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Erfahrungsbericht von werwoelfin666

Besuch in einem Gerichtsverfahren - Objektive Beobachtung und Schlußfolgerung eines Gerichtsbe

Pro:

Schläge sind keine vertretbaren Argumente

Kontra:

Gehen nicht jedem von uns in bestimmten Situationen mal die Nerven durch?

Empfehlung:

Nein

1. Der erste Eindruck

Keiner geht, denken wir gerne in ein Gerichtsgebäude, denn das verbindet man immer mit Ärger, egal ob als Kläger oder Angeklagter.
Wir allerdings waren durch unseren Dozenten in einer weitaus besseren und vor allem interessanten Situation. Da er als ehrenamtlicher Schöffe tätig ist, ermöglichte man es uns eine Gerichtsverhandlung live mitzuerleben. Zum Glück kennen die meisten von uns das Gericht nur aus dem Fernsehen. Deshalb möchten wir nun ein paar persönliche Eindrücke schildern, ob eine Verhandlung nun tatsächlich abläuft wie bei „Barbara Salesch“ oder aber eigentlich ganz anders.

1.1. Das Gerichtsgebäude

Zunächst wäre da erst einmal das Zwickauer Gerichtsgebäude:

Das Gerichtsgebäude der Stadt Zwickau befindet sich in zentraler Lage auf dem Platz der Deutschen Einheit unsere Stadt nicht weit vom Schwanenteich entfernt!
Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, und wurde erst kürzlich neu restauriert!

1.2 Der Gerichtssaal

Die Gerichtssäle (zwei davon haben wir im Laufe des Verfahrens kennengelernt) waren wesentlich kleiner als wir es erwarteten. Wahrscheinlich sind unsere Vorstellungen zu sehr von amerikanischen Filmen beeinflußt. Er ist relativ einfach und schlicht gehalten, und ist mit einer Anklagebank, einer Anwaltsbank, einem Zeugenstuhl, 4 Sitzreihen aus Holz für ca. 30 Personen und dem Richtersitz für Schöffen und

Richter ausgestattet! Alles strahlt eine gewisse Förmlichkeit und Kälte aus. Wir können uns vorstellen, daß das schon eine gewisse einschüchternde Wirkung auf den Angeklagten hat. Und damit haben wir gleich eine Brücke zu Punkt:

1.3. Die Gerichtsatmosphäre

Die Gerichtsatmosphäre kann man nur als sehr förmlich bezeichnen. Man fühlt die Anwesenheit und Ausführung der Staatsmacht, und das soll ja auch, vor allem für den Schuldigen, so sein. Das Gericht strahlt eine gewisse Würde aus; man hat in diesen Hallen einfach Respekt.
Die Lage im Saal war sehr gespannt, da sich ja 2 gegnerische Parteien gegenüberstanden. Auch zwischen dem Verteidiger der angeklagten Person und dem gegnerischen Anwalt kam es oftmals zu verbalen Auseinandersetzungen.
Für uns als Zuschauer waren die 2 Tage bei Gericht zwar sehr interessant, aber teilweise auch etwas unangenehm, da man sich wie ein sensationslüsterner Spanner bei einem Autounfall vorkommt.

2. Die Beteiligten an einem Strafverfahren

Unter diesem Punkt soll nun einmal näher erläutert werden, welchen verschiedenen Personen man bei einem Gerichtsverfahren begegnet:

2.1. Die Aufgaben der Beteiligten

In unserem Fall gab es eine Geschädigte, die den Herrn F. aus P. vor 2 Jahren wegen Beleidigung, Körperverletzung und erschwerend Vergewaltigung bei der Polizei angezeigt hatte.
Die Polizei gab die Anzeige an die Staatsanwaltschaft weiter.
Somit ist der Staatsanwalt der Hauptkläger.
Die Geschädigte, Frau C., trat als Nebenklägerin auf und war mit Ihrer Anwältin bei der Verhandlung anwesend.
Der Angeklagte Herr F. wurde von seinem Anwalt, dem Verteidiger, begleitet.
Als Hauptperson empfanden wir den Richter.
Er hat die schwere Aufgabe objektiv und unparteiisch über Recht und Unrecht zu entscheiden. Ihm zur Seite standen die ehrenamtlichen Schöffen, welche „Im Namen des Volkes...“ zusammen mit dem Richter das Urteil fällen müssen.
Außerdem traten noch mehrere Zeugen sowie 2 sachverständige Gutachter, in diesem Fall 2 Ärzte bei denen der Beklagte und die Nebenklägerin in Behandlung waren, in Augenschein.
Sie alle haben die Aufgabe bei der Urteilsfindung mit Beweisen, Indizien und Fakten behilflich zu sein.

3. Der Ablauf der Hauptversammlung

3.01. Eröffnung der Hauptversammlung

Zur Eröffnung der Hauptversammlung erscheint der Richter und die Schöffen. Sie werden von den restlichen Anwesenden stehend empfangen, bis diese vom Richter zum Platz nehmen aufgefordert werden.

3.02. Belehrung der Zeugen und Sachverständigen

Anschließend ermahnt der Richter die anwesenden Zeugen und Sachverständigen im Interesse des Klägers und auch des Angeklagten die Wahrheit zu sagen. Er weißt sie auf die möglichen schwerwiegenden Folgen von Falschaussagen hin. In diesem Fall würden sie sich selbst strafbar machen.

3.03. Vernehmung des Angeklagten zur Person

Danach wurde der Angeklagte Herr F. zu seiner Person befragt. Durch die Überprüfung seiner Personalien stellt der Richter nochmals sicher, daß es sich auch um die richtige Person handelt.

3.04. Verlesung des Anklagesatzes

Im Anschluß daran verlas der Richter den Anklagesatz.
Aus dem Anklagesatz ging in unserem Fall folgendes hervor:
Frau C. beschuldigte Herrn F., sie am Himmelfahrtstag des Jahres 1999 erst u. a. mit rassistischen Äußerungen beleidigt zu haben, sie dann anschließend körperlich in Form von Schlägen verletzt und desweiteren mit Gewalt den Geschlechtsverkehr herbeigeführt zu haben.
Der Staatsanwalt forderte im Falle eines Schuldspruches eine Haftstrafe von insgesamt 3 Jahren und 2 Monaten sowie die Kostenübernahme des gesamten Strafverfahrens.

3.05. Belehrung des Angeklagten über Aussagefreiheit

Nach der Verlesung des Anklagesatzes wurde Herr F. über sein Recht zur Aussagefreiheit durch den Richter aufgeklärt.
Um Ihnen das Recht auf Aussagefreiheit näher zu erklären, haben wir für Sie im Internet nachgeforscht:

Recht zu schweigen - Recht zu lügen?
Der Beschuldigte hat die uneingeschränkte Aussagefreiheit oder anders gesagt: Dem Beschuldigten steht das Recht zu schweigen - und das Recht zu lügen zu.
Zunächst eine einfache Darstellung, was das sogenannte Schweigerecht beinhaltet:
Schweigen bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass der Beschuldigte kein Wort sagt. Es geht nur darum, ob er etwas zum Tatvorwurf sagt oder nicht. So kann der Beschuldigte, der von seinem Schweigerecht Gebrauch machen möchte, umfangreich Antwort geben zu seinem Namen, seiner Adresse und seinem Beruf (also zu den persönlichen Angaben). Würde er aber, nach seinem Aufenthalt zur Tatzeit befragt, beispielsweise sagen: "Da war ich nicht", so hat er sich bereits zum Tatvorwurf eingelassen. Auf diese Frage hätte er dann schweigen müssen: Wer schweigt, darf auch nicht bestreiten.

Natürlich ist es aber gerade Sinn und Zweck der Aussagefreiheit des Beschuldigten, dass er selbst entscheiden kann, ob er schweigt oder nicht. Der Beschuldigte soll die ihm am zweckmäßigsten erscheinende Verteidigungsart wählen.

Wer schweigt, muss dies aber auch durchhalten: Wer schweigt, darf nicht bestreiten.
Der Satz "Wer schweigt, darf nicht bestreiten" zielt auf die Wertung des Schweigens als Neutrum. Es ist gemeint, dass die Wertung des Schweigens nur dann neutral ist, wenn von dem Schweigerecht von Anfang an Gebrauch gemacht worden ist.
Denn nur, wenn der Beschuldigte sich nicht, auch nicht nachträglich, zum Tatvorwurf einläßt, kann das Schweigen nicht zum Nachteil des Beschuldigten ausgelegt werden.
Wer aber teilweise schweigt und teilweise redet - und sei es auch, dass er bestreitet -, dem kann das Schweigen mit der - wie im täglichen Leben auch üblichen- Fragestellung: "Warum schweigt er jetzt? Hat er was zu verbergen?" zum Nachteil gereichen.
Neutral heißt, dass die Polizei / Staatsanwaltschaft / das Gericht dem Schweigenden, der von Anfang von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, das Schweigen nicht als Indiz dafür, dass er etwas zu verbergen hat, anlasten darf und dass der Beschuldigte nicht als Beweismittel zur Verfügung steht. Die Polizei / Staatsanwaltschaft hat also weitere Beweise zu ermitteln.
Belehrungspflicht: Auf das Schweigerecht wird der Beschuldigte hingewiesen in Vernehmungssituationen und vor Gericht. Nicht hingewiesen werden muss der Beschuldigte hingegen bei anderen Zwangsmaßnahmen wie z.B. der Durchsuchung. Das bedeutet, dass das, was der Beschuldigte dort sagt, als Spontanaussage als Beweis verwertbar ist.

3.06. Vernehmung des Angeklagten zur Sache

Auch zur anschließenden Vernehmung des Beschuldigten fanden wir einen interessanten Artikel im Internet:

Beschuldigtenvernehmung
Der Beschuldigte kann vernommen werden
im Ermittlungsverfahren durch die Polizei, §§ 163 a Abs. 4, 136 StPO, durch die Staatsanwaltschaft, §§ 163 a Abs. 3, 136 StPO, und durch den Ermittlungsrichter, §§ 115 Abs. 2 u. 3, 128, 136, 164 StPO.
Zur Abgrenzung zwischen verwertungsfähiger Spontanaussage und dem Verwertungsverbot nach §§ ... unterliegenden Aussage unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht ist die Definition der Vernehmung wesentliche:
Eine Vernehmung liegt vor, wenn...
der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Eigenschaft gegenübertritt
und in dieser Eigenschaft eine Auskunft verlangt
(BGH StV 1996, 465; BGHSt 40, 211, 213).
Wie bereits gesagt, besteht Belehrungspflicht aber nur in Vernehmungssituationen. Nach der Definition der Vernehmung besteht somit gerade dann keine Belehrungspflicht, wenn die Frageperson nach außen hin keine amtliche Eigenschaft aufweist. Die Praxis, Beschuldigte durch heimliche Ermittlungsmethoden auszuhorchen, unterliegt damit geringeren Anforderungen in Bezug auf die Ermöglichung der Ausübung des Schweigerechts als die Praxis der amtlichen Vernehmung des Beschuldigten.
Hierbei wird in bedenklicher Weise gegen den nemo-tenetur-Grundsatz verstoßen. Bendler spricht bezüglich des Schweigerechts davon, dass es eines der "(...) wichtigsten prozessualen Rechte (...)" des Beschuldigten sei, das "(...) ihm von Verfassungs wegen aus Achtung vor der Menschenwürde gewährleistet ist." (Wolfgang Bendler, in: Grundlagen der Strafverteidigung, Hrsg.: Ziegert, 2000, S. 68). Der BGH aber erkennt die Tätigkeit der heimlichen Ermittler in ständiger Rechtsprechung an mit dem etwas lapidaren Argument - sinngemäß -, dass es anders nunmal nicht funktioniere mit der Strafverfolgung: "So würde ein solcher Vernehmungsbegriff auch auf Ausführungen zutreffen, die ein Verdeckter Ermittler im Rahmen seiner Tätigkeit beim Beschuldigten hervorgerufen hat; mit dem Sinn und Zweck der §§ 110 ff. StPO wäre das nicht zu vereinbaren." (BGH StV 1996, 465). Dabei ist die Rechtsgrundlage nicht für die Tätigkeit aller heimlichen Ermittler - denn es gibt mehr als die Verdeckten Ermittler, deren Rechtsgrundlage §§ 110 ff. StPO ist - zweifelsfrei. Hierzu siehe auch bald das Kapitel: "Verdeckte Ermittler und andere heimliche Ermittler", den die Verfasserin zu dem großen Kapitel des Abgehörtwerdens hinzufügen möchte.
Nemo-tenetur-Grundsatz:
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist niemand verpflichtet, aktiv zu seiner eigenen Strafverfolgung beizutragen (BVerfGE 56, 37 (43); BGHSt 38, 214; 34, 39 (46)).
Im Fall der Spontanaussage fehlt es zwar nicht an dem Gegenübertreten in amtlicher Eigenschaft, aber an dem Auskunft-Verlangen. Es herrschen deshalb auch hier keine besonderen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Frage der Verwertung einer solchen aus eigenem Antrieb geleisteten Aussage


Die Vernehmung des Angeklagten Herrn F. fanden wir sehr interessant.
Lt. Seiner Aussage war es das erstemal, wo er sich ausführlich vor Gericht zur Sache äußern durfte.
Am Anfang wunderten wir uns über die vielen Dinge, über die der Richter Herrn F. befragte und die unserer Meinung nach teilweise gar nichts mit der Anklage zu tun hatten. Im Laufe des Prozesses wurde uns allerdings klar, daß sich der Richter und die Anwesenden dadurch ein besseres Bild von dem Angeklagten machen konnten.
Herr F. erzählte erst einmal von seiner Kindheit. Er stammt aus einer kinderreichen Familie; hat insgesamt noch 7 Schwestern. Zu seinen Eltern und Geschwistern hat er ein gutes familiäres Verhältnis. Einige Familienmitglieder waren auch als Zeugen anwesend. Bekanntermaßen ist in solchen großen Familien das Geld immer etwas knapp und so kann man es Herrn F. nicht verübeln, das er nach der 8. Klasse von der Schule abging, um Geld zu verdienen. Er absolvierte zunächst eine Lehre zum Fleischer. Da ihm dieser Beruf allerdings nicht so zusagte, nahm er anschließend einen Job im Straßenbau an. Momentan arbeitet er seit einigen Jahren als Putzer bei einer Maurerfirma. Da der Firmensitz in den alten Bundesländern ist, hält sich Herr F. nur am Wochenende zu Hause auf. Sein Arbeitsleben wurde nur in einem Fall von 1 Jahr Arbeitslosigkeit unterbrochen, da Herr F. von seiner damaligen Lebensgefährtin, der Nebenklägerin Frau C., genötigt wurde die Arbeit auf Montage einzustellen und sich in Sachsen nach einem Job umzusehen. Wir glauben, daß Herr F. im Job seinen Mann steht, denn er wurde nach vergeblicher Arbeitssuche im Osten von seinem ehemaligen Chef erneut eingestellt.
Seine erste Freundin hatte Herr F. mit ca. 17 Jahren. Die Beziehung hielt ungefähr 6,5 Jahre und aus ihr stammt sein heute 13 Jahre alter Sohn. Da man sich auseinander gelebt hatte, trennte man sich im gegenseitigen Einvernehmen. Herr F. gab an, seinen Sohn so oft es ihm möglich ist zu sehen und auch mit der Kindesmutter ein gutes Verhältnis zu haben.
Nach ca. 4 Beziehungen, die alle von kürzerer Dauer waren, lernte Herr F. 1997 in der Disco die Nebenklägerin Frau C. kennen.
Er glaubte, in ihr die Frau seines Lebens gefunden zu haben, erzählte aber, daß der erste Ärger bereits nach 2 Monaten losging. Frau C. wurde urplötzlich depressiv und verschwand dann, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, einfach für mehrere Tage. Verständlich, daß Herr F. sich Sorgen machte! Dieses Szenario wiederholte sich immer wieder!
Irgendwann öffnete sich Frau C. Herrn F. und erzählte ihm von ihren seelischen Problemen. Sie war lt. Ihrer Aussage im Kindheitsalter von Ihrem Vater sexuell mißbraucht worden und ihre Mutter hätte dann auch noch die Anklage gegen ihn zurückgezogen.
Doch nicht nur diese Sachlage verursachte Beziehungsprobleme. Durch die Auswärtstätigkeit des Herrn F. kam es immer wieder zu Seitensprüngen von Seiten der Frau C.
Die Situation eskalierte am Männertag 1999. Das Paar hatte schon zu Mittag kleine Streitereien. Man begab sich anschließend zu einer Feier in eine Gartenanlage. Obwohl eine ausgelassene Stimmung herrschte verhielt sich Frau C. auffallend still. Nachdem man ihren kleinen Sohn zusammen mit Herrn F. ´s Nichte als Babysitter am Abend nach Hause gebracht hatte, feierte man in der Wohnung einer von Herrn F. ´s Schwestern weiter. Dort flirtete Frau C. dann mit einem anderen Mann, was Herrn F. noch mehr in Rage brachte. Diese steigerte sich noch, als Herr F. auf dem Nachhauseweg in einer Gaststätte Zigaretten holte, wieder nach draußen kam, und Frau C. abermals mit 3 Männern flirtend auf der Straße vorfand.
Er beschimpfte Sie als Hure und Schlampe, versetzte ihr einen Stoß und schlug auch lt. seiner Aussage mit der flachen Hand zu.
Der Alkohol hätte an diesem Tag allerdings keine Rolle gespielt, da Herr F. keinen Schnaps und insgesamt nur ca. 5 Fl. Bier getrunken hätte.
Zu Hause angekommen, nahm man aus dem Ehebett eine Matratze um der Nichte eine Schlafstätte zu bereiten.
Frau C. weinte und begab sich auf die Couch um zu schlafen. Das gefiel Herrn F. nicht und er nötigte sie, ins Bett zu kommen. Um sie zu beruhigen, legte er den Arm um sie. Herr F. sagte des weiteren aus, er wäre psychisch nach dem Streit gar nicht in der Lage gewesen einen Geschlechtsverkehr auszuführen.
Am nächsten Tag zog Herr F. aus der gemeinsamen Wohnung aus und wurde 2 Wochen später plötzlich zur Polizei vorgeladen, wo er zum ersten Mal etwas von den Vorwürfen der Vergewaltigung erfuhr.
Abschließend sagte er aus, daß er Frau C. ein paar Monate später zufällig beim Einkaufen wiedersah. Man traf sich öfter, zog abermals zusammen und hatte auch Geschlechtsverkehr bis man sich letztendlich im Jahr 2000 trennte.

3.07. Beweisaufnahme (Zeugen, Gutachter, etc.)

Nach der erfolgten Vernehmung des Herrn F. sollten nun die Zeugen zu Wort kommen. Leider mußten wir den Gerichtssaal erst einmal für die nächsten 3 Stunden verlassen, da die Nebenklägerin für die Zeit Ihrer Aussage den Ausschluß der Öffentlichkeit mit der Begründung beantragte, daß Details aus ihrem Intimleben zur Sprache kommen würden, die für die Öffentlichkeit nicht von Belang wären. Der Richter entsprach diesem Wunsch, was wir sehr schade fanden, da wir um uns eine bessere Meinung zu bilden, gerne die Gegenseite angehört hätten.
Nachdem wir wieder den Saal betreten durften, sagte die Mutter von Frau C. aus. Für unsere Studie und das anschließende Urteil von Belang ist folgende Aussage von ihr. Frau C. kam am morgen nach dem Männertag zu ihrer Mutter und erzählte ihr, sie wäre von Herrn F. vergewaltigt worden. Daraufhin gab diese ihr den Rat einen Frauenarzt aufzusuchen. Dieser Rat wurde von Frau C. allerdings erst 4 Tage später befolgt, mit der Begründung, sie würde sich schämen, da sie erst 2 Wochen zuvor wegen Kinderwunsch bei ihm in Behandlung war. Bei uns und dem Richter stellte sich die Frage: Gibt es in P. nur einen Frauenarzt?
Eine weitere Zeugin, die Nichte des Herrn F., wurde ebenfalls angehört. Sie gab an, in der besagten Nacht keinerlei Kampfgeräusche oder Lärm, der unserer Meinung nach bei einem ungewollten Geschlechtsverkehr entstehen muß, gehört zu haben.
Ebenfalls gehört wurde der Arzt, bei dem sich Frau C. nach 4 Tagen vorstellte. Er bestätigte mit seiner Aussage die Anklage wegen Körperverletzung, da er bei Frau C. Hämatome und Schürfwunden u. a. im Gesicht und auch an der Außenseite der Oberschenkel feststellen konnte.
Die Schwester des Herrn F. verweigerte ihre Aussage mit Verweis auf die lange Zeitspanne welche seit dem Männertag 1999 bis zur jetzigen Verhandlung vergangen ist.
Die Aussagen der Mutter des Herrn F. waren für das Urteil ebenfalls nicht von großer Bedeutung.
Nach diesen Zeugenaussagen wurde das Verfahren auf einen weiteren Gerichtstag verlegt. An diesem sollten 2 Gutachter zu Wort kommen.
Da hatten wir einmal einen Psycholgen. Bei ihm waren sowohl der Beschuldigte als auch die Nebenklägerin in Behandlung. Herr F. absolvierte eine große Zahl von Sitzungen bei ihm, da er mit seinen Beziehungsproblemen nicht zurecht kam. Später wurde Frau C. hinzugezogen. Bei Einzelsitzungen widersprachen sich die Aussagen des Paares. Bei den gemeinsamen Sitzungen kamen die Probleme überhaupt nicht zur Sprache.
Nach ihm hatte noch ein unabhängiger Gutachter das Wort, welcher den gesamten Prozeß mit verfolgte. Er äußerte die Meinung, daß Herr F. jetzt im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen wäre, und das mit Sicherheit auch zum Zeitpunkt der Tat der Fall war. Als er sich zu Frau C. äußern wollte, gebot der Richter Einhalt, um zu eine beeinflussende Äußerung zu verhindern.

3.08. Schlußplädoyers

Nachdem alle Zeugen gehört worden waren, hielt der Verteidiger des Angeklagten sein Schlußplädoyer. Er befand Herrn F. der Körperverletzung schuldig, denn die Schläge hatte er erwiesener Maßen ausgeführt und sie auch zugegeben. Bezug nehmend auf die Anklage der Vergewaltigung kenne er seinen Mandanten jetzt lange genug und würde Herrn F. verstehen und auch glauben, daß er keine Tat zugeben würde, die er nicht begangen hätte. Auch schenke er der Aussage von Frau C. nur wenig Glauben. Er konnte genauso wenig wie wir nachvollziehen, wieso man nach solch schweren Verletzungen wie einer Vergewaltigung und Körperverletzung erst nach 4 Tagen zum Arzt und erst nach 14 Tagen zur Polizei geht.
Nun „hatte der Staatsanwalt das Wort“! Er plädierte für insgesamt 2 Jahre und 6 Monate Freiheitsentzug mit Hinweis auf die seelischen Schäden, die Frau C. durch die Tat davongetragen hätte.
Die Anwältin der Frau C. äußerte in ihrem Plädoyer, daß Frau C. in allen 3 Anhörungen des Verfahrens immer die gleichen Aussagen getroffen hätte und deswegen glaubhafter wäre als Herr F., da dieser sich doch des öfteren widersprochen hätte.
Der Verteidiger des Herrn F. wies dann den Staatsanwalt noch einmal daraufhin, das seine Forderungen total überhöht und ungültig wären, da sie im Berufungsverfahren immer kleiner als das vorangegangene Urteil sein müssen. Er kündigte an, im Falle einer Verurteilung wegen Vergewaltigung in Revision zu gehen. Herr F. stimmte seinem Verteidiger zu.

3.09. Beratung und Abstimmung

Von unserem Dozenten erfuhren wir, daß der Richter mit den Schöffen viele Stunden beraten hat, welches Urteil gefällt werden soll. Der Richter weißt die Schöffen gegebenenfalls auf Gesetze hin, welche sie bei ihrer Entscheidung mit berücksichtigen müssen. Sie versuchen, sich dabei nicht von Emotionen leiten zu lassen.
3.10. Urteilsverkündung

Die Urteilsverkündung fand am 16.05.2002 um 16:00 Uhr statt.
Es waren eine neue Staatsanwältin sowie ein neuer Verteidiger anwesend. Diese mußten erst neu vereidigt werden.
Anschließend wurde das in erster Instanz gefällte Urteil aufgehoben.
Das neue Urteil lautete wie folgt:
Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr wegen Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung verurteilt. Die Haftstrafe wurde auf 3 Jahre Bewährung ausgesetzt.
Weiterhin hat Herr F. eine Geldstrafe in Höhe von 600,- Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen.
In den 3 Jahren Bewährungszeit muß er jeden Ortswechsel bzw. jede einschneidende Veränderung in seinem Leben sofort offen legen.
Im Falle einer Nichtbewährung oder einer böswilligen Zurückhaltung der Geldstrafe müßte er sofort die Haftstrafe antreten.
Herr F. wurde darüber aufgeklärt, daß er innerhalb einer Woche gegen das Urteil durch seinen Anwalt Revision beantragen könne.
Nach Ablauf dieser Frist gilt das Urteil als rechtskräftig!


4. Eindrücke aus der Verhandlung

Wie bereits erwähnt, war es für uns sehr interessant so eine Gerichtsverhandlung live und in Farbe mitzuerleben. Wir haben auch erkannt, wie schnell es leider oftmals passieren kann, daß man selbst auf dem Anklagestuhl sitzt.
Manche Dinge die uns anfänglich kurios vorkamen, z. B. daß Herr F. vom Richter befragt wurde, was für eine Biersorte und wieviel davon er am Männertag vor 3 Jahren getrunken hat, bekamen später einen Sinn.
Herr F. hat sich in seinen Aussagen ab und zu in belanglosen Sachen widersprochen, was aber nicht unbedingt schlecht gewertet wurde, da das nach so einem Zeitraum menschlich erscheint. Die Aussagen von Frau C. stimmten bis aufs Detail überein, was uns wie einstudiert vorkam.
Allerdings ist es garantiert sehr schwierig eine Entscheidung zu fällen, die nicht von Gefühlen geleitet wird, da man sich meist ein eigenes Bild von den Menschen bildet, mit denen man es zu tun hat.
Da wir nur Herrn F. ´s Aussage beiwohnen konnten, können wir leider auch nur den Eindruck von ihm wiedergeben. Er kam uns sehr bedächtig, etwas schüchtern und überhaupt nicht wie ein gewalttätiger Schlägertyp vor. Der Schein kann zwar manchmal trügen, aber da Herr F. wußte, daß sich eine Schuldzugabe strafmildernd auswirken würde, hätte er sicher nicht das Verfahren noch mal aufgerollt, wenn er die Vergewaltigung wirklich begangen hätte.
Einen negativen Eindruck hinterließ der Staatsanwalt bei uns, weil solche Ausdrücke wie „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ sind eines Vertreters der Justiz nicht würdig.
Eindrucksvoll war auch die Beobachtung des Richters. Er wirkte teilweise gelangweilt und desinteressiert, manchmal auch zynisch. Im Endeffekt war das aber gut geschauspielert und lockte sicher manche der Anwesenden auf eine falsche Fährte. Bei uns hat es zu mindestens geklappt. Bei der Urteilsbegründung verblüffte er uns mit seiner Spitzfindigkeit.
Herrn F. sah man seine Erleichterung über das milde Urteil förmlich an.


5. Wie würden Sie entscheiden?

Sicherlich sind wir etwas voreingenommen, da wir nur die Aussage des Herrn F. hören konnten und nicht die der Gegenpartei.
Aber wir fällten unser Urteil nach mehreren Gesichtspunkten:

1. Die Sache mit dem zu späten Arzt- und Polizeibesuch
2. Warum hörten die Kinder (damals 5jähriger Sohn von Frau C. und
14jährige Nichte von Herrn F.), die sich in der Wohnung aufhielten,
nichts?
3. Wenn ein Mann mich geschlagen und dazu noch brutal
vergewaltigt hat, wie kann ich dann noch einmal mit ihm unter ein
Dach ziehen?
4. Schläge sind unverzeihlich und keine Argumente! Aber ist es nicht verständlich, daß einem, wenn man immer wieder belogen und
hintergangen wird, irgendwann die Nerven durchgehen?
Wie hätten wir uns in der Situation verhalten?

Wir „plädieren“ für eine milde Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung! Die Begriffe „Schlampe“ oder „Hure“ sind für uns keine Beleidigungen, da sich Frau C. offensichtlich wie eine solche verhalten hat. Die anderen Beleidigungen wie z. B. „Du bist nicht arich und gehörst auf den Grill!“ hat Herr F. nicht zugegeben und sie konnten auch nicht nachgewiesen werden. Wir meinen, sie sind von Frau C. erfunden wurden um Herrn F. noch zusätzlich durch rechtsradikale Äußerungen zu schaden.

6. Urteil

Das Urteil wurde unter Punkt 3.10. bereits näher von uns erläutert. Wir sind damit vollauf zufrieden. Es erging wirklich „Im Namen des Volkes“, denn die Meinungen beim Austausch in unserer Klasse stimmten größtenteils alle mit uns überein.

7. Gefühle und Meinungen

Unsere Gefühle und Meinungen haben wir ja schon in den vorangegangenen Punkten teilweise einfließen lassen und zum Ausdruck gebracht.
Herr F. ist in unseren Augen eigentlich ein armer Kerl, der in seiner Liebe zu Frau C. teilweise hörig war. Deshalb ja auch seine Besuche beim Psychologen. Frau C. nutzte seine Gutmütigkeit gekonnt aus, z. B. fuhr er ihre Umzüge und unterstützte sie finanziell. Als er dann endlich die Nase voll von ihr hatte, wollte sie ihn durch die Anschuldigungen bewußt schaden. Leider hat er es verpaßt eine Gegenanklage wegen Verleumdung anzustrengen.
Es ist schlimm, wie leicht man einen Menschen nur durch Rufmord in das soziale Abseits katapultieren kann.
Hätte der Richter und die Schöffen nicht so objektiv und „im Zweifelsfalle für den Angeklagten“ entschieden hätte Herr F. 3 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht, würde als vorbestraft gelten, was in unserer Gesellschaft besonders schlimm ist, und hätte dazu auch noch einen ganzen Berg Schulden auf dem Hals.
Wir wünschen Herrn F. für seine Zukunft, daß er aus dieser Sache gelernt hat!
Wie hat der Richter so schön bemerkt: „Die Bewährung wurde ausgesprochen weil Herr F. sehr gut in der Familie und im Berufsleben integriert ist und seine Straftaten nur im Zusammenhang mit Frau C. standen.“ Er ist vorher und hinterher nie straffällig geworden und wird es mit Sicherheit auch nicht mehr werden!

17 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Indigo

    15.06.2002, 11:17 Uhr von Indigo
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr gut

  • meli1701

    25.05.2002, 19:12 Uhr von meli1701
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wirklich sehr interessant!