Politikwissenschaften Allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von brian_lion

Wie geht es weiter mit der Schule?

Pro:

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Kontra:

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Empfehlung:

Nein

Keine Angst ist schon die richtige Kategorie.

Kaum hatte Bildungsminister Gerd Herms seine Grundschule mit festen Öffnungszeiten in trockenen Tüchern, rieb er sich verwundert die Augen. Was die Kultusministeriellen als bildungspolitsche Großtat feierten, landete vor dem Landesverfassungsgericht.
Eine Elterninitiative hatte Front gemacht. Nicht die Tatsache, dass die Landes- Kinder(Sachsen- Anhalt) vom 1. August 2001 an für täglich in der Regel 5,5 Stunden in den Genuss einer pädagogisch durchgestylten Betreuung im Wechselbad von Unterricht und Freizeit , von kollektiver und individueller Zuwendung kommen sollten, war ihnen ein Dorn im Auge.
Nein, das Obligatorische der Angelegenheit, der Zwang, der dahinter steckte, weckte den Zorn.
Kasernierung der Kinder witterten die Puristen des häuslichen Erziehungsmonopols, eine Beschneidung ihrer natürlichen Elternrechte. In erster Instanz verloren die Eltern. Sie wollen aber zum Bundesverfassungsgericht (was Ellis so alle für ihre Kinder machen).
Die Grundschulen öffnen mittlerweile fest, die Kinder kommen trotzdem noch früh genug nach Hause, um manchen Schabernack zu machen, und das Erziehungsrecht der Eltern ist keineswegs tot. Ins Kreuz geniffen waren indes einige Hortnerinnen aus freien Einrichtungen. Sie verloren mangels Kundschaft ihren Job.
Den Job behalten konnten dagegen viele Lehrer in Land.
Dafür sorgte ein mit Mühe gestricktes Tarifwerk, das den Pädagogen vermindertes Salär bei verminderter Stundenzahl bescherte.

Lehrer im Überfluss?
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Die Schattenseite: Viele Eltern argwöhnen, dass es einem sachsen- anhaltischen Lehrer, der auf geschätzte 70 % des deutschen Lehrergehaltes kommt, an der rechten Motivation zur Kindererziehung und- unterweisung mangelt. Zudem kommt es im Land zu dem Paradoxon, dass trotz überdurchschnittlich viele Schulstunden ausfallen.
Und: Tatsächlich mussten viele Lehrer für ihr vermindertes Gehalt am Ende sogar mehr arbeiten.
Überstunden werden nicht bezahlt und also zu selten gehalten. Angesammelte Arbeitszeitkonten können nicht ausgeglichen werden, wenn der Tarfivertrag am 31. Juli 2003 ausläuft. Das gibt auch das Ministerium umwunden zu.
Demografisch klar ist lediglich, dass sich in Sachsen- Anhalt bis zum Jahr 2010 die Zahl der Kinder und Jugendlichen knapp halbiert. Dann hat das Land noch mehr Lehrer und noch mehr Schulen, - für viele nur eben keine Schüler mehr. Es bleibt spannend. Bei aller Kritik kann Kultusminister Harms ein gewisser Hang zum Experiment nicht abgesprochen werden. Sein Projekt der flexiblen Eingangsphase für ABC- Schützen verdient alle Aufmerksamkeit.
So könnte es gelingen, das Einschulungsalter tendenziell zu senken, ohne Kinder die Kindheit zu rauben. Der Verzicht auf das Sitzenbleiben in den ersten drei Jahren und die Chance, diese ersten drei Jahre auch in einen bis zwei Jahre zu absolvieren, ist ein Konzept, das die notwendige Leistungsorientierung mit Stress- und Misserfolg- Verzicht verbindet. Im laufenden Schuljahr nehmen bereits 25 Schulen aus Sachsen- Anhalt an diesen Projekt teil.

''Neue Sekundarschule''
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Die Förderstufe (5-6 Klasse) habe ''Defizite'' erkennen lassen: Nach den ersten zwei Jahren muss eingschätzt werden, dass die neue Sekundarschule den in sie gesetzten Erwartungen und Ansprüchen noch nicht gerecht wird.
Die neue Sekundarschule bietet eine ''Fachleistungsdifferenzierung'' auf zwei verschiedenen Anforderungs- Niveaus an. Was als differnziertes Lernangebot für unterschiedlich Begabte und Motivierte gedacht war, mutierte zum Rohrkrepierer: Die scharenweise Abwanderung der Schüler hin zum geringeren Niveau (B-Kurs) berge die Gefahr'' eines Absinkens der Quote eines mittleren qualifizierenden Bildungsabslusses ans den Sekundarschulen'', stellt das Ministerium fest. Zu deutsch: Die Schüler sind zu dumm(siehe Pisastudie*g*), oft jedenfalls nicht einmal fähig, den ganz normalen Anforderungen einer ganz normalen Berufsausbildung zu genügen.
Die Folge: Ausbildungsbetriebe und Handwerker grasen den Abiturientenmarkt ab. Das Nachsehen haben Universitäten und Fachhochschulen, denen die Studenten fehlen. Das Nachsehen hat aber auch der Steuerzahler, der die teure Gymnasiums- Ausbildung bezahlt, für Leute, die hinterher doch ''nur'' Friseure werden.
Überhaupt Gymnasien. Mit den 13 Jahren bis zum Abitur hatte sich das Land bereits in der vorherigen Legislatur ein Kuckucksei ins Nest gelegt. Zwar wollte man lange Schultage vermeiden, auch Sonnabends oder Schichtunterricht, aber schon damals - und heute erst recht - ging und geht der Mainstream in Richtung zwölf Jahre.

Fazit:
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Licht und Schatten liegen in der Bildungsbilanz des Landes dicht beieinander. Harms, der als einer der fähigsten Köpfe in Höppners Tafelrunde gilt, hat viel gewollt, viel getan, aber dennoch längst nicht immer sein ''Klassenziel'' erreicht.
Es gibt noch genügend ''Baustellen'' in der Bildungslandschaft. Der kommende Kultusminister - wie immer er heisst - wird mit Sicherheit eines nicht: arbeitslos.

respect all colours

brian_lion (bRaZ)

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