Recovery - Runrig Testbericht

Recovery-runrig
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Erfahrungsbericht von mawirtz

Napfschneckensuppe und andere Gälischkeiten...

Pro:

klasse Musik

Kontra:

nix

Empfehlung:

Ja

Weiter geht es mit den Runrig- Wochen!! zum Anlass des 30- jährigen Bandjubiläums möchte ich Euch diese wunderbare Musik ein wenig näher bringen und hoffentlich ein paar von Euch dafür begeistern. Ich habe beschlossen, weiter chronologisch vorzugehen und deshalb widme ich mich heute „Recovery\", dem dritten Studioalbum von Runrig aus dem Jahr 1981.

Ein wenig Geschichte:
Ich möchte mich nicht wiederholen - wer sich für eine Zusammenfassung interessiert, sollte bei hr.biernot den „Heartland\" Bericht lesen. Ich werde in meinen Berichten zu den Studioalben immer ein wenig zum Thema schreiben.
Nach den Album „Highland Connection\" stellte Runrig die Rhythmusgruppe um. Der Neuling Iain Bayne kam ans Schlagzeug und Calum kümmerte sich um die Percussions. In dieser Besetzung wurde das Konzeptalbum „Recovery\" aufgenommen, welches eine Stellungnahme zur Sozialgeschichte der schottischen Gälen darstellt. Genau aus dieser „Welt\" stammt die musikalische, emotionale und spirituelle Inspiration der Band, und auf diesem Album wird diese Herkunft besonders deutlich. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sich auf einmal eine größere Hörerschar für die Musik von Runrig interessierte, obwohl sie nie eine Folkband im ursprünglichen Sinn waren. Runrig begeisterten mit ihrer Musik über die Grenzen des Gälischen Raumes hinaus die Menschen für den Geist der gälischen Tradition.

Die Band:
Rory Macdonald: Bass, Vocals, Akustikgitarre
Calum Macdonald: Percussion, Vocals
Malcolm Jones: Gitarre, Dudelsack, Akkordeon, Vocals
Donnie Munroe: Gesang, Gitarre
Iain Bayne: Schlagzeug

Das Cover:
Das Cover in schlichtem hellgrau mit einem Ölbild der schottischen Küste beinhaltet neben schwarz-weiß- Aufnahmen der Bandmitglieder (Donnie mit Vollbart!!!) sämtliche Songtexte (die gälischen Texte ohne Übersetzung, aber die gibt es für Interessierte bei http://www.jimwillsher.co.uk). Die Aufmachung ist zweckmäßig, recht einfach und dürfte den heutigen Ansprüchen sicherlich nicht genügen, für die Zeit Anfang der 80er finde ich es allerdings in Ordnung. Ist mir ehrlich gesagt egal...

Track Listing:
1. An Toll Dubh (The Black Rock)
Ein Plädoyer für die Zukunft der Gälischen Sprache als reiner Sprechgesang zu einem harten stampfenden Rhythmus, der an schnelles Gehen erinnert. Keine Instrumente lenken vom gälischen Gesang ab. „An Gaidheal \'sa leabaidh, An Gaidheal \'na shuain, Le èiginn ar n-eirigh às ar suain\" (Die Gälische Sprache ist zu Bett gegange, die Gälische Sprache schläft, wir werden uns schwerlich von unserem Schlummer erheben).


2. Rubh Nan Cudaigean
Die Ernte und anschließende Zubereitung der Napfschnecken ist eine für uns Mitteleuropäer sicher weniger appetitliche Vorstellung, für das Überleben auf den Outer Hebrides war eine solche Ernte sicherlich überlebensnotwendig... diese fröhliche Stimmung (juhuu Kinder, es gibt Napfschnecken) wird in diesem Lied deutlich wiedergegeben. Die Identität eines Volkes findet man auch in den Kochtöpfen (und ich möchte an dieser Stelle lieber nicht über meine Maggi- Mentalität nachdenken, Napfschnecken sind auf jeden Fall gesünder). Präzises Schlagzeug und akzentuierte Gitarren begleiten Donnies klaren Gesang, der zum Refrain von den anderen begleitet wird.

3. \'Ic Iain \'Ic Sheumais
Dieses traditionelle gälische Lied hat eine Geschichte: ein verwundeter Clanführer wurde während der Battle of Carnish (1601) auf der Insel North Uist mit einer schmerzhaften Wunde in ein Haus getragen. Der Pfeil steckte immer noch in seinem Bein, und während der Pfeil herausgezogen wurde, sangen die Frauen an den Spinnrädern dieses wunderschöne Klagelied...
Wieder ein altes gälisches Volkslied in neuem Arrangement von Runrig, mit E- Gitarren, Orgel und Schlagzeug behutsam unterlegt, ohne dass der Zauber und die Faszination von 400 Jahre alter Musik verloren ginge...

4. Recovery
John MacPherson meinte im Jahr 1884, es wäre genau so einfach, den Atlantik aufzuhalten, wie den aktuellen Volksaufstand, so lange es keine Gerechtigkeit für die Menschen gibt. MacPherson, der geistige Anführer der schottischen Gälen auf der Suche nach Gerechtigkeit, erhält mit dieser wunderschönen Ballade ein spätes Denkmal. Rorys sehnsuchtsvoller Gesang wird begleitet von Akkordeon, akustischer Gitarre und Fiddle.
„Oh God not before time / There\'s justice in our lives\"



5. Instrumental
Ein Musikstück in der klassischen Jigs- and- Reels- Tradition, zu denen man auf Folk Festivals so gerne tanzt. Malcolm Jones tobt sich aus an E- und akustischer Gitarre, Bass und Dudelsack. Das musikalische Thema wird konsequent von Anfang bis Ende nach den traditionellen Regeln durchgespielt, und dieses Stück liefert den Beweis, dass Runrig ihre traditionellen Hausaufgaben gemacht haben...

6. Nighfall On Marsco/\'S Tu Mo Leannan
Ein starkes Liebeslied von Runrig, Donnies klare Stimme wird verstärkt im Refrain von dem Chor, und auch musikalisch lässt das Lied keine Wünsche offen. Eine hymnische Liebeserklärung, kein Gefängnis, keine Ketten können diese Liebe aufhalten.

7. Breaking The Chains
Und noch ein Musikstück in der klassischen Jigs- and- Reels- Tradition von Malcolm, E- und akustischer Gitarre, Bass, Schlagzeug und Dudelsack. Wenn man nicht wüßte, dass das Lied neueren Datums ist....


8. Fuaim A Bhlair
Jedes Jahr werden tausende schottische Gälen genötigt, unter der Fahne des Empires in den Krieg zu ziehen und für die Englische Krone Geschichte zu machen. Das Geräusch des Kampfes, die Musik des Krieges und das Misfallen im Ohr der Geschichte... die schottischen Gälen sind müde, für ihre Unterdrücker zu kämpfen und sogar gegen die Gälen in Irland. Eindringlicher Gesang mit intensiver instrumetaler Untermalung


9.Tir An Airm (The Land Of War)
In diesem Stück wird beklagt, dass immer noch der Schatten des Krieges über der Heimat der schottischen Gälen hängt. Harmonischer Satzgesang zu einem herzschlaggleichen Rhythmus und sauber gespielten Gitarren, und auch wenn man kein Wort versteht, kann man mitsingen: Ho ro horain O / Failte gu tir an airm /
Ho ro horain O (Ho ro horain O / willkommen im Land des Krieges / Ho ro horain O)



10. The Old Boys
Diese melancholische Ballade ist dem Andenken von Col. Jock MacDonald gewidmet, der 1890 bis 1980 in Portree gelebt hat, und auch dem Verschwinden einer ganzen Generation von Alten, die das Erbe der schottischen Gälen mit ins Grab nehmen. Donnies trauriger Gesang wird begleitet von einem Harmonium und einem Cello, später singt Rory noch dazu, und man kann sich die beiden richtig vorstellen, wie sie zu einer Beerdigung an einem Grab stehen und dieses Lied zum Besten geben.
The old Boys
Are all leaving
Leaving one by one
Where young birds go flying
Spread your wings and run
But over the fields
By the drystone walls
This eagle will come no more
Wenn Ihr mich fragt: Das schickt schon für eine Beerdigung....


11. Dust
Donnie singt vor, und die anderen antworten im Chor:
Oh I do believe
Dust will turn the seed
Home
Dazu gibt es musikalisch eine feine Akustikgitarre und sparsames Schlagzeug. Auch hier sind es wieder traditionelle musikalische Elemente, die von Runrig in klassischer und doch äußerst zeitgemäßer Art und Weise umgesetzt wurden. Schööööön!

Fazit:
Recovery ist mit Sicherheit eines der interessanteren Alben von Runrig, da hier besonders viel Wert auf die Verbindung von traditionellen Weisen und klassischen Jigs- and Reels mit zeitgemäßer Pop- und Rockmusik gelegt wurde. Wo Hansi Hinterseer und Konsorten in peinliches Gejodel abdriften, zeigen Runrig Klasse und handwerkliches Können. Für Fans natürlich ein absolutes Muss, ist die Scheibe auch für den Runrig- Neuling durchaus empfehlenswert.
Ach ja und für alle, die auf die obligatorische Watschen für Dieter Bohlen warten: Hat Dieter in den 30 Jahren jemals ein Konzeptalbum abgeliefert? Also! Teppich- F*** laufen in einer anderen Kategorie...
Noch ein Unterschied zwischen Dieter Bohlen samt seinen Retortenküken und Runrig.

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