Reisen Testbericht

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Erfahrungsbericht von little_maryann

Wenn Engel reisen, lacht der Himmel

Pro:

tolle Landschaft, viel Bewegung, Natur hautnah

Kontra:

man ist vom Wetter abhängig

Empfehlung:

Ja

Wir müssen schon wirkliche Engel sein, denn bei unserer Radtour am Rhein entlang hatten wir unglaublich schönes Wetter ;-)
Einen Urlaub mal etwas anders, hatten wir in den Sommerferien in diesem Jahr geplant. Mal Deutschland mit dem Rad erfahren, das war eine Idee, die mir schon länger im Kopf herum spukte. Bei meinem Lebensgefährten lief ich mit diesem Gedanken offene Türen ein.

Nach sorgfältiger Planung starteten wir an einem schönen Sonntagmorgen im August mit unseren Rädern Richtung Bahnhof. Vom linken Niederrhein ging’s per Bahn nach Mainz, denn von da aus, wollten wir das Rheintal wieder Richtung nach Hause erfahren.
Die Bundesbahn hat sich mittlerweile recht gut auf radelnde Zeitgenossen eingestellt, denn in jedem, der von uns befahrenen Züge, war ein großes Abteil speziell für Fahrräder vorhanden und wurde reichlich benutzt. Da wir sonntags starteten, zahlten wir mit vier Personen für das Wochenendticket von Kempen bis Mainz nur 28 Euro. Dazu kamen allerdings noch die Gebühren für die Räder und einen kleinen Radanhänger, die jeweils 3 Euro betrugen. Die Sache mit dem Umsteigen gestaltete sich auch relativ einfach, da die meisten großen Bahnhöfe mittlerweile Aufzüge auf den Bahnsteigen haben. Nur in Koblenz war’s in Ermangelung eines solchen, doch etwas eng.
In Mainz angekommen, machten wir uns quer durch die Stadt sofort auf den Weg Richtung Rhein, denn wir hatten als erste Übernachtungsstation das ca. 30 Kilometer entfernt gelegene Bingen vorgesehen. Eigentlich schade, denn so haben wir nur sehr wenig von Mainz gesehen, aber das was wir gesehen haben, war toll.

Am Rhein angekommen, stießen wir auf ein Schild, das den Radweg nach Rotterdam, bzw. Basel in der anderen Richtung auswies. Aber unser Ziel hieß Köln, also links rum und los.
In den Stadtgrenzen von Mainz war es wirklich schön am Rhein zu fahren, doch dann zwang uns ein Industriegebiet dazu, uns vom Flusslauf zu entfernen.
Man war das trostlos und zog sich unheimlich lange hin. Die Strecke war aber recht gut ausgeschildert, das Wetter war toll und wir freuten uns des Lebens und der Bewegung, also konnte uns nichts erschüttern.
Durch Obstplantagen, an kleinen Ortschaften vorbei, an breiten Sandstränden entlang, ging´s stetig auf Bingen zu. Hier hatten wir die erste Übernachtung in einem Hotel gebucht, das wir schon vom Zug aus hatten liegen sehen. Dort angekommen, erfuhren wir, das durch ein Fest außerhalb, die Hotelküche geschlossen war. Die Hoteliersfrau riet uns zum Essen auf Burg Klopp zu fahren. Zwar war unser erster Tag recht anstrengend, aber auf diese Empfehlung hin, machten wir uns noch mal auf die Socken bzw. Räder und haben es nicht bereut. Der Ausblick war gigantisch, das Ambiente im Burghof mit leiser Klavieruntermalung kaum zu überbieten und auch das Essen war sündhaft gut. Es war schon fast kitschig romantisch, wie die Sonne über den Bergen verschwand und dabei golden im Strom leuchtete. Man gings uns gut.

Den nächsten Tag konnten wir nach einem guten Frühstück locker angehen lassen. Wir hatten ja den ganzen Tag Zeit um die knapp 30 Kilometer nach St. Goar zurück zu legen. Unser Wirt hatte uns empfohlen uns auf jeden Fall Bacharach anzusehen und so bogen wir in diesen traumhaft schönen Ort ab. Verträumte Gassen, alte, schön sanierte Häuser, dieser Ort ist wirklich sehenswert. Im alten Posthof kehrten wir ein, und hier ließ es sich so gut sitzen, essen und trinken, das es uns schwer fiel, uns wieder auf den Weg zu machen.
Wunderbar, die Landschaft am Rhein entlang, durch das niedrige Wasser breite Sandstrände, die uns immer wieder zum Anhalten und Füße baden brachten.

Tja und dann kam die Loreley. Mario, mein Lebensgefährte war hier nicht mehr zu halten, ruck zuck vom Rad, runter zum Fluß, die Hose aus und ab ins Wasser. Als sein Junior das sah, war der schon hinterher und Marios Schwester ließ sich das auch nicht zweimal sagen. Badesachen nein danke, Andrea hätte sich als neue Nixe bewerben können, nackt wie Gott sie schuf, tobte sie mit Bruder und Neffe im Rhein herum. Ich blieb bei den Rädern, beobachtete die drei und amüsierte mich darüber, wie einige Leute im vorüber fahren fast vom Rad fielen, als sie die neue Loreleynixe nackt im Rhein baden sahen.

In St. Goar übernachteten wir in der Jugendherberge, die recht hoch über dem Fluß liegt.
Abends vor dem Zubettgehen saßen wir noch lange Zeit auf dem Balkon und sahen dem Treiben auf dem eigentlich schon viel zu niedrigen Rhein zu. Wir haben uns immer wieder gewundert wie viele Schiffe selbst bei dem Niedrigwasser noch fuhren und haben uns gefragt wie das dann wohl bei Normalstand sein muss.

Unsere nächste Etappe führte uns nach Koblenz und bis dahin waren es 35 Kilometer. Linksseitig fuhren wir von St. Goar bis Bad Salzig und überquerten dort den Rhein mit einer Fähre, denn wir wollten uns doch die Marksburg ansehen, die hoch über Braubach thront. Dort angekommen, fanden wir die Station einer kleinen Bahn, die Besucher zur Marksburg fährt. Mit den Fahrrädern hinauf, wäre eine rechte Tortur gewesen. So ließen wir unsere Räder in der Obhut des Mannes an der Bodenstation und wurden bequem hinauf zur mittelalterlichen Burg gefahren und nachher auch wieder hinunter.
Die Marksburg ist ein Erlebnis, besonders Kinder finden es toll, sich die Rüstungen und Kanonen anzusehen und die Geschichten zu hören, die die Führer dort aus der Ritterzeit erzählen können.

Unsere Fahrt ging weiter nach Koblenz und unser Ziel dort war die Festung Ehrenbreitstein. Hoch über Koblenz thront dieses Meisterwerk preußischer Befestigungskunst, in der unter anderem ein Museum, ein militärisches Ehrenmal, zwei Restaurants und eine Jugendherberge untergebracht sind. Wir folgten den Wegweisern, die für Autos einen Weg zur Festung hinauf beschrieben und uns wurde fast schlecht. 18 % Steigung verhießen nichts Gutes. Nach etwa einstündigem mühevollen Schiebens waren wir endlich oben und restlos platt. Mario lief abends nur noch wie ein Storch im Salat, musste der arme Kerl doch nicht nur sein bepacktes Fahrrad, sondern auch noch unseren Radanhänger diese Strecke hinaufschieben. Seine Knie erinnerten mehr so an einen Fesselballon und in Anbetracht dieser Tatsache entschlossen wir uns dazu einen Ruhetag in Koblenz einzulegen.
Das haben wir auch keine Sekunde bereut, denn allein die Aussicht auf den Rhein und die Mosel, die genau gegenüber der Festung in den Rhein mündet, waren diese Pause schon wert. Stundenlang saßen wir an der Mauer auf dem Hof der Jugendherberge und sahen uns dieses gigantische Panorama an. Auf dem Gelände der Festung führt ein Sessellift nach Koblenz hinab und so erkundeten wir Koblenz am folgenden Tag zu Fuß.
Nach einer weiteren Übernachtung auf Ehrenbreitstein (nochmals vielen Dank für das Entgegenkommen Herr Rihm) machten wir uns auf den Weg Richtung Bad Honnef. Mit dem Rad ging es bis Bad Breisig und dann mit einem Schiff der Köln Düsseldorfer bis Unkel. Eigentlich wollten wir bis Bad Honnef auf dem Schiff bleiben, aber wegen des Niedrigwassers wurde dieser Ort nicht angefahren. Und selbst als wir in Unkel aussteigen wollten, mopperte die Schiffsbesatzung. Es handelte sich um ein Ersatzschiff, das im Auftrag der KD diese Strecke befuhr und ich habe die Schiffsbesatzung als sehr unfreundlich empfunden. Die hatten über alles was zu meckern, die Toiletten auf dem Schiff waren unter aller Kritik und ich war sehr in Versuchung stehenden Fußes bei der Verwaltung der KD anzurufen und diesen Missstand publik zu machen, denn schließlich ist die Fahrt auf diesen Schiffen ein nicht gerade billiges Vergnügen.

Wir gingen in Unkel von Bord und radelten die restlichen Kilometer bis Bad Honnef durch eine Landschaft, die sich gegenüber dem Rheintal jenseits von Koblenz doch schon sehr unterschied. War zwischen Mainz und Koblenz das Rheintal doch recht eng und die Weinberge bis nah an die Ufer, so öffnete sich das Tal ab Koblenz immer mehr und auch die Terrassen mit den Rebstöcken verschwanden immer mehr. Dafür trat mehr die Industrie in den Vordergrund und so führte uns der Radweg auch einige Male vom Rheinufer weg, wenn ein Industriebereich umfahren werden musste.

In Bad Honnef hatten wir unsere letzte Übernachtung gebucht, denn von Köln aus, wollten wir am Abend des nächsten Tages mit dem Zug wieder nach Hause fahren.
Irgendwie liegen alle Jugendherbergen auf nem Berg, denn auch in Bad Honnef blieb uns der Aufstieg nicht erspart. Zwar nicht so krass wie in Koblenz, aber schieben mussten wir trotzdem. Allerdings konnte die Jugendherberge in Bad Honnef nicht mal ansatzweise mit der Koblenzer mithalten. Das Personal war nett und freundlich, aber die Sauberkeit der Duschen und Toiletten ließ wirklich sehr zu wünschen übrig. Ein baumelnder Tampon in den Duschen, Herrentoiletten in denen es so krass nach Urin roch, das man besser nicht atmete und kein Licht über den Toilettenkabinen war nicht das was ich mir vorgestellt hatte. Dafür waren die Preise um fast ein Fünftel höher als in Koblenz, wo es wirklich nichts zu bemängeln gab.

Unsere letzte Etappe bis Köln war auch unsere längste, denn die war fast 60 Kilometer, die wir an diesem Tag zu fahren hatten. Mittlerweile hatten sich unsere verlängerten Rückradsteile soweit an die Sättel gewöhnt, daß wir uns ganz mutig auf den Weg machten.

Schon toll, die Rheinufer so um Bonn und Königswinter, so was Gepflegtes würde selbst nem Golfplatz zu Ehre gereichen. Das war schon auffällig, denn wenn ich mir hier so betrachte wie oft die Stadt Kempen in der Lage ist, die Straßenränder mähen und pflegen zu lassen, dann muss ich sagen, die haben da anscheinend viel Geld. Pikobello geschnittene Rasenflächen, nirgendwo Müll, unglaublich.

Kurz vor Köln hätte es uns dann doch noch fast erwischt. Gott sei Dank hatten wir Hunger und am Flussufer lag ein Kneipenschiff. Wir hatten gerade beschlossen das zu entern, da kam aber auch schon der Segen von oben. Es regnete so heftig, das man durch die Fenster das Ufer nicht mehr erkennen konnte, obwohl das Dingen am Ufer lag.
Nach einer gemütlichen Pause und mit einem vollen Bauch konnten wir relativ trocken und relaxt bis zum Kölner Hauptbahnhof weiter radeln.

Unser aller Fazit war: das machen wir noch mal, ob noch mal am Rhein, oder vielleicht an einem anderen Fluß entlang werden wir noch überlegen. Es war genauso wie ich es mir vorgestellt hatte. Zwar hatten wir uns Tagesetappen gesetzt und die auch schon vorher festgemacht, aber das war auch sinnvoll in den Sommerferien und mit vier Personen. Aber man erlebt die Landschaft ganz anders und wir haben festgestellt, das viele Familien mit Kindern ähnlich wie wir unterwegs waren. Die Übernachtungen in Jugendherbergen sind durchaus akzeptabel, im Schnitt haben wir mit Frühstück und warmem Abendessen für vier Personen ca. 80 Euro bezahlt. Allerdings setzt das voraus, das mindestens einer der Gruppe einen gültigen Jugendherbergsausweis hat. Den kann man allerdings in jeder Jugendherberge für etwa 18 Euro bekommen, gültig für ein Jahr.
Wenn man nicht so weite Tagesetappen plant, ist auch der ungeübte Radfahrer in der Lage eine solche Tour wie wir sie gefahren sind, zu absolvieren. Nico, der Sohn meines Lebensgefährten hat mit seinen 9 Jahren auch die Strecke nach Köln am letzten Tag (immerhin 60 Kilometer) prima geschafft. Wir hatten keine Pannen (aufholzklopf), das Wetter hat mitgespielt und so hatten wir eine wunderbare Woche an dem Stück Rhein, das seit diesem Jahr Weltkulturerbe ist und sind immerhin 220 Kilometer gefahren.

16 Bewertungen, 1 Kommentar

  • seakerfisch

    26.04.2006, 12:16 Uhr von seakerfisch
    Bewertung: sehr hilfreich

    Interessant, bin aber kein aktiver Radfahrer.