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Erfahrungsbericht von Herzkine

Walhalla -Die Enstehungsgeschichte

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Den Plan Denkmäler für die berühmtesten Deutschen anzufertigen war dem Kronprinzen Ludwig im Frühjahr 1807 gekommen, zu einer Zeit, in der der deutsche Nationalstolz nach der Niederlage bei Jena und Auerstedt gegen Napoleon am Boden lag.
Er gab die ersten Büsten grosser Deutscher bei Johann Friedrich Schadow, Christian Daniel Rauch, Friedrich Tieck und Ludwig Wichmann in Auftrag.
Mit der Zeit wurden immer mehr Büsten angefertigt, und der ursprüngliche Plan, nur fünfzig Büsten anzufertigen, wurde aufgegeben, bald hatte man sogar die doppelte Anzahl.
Ludwig wurde klar dass es zur Aufbewahrung dieser Abbilder eines grossen Gebäudes bedurfte, das für die Geehrten auch würdig war.
Die Idee, diese Gebäude nach dem germanischen Göttersitz Walhalla zu nennen, kam von dem Historiker Johannes Friedrich Müller , der ein enger Vertrauter Ludwigs war und diesen auch bei der Auswahl der zu Ehrenden beriet.
Die Vorstellung Ludwigs von der Walhalla war die eines grossen , ehrfurchtgebietenden Bauwerks, das nicht nur durch seine Grösse, sondern auch durch seinen Baustil Würde vermitteln sollte und bei den kommenden Generationen von der hohen Kultur seiner Zeit zeugen sollte. Dieser Grundanspruch war natürlich schon ein Kriterium, welches auch Klenze an seine Bauten anlegte.
Dennoch beschäftigte sich Ludwig zu dieser Zeit noch grundlegend mit dieser Idee, da er die Ansprüche, die er an das Bauwerk stellte, erst verwirklichen konnte, wenn er König war. Der erste bekannte geplante Standort war der nördliche Teil des englischen Gartens in München (1809).
1811 platziert Friedrich Ludwig von Sckell die Walhalla in einem seiner Pläne an das westliche Isarufer.
Der erste architektonische Entwurf entstand 1809 im Auftrag Ludwigs von Carl von Fischer und war dem Pantheon ähnlich, nämlich ein Rundbau mit einem achtsäuligen dorischen Portikus.
Dann jedoch erinnerte er sich an die Begeisterung Ludwigs für den Poseidontempel von Paestum und den Phartenon und verarbeitet diese Vorlagen in seinem zweiten Entwurf.
Dieser Entwurf hatte jedoch architektonische Mängel wie etwa drei bogenförmige Fenster an jeder Seite, die zur Erhellung des Innenraums nötig waren, oder die ahistorische Anordnung der Säulen.
Ludwig bestandauf einem neuen Plan, der dem historischen Vorbild auch in den Dimensionen angeglichen werden sollte, wandte sich gleichzeitig von der alleinigen Beauftragung Fischers ab und schrieb 1814 einen öffentlichen Wettbewerb aus.
Obwohl sich nun Fischer von dem Projekt abwandte, blieben die Idee einer Variation des Parthenons und der Vorschlag, die Namen derer deren Gesichter nicht bekannt war an der Decke anzubringen, in der Vorstellung Ludwigs von seinem Tempel der herausragenden Deutschen erhalten.
Dies zeigte sich schon in den Forderungen des Wettbewerbs. Es sollte ein dorischer Peripteros auf einem dreistufigen Sockel mit ungeteilter Cella und umlaufenden Innenfries gebaut werden. Die Pläne zu diesem Bauwerk sollten in Griechenland entstehen.
Die restriktiven Vorgaben Ludwigs, die eigentlich nur eine Kopie des Parthenons erlaubten, stiessen auf grosse Kritik bei den Wettbewerbsteilnehmern.
Einige nahmen nur Anstoss an der genauen Vorgabe der Variation des Parthenons , andere lehnten ein griechisches Vorbild für ein deutsches Denkmal, das seinen Namen aus der nordischen Sagenwelt bezog, generell ab.
Die massiven Proteste führten zu einer Abänderung der ursprünglichen Anforderungen, die in der Allgemeinen Zeitung veröffentlicht wurden (Nov. 1814) und nun auch gotische oder andersartige Entwürfe zuliessen.
Dennoch war klar, dass ein nicht am Parthenon orientierter Entwurf beim König kaum Chancen haben würde. Dennoch gab es einige ans Mittelalter angelehnte Vorschläge , unter anderem auch von namhaften Architekten wie Schinkel.
Heute sind noch drei Entwürfe erhalten, welche die Anforderungen eines dorischen Tempels erfüllten. Es waren dies die von Klenze, Carl Haller von Hallerstein und von Anton Weiss, einem Schüler von Carl von Fischer , dessen Pläne eine korrigierte Version von Fischers zweitem Entwurf war, da Fischer als Jurymitglied nicht mehr selber teilnehmen konnte.
Der Preis wurde schliesslich Weiss zugesprochen.
Trotzdem ist es interessanter, Klenzes Entwürfe genauer zu betrachten, da diese ja schliesslich zur Ausführung kamen.
Klenzes Grundentwurf ist dem Parthenon nachempfunden, jedoch wurde das ionische Raster durch das französische Durands ersetzt, wobei er darauf achtete, dass der Säulenabstand an der Front und an der Längsseite gleich waren.
Bei der Betrachtung der Front decken sich die jeweils zweite Säule von aussen mit den Wänden des Haupttempels, sowie die beiden inneren Säulen mit der Begrenzung des Eingangs, was eine klare Gliederung erzeugt und die einzelnen Elemente nicht in Disharmonie bringt.
Die mit äusserst grossen Kassetten bedeckte Tonnenwölbung der Decke entspricht nicht den Anforderungen Ludwigs, da sie ebenfalls französisch ist. Jedoch konnte Klenze diese Konstruktion folgendermassen rechtfertigen:
Da die einzige Möglichkeit das griechische Vorbild zu realisieren, eine Holzdecke war und diese nicht in der Lage war, den modernen Menschen zu erhebenden Gefühlen zu veranlassen, sollte man die beste Alternative, nämlich eine französische Wölbung, wählen.
Die Namen der Geehrten ohne Büste sollten in den Kassetten verewigt werden. Der technischen Ausführung dieser Tonnenwölbung widmet er besondere Aufmerksamkeit, um die Realisierbarkeit seines Entwurfs deutlich zu zeigen. Die Lösung, den Seitendruck mit einer eisernen Armierung im Gebälk abzufangen, zeigt, dass Klenze immer wieder die Behauptung widerlegte, er sei kein innovativer Architekt, sondern eher ein Phantast, der in der Vergangenheit lebte. Ähnlich wie in der Pinakothek zeigte er hier seine Begabung für praktische Lösungen.
Durch gezielte Angriffe auf die Entwürfe der anderen Teilnehmer und die Betonung der Nähe seiner Arbeit zu den Architekturvorstellungen Ludwigs und vor allem der Griechen gelang es ihm, Ludwig für seinen Vorschlag einzunehmen, und er erhielt die Anweisung sein Projekt weiter auszuarbeiten.
Inzwischen schien jedoch das Projekt nicht so richtig weiterzukommen; obwohl Ludwig weitere Freiheiten zugestanden hatte, waren seine Ideale immer noch das Parthenon und der Tempel zu Paestum. Ungeachtet dessen nutzte Klenze die neuen Freiheiten und konzentrierte sich nun ganz auf einen Rundbau.
Er fand, dass ein so bedeutendes Bauwerk für die deutsche Kultur niemals Gefahr laufen dürfe, nur ein Abklatsch von antiken Vorbildern zu sein, weshalb er auch genau darauf achtete nicht von einer Kopie des Parthenons in eine Kopie des Pantheons überzugehen.
Deshalb verwendete er als Grundlage einen Entwurf zu einem Lutherdenkmal, den er schon 1805 gezeichnet hatte, und den er leicht modifizierte.
Nachdem Klenze Ludwig immer neue Variationen vorgelegt und beständig auf ihn eingeredet hatte, lies sich dieser anscheinend langsam von der Idee des Rundbaus überzeugen.
Nach einer Reise Ludwigs nach Rom forderte er zuerst die Orientierung am Hadriansmausoleum, das auch als Engelsburg bekannt ist. Dann wiederum wollte er eine Kombination von Propyläen , römischen Palästen und einem Rundbau.
In diese Phase des Wankelmuts , in der Klenze geduldig mit immer neuen Vorschlägen und Argumenten die neuesten Neigungen Ludwigs wieder zu verwerfen suchte kam die endgültige Wende. Anscheinend beeinflusst von Cornelius bestand Ludwig auf seinem eklektischen Vorschlag.
Klenzes Reaktion war ungewöhnlich direkt:
Sollte ein solches uneinheitliches Gebäude, dem nicht ein durchdachter und einfacher Plan zugrunde liege , der es also an architektonischer Grösse fehlen lasse verwirklicht werden, so wolle er sich auch nicht mehr mit diesem Projekt beschäftigen.

In dieser schwierigen Phase des Projektes erinnerte sich Klenze wieder an die ursprünglichen Pläne und legte sie Ludwig vor.
Der Kritik, dieser Baustil sei nicht deutsch, hielt er das Argument entgegen dass die Griechen diesen Baustil zwar erfunden hätten, er aber in seiner Eigenschaft als einzig wahrer Baustil ein weltweiter, also auch den Deutschen würdiger Baustil sei.
Dennoch war Ludwig nicht ganz von dieser Kehrtwende überzeugt und beauftragte Klenze sowohl für den Rundbau mit vorgelagerten Propyläen, als auch für den dorischen Peripteros einen Entwurf anzufertigen.
Den Rundbau nach Ludwigs Vorstellungen lehnte Klenze nun nicht mehr ab, da er den Propyläen eine Funktion gegeben hatte, sie sollten eine „Halle der Erwartung“ sein, in die noch lebende bedeutende Deutsche aufgenommen werden sollten.
Beim zweiten Objekt fügte Klenze nun eine entscheidende Idee hinzu, die sehr wichtig für seine Vorstellung vom Entwurf werden sollte, nämlich einen pelasigischen Unterbau , über dessen Stufen man zur Walhalla hinaufsteigen sollte und die den Weg der Seelen zum Göttlichen hinauf darstellen sollten.



Diese vorgelagerte Treppe wurde zu einem zentralen Motiv Klenzes, mit dem er die Erhabenheit der Tiefe beschwören wollte. Auch dieser Entwurf enthielt eine „Halle der Erwartung“, die sich an der Sockelfront befand.
Da Klenze stark zu der Lösung mit einer vorgelagerten Freitreppe tendierte, an die er sogar noch einen Säulenhain anschliessen wollte, begann die Frage des Bauplatzes nun an Bedeutung für ihn zu gewinnen.
Er schlug Ludwig im November 1819 den letztlich entgültigen Bauplatz bei Donaustauf vor, und der Kronprinz willigte ein, da er auch persönliche Verbindungen zu dieser Stelle hatte.
Der endgültige Entscheid für diesen Bauplatz fiel am 29. Mai 1829.
Doch kaum hatte Klenze die Idee einer Treppenanlage entwickelt, auf der die Seelen emporsteigen konnten,und die eine bis dahin ungesehene Tiefensituation bringen sollte, die unendliche Perspektiven erlaubte, was dem Ideal Klenzes von der Verbindung von Architektur und philosophischen Motiv entsprach, wollte sie der anfangs davon begeisterte Ludwig aufgrund von zeitgeschichtlichen Problemen wieder verwerfen.
Die Halle der Erwartung beinhaltete das Problem, das sie noch lebende Menschen glorifizierte und damit ein Politikum war. Also wollte Ludwig davon abkehren und den ganzen Vorbau, der nur für diesen Zweck geplant war wieder vergessen.
Klenze war jedoch von der architektonischen Wirkung dieses Teils der Entwürfe so entzückt, dass er Ludwig anbot, entgegen seiner Überzeugung dieses architektonische Detail ohne Funktion in der Ausführung zu erhalten.
Nach langen Überredungsversuchen seitens Klenzes kam es schliesslich zu einem Kompromiss:
Die Walhalla erhielt eine etwas kürzere Freitreppe, die keinerlei ikonologische Funktion hatte. Die Veränderungen im Innenraum waren nicht von ganz so grundsätzlicher Natur.
Seit 1821 lag die Grundstruktur des Innenraums fest.
„Ein halbtonnengewölbter Longitudinalraum mit Säulendurchblick in einen rückwärtigen Anraum (Opisthodom), der durch vier Gurtbögen, die auf jonischen Säulen ruhten, in drei durch Oberlicht beleuchtete Abschnitte geteilt wurde; die Büsten waren entsprechend auf jeder Seite in drei Gruppen eingeteilt“ (Adrian von Buttlar: Leo von Klenze, Leben-Werk-Vision S.154, Planwechsel im Innenraum)
Die erste grundlegende Änderung dieses Planes stand 1836 an, indem das Tonnengewölbe aufgegeben wurde.





Klenze war nun doch auf die Kritik seiner Architekturkollegen eingegangen und gestaltete auf Vorschlag Schinkels die Decke wie die antiken Vorbilder mit einem Dachgebälk.
Dies brachte ihm vor allem den Vorteil, dass er viel mehr Platz für die Anbringung von Namen hatte als bei seiner Lösung mit dem Tonnengewölbe und den Kassetten.

Die endgültige Ausführung bestand aus einer Decke mit Oberlichtern und Querbalken, die von Koren gehakten werden, die wiederum auf Sockeln stehen und die den Raum gliedern.
An den roten Wänden befinden sich die Büsten der hervorragendsten Deutschen und über ihren Köpfen, getrennt durch ein Marmorfries, sind die Täfelchen mit den Namen der Geehrten ohne Büste angebracht.
Der Dachstuhl wird geschmückt von Sternmotiven, und die Koren haben typisch deutsche Attribute, nämlich Bärenfell und blonde Zöpfe.
An den Senkgiebeln des Dachstuhls sind die drei Hauptepochen der nordischen Mythologie dargestellt, Schöpfung, Bestehen und Zerstörung in Analogie zum griechischen Chaos- Chronos– Olymp.
Der umlaufende Fries Johan Martin von Wagners stellt die These der Abstammung der arischen Rasse von den indogermanischen Wanderungen dar und gibt somit eine direkte Verbindung zu den Griechen und damit deren Baustil vor, für den dieser Bau am meisten kritisiert wurde.

Als die Walhalla am 18. Oktober 1842 eingeweiht wurde, hatte sie jedoch bei weitem nicht mehr die ihr ursprünglich angedachte Faszination und Läuterungswirkung auf das deutsche Volk, die sie noch bei der Grundsteinlegung ausgestrahlt hatte.
Inzwischen waren die Zeiten für ein Bauwerk voller Symbolik für die deutsche Kultur nicht mehr so günstig, und somit wurde die Walhalla schon bei ihrer Einweihung eine Art touristische Attraktion, die von Ludwig und einem eher kleinen Kreis bewundert wurde.
Vielleicht hätte eine konsequentere Umsetzung der Nutzungsidee Klenzes dieses Schicksal verhindern können.
Andererseits hat diese Entpolitisierung der Walhalla dazu beigetragen, dass sie ihre rein auf architektonischen Reiz basierende Anziehungskraft immer beibehalten hat und wird.

23 Bewertungen, 5 Kommentare

  • tinalice

    05.03.2002, 15:26 Uhr von tinalice
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wow! Sehr ausführlich! Man liest sich!

  • Alusru

    05.03.2002, 15:23 Uhr von Alusru
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einch super geschrieben lieben Gruß Uschi.

  • AliAsAliAs

    05.03.2002, 15:23 Uhr von AliAsAliAs
    Bewertung: sehr hilfreich

    Jetzt weiss ich darüber auch mal beschaid. gruß vom alias

  • Gremlin

    05.03.2002, 15:20 Uhr von Gremlin
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller Bericht, abder InterCeptor hat recht, Seltener zu posten bringt auch mehr Lesungen.

  • InterCeptor

    05.03.2002, 15:18 Uhr von InterCeptor
    Bewertung: sehr hilfreich

    Nützlicher Bericht, nur vielleicht wäre es angebrachter, die Berichte schon in Stundenabständen, und nicht in Minutenabständen zu posten. Mfg Inter