Rechtsanwaltsfachangestellte/r Testbericht

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ab 15,18
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Summe aller Bewertungen
  • Schwierigkeitsgrad der Ausbildung:  schwer
  • Einstellungschancen:  gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  durchschnittlich
  • Sozialleistungen:  gut
  • Eigenverantwortliches Arbeiten:  stark gefördert

Erfahrungsbericht von die-frau

Nie wieder ReNo

2
  • Einstellungschancen:  gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  schlecht
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Pro:

gute Aufstiegschancen, man kann sich auch mal selber helfen

Kontra:

die Ausbildung

Empfehlung:

Nein

1998 war es so weit. Ich sollte ins Arbeitsleben einsteigen. Bei den ganzen Berufen die man heut zu tage lernen kann gar keine leichte Entscheidung. Mein Wunsch war es, seit ich denken kan, Anwältin zu werden. Da ich es in der Schule aber nicht ganz so gut drauf hatte und die elfte Klasse nur mit Hängen und Würgen überstanden habe, habe ich mich entschlossen, nach der Ausbildung eine Lehre zu machen.

Naja, nach einigem Hin und Her fand ich es naheliegend, doch mal beim Anwalt mich zu bewerben. Gesagt getan. Das Vorstellungsgespräch lief auch noch ganz gut. Waren alle ganz nett und freundlich. Vor allem die Anwälte. Ich hatte schon oft gehört, dass Anwälte sehr eigenwillig sind, aber das hielt mich nicht davon ab, den Ausbildungsvertrag zu unterschreiben.

Am 01.08.1998 fing ich meine Lehre in einem Rechtsanwaltsbüro mit drei Anwälten (einer war auch Notar) und 5 Angestellten und weiteren 4 Auszubildenen an. Natrürlich habe ich gehofft, mal ein bißchen n Einblick in das deutsche Rechtssystem zu bekommen. Aber der erste Tag war schon sehr ernüchternd. Außer Putzen, Kaffee koch und einkaufen hatte ich nichts weiter zu tun. Kaffee kochen ist an sich ja nicht mal schlimm. Aber es wurde pebnibel darauf geachtet, dass jeder Anwalt den richtigen Kaffee in der richtigen Menge in der richtigen Kanne bekam. Ja ja, alles war genau festgelegt. Und wenn man etwas verwechselte ... lieber nicht drüber nachdenken. Pünktlich Feierabend war auch nur ein Wunschtraum. Eine viertel bis halbe Stunde war jeden Tag minimum. Diese wurden allerdings nicht bezahlt und konnten auch nicht abgebummelt werden. Meine Aufgaben erweiterten sich in den ersten Wochen um kopieren, faxen und Akten suchen. Wie anspruchsvoll. Lehrjahre sind keine Herrenjahre hat meine Mutter immer gesagt. Aber das was ich im ersten Jahr über mich ergehen lassen musste war alles andere als schön. Sicher, in der Schule habe ich dann auch endlich mal was über das deutsche Recht gelernt. Aber auch wirklich nur da. Eigentlich hätte ich auch ne Ausbildung als Putze machen können. Dachte ich jedenfalls im erten Jahr.

Im zweiten Jahr war es dann schon nicht mehr ganz so schlimm. Da hatte ich dann ja noch wen unter mir. Die musste allerdings auch zwei mal in der Woche zur Berufsschule und dann fielen die ganzen \"Drecksarbeiten\" wieder auf mich zurück. Aber immerhin durfte ich auch schon mal das ein oder andere Schreiben an Mandaten oder an das Gericht schreiben. Naja, wohl gemerkt musste ich die auf der Schreibmaschine schreiben. Wie auch die Mahn- und Vollstreckungsbescheide. Das wahre Gesicht der Anwälte zeigten sie dann auch erst, als die Chance ohne Grund zu kündigen vorbei war. Es schien, als glaubten sie, sie wären der bessere Teil der Menschheit. Sie ließen sich alles hinter her tragen. Ein Wunder das ich den Kaffee nicht auch noch pusten musste. Allerdings muss auch gesagt werden, dass das sicher nicht in jeder Kanzlei so war. Ich habe von einigen Leuten aus meiner Klasse auch gehört, dass sie so was nciht machen mussten, sondern sich ausschließlich damit befassten, was sie gleichzeitig in der Schule lernten. Ich nicht. Was solls dachte ich mir, das ziehst du jetzt durch. Jeden Tag wurde uns vorgehalten, was wir doch für eine tolle Ausbildung machen würde, und wie gut die Chancen stünden, danach ins richtige Berufsleben zu finden.

Im dritten Lehrjahr änderte sich das dann alles schlagartig. Die Sekretärin einer Anwältin war für zwei Monate krank geschrieben und anschließend noch einen Monat im Urlaub. Auf einmal sollte ich das gesamte Sekretariat für diese Anwältin übernehmen. Natürlich hatte ich anfangs arge Probleme, aber mit Hilfe meiner Kollegen bekam ich das dann auch ganz gut in den Griff. Das gab auch in der schulischen Leistung einen Schub nach vorne. Ist ja klar, wenn man sich auch mal praktisch mit den Dingen befasst. Als die entsprechende Sekretärin wieder da war, übernahm ich halbtags das Sekretariat für einen anderen Anwalt. Ja, über das dritte Lehrjahr kann ich mich wirklich nicht beschweren. Leider habe ich aber während meiner ganzen Ausbildung zur Rechtsanwalts- und NOTARfachangestellten nichts über das Notariat gelernt. Also nur das, was einem in der Schule vermittelt wurde.


Trotzdem schaffte ich die Abschlussprüfung auch in diesem Bereich. Mit einer Gesamtpunktzahl von 79 (Schulnote 3 +) schloss ich meine Lehre ab. Leider war das mit dem Einstieg in das Berufsleben gar nicht so einfach wie alle gesagt haben. Auch von anderen aus meiner Klasse wußte ich, dass sie arbeitslos waren. Nach einem halben Jahr arbeitslosigkeit hatte ich dann einen fantasischen Job. Leider meldete die Firma einige Monate später Insolvens an. Wieder arbeitslos. 6 Monate.

Seit dem 01.01.03 arbeite ich jetzt in einem Anwaltsbüro mit einer super lieben Chefin. Meine Chefin und ich sind die einzigen in diesem Büro, dass auch erst am 01.01.2003 eröffnet wurde. Aber schon jetzt haben wir jede Menge zu tun. Ich komme wirklich gut klar mit ihr und bin froh, dass ich nicht in einer großen Kanzlei arbeite. So ein Arbeitsklima wie ihr gibt es da bestimmt nicht. Vielleicht stellen wir nächstes Jahr eine Auszubildende ein. Da würde ich mich echt drüber freuen. Und eins weiß ich bestimmt. So eine Ausbildung wie ich sie hinter mich gebracht habe, hat sie nicht zu erwarten.

So, jetzt noch mal ein paar Fakten:

Arbeiten:

1. Lehrjahr:

Putzen, Kaffe kochen, Einkaufen, Akten suchen, Akten anlegen, Post eintüten, Post wegbringen, Fristen suchen

2. Lehrjahr:

kleine Schreiben an Mandanten oder Gericht, Eingänge bearbeiten, Mahnbescheide, Vollstreckungsbescheide, Post eintragen, Fristen eintragen

3. Lehrjahr:

Übernahme des gesamten Sekretariates eines Anwalts, Schriftsätze fertigen

Verdienst:

Da kann ich nur davon reden, was ich verdient habe. Das ist schon ein paar Jahre her:
1. Lehrjahr: 450 DM
2. Lehrjahr: 550 DM
3. Lehrjahr: 600 DM

Das ist wohl wahrlich nicht viel. Allerdings hängt das aber auch von der Kanzlei (Größe, Standort) ab. nach der Ausbildung sieht das dann schon besser aus. Aber auch da kommt es wieder auf die Kanzlei an.

Ausbildungszeit: 3 Jahre

Fazit:

Wenn ich wüßte, was mich bei der Ausbildung erwarten würde, würde ich sie wahrscheinlich nicht noch einmal machen. Jetzt bin ich allerdings froh, diese Ausbildung zu haben, da ich einen ganz fantastischen Arbeitsplatz habe. Auch wenn ich nicht das ganz große Geld verdiene, kann ich sagen, dass mir die Arbeit sehr viel Spaß macht und das das Arbeitsklima einwandfrei ist. Ich erlaube mir kein Urteil über alle Anwälte, aber die die ich kennenlernen durfte, waren nicht besonders freundlich.

Aber seid getrost, es gibt sie noch. Die netten Anwälte ...

... meine Chefin!!

Vielen Dank, dass ihr meinen Bericht gelesen habt. Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick in die Ausblidung geben. Laßt euch nicht schocken. An sich macht die Arbeit beim Anwalt sehr viel Spaß und ist sehr interessant. Und wie schon meine Mutter sagte:

Lehrjahre sind keine Herrenjahre :-)

14 Bewertungen, 2 Kommentare

  • creedy18

    20.05.2008, 16:00 Uhr von creedy18
    Bewertung: sehr hilfreich

    feiner Bericht LG Andrea

  • campimo

    07.03.2007, 10:25 Uhr von campimo
    Bewertung: sehr hilfreich

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