Q-Tips Wattestäbchen Testbericht

DIE BESTEN LEGALEN DROGEN!

Neulich im Supermarkt, irgendwo in Berlin, freitags um halb zwei. Ich stehe mit dem Einkaufswagen im Wartekollektiv vor Kasse 2 und beobachte das Laufband. Vor mir liegt das aktuelle Berliner Stadtmagazin ZITTY, Nr. 19. Zitty titelt für 2,40 Euro mit „DIE BESTEN LEGALEN DROGEN“. Ein wenig peinlich berührt erinnere ich mich meiner beruflich-professionalisierten Motivation, ein derartiges Heft zu erwerben. Ich hoffe man sieht mir an, dass ich ein fachliches Interesse an den Erkenntnissen habe.

Dem geneigten Leser und der aufmerksamen Leserin wird spätestens jetzt klar, dass dieser Beitrag ganz knapp vor dem Verriß der völlig falschen Kategorie tänzelt. Aber, keine Angst, ich habe schließlich auch Q-Tips Wattestäbchen gekauft.


Wer mich kennt, weiß, dass ich ein gespaltenes Verhältnis zu Süchten habe. Seit nunmehr 35 Monaten und vierzehn Tagen bin ich rauchfrei, bin folglich zumindest einer stoffgebundenen Sucht, dem Nikotin, zur Zeit nicht verfallen. Wir Fachleute differenzieren ja zwischen stoffgebundenen und stoffungebundenen Süchten. Zitty differenziert zwischen legalen und illegalen Drogen. Stoffungebunden sind z.B. die Spielsucht oder die Kaufsucht, stoffgebunden sind hingegen Nikotinsucht, Heroinsucht, Alkoholsucht und, wie wir alle wissen, die Wattestäbchensucht.

Ich möchte für die breiter interessierten Leser in diesem Zusammenhang nur am Rande erwähnen, dass sich schon Malcom X an der Muskatnuss berauschte und ca. zehn Gramm euphorische Zustände hervorrufen, die über zwölf Stunden vorhalten können. Experten warnen jedoch, da schon fünf ganze Nüsse zum Exitus führen können. Getrocknete Passionsblume kann man wie einen Joint rauchen, Lachgas aus Sahnespendern führt für zwei Minuten zu Glücksgefühlen und die diversen Nachtschattengewächse wie Engelstrompete, Binsenkraut oder gar Tollkirsche haben gleichfalls eine berauschende Wirkung. Alles kann natürlich auch tödlich enden. Man sieht, legale und illegale Drogen haben auch hier Gemeinsamkeiten.

Vergleichsweise harmlos sind dagegen Wattestäbchen. Ich habe mich heute für Q-Tips entschieden, weil der Produktname nahezu als Synonym für Wattestäbchen gilt und weil die Kategorie bereits vorhanden ist. Alle Beiträge in den verschiedenen Meinungsforen wie Ciao, Dooyou oder auch Yopi geben an, dass die Länge etwa bei 10 cm liegt.

Ich habe die Anwendung der legalen Drogen schon sehr diffus beschrieben, weil ich ja weiß, dass auch Kinder und Jugendliche in Meinungsforen aktiv sind. Ein hochgeschätzte Autorin hat darauf übrigens schon mehrfach kritisch hingewiesen. Dennoch wissen natürlich alle aufgeklärten Leserinnen und Leser, dass es nur unwesentlich auf die Länge ankommt. 10 cm sind völlig o.k., wenn man die Anwendungsgebiete eingrenzt. Für die Fakerjäger unter den geneigten Lesern sei der Hinweis erlaubt, dass ich konkurrierenden Beiträgen über Wattestäbchen erstaunt entnehmen durfte, dass sie durchaus geeignet seien, auch an schwierig zugängliche Stellen einzudringen. Ich verweise nochmals ausdrücklich auf den Jugendschutz!

Die Formalisten werden unruhig zappeln und endlich zur Ruhe kommen, wenn ich sage, dass die Q-Tips ca. 10 cm lang, hellblau oder lindgrün, zu jeweils zweihundert Spaßmachern sortiert in einer transparenten und wieder verschließbaren Plastikbox für einen EURO zu erwerben sind. An beiden Enden haben die bewundernswert biegsamen kleinen Gesellen als Lustzentrum ein weißes Wattebäuschchen.

Ich will nun auch mit meinen Vorlieben nicht weiter geizen. Ich benutze sie jeweils paarweise und zwar in der Regel morgens. Nach dem Waschen regt mich das leichte Feuchtigkeitsempfinden meiner Hörorgane inzwischen eher an. Gleichzeitig von beiden Seiten führe ich sie gefühlvoll ein. Eine leicht schlängernde Bewegung erleichtert das Eindringen, um dann mit rhythmischen und kreisenden Bewegungen den Genuss zu vervollständigen. Freundliche Beobachter beschreiben das Szenario derart, dass ich völlig weggetreten, kaum noch ansprechbar und mit stark verzehrtem Gesichtsausdruck diese Phase des Rituals durchlebe. Ich würde inzwischen sogar die Hypothese formulieren, dass Männer und Frauen auch diesbezüglich unterschiedlich reagieren. Eine Langzeitstudie vor dem Spiegel belegt, dass die Gesichtsverzerrung nur dann auftritt, wenn man eben nicht vor dem Spiegel steht.

Nach diesem Hochgenuss werden die freundlich Gesellen wieder herausgezogen und mit zufriedenem Blick überprüft der Genießer das Ergebnis.

In meinem vorläufigen Fazit kann ich Q-Tips nur empfehlen. Ein Päckchen reicht für ca. drei Monate, wenn man sich nicht gerade jedes Wochenende zwei Durchgänge gönnt. Die Qualitätskriterien sind sicherlich in der Biegsamkeit und der Konsistenz der Wattebüschchen zu benennen. Die potentiellen negativen Nebenwirkungen werden zurzeit noch, also vor der Gesundheitsreform, durch jeden HNO-Arzt behandelt und von den Krankenkassen refinanziert. Allein dieser Aspekt macht Wattestäbchen gegenüber den meisten anderen legalen Drogen zum Tipp der Woche. Auch der Preis von einem Cent pro Anwendung ist nahezu konkurrenzlos günstig. Ich bin davon überzeugt, dass die gesellschaftliche Akzeptanz von Wattestäbchen auch durch diesen Beitrag zunehmen wird. Viel häufiger wäre es doch auch ein intensives Gruppenerlebnis, ein willkommener Partyspaß oder eine produktive Abwechselung diverser Arbeitsberatungen. Wattestäbchen kann man nahezu überall und spontan zur Anwendung bringen, im Kino, im Fahrstuhl, im Cafe wie im Restaurant sollten Wattestäbchen zukünftig eher zum guten Geschmack gehören als zum tabuisierten Suchtverhalten degradiert werden.

Ich empfehle somit Wattestäbchen als die zurzeit besten legalen Drogen!

Nachtrag:

Meine HNO-Ärztin versicherte mir anlässlich meiner letzten Gehörgangsentzündung, dass meine Ohren viel zu sauber sind. Ich deutete meine Sucht an und sie bedeutete mir nachdrücklich, dass Wattestäbchen in den Ohren nichts zu suchen haben.

Was mache ich jetzt bloß mit den Dingern??

Indigo 2005