Politik Testbericht

No-product-image
ab 13,16
Auf yopi.de gelistet seit 12/2006

5 Sterne
(1)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(1)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(3)

Erfahrungsbericht von leser@tte

Die deutsche Drogenpolitik

Pro:

s. Bericht

Kontra:

es passiert wenig..

Empfehlung:

Nein

Endlich mal eine 3D Überschrift! Aber bitte nicht gleich erschrecken, wenn der Artikel ebenfalls etwas mehr Umfang hat - Viel Spaß beim lesen und ich bin auf Kommentare gespannt...

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2. Geschichte der Drogenpolitik in Deutschland
3. Drogenpolitische Grundkonzepte
3.1. Kategoriesierung der Drogen
3.2. Vorgehensweisen gegen illegale Drogen
4. Konfliktpunkte der aktuellen Drogenpolitik
4.1. Drogensubstitution mit Methadon
4.1.1. Gründe für eine Substitutionsbehandlung
4.1.2. Was spricht gegen ein Methadon-Programm ?
4.2. Legalisierung weicher Drogen
4.2.1. Cannabis im Vergleich zu legalen Drogen
4.2.2. Argumente der Cannabisgegner
4.2.3. Warum Cannabis dann trotzdem legalisieren ?
5. Staatliche Drogenkontrolle durch die Polizei
5.1. Rechtlich Probleme
5.2. Interne Konflikte der Polizei
6. Aussichten


1. Einleitung

Dies ist eine leicht überarbeitet Form eines Aufsatzes, den ich 1994 mit einem Freund geschrieben habe. Wir sind zwar beide keine Fachleute (er studierte damals Sozialpädagogik und ich war ehrenamtlich in der offenen Jugendarbeit tätig), aber grade dadurch mag er auch für ein Forum wie ciao geeignet sein. Da sich meines Erachtens in den letzten Jahren nicht viel geändert hat, das Thema aber nach wie vor aktuell ist, wie ein Blick auf das Parteiprogramm der Jungliberalen (www.bekifft-ficken.de) oder ins Kino (Blow, Lammbock,..) zeigt gebe ich hier mal einen etwas längeren Aufsatz zum besten.

Diese Arbeit will Einblicke in die Drogenpolitik der Bundesrepublik Deutschland schaffen und wichtige Konzepte an Beispielen erläutern und ebenso versuchen, Einblicke in die Hintergründe drogenpolitischer Konzepte zu geben und aufzeigen, wieso es so schwer ist, den derzeitigen politischen Kurs zu verlassen. Es soll versucht werden aufzuzeigen, wieso es auf diesem Gebiet schwer ist, neue Wege zu gehen und wo eventuell Interessen verletzt werden.

2. Geschichte der Drogenpolitik in Deutschland

Drogen spielen seit Jahrtausenden in den verschiedensten Kulturen eine wichtige Rolle, welche sich im Laufe der Zeit mit den gesellschaftlichen Normen verändert hat. Bis zum Ende des Mittelalters waren in Europa Bier und Wein die verbreitetsten Drogen. Ab dem 16./17. Jahrhundert kamen Tabak und später Kaffee als neue Rauschmittel hinzu. Ebenso wurde das Angebot an Branntwein größer, je mehr sich die Destillation als Gewerbe durchsetzte.

Der zunehmende Konsum führte schon im 16. und 17. Jahrhundert zur ersten Drogenwelle in Europa. Durch das Zusammenrücken der Völker durch internationalen Handel und neue wissenschaftliche (Zufalls-)Produkte, wie z.B. Amphetamine oder LSD, nahm die Menge und Vielfalt der Drogen immer weiter zu.

Schließlich war ein Punkt erreicht, an dem in Deutschland der Staat es für das Wohl der Volksgesundheit für notwendig hielt, Gesetze zum Schutz vor Drogen zu erlassen. So bestimmte der deutsche Reichstag 1891 erstmalig, dass Morphin nur noch in Apotheken abgegeben werden darf.

*1920 wurde das erste deutsche Betäubungsmittelgesetz verabschiedet.

*1929 wurde das Opiumgesetz, mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Internationalen Opiumabkommens von 1925, in Kraft gesetzt.

*1971 wurde das Opiumgesetz geändert und als Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG) verabschiedet.

*1981 trat ein neues Betäubungsmittelgesetz in Kraft, das die Kontrolle auf weitere Stoffe ausdehnte, das Strafmaß erhöhte und neue Strafbestände erfasste. Eine Sondervorschrift für abhängige Täter unter dem Motto Therapie statt Strafe wurde ebenfalls erstmalig formuliert.

*1984 wurde das BtMG erneut geändert, u.a. durch die Aufnahme starker Schlaf- und Schmerzmittel, da diese Arzneimittel häufig als Betäubungsmittel missbraucht wurden.

3. Drogenpolitische Grundkonzepte

3.1. Kategoriesierung der Drogen

Generell unterscheidet die deutsche Gesetzessprache zwischen zwei verschiedenen Arten von Betäubungsmitteln, mit denen ganz unterschiedlich umgegangen wird.

Auf der einen Seite stehen Drogen, die von Politik und Gesellschaft toleriert werden, wie Alkohol und Nikotin. Über diese werden zwar Altersbeschränkungen und beschränkte Werbeverbote verhängt, sie können aber frei verkauft und in der Öffentlichkeit konsumiert werden, ohne dass dies eine Bestrafung zur Folge hätte. Diese Drogen sind also auch nicht ins BtMG aufgenommen. Auf der anderen Seite stehen die Drogen, die ins BtMG aufgenommen worden sind, da nach überwiegender Meinung von diesen Stoffen eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeht. Diese Drogen werden wiederum in drei Kategorien unterteilt:

Erstens: Nicht verkehrsmäßige Betäubungsmittel, die, bei Strafandrohung, nicht in Umlauf gebracht werden dürfen, wie etwa Haschisch, Heroin und einige synthetische Drogen.

Zweitens: Verkehrs- und verschreibungsfähige Betäubungsmittel, die von Arzten im Rahmen einer Behandlung eingesetzt und abgegeben werden dürfen, wie Kokain, Morphium oder Opium.

Drittens: Verkehrs- aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel, die eine rechtliche Zwitterrolle einnehmen. Sie dürfen zwar im Umlauf sein, aber nicht von Arzten verschrieben werden. Hierzu zählen u.a. Cocablätter und Methadon.

3.2. Vorgehensweisen gegen illegale Drogen

Die Nicht verkehrsmäßigen Betäubungsmittel werden, da sie dem mittlerweile weltweit organisierten Drogenhandel Gewinne in Milliardenhöhe einbringen, gegen das Gesetz auf den Markt gebracht.

Hier sieht der Staat seine Aufgabe. Der Schmuggel von Drogen aus dem Ausland und die Herstellung im eigenem Lande soll verhindert werden, der Handel soll unterbunden und die Drogen sollen beschlagnahmt werden, Abhängigen soll die Möglichkeit gegeben werden, eine Therapie zu machen und alle Bürger sollen präventiv über Gefahren der Drogen aufgeklärt werden. Der polizeiliche Verfolgungsapparat hat hier mit großen Problemen zu kämpfen, da Drogenumgang ein opferloses Delikt ist und in der Regel nicht wie sonstige Vergehen angezeigt wird. Daraus resultiert, dass Täter und Opfer sich meist in einer vom Staat künstlich hervorgerufenen Illegalität sehen, was eine Zusammenarbeit erschwert.

Selbst dieser Teilerfolg ist nur mit großem Aufwand und teilweisen rechtlichen Zugeständnissen und Widersprüchen errungen worden. So kommt nach der Kronzeugenregelung ein Straftäter straffrei oder mit einer milden Strafe davon, wenn er gegen seine Mittäter aussagt und verdeckte Ermittler müssen für das Gesetz das Gesetz brechen, um nicht ihre Glaubwürdigkeit bei Drogenabhängigen bzw. Drogendealern einbüßen zu müssen. Etwa gleichhoch wird der Prozentsatz von Drogenabhängigen geschätzt, denen man einen Therapieplatz bieten kann. Jedoch wird selten freiwillig auf dieses Angebot zurückgegriffen, da der Abhängige sich dazu ja selbst als Kriminellen bei den Behörden melden müsste, zumal er sich selten als Straftäter sieht. Auch ist die Rückfälligkeitsrate bei denjenigen, die auf gerichtliche Anweisung unter dem Motto Therapie statt Strafe eine Therapie machen, mit ca. 70% recht hoch.

4. Konfliktpunkte der aktuellen Drogenpolitik

4.1. Drogensubstitution mit Methadon

Bereits seit einigen Jahren werden in den Vereinigten Staaten von Amerika, in England, in Italien, in den Niederlanden und in der Schweiz Heroinabhängige mit der Ersatzdroge Methadon versorgt.

Methadon, das bei uns auch unter dem Namen L-Polamidon auf dem Markt ist, ist ein künstliches Opiat, welches während des zweiten Weltkrieges erfunden wurde. Methadon fällt zwar eigentlich unter die nicht verschreibungsfähigen Betäubungsmittel, kann aber in speziellen Fällen doch verschrieben werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn keine andere Möglichkeit der Behandlung besteht, da man dem behandelnden Arzt sonst unterlassene Hilfeleistung vorwerfen müsste.

Obwohl auch in der Bundesrepublik bereits mehrere Methadon-Programme durchgeführt worden sind, läßt sich nur schwer eine klare politische Richtung abschätzen. Auf der einen Seite läuft in Hamburg ein recht freizügiges Programm, bei dem Methadon ärztlich verschrieben wird. Zusätzlich erfolgt eine soziale Beratung durch städtische Mitarbeiter. Wenn zukünftige Gesetze es zulassen, plant Hamburg Methadon in Zukunft auf Krankenschein abzugeben.

In Nordrhein-Westfalen läuft hingegegen ein kontrolliertes Methadon-Programm. Hier werden Heroinabhängige in einem Modellversuch vom Prognos-Institut wissenschaftlich begleitet. Voraussetzung für die Teilnahme ist Therapieerfahrung und akute Gefährdung der Abhängigen.

In Frankfurt wird Methadon nur an heroinsüchtige HIV-infizierte Prostituierte vergeben, um die Ausbreitung des AIDS-Virus einzudämmen.

4.1.1. Gründe für eine Substitutionsbehandlung

Zwar ist Methadon ein starker Suchtstoff, doch ermöglicht es Heroinabhängigen, erstmal von der stark verfolgten Droge Heroin auf einen anderen Stoff zu wechseln. Die hohen Beschaffungskosten für Heroin, monatlich zwischen 2.000.- und 15.000.- DM, fallen weg. Das hat zum einen den Effekt, dass dem Schwarzmarkt die Geldmittel für die Sucht nicht weiter zufließen und für weitere Drogengeschäfte genutzt werden.

Ein wichtiger Punkt dabei ist auch, dass die Beschaffungskriminalität, welche dazu beiträgt, dass der Abhängige sich mehr und mehr im kriminellen Umfeld bewegt, komplett unnötig wird.

So wird durch Methadon eine Reintegration in die Gesellschaft und der Ausstieg aus der Drogenszene begünstigt. Bei Methadon fällt auch, wenn es unter ärztlicher Aufsicht verabreicht wird, das Risiko einer Überdosierung weg. Denn Methadon wird künstlich hergestellt und hat somit einen kontrolliert gleichbleibenden Reinheitsgrad. Verunreinigungen, wie bei Heroin, dadurch, dass die Droge gestreckt wird, sollten hierbei auszuschließen sein.

Auch vom seuchenhygienischen Standpunkt, wie in Frankfurt, scheint Methadon sinnvoll. Wenn Praktiken, wie das gemeinsame Benutzen derselben Injektionsnadeln durch den Umstieg auf Methadon unterdrückt werden, sinkt das Risiko, sich mit dem HIV-Virus zu infizieren, drastisch. Bereits 1990 waren über ein Viertel aller Fixer in Großstädten HIV-infiziert. Über die sogenannte Beschaffungsprostitution droht auch weiter den Kunden von Drogenabhängigen eine Ansteckung mit AIDS. Als weiteren Punkt wäre zu nennen, dass Sozialarbeiter, welche mit Drogenabhängigen zu tun haben, meinen, über Methadon überhaupt erstmal ein Mittel in der Hand zu haben, um mit den Abhängigen in Kontakt zu kommen.

4.1.2. Was spricht gegen ein Methadon-Programm ?

Auch wenn es scheint, dass man mit Methadon ein preisgünstiges Mittel hat, die Heroinsucht einzudämmen, gibt es doch eine ganze Anzahl von Gründen, die gegen dieses Programm sprechen. Die Gegner von Methadon argumentieren, dass bei der Behandlung mit einem Ersatzstoff einseitig vom pharmakologischen Standpunkt aus an das Problem der Sucht herangegangen wird.

Die Probleme der Abhängigen sind jedoch vielschichtiger psychischer und sozialer Natur. Man geht bei der Methadonbehandlung auch nur die Heroinsucht an, obwohl ein Großteil der Abhängigen polytoxikoman veranlagt sind und hauptsächlich irgendein Rauscherlebnis suchen.

Da die ursächlichen Probleme nicht angegangen werden, wird auch kein genereller Wille zum suchtfreien Leben erreicht. Die Ansicht, man könne mit Methadon auf Rezept dem Schwarzmarkt die Geldmittel abgraben, scheint ebenfalls illusorisch, da nur ein relativ geringer Prozentsatz tatsächlich neben Heroin/Methadon keine weiteren Drogen nimmt. Zudem ist zu registrieren, dass der Schwarzmarkt auf Ersatzdrogen mit offensiven Preisen reagiert. So wird preiswertes Heroin nicht nur für den Methadonabhängigen, der versucht vom Heroin wegzukommen, interessant, sondern lockt neue Käuferschichten, die bisher den hohen Preis gescheut haben.

Eine strenge Kontrolle, die unter anderem tägliche überprüfte Einnahme und sorgfältige Urinkontrolle erfordern würde, steht an Aufwand mit der drogenfreien Therapie auf ähnlichem Niveau. Hinzu kommt noch die rechtliche Frage, ob der Staat sich durch die Abgabe von Methadon nicht auf die Stufe mit den Dealern stellt, und entgegen der eigentlichen Intention, die Volksgesundheit zu erhalten, handelt.

4.2. Legalisierung weicher Drogen

Ebenso wie in den Medien häufig über das Methadon-Programm diskutiert wurde, befassten sich viele Artikel und Talkshows in der letzten Zeit mit der Frage, ob weiche Drogen legalisiert werden sollten. Hauptsächlich bezieht sich diese Diskussion auf Cannabisprodukte, wie Haschisch und Marihuana. Rund die Hälfte aller erfassten Drogendelikte richten sich gegen Cannabis.

Es handelt sich in der Bundesrepublik um das am weitesten verbreitete illegale Betäubungsmittel. Gehascht hat doch wohl jeder schonmal! (Zitat eines Arztes im Bad Harzburger Krankenhaus) Das auch ganz andere Wege in der Politik mit Cannabis gegangen werden, zeigt z.B. ein Nachbarstaat, die Niederlande. Dort ist Cannabis seit einiger Zeit legal zu erwerben und der Konsum nicht mehr unter Strafe gestellt. Lediglich öffentlicher Cannabiskonsum wird als Ordnungswidrigkeit geahndet.

4.2.1. Cannabis im Vergleich zu legalen Drogen

Die ungleiche Behandlung vor dem Gesetz von Cannabis auf der einen Seite und Alkohol und Nikotin auf der anderen, ist einer der Hauptstreitpunkte in der Legalisierungsfrage. Das Verhältnis von Strafe im Vergleich zur Schädlichkeit ist unbefriedigend geregelt. Bei den illegalen Drogen waren im Jahre 1989, 991 Drogentote zu beklagen. Davon sind die meisten auf eine Überdosierung von harten Drogen zurückzuführen. Der direkte Tod durch Einnahme von Cannabisprodukten ist nicht registriert worden.

Bei den legalen Drogen sind die Zahlen um ein Vielfaches höher. Ebenfalls 1989 wurden ca. 40-50.000 Tote im Zusammenhang mit Alkohol gezählt, davon 16.500 Fälle wegen alkoholbedingter Leberzirrhose. Dem Zigarettengenuss sind 100.000 Todesopfer zuzuschreiben. Weiterhin kommen etliche Sterbefälle durch Medikamentenmissbrauch hinzu. Ob dieses Verhältnis allein damit zu erklären ist, dass mehr Menschen legale Drogen nehmen als illegale, ist fraglich. Die Zahl von ca. 80.000 Heroin- und Kokainsüchtigen gegen geschätzte ein bis zweieinhalb Millionen Alkoholiker läßt jedenfalls vermuten, dass das Verhältnis lediglich etwa eins zu drei sein sollte.

Zu den Todesfällen waren dem Alkohol 1989 außerdem ca. 2.000 alkoholgeschädigte Neugeborene (Alkoholembryopathie) und 34.414 Verkehrsunfälle mit 46.500 Verletzten zuzuschreiben. Der volkswirtschaftliche Schaden aus diesen Auswirkungen der legalen Drogen, ist ca. fünf mal so hoch, wie die Einnahmen aus der Besteuerung.

4.2.2. Argumente der Cannabisgegner

Der Schaden durch die derzeit legalen Drogen ist bereits groß genug. Cannabis wird als Einstiegsdroge bezeichnet. D.h. wer die Bereitschaft zeigt, das Gesetz zu brechen, um Haschisch oder Marihuana zu rauchen, wird auch später nicht davor zurückschrecken, härtere Drogen zu nehmen. Auch haben Dealer, die auf die illegale Droge Cannabis Zugriff haben, meist noch andere, härtere Drogen verfügbar.

Auf der anderen Seite besteht einfach die zusätzliche Versuchung anderer, verfügbarer Drogen. Die Risiken und Nebenwirkungen von Cannabis im Zusammenspiel mit Alkohol und Medikamenten sind nicht wissenschaftlich erforscht, so dass auch hier eine starke Gefährdung der Gesundheit nicht auszuschließen ist. Zudem schädigt das Rauchen von Cannabis die Lunge.

Eine zusätzliche Belastung der Krankenkassen durch Folgeschäden, ähnlich wie beim Nikotin, wäre die Folge einer Legalisierung. Es existieren zwar Meßmethoden, die feststellen können, ob jemand Cannabis genommen hat, jedoch nicht exakt, ob er tatsächlich noch unter dem Einfluss der Droge steht. So müssten erst verlässliche Methoden erarbeitet werden und Grenzwerte festgelegt werden, um eine Gefährdung durch Cannabis im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz auszuschließen.

4.2.3. Warum Cannabis dann trotzdem legalisieren ?

Die Befürworter von Cannabis wollen vor allem ein Ende der demagogischen Verteufelung dieser Droge. Die Einstiegsdrogentheorie war in Amerika bereits widerlegt, bevor sie bei uns überhaupt aufkam. Eine genauere Untersuchung zeigt, dass in den meisten Fällen nicht Cannabiskonsum am Anfang einer Drogenkarriere steht. Vielmehr geht meist exzessiver Alkohol und Tablettenmissbrauch dem Cannabis voraus, das dann nur noch als ein weiterer Schritt auf dem bereits begonnenem Weg zu harten Drogen darstellt. Ein zwangsläufiger Umstieg auf harte Drogen ist auch bei langjährigen Konsumenten von Cannabis nicht zu belegen.

Die bisherige Prohibitionspolitik hat bisher auch nicht verhindern können, dass Cannabis mittlerweilen von weiten Teilen der Bevölkerung akzeptiert bzw. toleriert wird. Vielmehr machen sich die Politiker unglaubwürdig, wenn sie eine offensichtlich recht harmlose Droge verfolgen lassen, jedoch z.B. Alkohol zulassen.

Wenn nur der Konsum und Besitz kleiner Mengen eindeutig entkriminalisiert würde, könnten Kräfte, die z.Zt. in den Kampf gegen Cannabis gesetzt werden, anderenorts sinnvoller eingesetzt werden. Der Großteil der derzeitigen Bagatelldelikte würde die Gerichte nicht weiter belasten.

5. Staatliche Drogenkontrolle durch die Polizei

Die Hauptaufgabe bei der Durchführung des Betäubungsmittelgesetzes fällt der Polizei zu, die den Auftrag vom Gesetzgeber hat, Verbrechen zu bekämpfen und zu verfolgen. Da sie für die Bekämpfung von Kriminalität besser ausgerüstet ist, als Sozialarbeiter und Jugendämter, fällt zwangsläufig der größte Teil des Drogenproblems in ihren Aufgabenbereich. Jugend- und Gesundheitsämter sollten zwar von rechtlicher Seite als erste mit dem Drogenproblem fertig werden, doch fehlt es ihnen meist an den Mitteln.

Da eine klare Linie in den Entscheidungen des Gesetzgebers zum Drogenproblem nur schwer zu sehen ist, steht es der Polizei als ausführende Instanz recht frei, gegen welchen Täterkreis sie ihre hauptsächlichen Aktivitäten richtet. Zwar hat sie den Anspruch gegen alle Straftaten vorzugehen, doch kann es nicht ausbleiben, dass bei einem so großem Problem Prioritäten gesetzt werden und verschiedene Strategien der Verbrechensbekämpfung erprobt werden. Mitunter entsteht eine paradoxe Situation, in welcher das Recht gebrochen wird, um es zu erhalten.

5.1. Rechtlich Probleme

Einige Praktiken der Polizei mussten sich in diesem Zuge der öffentlichen Diskussion stellen. Bei polizeilichen Ermittlungen gegen organisierte Drogentäter werden öfters Untergrundfahnder eingesetzt, welche die Aufgabe haben, in eine kriminelle Organisation einzudringen und als vermeintliches Mitglied Informationen zu deren Bekämpfung zu beschaffen.

Um glaubhaft zu sein, muss der Untergrundfahnder sich an den Vergehen beteiligen. Je weiter er in der Organisation an die Spitze kommen möchte, um Informationen über die treibenden Kräfte zu erlangen, desto mehr gefährdet er sich und seine Ermitlungen, wenn er vor kriminellen Handlungen zurückschreckt.

Ebenso rechtliche Probleme birgt die Kronzeugenregelung. Sie besagt, dass ein Straftäter, der gegen seine Komplizen aussagt und somit wesentlich zu den Ermittlungen beiträgt oder hilft, weitere Straftaten zu verhindern, mit Strafmilderung oder gar Straffreiheit rechnen kann. Auf der einen Seite hilft solches Verhalten zwar Verbrechen aufzuklären, andererseits kann aber auch ein hochgradig Krimineller sich durch diese Regelung ein neues Leben aufbauen, ohne für seine Strafen zu bezahlen.

5.2. Interne Konflikte der Polizei

Die Polizei wird bei der Drogenkriminalitätsbekämpfung vor das Problem gestellt, einen so großen Personenkreis zu verfolgen, dass es unmöglich erscheint, alle Straftäter belangen zu können. Da keine klaren Vorgaben vom Gesetzgeber existieren, ab wann ein geringes Vergehen vorliegt, muss sich die Polizei selbst Prioritäten setzen. Auf der einen Seite gibt es die Möglichkeit recht schnell und mit wenig Aufwand viele Erfolge vorzuweisen, wenn jeder kleine Drogentäter festgenommen wird. Ein wirksames Vorgehen gegen die Hintermänner der Drogengeschäfte wird dadurch eher erschwert. Aus solchen Ansätzen resultieren dann Fälle wie der des bayrischen Grenzpolizisten, der am deutsch-österreichischen Grenzübergang Mittenwald einen türkischen Dealer so lange in den Würgegriff nahm, bis dieser zehn Gramm Haschisch wieder ausspuckte, die er zuvor noch schnell runterschlucken wollte.

Auf der anderen Seite stehen aufwendige Ermittlungen gegen Drogenringe, bei denen die bereits erwähnten rechtlichen Probleme auftreten. Erfolgsaussichten sind trotz hohem Aufwand nur sehr gering. So waren dann auch von 103.629 erfassten Fällen von Rauschgiftkriminalität im Jahre 1990 lediglich 201 auf Betäubungsmittelanbau, -herstellung und -handel als Mitglied einer Bande zurückzuführen. Die Polizei wird also dazu verleitet, sich eher mit den kleineren Kriminellen zu befassen, wenn weiterhin ein quantitatives Erfolgsdenken vorherrscht, bei dem geradlinig angenommen wird, dass viele Festnahmen viele Erfolge bedeuten.

6. Aussichten

Je mehr die Verfolgung von Drogen in unserer Gesellschaft betrieben wird, um so mehr Probleme kommen ans Licht. Das läßt zwar einerseits vermuten, dass noch mehr Maßnahmen zur Drogenbekämpfung angebracht werden, zeigt aber nach Jahren auch, dass ein Rückgang der Drogenabhängigen und Drogentoten trotz aller Bemühungen nicht zu verzeichnen ist. Aus den Bemühungen, der letzten Jahre, mit immer mehr Verfolgung und Kriminalisierung auf alle Vergehen zu reagieren, läßt sich sagen, dass diese Taktiken allein wohl zu keinem Erfolg führen werden. Selbst die kleinen Drogenstraftäter entziehen sich, wo sie nur können, dem staatlichem Verfolgungsapparat, da sie nicht die Brandmarkung des Kriminellen abbekommen wollen. Immer mehr Verfolgung führt also auch zu immer mehr Gegenwehr und Misstrauen. Es wird nicht ausbleiben, dass neue Wege in der Drogenpolitik gegangen werden müssen, wenn der Staat seine Glaubwürdigkeit vor der großen Bevölkerungsschicht, die er z.Zt. kriminalisiert, nicht gänzlich verlieren will. Meiner Meinung nach ist zu hoffen, dass die Initiativen, welche sich derzeit für die Legalisierung weicher Drogen einsetzen, Erfolg haben werden. Damit wäre ein erster Schritt des Aufeinandereingehens getan, der zu einem offenerem Umgang mit Abhängigen führen kann.

Eine Differenzierung, wann eine Abhängigkeit, im Gegensatz zum gelegentlichem Konsum zwecks Genuss, vorliegt, und wann nicht, wird dann auch aus rechtlicher Sicht möglich. Es müssen vor allem klare Richtlinien her, um nicht, wie etwa bei Methadon, auch noch die Arzte und Therapeuten in ein kriminelles Zwielicht zu drängen. Hier scheint mir aber der ehrlichere Weg zu sein, Heroin zu legalisieren. Dann wird das Problem nicht nur auf einen anderen Stoff verschoben, sondern kann an der Wurzel bekämpft werden. Wenn nicht grundlegend neue Wege gegangen werden, ist jedenfalls zu erwarten, dass uns das Drogenproblem noch auf lange Sicht erhalten bleibt.


So, jetzt bin ich auf Kommentare gespannt!

20 Bewertungen, 3 Kommentare

  • anonym

    30.04.2002, 12:28 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein Bericht der schreit: gebt mir ein sn! Aber im Ernst: war interessant zu lesen, wenn auch sehr, sehr lang. Gruß, nosianai

  • kasmodiah

    23.04.2002, 17:46 Uhr von kasmodiah
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr ausführlich und interessant. hast wohl ein refarat oder so drüber geschrieben

  • PuschelHaeschen

    23.04.2002, 13:12 Uhr von PuschelHaeschen
    Bewertung: sehr hilfreich

    Das nenne ich einen sehr ausführlich und gut geschriebenen Bericht. Beide Daumen hoch! Ob ich es auch mal so hinbekommen werde?