Proterra - Runrig Testbericht

Proterra-runrig
ab 19,16
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Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von elch33

Gabriel`s Sword

5
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Pro:

geniale Musik zum träumen

Kontra:

nix

Empfehlung:

Ja

Seit dreißig Jahren besteht die schottische Gruppe Runrig. In dieser Zeit mußten sie einige Höhen und Tiefen durchmachen - mehrere Bandmitglieder verließen die Band, andere wiederum kamen dazu. Solche Wechsel haben viele Gruppen durchmachen müssen, die über einen solch langen Zeitraum Musik machen. Von einem der traurigsten Momente in der Geschichte von Runrig möchte ich Euch aber zu Beginn meines heutigen Berichtes erzählen.

Es ist der 01. Februar 2003, als die amerikanische Raumfähre Columbia kurz vor der Landung explodiert. An Bord war unter anderem auch Laurel Clark – ihres Zeichen Astronautin und Runrig Fan. Jedes Besatzungsmitglied durfte zwei persönliche CDs mit ins All nehmen. Laurel Clark entschied sich für ihr persönliches Lieblingsalbum THE CUTTER AND THE CLAN und STAMPING GROUND – beides von Runrig. Beide CDs wurden weitestgehend unbeschädigt nach dem Absturz gefunden – eine CD steckte sogar noch in einem der CD Player. Im vergangenen Sommer trafen nun Laurels Sohn Ian und sein Vater Jon, Runrig in Glasgow und übergaben die beiden Alben der Gruppe. Ein mehr als bewegender Moment für alle Beteiligten……

Zur Zeit besteht Runrig aus folgender Besetzung: Bruce Guthro (Akustikgitarre, Gesang), Malcom Jones (verschiedene Gitarren, Pipes, Akkordeon, Baß), Rory Macdonald (Gesang, Akustik + Baßgitarre), Iain Bayne (Drums, Percussion), Calum Macdonald (Percussion, Gesang) und Smartie Brian Hurren (Klavier, Keyboards und Gesang). Bei diesem Album wurde sie unterstützt von Paul Mounsey - einem Schotten, der seit einigen Jahren in Brasilien lebt. Er versucht seine schottischen Wurzeln mit brasilianischen Klängen zu verbinden. Mounsey hatte bereits am letzten Album „Stamping Ground“ seine Finger im Spiel - jetzt wurde die Zusammenarbeit quasi offiziell besiegelt.

Das Cover ist wieder einmal verhältnismäßig einfach gestaltet. Die Rückseite ist komplett schwarz – lediglich die Namen der Songs stehen dort drauf. Auf der Vorderseite steht ein mit einem Computer animierter Mensch bereit, um ins Meer zu springen. Im Hintergrund ist eine kleine Inselkette zu sehen, die in mir die Vermutung aufsteigen läßt, das es sich hierbei um die Isle of Skye handeln könnte. Gleich dazu noch etwas mehr. Bestimmt wird das Bild aber von grauen Wolken, die über das Wasser dahinziehen. Da es sicher hierbei um eine schwarzweiß Aufnahme handelt, entsteht ein recht düsterer Eindruck. Im Inlet gibt es wiederum zwei Fotos von dunklen Gesteinen, ähnlich wie auf „The Big Wheel“ – daher meine Mutmaßung mit der Isle of Skye. Gekostet hat mich das Album 12,99 Euro – ein durchaus angemessener Preis für eine knappe Stunde Musik.

Jetzt geht es aber ans Eingemachte – die Songs:

The Old Boys: 05:15

Ein sehr langsamer fast getragener Song, die Akustikgitarre ist dafür um so deutlicher zu hören. Ich kenne die erste Fassung vom Album „Highland Connection“ nicht, daher fehlt mir der direkte Vergleich. Das Lied ist eine Würdigung der alten Menschen, die so langsam nach und nach von uns gehen. Dies ist allerdings sehr positiv gemeint – quasi eine Würdigung ihres Lebens und Schaffens. Sie, die unter anderem noch die gälische Sprache verstanden und vor allem noch sprachen, werden immer weniger. Das ist ganz deutlich gegen Ende zu hören, als ein Mann auf Gälisch daherbrabbelt. Erinnerungen an eine vergangene, glorreiche Zeit werden wach.

Proterra: 05:34

Die Schotten sind ein sehr bodenständiges Völkchen. Wo auch immer sie in der Welt leben, sie wissen genau wo ihre Wurzeln sind. „As I walk along the shores, I am the history within“ - viel schöner kann man die Liebe zu diesem wunderschönen, weil teils rauhen, einsamen Land und vor allem zu seinen Bewohnern nicht beschreiben. Es ist eigentlich ein mittelschneller Song, bei dem die Gitarren und das Schlagzeug im Vordergrund stehen. Trotzdem sorgen kleinere Rhythmuswechsel immer wieder für neuen Schwung. Im Hintergrund ist ab und zu eine Fiddle zu hören.

Day of Days: 03:20

Für Runrig Verhältnisse ist dies schon ein richtiger Rocksong, weil teilweise schon richtig hart und vor allem aggressiv. Doch so ganz ohne langsamere folkige Passagen, kommt auch dieses Stück nicht aus. Gerade diese Wechsel sorgen dafür, das es mit frischer Energie weitergeht. Schlagzeug und Gitarren bestimmen hier eindeutig das Bild. Es ist die Suche nach dem „Retter der Welt“ – einem schier aussichtlosen Unterfangen.

Empty Glens: 03:48

Bei der ersten Singleauskopplung handelt es sich um ein eher schnelleres Stück. Es ist nach einfachem Rock Pop Muster gestrickt, wobei neben Schlagzeug und elektrischen Gitarren auch immer wieder eine Akustikgitarre zu hören ist. Es ist eine Aufforderung, sich wieder zur schottischen Heimat zu bekennen. Viele, vor allem junge Menschen wandern aus, um in der Fremde ihr Glück zu finden, da sie zu Hause keine Arbeit bekommen. „now we walk in empty glens, rushes blowing in the wind, a voice that`s calling you again to come back home.”

Gabriel`s sword: 04:53

Kommen wir zur ersten Ballade auf diesem Album. Hier steht ganz klar die Akustikgitarre im Vordergrund und unterstützt dabei die Stimme von Sänger Bruce Guthro hervorragend. Im Hintergrund sind deutlich das Schlagzeug und im weiteren Verlauf auch eine E – Gitarre zu hören. Sie halten sich aber vornehm zurück. Es ist ein sehr trauriges Lied über Anschläge, deren Opfer unter anderem auch Kinder sind. Gleichzeitig ist aber auch die Hoffnung da, sich von diesem Joch zu befreien – doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. „and the words that spell foregiveness wear a thorny crown.“ Diese Ballade hat es in sich und gehört, genau wie der gleich folgende Song zu meinen Lieblingsstücken auf diesem Album.

From the North: 05:28

Dieser Song ist eigentlich in zwei Hälften unterteilt. Er fängt ganz langsam und getragen an, vor allem die elektrischen Pipes sind zu hören. Nach knapp zwei Minuten beginnt es fast wieder von vorne, aber in einem wesentlich schnelleren Rhythmus. Gerade die Pipes scheinen jetzt gar nicht mehr unter Kontrolle zu sein, sie treiben richtig voran. Dazu kommt noch die Unterstützung von E – Gitarren und dem Schlagzeug. Obwohl ganz und gar nicht Runrig typisch, hat mir dieser Song gerade in der Live Version ganz besonders gut gefallen. Es ist eine Erinnerung an eine lange vergangene Zeit – als vor cirka 1200 Jahren die Wikinger in Schottland einfielen.

An Toll Dubh/ The Dungeon: 02:27

Mit knapp zweieinhalb Minuten ist dies der kürzeste Song auf dem Album. Damit ist er aber immerhin um eine knappe Minute länger als in seiner ersten Version auf „Recovery“. Vor allem die Drums am Anfang wirken druckvoller und dynamischer als früher. Dazu ist auch der Sound ist viel komplexer. Gesungen wird dieser Song auf gälisch, somit muß ich mich wieder der englischen Übersetzung annehmen. Es geht um diejenigen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Die, die keine Sonne sehen, die nichts zu essen oder zu trinken haben.

There`s a Need: 03:36

Wiederum ein schnellerer Song, bei dem die Gitarren und Drums im Vordergrund stehen. Nach knapp eineinhalb Minuten gibt es einen kleinen Break, der sich bis zum Schluß mehrmals wiederholt. In diesem Lied stehen die Gegensätze die das Leben so bietet im Mittelpunkt – es geht von einem extrem ins andere. Beide werden gebraucht – ohne sie geht es nicht. „we are many millions more, we have not been here before – there`s a need” oder “from the left to the right, from the darkness to the light – there´s a need”

Faileas Air An Airigh/ Shadow on the Sheiling: 04:05

Bei dieser gälischen Ballade steht wieder die Akustikgitarre im Vordergrund. Diesmal übernehmen wieder die Brüder Macdonald den Gesang. Im Song geht es um ihn, der schon überall auf der Welt gewesen ist, der ist durch viele Straßen gezogen und viele Städte gesehen hat. Trotzdem zieht es ihn zurück nach Uist – zu den äußeren Hebriden – und zu der Frau, die auf ihn wartet.

Heading to Acadia: 04:16

Die ersten 45 Sekunden werden von elektronischen Pipes geprägt, die diesem Instrumental ihren eigenen Charakter geben. Ich kenne so einige Lieder, die ohne Gesang auskommen – kaum eines hat aber eine solche Dynamik wie dieses. Es braucht meiner Meinung nach gar keinen Text – hier bestimmt eindeutig die Melodie, wo es langgeht. Mein Vorschlag bei diesem Song: Augen schließen und am besten von Schottland träumen. ;-)

All the miles: 04:14

Diese wunderschöne Ballade erzählt von der Sehnsucht nach der Liebsten. Wieder nur von einer Akustikgitarre begleitet, kommt die Stimme von Bruce Guthro sehr gut zur Geltung. Ausgangspunkt ist ein wunderschönes Örtchen auf der Isle of Skye – Portree. Das Ziel liegt aber an der bretonischen Küste. Der Song erzählt uns von der Liebe, die keinerlei Grenzen kennt.

A Reiteach/ The Reiteach: 05:16

Langsam und ruhig beginnt dieser gälische Song. Vor allem die Gitarren sind zu hören, im Hintergrund noch ein paar Pipes. Nach knapp eineinhalb Minuten erwacht dieses Lied so langsam zum Leben. Es wird schneller – weil vor allem der Rhythmus viel intensiver wird. Schlagzeug, Trommeln, Pipes und Gitarren – alles ist vertreten. Dabei ist der Inhalt eher traurig, denn die große Liebe hat gerade jemanden anderen geheiratet und ihn einfach sitzen lassen.

Angels from the Ashes: 03:25

Zu guter Letzt noch eine instrumentelles Lied, das den Opfern des 11. September gewidmet ist. Diese sehr ruhige Ballade, wird vor allem von den Klängen des Keyboards bestimmt. Sehr ruhig und ausgeglichen – hier kann Smartie Brian Hurren seine Fähigkeiten voll unter Beweis stellen.

Fazit:

Mit diesem Album haben Runrig sicherlich nicht die Musik neu erfunden. „Proterra“ bedeutet eine gesunde Mischung aus Balladen, mittelschnellen und rockigeren Songs. Dabei leistet sich die Gruppe immerhin den „Luxus“, zwei instrumental Lieder einzubauen. Meiner Meinung nach, tut dies dem Album sehr gut, denn auch bei diesen beiden Stücken bleiben sie ihrer Linie treu. Bei Runrig ist alles noch echt handgemacht. Sie schreiben ihre Songs selber, komponieren die Musik dazu und nutzen dabei immer wieder Instrumente, die so nicht ganz alltäglich sind. Akkordeon, Pipes, Mandoline gehören hier genauso zum Repertoire wie Schlagzeug, Gitarre, Keyboard oder Percussions. Auch auf diesem Album schaffen es Runrig wieder, traditionelles und aktuelles in Einklang zu bringen. Gerade dies zeigt eindeutig, das sie genau wissen, wo ihre Wurzeln liegen.

Der Wechsel des Gesangs von Donnie Munro auf Bruce Guthro war alles andere als einfach für die Band. Für viele Bands in ähnlichen Positionen bedeutet dies gleichzeitig das Aus – nicht so Runrig. So versuchten sie nicht die Stimme von Donnie zu kopieren, sondern sie gingen mit Bruce ihren eigenen Weg. Natürlich klingen vor allem die alten Songs dadurch ganz anders, aber Bruce hat halt seinen eigenen Stil und das ist gut so.

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