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Erfahrungsbericht von TurboFranky

Qual der Wahl

Pro:

schön, wenn man sich quälen mag

Kontra:

fällt mir echt schwer

Empfehlung:

Nein

Irgendwann muss man sich entscheiden, das steht fest – spätestens am 22. September, wenn der neue Bundestag gewählt wird. Ich weiß nicht, wie es Euch in diesen Tagen geht, aber mir fällt es diesmal total schwer, mich auf eine Partei festzulegen. Eigentlich hängen mir gegenwärtig alle Parteien zum Halse raus. Die sogenannte „Bonusmeilenaffäre“ ist zwar allein genommen lächerlich, zeigt aber doch im Detail, wie unsere Politiker (damit meine ich alle Parteien) drauf sind. Wenn ich daran denke, dass ich in ein paar Wochen meine Stimme abgeben soll, wachsen mir graue Haare: diese Spenden-Christdemokraten, Klüngel-Sozis, Spaßliberalen, machtgezähmten Grünen und ewig gestrigen SED-Nachfolger... wie soll man sich da bloß entscheiden. Normalerweise sollte man dieser politischen Klasse einfach die Wahl verweigern, doch das würde letztlich nur unsere Demokratie schwächen. Und wohin solche Situationen führen können – da haben wir deutsche ja ausreichend Erfahrung gesammelt. Nichtwählen scheidet für mich als Reaktion also (leider) aus. Also bleibt die Qual der Wahl bei der diesjährigen Wahl der Qual. So bastele ich munter an meiner Meinungsbildung und will Euch schlichtweg ein paar Gedanken zeigen. Vielleicht mögt Ihr ja einen kleinen Kommentar hinterlassen. Feel free.

ENTSCHEIDENDE THEMEN:
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ARBEITSPLÄTZE – Das wichtigste Thema bei dieser Wahl heißt – wie bereits bei den vorherigen Wahlen – „Arbeitsplätze“. Seltsamerweise haben plötzlich alle Parteien sensationell revolutionäre Vorschläge, mit denen (angeblich) alles besser werden soll. Ob Hartz-Kommisssion oder Späth/Stoiber-Plan. Irgendwie komisch, dass diese Ideen ausgerechnet kurz vor der Wahl kommen. Plötzlich spielt Lobbyismus keine Rolle mehr. So richtig unterscheiden sich die Konzepte der verschiedenen Parteien nicht voneinander: Arbeitslose sollen mehr Druck spüren, konkret heißt das: Leistungen werden gekürzt. Da frage ich mich langsam, warum ich als Berufstätiger überhaupt noch (zwangsweise) in die Arbeitslosenversicherung einzahlen muss, wenn im Ernstfall nichts mehr rauskommt. Die weiteren Details finde ich nicht gerade umwerfend und ebenfalls in allen lagern ziemlich gleichlautend: Arbeitslose sollen schneller vermittelt werden und ihrerseits flexibler, heißt mobiler, werden. Zudem dann noch der Wunsch einer neuen „Gründerwelle“, ein paar Investitionsprogramme, damit der Osten der Republik weiterhin ruhig bleibt und neue Vorruhestandsregelungen für die Älteren, die dann ebenfalls aus der Statistik rausfallen – schon hat man die Arbeitslosenzahl schön gerechnet. Sehr witzig. Woher die Knete für all diese wunderbaren Versprechungen herkommen soll – das spielt offensichtlich keine Rolle. Und wenn doch mal jemand nachfragt, zaubert man eben „EU-Rückzahlungen“ und ähnliches her. Klingt nicht gerade nach einem clever durchdachten Konzept.

FAMILIENPOLITIK ist das zweite große Thema, das alle Parteien gerne in den Mund nehmen. Auch hier viele Versprechungen, auch hier die Finanzierung weitgehend unklar. Mehr für die Familie – klingt gut und wird im Wahlkampf deshalb als „weiches Thema“ mitverkauft. Mal im Ernst: Ob’s nun zwanzig Euro mehr Kindergeld gibt oder nicht – ich glaube kaum, dass dies in der heutigen Zeit tatsächlich ein Anreiz für Familiengründungen sein kann. Wichtiger ist es doch, wie man in der heutigen Arbeits- und Lebenswelt Familie und Job unter einen Hut bringen kann, vor allem für die Frauen. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass ähnlich wie bei den Arbeitsplätzen alle Parteien dieses Thema besetzen wollen, aber nicht wirklich gute Konzepte haben. Von Visionen möchte ich gar nicht reden.

STEUERN – Wow, hier wird‘s richtig chaotisch. Und bei diesem Thema muss ich sagen: Ich habe den Durchblick verloren. Wenn ich mich recht erinnere, hatte Schröder vor vier Jahren versprochen: Es sollen weniger und gerechtere Steuern werden. Und was ist passiert? Die großen Unternehmen der Deutschland AG zahlen im Land fast gar keine Steuern mehr. Deshalb bin ich bei diesem Thema extrem skeptisch. Und schon gibt es wieder jede Menge neuer Vorschläge. Und schon wieder dieselben Versprechungen: weniger und gerechter. Wer’s glaubt....

FEHLENDE VISIONEN
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Ich finde es erschreckend, wenn man – weil die Konzepte nicht überzeugen – am Ende wirklich nur noch eine Entscheidung zwischen Personen trifft, genaugenommen zwischen Kanzlerkandidaten. Ich wünsche mir Menschen (und Parteien) mit Visionen, so wie es zum Beispiel die Grünen mal waren. Aber auch das ist schon lange rum. Hat den keiner in diesem Land eine Vorstellung, wie unsere Gesellschaft aussehen sollte? Warum sollen wir als Bürger dann weiter zur Abstimmung gehen – nur um eine „Verwaltung“ zu wählen?
Am meisten nervt es mich aber, dass man in diesen Tagen so richtig spürt, dass es nur um macht geht. Da muss man als Bürger ja für jeden Rücktritt dankbar sein. Wenn sich da nicht der verdacht aufdrängen würde, dass auch dies (der Angriff UND die Reaktion) Teil der Wahlkampfstrategie ist.
In den letzten tagen rückt nun leider auch noch das Thema „Irak-Krieg“ auf die Tagesordnung. Wie weit ist es mit diesem Land gekommen, wenn jetzt schon mit solchen Themen Wahlkampf geführt wird?

Nehmt’s mir nicht übel, wenn’s ein bisschen thesenhaft geworden ist. Aber zu diesem Thema könnte man noch so viel schreiben. Und dann schmipfen die Schnell-Leser wieder über zu viel Text. Aber ich glaube, in dieser Rubrik ist das ok.

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