Prag Testbericht

ab 192,99
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Erfahrungsbericht von _Phoebe_

Eine wunderbare Stadt

Pro:

billig, tolle Kultur

Kontra:

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Empfehlung:

Ja

Ich bin am 22.10.01 für 8 Tage nach Prag gefahren. Es war unsere Abschlussklassenfahrt vor dem Abitur. Daher habe ich mir natürlich vorgenommen, sie ganz besonders zu geniessen. In weiten Teilen ist das auch gelungen, auch wenn nicht alles so war, wie ich es mir vorgestellt hatte.



1.) Der erste Eindruck:
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Abends gegen 18:00 Uhr kamen wir in die Vororte der Stadt. Also, wer bis dahin an eine goldene Stadt gedacht hat, dem wird es spätestens vergangen sein, als wir durch die engen Strassen mit einem \"Höllenverkehr\" gefahren sind. Die Häuser waren heruntergekommen und schmutzig. Wenn ich ehrlich sein soll, wollte ich als ich das sah eigentlich schon wieder nach Hause. Ich versprach mir nicht mehr viel von der \"goldenen\" Stadt und fragte mich, was hier nur zu besichtigen sein sollte????

Erst als wir durch die Innenstadt fuhren (bzw. rasten, denn man muss sich ja anpassen!), bemerkte ich, dass Prag auch noch eine andere Seite hat. Wir sind an verschiedenen Gebäuden vorbeigefahren, die wirklich aussergewöhnlich sind. Man muss es sich so vorstellen, dass neben einem veralteten und heruntergekommenen Haus ein absolut modernes Glasgebilde steht. Dieses Glasgebilde, das haben wir später herausgefunden, war ein Bürogebäude, das keine Aussenwand hatte, sondern Fenster, die von der Decke bis zum Boden des einzelnen Stockwerkes gingen.

Alleine dieser Kontrast machte mir klar, dass Prag zwei Seiten hat und man wirklich alles gesehen haben muss, bevor man davon sprechen kann, dass es einem nicht gefällt.



2.) Unser Programm:
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Tag 1 und 2:
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Natürlich war es unmöglich innerhalb von 6 Tagen (man muss ja den Anreise- und Abreisetag abrechnen) alles zu besichtigen. Daher haben wir, was Prag betrifft eine auf zwei Tage verteilte Städtetour unternommen. Am ersten Tag haben wir uns die Altstadt angeschaut und viele Informationen dazu erhalten (Geschichte der Häuser, der einzelnen Bezirke usw.); der zweite Tag war dann für die Neustadt (Hradschin) bestimmt. An diesem zweiten Tag haben wir dann auch den Veitsdom, den Königpalast und eine Basilika angeschaut.


Hier das Wichtigste, das wir gesehen haben:


a) Der Veitsdom:
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Der Dom ist direkt mit dem Königspalast \"verbunden\". Die Mauern des Palastes gehen um den Dom herum, so dass man den Eindruck hat, der Dom stehe auf einem Hof. Natürlich ist in einer solchen Größendimension fast unmöglich vorzustellen.
Jedenfalls ist der Dom einfach riesig, wenn man an ihm heraufschaut. Innen betrachteten wir dann die einzelnen Kapellen an den Seiten des Doms und gingen hintunter zur Grabkammer des letzten 8 Könige von Prag. Hier sind die Särge der Herrscher über Prag zu bestaunen. ich allerdings fand es ein wenig bedrückend, weil das Licht sehr schummrig war und auch die Decke nur ein paar Zentimeter über meinem Kopf (161 cm) schwebte. Trotzdem war es ein Erlebnis, auch wenn ich so schnell wie möglich diesen Dom hinter mir lassen wollte.
Im großen und ganzen war der Dom sehenswert, allerdings hatten wir nicht genug Zeit uns alles anzuschauen. Auf mich machte er einen eher mystischen Eindruck.


b) Der Königspalast:
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Den Königspalast haben wir nicht von innen gesehen (ich bin mir auch gar nicht sicher, ob man das überhaupt kann). Wir haben uns aber die verschiedenen Höfe angeschaut und auch die Terasse, auf der damals die Könige ihre \"Teepause\" machten. Zur Zeit der Könige war Tschechien ja noch mit Österreich verbunden, so dass der österreichische König oder Kaiser meist auch König von Tschechien war. Kurz gesagt, es gab immer jemanden, der in dem Haus wohnte und jemanden, der diesen besucht hat. Es war immer ein Abgesandter des Herrschers auf jeden Fall im Palast.
Der Palast selbst ist sehr hochgeschlossen gebaut und sehr hell. Drei verschiedene Stockwerke gibt es (die hat man von aussen gesehen), wobei das interessanteste daran immer noch war, dass das zweite Stockwerk so hoch wie zwei Etagen eines normalen Hauses war. Der Palast wurde um die einzelnen Höfe herumgebaut. Es gibt also keinen Hof, der vor dem Palast zu sehen ist.

Uns wurde auch von den berühmten Prager Fenstersturzen berichtet. Es gab zwei von ihnen und jeder war Beginn einer neuen Regierung. Der erste Sturz war in der Stadt an sich und der zweite beim Königspalast. Wir haben uns das Zimmer mit den Fenstern angeschaut und nach einem Blick in die Tiefe wußte ich, warum eine neue Regierung danach das Sagen hatte. Niemand kann so einen Sturz überleben. Und genau so war es auch. Es war eben damals so, dass die wichtigesten Männer in einer Regierung aus dem Fenster gestürzt wurden, wenn sie abgesetzt werden sollten aber nicht wollten.

Insgesamt war die Besichtigung sehr spannend, weil die Architektur und die Erinnerung an die glorreichen Herrscher überall zugegen sind. Hinzukommt eine sehr spektakuläre Wachablösung. Wie in England müssen dort die Wachen ja völlig stillstehen und das über mehrere Stunden. Zur Mittagszeit wird dann an sämtlichen Toren gewechselt.
Der Geschichte um die fensterstürze war ebenfalls sehr spannend und ich kann jedem nur empfehlen, den Königspalast, die Basilika und den Veitsdom zu besichtigen. Man sollte sich aber vor allem Zeit mitbringen!


Tag 3:
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An diesem Tag haben wir eine Exkursion nach Lidice unternommen. Lidice ist heute eine Landschaft - vor dem zweiten Weltkrieg stand dort allerdings ein kleines Dörfchen namens Lidice. Die Nazis hatten damals in einer Rachehandlung sämtliche Männer des Dorfes sofort erschossen und die Frauen und die Kinder in verschiedene KZ\'s gebracht.
Insgesamt sind dort fast 2000 Menschen gestorben. Ich muss sagen, das war zu diesem Zeitpunkt das Schlimmste, das ich gesehen hatte. Man sieht heute nur noch ein paar Denkmale, von einem Haus noch einen Zimmerumriss (nur etwa einen Meter der Mauer) und von einer Kirche nur noch den Boden mitten im Gras. Man kann in diesem weitläufigen, sehr friedlichen Gelände auf Wegen laufen und sich alles anschauen. Man kommt dann irgendwann zu einem Friedhof, auf dem aber keine Bürger von Lidice begraben sind.
Was mich besonders schockierte, war dieser riesige Unterschied. Auf der einen Seite stand da ein Dorf mit ganz normal lebenden Bürgern - und auf der anderen Seite ist davon nur noch Landschaft übrig geblieben.

Wir besichtigten dann ein kleines Museum, dass dabei stand. Man zeigte uns einen kurzen Film über die Geschehnisse von damals und wir konnten uns in einem Zimmer die Namen der Opfer durchlesen, genauso wie verschiedene Schriften. In einem Brief, der nur drei Tage vor dem Anschlag abgeschickt worden war, berichtet eine Familie, sie wollte in den nächsten Tagen viel unternehmen und über die nächsten Feiertage zu Besuch kommen. Das alles hat die Familie nicht mehr erlebt.

So etwas ist wirklich schrecklich. Ich kann nur jedem empfehlen, Lidice zu besuchen. Es liegt etwa eine Stunde von Prag entfernt.


Tag 4:
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Am Freitag war ein kleiner Teil der Gruppe in verschiedenen Jüdischen Synagogen. Es gibt ein jüdisches Viertel in Prag, dass sich äusserlich nicht von den anderen Vierteln unterscheidet. Es gibt dort 7 Synagogen und in zweien werden noch Gottesdienste abgehalten. Die anderen fünf sind heute Museen, um den jüdischen Glauben näher zu bringen und darauf aufmerksam zu machen, was den Juden im zweiten Weltkrieg auch in Prag passiert ist.
Unter anderem gibt es auch einen alten Judenfriedhof, der sehr sehenswert ist. Dort stehen die Grabsteine so dicht aneinander, dass sie nicht mehr zählbar sind. Als uns dann erklärt wurde, dies sei bereits die zwölfte Schicht von Gräbern, waren wir alle sehr ergriffen. Es liegen Opfer des zweiten Weltkrieges dort.
Weiterhin sehenswert sind die Maisel-Synagoge, sowie die Spanische Synagoge.


Tag 5:
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Etwa eine Stunde von Prag entfernt liegt Kuttenberg (Kutna Hora), ein kleines Städtchen mit großartiger Architektur. Der Dom, der dort gebaut wurde ist einzigartig. Verschiedene Baustile wurden zusammen in ihm vereint. Es gibt normalerweise in jedem Baustil Gesetzmäßigkeiten, die eingehalten werden, doch in diesem Domwurde genau das Gegenteil gemacht. Die Kirche ist sehr hell, da sie in der Mitte etwas wie ein Glasdach hat. Zusätzlich sind dort Original-Wandmalereien aus dem Mittelalter erhalten geblieben.


Tag 6:
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Als letztes besuchten wir Theresienstadt. Dort sahen wir zwar nur \"Die kleine Festund\" und das Museum, aber es war sehr eindrucksvoll. Auch Theresienstadt spielte eine Rolle im zweiten Weltkrieg, es war ein Deportationslager, in dem die Kriegsgefangenen, die Juden und die politischen Häftlinge in typischer KZ Manier zusammengepfercht auf kleinstem Raum festgehalten wurden. Es herrschten dort die schlimmsten Verhältnisse, obwohl es kein Vernichtungslager war. Insgesamt waren alleine in der kleinen festung nach Kriegsende 2600 Tote zu zählen. Mit Theresienstadt (besonders dem Ghetto, in dem die Juden lebten) zusammen waren es weit über 150000 Menschen, die gestorben sind. Von Theresienstadt aus sind die Menschen damals z.B. nach Auschwitz gebracht worden.
Die Zimmer in der kleinen Festung sind teilweise völlig duster, so dass man nicht die Hand vor Augen sehen konnte, oder es wurden auf einem Raum, der vielleicht 16 m² hatte, bis zu 70 Menschen gehalten. Diese Menschen konnten sich nachts nicht hinlegen, wenn sie schlafen sollten. Es war einfach nur schockierend.



3.) Meinung zum Programm:
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Unser Programm war sehr gut ausgewählt, weil ich denke, das die wichtigsten geschichtlichen Elemente darin enthalten waren. Natürlich war es so, dass sich unsere Abschlussfahrt mit dem zweiten Weltkrieg beschäftigen sollte. Auch das ist gut gelungen, vor allem weil man sich selbst ein Bild machen konnte. Man bekam zwar vieles erzählt, hatte aber auch genug Zeit sich überall umzuschauen. In Lidice z.B. hatten wir keine Führer, der uns alles zeigte. Das wäre hier auch nur falsch gewesen. Den den eigenen Eindruck, den man hat, wenn man sich das betrachtet, kann man nicht beschreiben.
Ausserhalb des Programmes hatten wir genug Zeit in Prag einzukaufen oder Essen zu gehen. An einem Abend haben wir uns das schwarze Theater mit einer Aufführung von Faust angeschaut. Auch wenn ich kein tschechisch verstehe, bin ich immer noch begeistert. In dem Theater wurde nicht nur tschechisch, sondern auch gesprochen und gesungen, so dass jeder, der eine von den zwei Sprachen versteht auf jeden Fall auch das Stück verstanden hat.



4.) Zu Prag selbst:
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Wie ich am Anfang schon beschrieben habe, sind die Vororte sehr heruntergekommen, doch wenn man in die Innenstadt kommt, kann man nur überrascht sein, welche Vielfalt an Kultur und Leben dort vorherrschen. Neben ganz alten Gebäuden stehen plötzlich total moderne. Es passt aber alles wunderbar zusammen. In der Neustadt gibt es Einkaufsstraßen, die Berlin alle Ehre machen.
Mir hat gerade das Klima in der Stadt gut gefallen. Auf der einen Seite bemerkt man schon die alte Tradition, auf der anderen Seite aber auch das moderne Leben. Eine solche Stadt muss man einfach gesehen haben. Nicht nur Sachen wie die Karlsbrücke z.B. sind fantastisch. Man muss einfach selbst hinfahren und sich seinen Lieblingsort suchen. Jeder findet in dieser Stadt ein Plätzchen, das ihm gefällt.
Mir persönlich hat die Altstadt am Besten gefallen. Sie besteht aus kleinen verwinkelten Gässchen mit alten Häusern, vielen Trödlerläden und Kopfsteinpflaster auf der Strasse. Es ist sehr malerisch.



5. Weitere Besichtigungsvorschläge im historischen Zentrum:
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- Kunstgewerbemuseum (Krizovnicka)
- Strahov-Kloster (Strahovske nadvori)
- Palais Sternberg (Hradcanske nam. 15)
- Ethnologisches Museum Naprstek (Betlemske nam. 1)
- Botanischer Garten (Na slupi 16-18)
- Nationalmuseum (Vaclavske nam. 68)
- Clementinum (Kriznovicke nam./Marianske nam.)



6. Geldumtausch:
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Der Geldumtausch ist in Prag kein Problem. Es gibt vier Möglichkeiten:
1. man kann bereits in Deutschland umtauschen. Dort ist aber die Gebühr sehr hoch. Ich würde das daher nicht empfehlen.
2. man kann im Hotel in Prag das Geld umtauschen, wo allerdings abgerundet wird. Das heißt, wenn man eigentlich 20,41 Kronen gekommen müsste, bekommt man nur 20 Kronen ausgezahlt.
3. man kann in einer der Wechselstuben, die wirklich an jeder Ecke zu finden sind, das Geld tauschen. Dort wird allerdings oft eine Gebühr genommen, die noch sehr hoch ist.
4. man kann an einen Geldautomaten gehen und dort direkt Kronen abheben. Meiner Erfahrung nach ist dies die billigste Variante.

Zur Zeit ist 1,- Euro = ca. 30 Kronen

**Update: Dank an Andreas1501

7. Verpflegung:
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Im Hotel konnten wir nur das Frühstück genießen und mussten uns daher auf die Prager Küche verlassen. ich selbst habe nicht in einem großen Restaurant gegessen. Ich gebe aber einen Tip: Man soll auf die Einrichtung des Restaurantes achten. Oft ist an der Hauswand auch die Speisekarte zu finden. Aber man bekommt an jeder Straßenecke auch belegte Brötchen. Es gibt riesige Supermärkte und man kommt mit den Verpflegungskosten weitaus billiger weg, als in Deutschland!



8. Reisekosten:
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Leider kann ich nicht viel über Eintrittskosten sagen. Es ist aber alles bedeutend billiger, als in Deutschland, habe ich den Eindruck. Ich war vom 22.10-29.10.01 in Prag und habe für ein 3-Sterne Hotel (allerdngs nur Frühstück), ein Metro-Ticket (gilt 7 Tage), sämtliche Eintrittkosten und die Busfahrt hin und zurück nur 490,- DM bezahlt und wahrscheinlich bekomme ich noch Geld wieder, denn es war sehr großzügig berechnet.
Nun muss ich dabei erwähnen, dass unsere Reisegruppe ein kompletter Jahrgang, also ca. 74 Personen, war. Daher kommt wahrscheinlich der so gute Preis zustande. Man kann aber eine Menge sparen, wenn man z.B. nicht alle Mahlzeiten im Hotel einnimmt. Das hat auch den Vorteil, dass man sich nicht an Zeiten halten muss, und man kann abends für 15-20,- DM sehr gut essen.



Ich hoffe, ich konnte ein wenig dazu beitragen, dass ihr euch leichter entscheiden könnt, in welche Stadt ihr in Urlaub fahren wollt. Prag ist sehr empfehlenswert und eine Anreise ist von Deutschland aus innerhalb eines Tages leicht zu schaffen.


Liebe Grüße

Eure _Phoebe_

PS: Dieser Beitrag wurde auch bei Ciao.com unter Sarah-Love veröffentlicht.

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