss : Ein „Pharisäer“ muss „herzhaft“ schmecken und „Leib und Seele erwärmen“ . Und dazu , meinte der Jurist verbindlich , reichen 2 cl keinesfalls .

Ganz andere Sorgen plagten Mitte des 17. Jahrhunderts den britischen Admiral Vernon . Der grämte sich , dass seine Matrosen jeden kühlen Luftzug zum vorwand nahmen , sich bis unter die Pudel-Mütze voll laufen zu lassen . Darum verfügte er , dass Rum auf seinen Schiffen mit Wasser zu verdünnen sei . Die Seeleute gehorchten . Widerwillig . Bis ein pfiffiger Maat auf die Idee kam , das Wasser zu erwärmen und Zucker hineinzurühren . So leiß sich auch mit weniger Alkohol eine befriedigende Wirkung erzielen . Die angenehm warme Mischung setzte sich durch , und die Matrosen benannten sie nach ihrem Vorgesetzten - der trug wegen seines Über-Rocks aus grobem Stoff den „Spitznamen Old Grog“ . Bis heute begegnen Seefahrer und Küsten-Bewohner - und lange schon nicht mehr nur sie - mit diesem Getränk kalten Schauern und eisigen Böen . Mit zweifelhaftem Erfolg allerdings : Alkohol , der dank Wärme und Zucker besonders schnell ins Blut gelangt , erweitert die Gefäße , sorgt dafür , dass auch feinste Kapillaren , bei Kälte normalerweise unterversorgt , gut durchblutet sind . Dadurch wird dem Zecher ziemlich schnell warm . Allerdings nur kurzfristig . Auf Dauer führt die vermehrte Durchblutung dazu , dass der Körper rasch auskühlt . Und das kann gefährlich werden . Schon so mancher ist durch’s vermeindlich wärmende Getränk erfroren . Oder hat sich damit anderweitig die Gesundheit ruiniert .

In entlegenen Gegenden Russlands etwa kampieren zum Beispiel Pipeline-Arbeiter auch im Winter bisweilen in Feld und Flur , begegnen Frust und Frost mit hochprozentigem Wodka . Der hat die Eigenheit , auch dann noch flüssig zu sein , wenn es minus 20 Grad oder kälter ist . Zwischendurch eine - wie sich gleich zeigt - lebenspraktische Erinnerung an den Chemie-Unterricht : Reines Ethanol gefriert erst bei minus 114,4 Grad - und siedet schon bei 78,32 . Deshalb sollte man „Punsch , Grog oder Glühwein“ auch keinesfalls kochen . Jedenfalls nicht , wenn man dessen berauschende Wirkung schätzt .
Zurück nach Russland : Immer wieder kommt es dort vor , dass unerfahrene Outdoor-Trinker die chemischen Eigenschaften des Alkohols nicht bedenken : Gierig setzen sie die Flasche an , ohne sie vorher am Lager-Feuer zu wärmen . Dann gießen sie sich statt „flüssiger Sonne“ Tiefgekühltes hinter die Binde - mit verheerenden Folgen für Speise-Röhre und Magen . Vielleicht haben , eben solches zu vermeiden , die Österreicher einst den „Jaher-Tee“ erfunden . Mit Kräuter-Schnaps oder Stroh-Rum zubereitet , ist der kaum milder als russischer Wodka . Aber viel wärmer .Allderdings soll ihn ein Jäger eher zufällig entdeckt haben : Während einer klirrend kalten Nacht habe sich , so die Legende , der „Waidmann“ einen Tee zubereiten wollen , im Schummer-Licht des Lager-Feuers jedoch die Feld-Flaschen verwechselt . Statt Wasser habe er darum warmen Stroh-Rum über seine Kräuter-Mischung gegossen - und Gefallen gefunden am starken Gebräu .

Nicht nur in der winterlichen Wirklichkeit - auch in der Literatur wird heiß getrunken auf „Weingeist“ komm raus . Mittlerweile befassen sich sogar wissenschaftliche Arbeiten mit „künstlichen Paradiesen“ und dem „Rausch in der Literatur“ : Ob Heine („Gleichfalls eine bessere Wärme / Wärmt dem Menschen die Gedärme , / Wenn er Glühwein rinkt und Punsch.....“) oder Jean Paul („Hab ich mir nur erst mit einigen Güssen Punsch den Kopf warm gemacht , so will ich dir deinen schon waschen......“) - die Protagonisten „glühweinen“ sich durch Gedichte , Romane und Novellen , als gäbe es weder Pullover noch Heizung . Goethe , Löns und Wilhelm Raabe servieren den Lesern ebenso „Punsch und Glühwein“ wie Hofmannsthal oder Fontane . Dessen Helden überstehen kaum einen Wintertag , ohne den einen und meist auch den anderen warmen Wein zu trinken .


Wie der „Pharisäer , Punsch“ oder die anderen hochprozentigen warmen Getränke schmecken sehr sehr gut , aber man sollte um gotteswillen an die Wirkung denken , die ist fürchterlich , wenn man zuviel des guten zu sich nimmt . Desshalb sollte man die warmen Sachen genießen und nicht in sich hineinkippen . Wünsche allen eine gute Zeit ob jetzt nun mit den warmen Getränken oder aber auch ohne diese !

20 Bewertungen, 1 Kommentar

  • schweig

    22.04.2002, 13:35 Uhr von schweig
    Bewertung: sehr hilfreich

    Bericht gut, doch irgendwie nicht zu den Frühlingstemperaturen passend - oder?