Proterra - Runrig Testbericht

Proterra-runrig
ab 19,16
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Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von pedule

Feel The Music

Pro:

Wundervolle Musik

Kontra:

erschliesst sich nicht jedem

Empfehlung:

Ja

Hallo liebe Leser,

seit mehr als einem Jahr habe ich in meinem Auto die gleichen CDs im Wechsler, darunter befindet sich eine der Gruppe Runrig.
Es gibt Runrig schon seit dreißig Jahren, aber ich muss gestehen, es ist nicht wirklich lange her, dass ich auch sie aufmerksam wurde. Wenn ich mich recht erinnere, war es Jürgen von der Lippe, der sie in seiner Show auftreten ließ und mein Feuer entfachte.

Nun, wie gesagt, seit einem Jahr schlummert diese CD nun in meinem Wechsler und ist die Einzige, die ich wirklich höre; aber glaubt nicht, dass ich bisher den Popo hoch bekommen hätte, mir weitere Runrig- CDs zuzulegen.

Nun begab es sich, das ich jemanden kennen lernte, der eine Vorliebe für Runrig hat. Nach einem Wochenende bei ihr, an dem ich weitere CDs dieser Gruppe genießen durfte, beschloss ich, mich als Runrig- Fan zu outen und diesen Bericht zu schreiben.

Nun liegt es vor mir, das Runrig- Werk des Jahres 2003, genannt „Proterra“, und wartet sehnsüchtig darauf, sich meiner Kritik auszusetzen.

~~~ Das Cover ~~~

Das Cover steht stellvertretend für den Titel der CD. Im Hintergrund das Land, Ziel aller Sehnsüchte, verwurzelt im Herzen. Davor das Meer, dazwischen ein Zaun. Im Vordergrund ein Mensch- er steht auf dem Wasser (oder schwebt?), blickt sehnsüchtig auf das Land, welches er seine Heimat nennt, bereit, alle Hindernisse zu überwinden.

~~~ The Old Boys 05:15 ~~~

Ein schwermütiger Einstieg- geeignet, Eure Herbstdepressionen zu schüren. Gut, das ich meine gerade hinter mir habe.

Langsam und traurig fließt dieses Lied dahin. Sparsam eingesetzte Keybords und dezente Streicher untermalen den melancholischen Schwanengesang auf eine ganze Generation, die unwiederbringliche Erfahrungen und Werte mit ins Grab nimmt. Nichts wird mehr sein wie es war.

Der Sänger Bruce Guthro schafft es mit seiner Stimme, diesem wirklich tieftraurigen Lied dennoch einen Funken Hoffnung einzuhauchen.

The old Boys
Are all leaving
Leaving one by one
Where young birds go flying
Spread your wings and run
But over the fields
By the drystone walls
An eagle will come no more

~~~ Proterra 05:35 ~~~

Proterra- das Land. Der Titelsong des Albums ist musikalisch eindeutig ein Tribut an den Massengeschmack. Es geht um die Schönheit unserer Erde, der Hüterin unserer Traditionen und Geschichte.

Eine beschwingt- fröhliche Ode an den Planeten, den wir alle teilen (müssen), stark Keybord- und Streicherlastig, mit fast Hymnenartigen Charakter. Wenig anspruchsvoll, dafür, wie gesagt, massentauglich und stark hitverdächtig. Und schön allemal.

Proterra
As I walk along these shores
I am the history within
As I climb the mountainside
Breaking Eden again

Dark the day, dark the night
The warring dust, the morning tribe
Crushed by a million suns
Here the heart of you lies

~~~ Days of Days 03.37 ~~~

Schon geht es eine Spur härter zur Sache. Streicher haben erst mal ausgedient, die Gitarre übernimmt das Regiment. Es geht um die Seefahrt, aber die Bezeichnung Shanty wäre eine Vergewaltigung dieses Songs, der vor allem durch wunderbare Gitarrensoli glänzt und sehr stark mitreißt.

We sailed on sun soaked seas
And we sailed
Late on the day of days

And desire and pride and anger
Fade away
Washed on the sea of change

We came. in search of saviours
Round the world
And through the cities and the towns

~~~ Empty Glens 03.50 ~~~

Und schon wird es wieder wehmütiger. Lieben wir sie nicht alle, Filme wie den legendären Highlander oder Mel Gibsons Braveheart? Fasziniert von den Zeiten, in denen Clans Schottland beherrschten, dieses wilde und urwüchsige Land. Längst ist das Vergangenheit, Clans spielen nur noch namentlich eine Rolle, viele Menschen haben den Bezug zu den Wurzeln ihrer eigenen Identität verloren. Davon erzählt dieses Lied.

Für die Thematik geht es musikalisch relativ flott zur Sache, man muss auf den Text hören, um die Stimmung zu erfassen.


Looking out on all that's been
On all that is and all that's beyond time
I close my eyes in isolation

Here's where the word was sown
All that's grown and all that's passed like ghosts
Through the child to highland generations

~~~ Gabriels Sword 04.53 ~~~

Es ist Herbst. Passend zur Melancholie, die in dieser Zeit viele Herzen erfasst, folgt hier ein melancholisches Lied. Gabriel, der biblische Erzengel der Verkündung und Auferstehung, der zugleich auch der Erzengel der Rache ist, kann dir nichts mehr anhaben, wenn du bereit bist, die Wahrheit zu sprechen und Deine Seele fliegen zu lassen.
Eine wunderschöne, sehr ruhige Ballade.


In the middle of the schoolyard
Where the bombs have lain to rest
There's a child in the darkness waiting

But the answers in the history books
Are slowly burning down
And the words that spell forgiveness
Wear a thorny crown

~~~ From the North 05.28 ~~~

Friedlich harmonische Dudelsackklänge leiten dieses Lied ein, doch schnell schlägt die Stimmung um. Schnell wird schon am Gesang erkenntlich, dass es hier nicht ganz so friedlich zugeht. Und auch musikalisch wird es schnell härter- es geht um Krieg, Krieg zwischen Clans. Dieser Song zeigt, wie abwechslungsreich die Musik von Runrig ist. Gut, aber die ruhigeren Sachen liegen mir persönlich etwas mehr.

From the north came a warrior
Baring burdens dark and deep
I've a will and I've a wanting
And miles to go before I sleep

I have horses in my stable
I have sons fit to fight
I will bring this to your table
If you ride with me this night

~~~ An Toll Dubn 02.27 ~~~

Jetzt wird es gälisch, diese Sprache, die so einen wunderbaren Klang in meinen Ohren hat, so harmonisch ist. Der harte Rhythmus wird von den Drums vorgegeben. Die gälische Sprache, versunken in einen tiefen Schlaf, wartet darauf, aus ihrem Gefängnis befreit zu werden. Ein Plädoyer, dem ich mich nur anschließen kann- und ein wunderschönes Lied.

Taobh cuil an dorais cha bhi grian
Suidh aig bord
Cha bhi biadh is cha bhi fion
Taobh cuil an dorais cha bhi grian
Cha bhi biadh is cha bhi fion

Thainig e a sasainn ann
Thainig e
Le eachaibh luath is iuchair throm
Thainig e a sasainn ann
Le eachaibh luath is iuchair throm



On the other side of the door
There will be no sunlight
Sitting at the table
There will be no food and no wine
On the other side of the door
There will be no sunlight
There will be no food and no wine

He came from the south
He came
On a fast horse with a weighty key
He came from the south
On a fast horse with a weighty key

~~~ There´s a Need 03:34 ~~~

Zurück zum Pop- Rock. Ein Lied, das uns von der Notwendigkeit zum Handeln überzeugen soll. Das es die Notwendigkeit gibt, daran besteht kein Zweifel. Ein flottes Lied mit viel Gitarreneinsatz und fast beschwörendem Charakter.

From the core of the dark
To the spark of the heart
There's a need

Sons falling into souls
Ships breaking on the shore
There's a need

It's the way her eyes were cast
Through the sockets of the past
There's a need

~~~ Faileas Air An Airigh 04:05 ~~~

Nochmals wird es gälisch, ruhig und sehr stimmungsvoll. Der Song handelt von der Seefahrt, den Gefühlen, die ein Seefahrer am Vorabend des Aufbruchs hat. Gefühle des Abschieds, Erinnerungen, vor sich die Schönheit des Himmels und des Meeres. Wunderschönes Lied, das ans Herz geht.

Tha faileas air an airigh
Faileas air an airigh
Tha 'n long a-muigh 'ceann a bhaigh
Air madainn cheitean trath

Tha grian ar cuimhne ag eiridh
Grian ar cuimhne ag eiridh
A' siubhal sraidean duthaich ghalld'
Tro bhailtean saoghal chein

There's a shadow on the sheiling
A shadow on the sheiling
The ship is waiting
At the head of the bay
Early on a may morning

The sun of our memory is rising
The sun of our memory is rising
Walking the streets of foreign countries
And the cities of another era

~~~ Heading to Acadia 04.16 ~~~

Augen zu und in sich selbst hinein horchen. Die Bilder werden von selbst entstehen. Das Instrumentalstück, das von Dudelsack und Gitarre getragen wird, ist sehr abwechslungsreich und deckt das ganze Spektrum möglicher Stimmungen ab. Stilistisch entfernt mit frühen Stücken von Mike Oldfield entfernt verwandt und einfach genial.

~~~ All the Miles 04:16 ~~~

Heimat- ein Gefühl, das heute kaum noch einer kennt. Ich muss gestehen, ich auch nicht. Meine Heimat ist da, wo mein Herz ist. Aber Heimat kann auch das Land sein, mit dem man verwurzelt ist. Egal wo man sich befindet, die Heimat trägt man im Herzen. Davon erzählt dieses ruhige, harmonische Lied in den schönsten Tönen.

From the landing of Portree
To the wild Cape Breton coast
Every mile in between
And on every word I spoke

Where the fire meets the sky
In the land of coal and steel
I feel you by my side
I feel I always will

~~~ A Reiteach 05:18 ~~~

Jetzt geht es ans Herz. Eine tragische Geschichte- ein Mann muss zusehen, wie die Frau die er liebt, den Abschied von ihrem Dasein als alleinstehende Frau feiert- doch sie wird nicht ihn, sondern einen anderen heiraten. Er macht in seinem Schmerz gute Miene zum Spiel und stimmt in die Festgesänge mit ein. Ein Lied fröhlicher musikalischer Natur mit sehr viel schmerzlich- melancholisch- tiefgründiger Stimmung. *seufz* Und dann noch auf gälisch*schmelz*

Bi mo leannan geal is alainn
Le briathran geallaidh thar chaich
Bi sinn druidhe an smuid an aoibhnis
An oidhche phosas mo run

Nam shuidhe cluinntinn ceol a' reitich
's duilich cur an aghaidh dan
A' feitheamh son a lamh a mhaireas
An oidhche phosas mo run

My love will be unblemished
With the words of devotion
Beyond all others
We will be drenched in the stupor of joy
The night my love weds

I am sitting listening to the music of the reiteach
It is impossible to stand against destiny
Waiting for the eternal bond the night my love weds

~~~Angels from the Ashes 03:24 ~~~

Dieser Song bildet den Abschluss der CD- es ist ein trauriges Instrumental, das mit zarten Klaviertönen und fast gestreichelten Gitarren Abschied von den Opfern des 11. September 2001 nimmt. Ganz ohne Pathos, nur unendlich traurig und unendlich schön.

~~~ Mein Fazit ~~~

Ich bin hin und weg. Dieses Album spannt musikalisch den weiten Bogen vom Folk über den Rock mit stark romantischen Einschlägen. Musik, die man nicht nur erhören, sondern erfühlen muss. Schwerpunkt bilden die Texte, die in ihnen enthaltenen Stimmungen finden durch die Musik ihren Resonanzboden.

In jeder Minute dieses Albums spiegelt sich die Verbundenheit der Musiker zu Heimat und Traditionen wieder; ein Bekenntnis zur eigenen Geschichte und den Ahnen.
Hier wird Werten Leben eingehaucht, die in der heutigen Zeit immer mehr in Vergessenheit geraten, obwohl sie uns doch eigentlich eine eigene Identität geben.

Tja, nun besitz ich zwei Runrig CDs, aber eigentlich hat Runrig von mir Besitz ergriffen.

Bis bald

Euer Micha