Real Madrid Testbericht

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Erfahrungsbericht von Ferry23

Die Königlichen müssen für immer königlich bleiben

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Es kursieren wieder böse Sprüche über Real Madrid. Viele Schulden, schlechte Hintermannschaft, Trainer auf der Abschussliste, hirnrissige Transfers, und, und, und.... Tatsache ist, dass sich das weisse Ballett wieder einmal Trophäen (Champions League & Europäischer Supercup) erarbeiten konnte. ERARBEITEN wohlgemerkt! In einer Zeit, wo die kleinen Teams den \"Grossen\" mehr Mühe bereiten als früher muss man sehr wohl dafür arbeiten, um Titel zu gewinnen. Konstant die Leistung zu bringen fällt schwerer denn je. Weshalb Real Madrid gross ist und in nächster Zeit auch bleiben wird, werde ich aufzeichnen.

Der Club:

1902 gegründet hat der Real Madrid Club de Futbol einen historischen Hintergrund. Die Königsfamilie hat dem Verein den Namen gegeben. (Real=königlich). Diesen Ruf hat man über lange Jahre gegen den politischen Gegner aus Barcelona verteidigen müssen.Ende der 50er-Jahre hat man Weltruhm erreicht, als man fünfmal hintereinander den Europacup der Landesmeister gewonnen hat. Dort waren Namen wie Puskas, Di Stefano, Gento, Amancio, Kopa in aller Munde. Alle bekannten Bezeichnungen für die Madrilenen stammen aus jener Epoche. Mittlerweile hat der Club neunmal die beliebteste Trophäe im Clubfussball gewonnen. Zuletzt zum Hundert-Jahr-Jubiläum des Clubs gegen Bayer Leverkusen. Ausser dem verschwundenen Pokal der Pokalsieger hat das weisse Ballett jeden Titel erreicht. Die Trophäenhalle im eigenen Stadion ist enorm. Seit jeher ist der Club dazu verdammt, Titel zu gewinnen. Dies ist die grösste Herausforderung, die ein Fussballer auf sich nehmen kann.

Die Jugendarbeit:

Real Madrid hat die beste Talentschule der Welt vorzuweisen. Nirgendwoher kommen sonst so viele Spieler in grosse Ligen, wie aus Madrid. Beinahe die Hälfte aller Spieler der Primera Division sind einmal durch diese Schule gegangen. Und auch in der ersten Mannschaft kommen solche Talente wieder auf.

Das Stadion:

Das Estadio Santiago Bernabeu, benannt nach dem ersten Präsidenten ist eine Festung. In keinem Stadion werden die drei Punkte so oft zu Hause behalten, wie hier. Legendäre Europacup-Aufholjagden wurden hier erfolgreich zelebriert. Das Publikum kommt hierher, um zu geniessen, aber wehe, wenn das Team nicht die Haut auf dem Spielfeld liegen lässt, wie die Spanier sagen. Dann wehen 90.000 weisse Taschentücher, die sonst die Überlegenheit der Madrilenen unterstreichen auf einmal gegen das eigene Team. Die Erwartungen sind gross und die Kritik immens.

Das Präsidium und die Finanzen:

Mit dem Amtsantritt von Florentino Perez ist endlich einmal ein geregelter Alltag in der Ciudad Deportiva, dem Trainingsgelände von Real Madrid eingekehrt. Der Präsident hat die Schulden innert kürzester Zeit reduziert und führt mit Fussballkennern den Club vorbildlich. Nicht umsonst wünscht man sich beim Grossrivalen FC Barcelona, dass man den \"Weissen\" Präsidenten klonen könnte, um ihn bei sich einsetzen zu können. Mit Jorge Valdano hat er einen Sportchef gefunden, der die Strukturen des Vereins aus seiner Spieler- und Trainerzeit bei Madrid in- und auswendig kennt. Auch der legendäre Emilio Butragueño trägt seinen wichtigen Anteil zum Erfolg bei. Die Zeiten, wo man unbekannte Nonames für teures Geld und langjährige Verträge verpflichtet hat sind vorbei. Man ist nun daran, die überteuerten Spieler loszuwerden, die ihre Leistung nicht mehr bringen. Die Jugend scheint nun in den Vordergrund zu rücken. Das Marketing des Vereins macht riesige Fortschritte und es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis man die Geldsorgen komplett los ist. Ein Beweis dafür, dass Real Madrid im Kurs ansteigt ist der Sponsorenvertrag mit dem Grosskonzern Siemens. Nach über hundert Jahren Bestand in Spanien hat die deutsche Firma sich zum ersten Mal entschieden, dort einen Verein zu sponsern.

Der Trainer:

Finanziell zeigt der Pfeil nach oben. Dass es im sportlichen Bereich auch so ist, haben die Spieler in den letzten Jahren bewiesen. Der wichtigste Grund dafür trägt den Namen Vicente del Bosque, ein ruhiger, etwas rundlicher Herr, dem die wohl teuersten Männer der Welt unterstehen. So wie der Coach früher gespielt hat, so dirigiert er heute seine Mannen. Schon immer hat er seine Dienste dem Verein untergeordnet und auch heuer sieht er dies als seine Aufgabe. Da redet kein Präsident mehr drein, da bestimmt kein Spieler die Aufstellung. Früher ist das noch anders gewesen. Luis Figo blickte zwar finster drein, als er nach knapp einer Stunde das Spielfeld im Champions League-Final verlassen musste, aber der \"Mister\" zieht vor grossen Namen den Kopf nicht ein und das ist richtig so. Natürlich gebührt dem Team auch ein grosses Lob, schliesslich gewinnen die Spieler die Begegnungen, aber der ruhige del Bosque hat seine Mannen total unter Kontrolle und bringt \"Arbeiter\" und Stars gut unter einen Hut, ohne dass dabei Krach entsteht.

Der Kader:

Fest steht, dass viele Stars in dieser Mannschaft spielen, die nun schon einige Jahre zusammen spielen. In den letzten Partien hat sich gezeigt, dass es schwer sein wird, diese Mannschaft zu schlagen, denn die Stars heben sich in diesen Jahren auf einmal auch in Arbeiter verwandelt, was das Team noch unberechenbarer macht.

Torhüter:

Die beiden Torhüter Iker Casillas und Cesar haben sich die letzte Saison im Kasten geteilt. Mittlerweile hat sich aber Iker Casillas den Stammplatz ergattern können (auch in der Nationalelf). Mental ist er total auf der Höhe, was er gegen Leverkusen gezeigt hat, nachdem er Cesar verletzungsbedingt ersetzen musste. In 1 gegen 1-Situationen und von den Reflexen her kommt er (auch wenn das viele jetzt als Majestätsbeleidigung empfinden werden) sehr wohl an Oli Kahn heran. Sein grösstes Manko waren bis anhin die hohen Bälle, aber dieses Problem scheint er langsam, aber sicher in den Griff zu kriegen. Der Torwartposten bei den Königlichen ist zudem mit Cesar gut abgesichert. Seine Stärken liegen im Stellungsspiel und in der Psyche.

Verteidigung:

Der \"langsame\" Hierro ist trotz seines Alters in die WM-Auswahl gewählt worden und seine langen Zuspiele sind mit jenen vom Ronald Koeman zu vergleichen. In Fachkreisen fordert man seinen Rücktritt, aber Del Bosque und seine Mitspieler wissen, was sie an Hierro haben: Erfahrung, Leitfigur, Zuspiele mit höchster Präzision und Kopfballstärke. Sein jetziger Begleiter ist der stark aufspielende Ivan Helguera. Er ist der Joker, der auf allen Positionen einsetzbar ist, viel Herz in seine Aktionen steckt, zweikampfstark ist und zusätzlich auch noch Torgefahr mit sich bringt. Mit dem jungen Pavon hat man zudem einen guten Ersatz. Über rechts läuft Michel Salgado Kilometer um Kilometer ab und sorgt trotz geringer Körpergrösse dank seinem grossen Herz für Angst bei den Flügelläufern der Gegner. Dieser Junge ist die Konstanz in Person. Auf der anderen Seite sorgt Roberto Carlos mit seinen langen Einwürfen und seinen Tempovorstössen für Action. Wer die Spiele nun mitverfolgt, der hat sich davon überzeugen können, dass der Brasilianer nicht mehr ganz so verspielt ist wie auch schon. Mittlerweile ist er zu einem konstanten Spieler gereift. Wenn er besonnen bleibt ist er wirklich ein Star. Ersatzleute für diese beiden Aussenverteidiger sind ebenfalls zwei Leute aus dem Nachwuchs: links Raul Bravo, der heuer trotz seiner Reservistenrolle mit der Nationalmannschaft debütiert hat und rechts Miñambres, der Präzisionsflanken schlägt wie Meister Figo persönlich. Diese beiden Jungen stehen komplett hinter dem Club und zerreissen sich in jedem Spiel für das weisse Leibchen, das sie tragen.

Mittelfeld:

Im zentralen Mittelfeld haben Helguera und Makelele letztes Jahr alles abgeräumt. Der Spanier hat sich sogar vermehrt in den Angriff gewagt. Auch dort kommt sein Auge positiv zum Zug. Der Franzose hingegen hat sich zu einem gefürchteten Staubsauger entwickelt, was ihm viele Angebote aus ganz Europa eingebracht hat. Aber an Stelle von Helguera, der eine Position nach hinten gerückt ist hat sich ein junger Argentinier in die Herzen der Fans gespielt: Sein Name ist Esteban Cambiasso. Eigentlich ist er eher ein Regisseur, aber er hat nun gezeigt, dass er enorm flexibel ist. Diese Qualität kommt sowohl offensiv, als auch (vor allem) defensiv zum Zug. In seinen ersten Partien erinnert er stark an Fernando Redondo, den \"Mister Effizienz\". Cambiasso ist ein eleganter Spieler, aber vor allem ein Kämpfer mit viel Übersicht. Es gibt Spiele, da würde man gerne nur auf ihn achten. Auf den Seiten hat Luis Figo letztes Jahr verletzungsbedingt einige Schwächen gezeigt. Nun aber hat er wieder zu seiner Form zurückgefunden und seine Gegenspieler zittern bereits wieder vor seinen Dribblings und Flanken. An seiner Stelle war Santiago Solari in die Bresche gesprungen, ein Wirbelwind mit einem zauberhaften linken Fuss und vor allem ein Arbeiter, der dem Team viel Luft verschafft, aber manchmal ist er doch ein wenig verspielt, was auf Kosten der Effizienz geht. Und Zinedine Zidane ist einfach Zinedine Zidane. Besser denn je, athletisch wie nie zuvor. Er ist noch besser und kompletter als bei Juventus, denn hier bei Real Madrid hat er gelernt, auch defensiv für sein Team zu arbeiten. Chapeau! Im Mittelfeld bringt die Ersatzbank wohl wenig Alternativen. Hier findet man Steve Mc Manaman, den Liebling aller Mitspieler, der am ehesten die Kaliber der Starttruppe ersetzen könnte.

Sturm:

Wer wünscht sich nicht so einen Sturm, wie den, der \"Merengues\"? Raul, Ronaldo, Morientes, Guti! Welche Namen! Raul ist gesetzt. Und dies, weil er der aufopferungsvollste Spieler der Welt ist. Der Junge würde auch mit einem gebrochenen Bein spielen. Zudem hat er einen Riecher, der unvergleichlich ist. Er ist ein Schachspieler auf dem grünen Rasen, denkt drei Züge voraus und treibt mit seinen Gegner ein Versteckspiel. Technisch ist er herausragend. Taktisch der beste Spieler der Welt, macht aus nichts zwei Tore und lässt vor allem auch seine Mitspieler gut aussehen. Für ihn spricht, dass er schon so jung unter den \"All Time Top 5\" aller Torschützen der Primera Division steht und in der Nationalmannschaft bald schon Torschützenkönig ist. Aber wer wird an seiner Seite stürmen, wenn sich Ronaldo wieder von seiner Verletzung erholt? Guti ist momentan in topform und hat die AS Roma abgeschossen. Auch er ist ein Eigengewächs und hat früher schon unter Del Bosque gespielt. Er ist der Lieblingsschüler des Mister und wird seine Chancen immer wieder bekommen. Fernando Morientes ist deswegen auf die Bank gerückt, obwohl er nach einer Flaute langsam wieder ins Rollen kam, wie er an der WM bewies. Allerdings ist er mental nicht so stark wie die beiden eben genannten Spieler. Man munkelt, dass er aufgrund des Zuzuges von Ronaldo schon bald den Club verlassen wird. Über Ronaldo braucht man wenig zu sagen. Er ist absolute Weltklasse, aber leider nicht frei von Verletzungen. Momentan erhofft sich der Madrid-Fan wohl am ehesten, dass er noch ein wenig an seinen Verletzungen herumkämpft, weil Guti und Morientes absolute Publikumslieblinge sind und daher sehr gerne gesehen werden. Sicher ist aber auch, dass mit Ronaldo noch mehr Qualität zu Real gekommen ist und das wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Einen Trumpf hat Del Bosque für den Sturm noch in der Hinterhand: einen Jungen namens Javier Portillo. Aus eigenem Haus und ein Torjäger, der an el \"Buitre\" erinnern lässt. In den Jugendkategorien des Clubs hat er alle Torrekorde pulverisiert. Augen auf!

Das Spiel:

In der Abwehr ist man glücklicherweise solider geworden. Hierzu trägt das defensive Mittelfeld enorm bei. Und Vorsicht wenn das weisse Ballett in die gegnerische Hälfte kommt, dann beginnt der Zauber. Was die Offensive vor dem Strafraum und auf kleinstem Raum anstellen kann ist Poesie. Es ist unheimlich interessant, die Laufwege der einzelnen Spieler zu beobachten. Die Unberechenbarkeit dieses Teams ist enorm, es scheint alles mit einer enormen Einfachheit zu gelingen. Und manches Mal kommen die Tore aus dem Nichts. Ein Beweis von grosser Cleverness.

Dieses Team wird dieses Jahr, wenn es von Verletzungen verschont bleibt, in allen Wettbewerben eine wichtige Rolle spielen und viel Freude und Spass bereiten.

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