Santo Domingo Testbericht

Santo-domingo
ab 9,70
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Erfahrungsbericht von sili74

Der Laden vor der Haustür

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Im Mai des Jahres 1994 war ich 3 Wochen in der Dominikanischen Republik. Und selbstverständlich waren wir auch zwei Tage in Santo Domingo – der Hauptstadt.
Die Stadt selbst ist nicht sehr schön und spiegelt die Armut der Bewohner deutlicher wieder als mir lieb war.

Ich möchte euch deshalb in diesem Bericht erzählen, welche Beobachtung mich in diesen Tagen am meisten fasziniert und amüsiert hat; und mich nicht bei dem negativen aufhalten, von dem es in einer Hauptstadt der Dritten Welt leider mehr als genug gibt.



Meine Begegnung mit den fliegenden Händlern
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„ZAFACÓN!“ Ich fuhr aus dem Schlaf hoch. „Was ist das?“ fragte ich meine Freundin. „Zafacón!“ „Schon wieder!“ Ich schaute auf die Uhr: Es war 5.30 Uhr. Noch etwas schlaftrunken kletterte ich aus dem Bett und sah zum Fenster hinaus. Zu meiner Überraschung erblickte ich ein kleines, mageres Männchen, dem vier verzinkte, mit einer Schnur zusammengebundene Mülleimer von den Schultern herabhingen, auf dem Bürgersteig entlanggehen. Als er wieder ausrief: „Zafacón!“ (dieses spanische Wort bedeutet in der Dominikanischen Republik und in Puerto Rico „Mülleimer“), dämmerte es mir, dass er seine Ware feilbot.

Das war meine erste, aber nicht meine letzte Begegnung mit den fliegenden Händlern von Santo Domingo (Hauptstadt und Hafenstadt der Dominikanischen Republik). Wir waren erst am Abend zuvor in dieser Stadt eingetroffen.

In Europa und Nordamerika ist es in den meisten Ländern üblich, in Warenhäusern oder im Supermarkt zu kaufen. Aber hier in Santo Domingo ziehen es viele vor, zu Hause zu bleiben und das, was sie brauchen, von Händlern zu kaufen, die bei ihnen vorbeikommen.

Der Eiermann kommt schon vor dem Frühstück. Er trägt zehn bis fünfzehn Eierbretter mit je dreißig Eiern auf dem Kopf. Dennoch schreitet er ziemlich forsch aus, hält aber dabei seinen Eierturm nicht einmal mit den Händen fest. Stellt euch vor, was für Folgen es hätte, wenn er stolpern würde. Aber der Eiermann scheint gar nicht an diese Gefahr zu denken. Es geht ihm auch ganz selten ein Ei in die Brüche.

Sehr häufig sieht man den platanero. Er verkauft Gemüsebananen. Diese Frucht spielt, wenn es reichlich davon gibt und sie billig zu haben ist, in der Kost der Dominikaner fast die gleiche wichtige Rolle wie der Reis und die Bohnen. Der platanero verkauft oft auch Wurzelmaniok, stärkereiche Wurzelknollen, die als Ersatz für Kartoffeln dienen und gewöhnlich billiger sind als diese.

Auch die marchanta oder Gemüsefrau kommt vorbei und ruft singend aus: „Verdura!“ Auf dem Kopf trägt sie einen großen viereckigen Korb, gefüllt mit den verschiedensten Blattgemüsen, mit Kräutern und Tomaten. Wenn sie am frühen Morgen auf dem Markt ihren Korb füllt, mag er vierzehn oder mehr Kilogramm wiegen.
„Tut ihr denn der Kopf oder das Genick nicht weh, nachdem Sie den ganzen Morgen eine solche Last herumgetragen hat?“ fragte ich mich und blickte erstaunt auf den Berg Gemüse, den sie auf dem Kopf trug. „Wie gut, dass er auf ihrem und nicht auf meinem Kopf aufgetürmt ist!“, dachte ich bei mir.

Aber nicht nur Nahrungsmittel — Gemüse, Obst, Hühner, Fisch — werden von fliegenden Händlern verkauft, sondern auch vieles andere. Benötigt jemand zum Beispiel einen Spiegel oder einen Blumentopf, dann braucht er nur darauf zu achten, wann der bestimmte Händler vorbeikommt. Es wird nicht lange dauern. Hat jemand Bedarf an Kurzwaren, so wird ebenfalls bald der Händler auftauchen, der Garn, Fingerhüte, Reißverschlüsse, Knöpfe, Druckknöpfe usw. verkauft, auch Stoffe mag er feilbieten. Ein anderer Händler hat Frauen- und Männerbekleidung, Unterwäsche und Oberbekleidung, zu verkaufen. Auch Haushaltsgegenstände werden von fliegenden Händlern feilgeboten.

Man sieht aber auch Kinderwagen, die mit allem möglichen, angefangen von Lockenwicklern und Haarspangen bis zu Büchern und Zeitschriften, beladen sind. Diese Artikel kann man kaufen, leihen oder gegen etwas anderes eintauschen. Ja, hier ist es möglich, sich an der Haustür ein Buch für einen Tag oder auch eine Woche auszuleihen.

Sogar Dienstleistungen werden von Haus zu Haus angeboten. Ist ein Abfluss verstopft oder gibt es für den Klempner irgendeine andere Reparaturarbeit, dann muss man nur aufpassen, dass man ihn, wenn er vorbeikommt, hört. Sind Messer oder Scheren stumpf, muss man auf das Pfeifen des Scherenschleifers achten. Er kündigt seine Anwesenheit an, indem er die ganze Tonleiter rauf und runter pfeift. Ist ein Schirm kaputt? Der Schirmflicker freut sich, auf seiner täglichen Runde zu Diensten zu sein. Und was tut man, wenn man den Absatz verloren hat oder wenn die Schuhsohlen durchgelaufen sind? Ein fliegender Schuhmacher wird sie reparieren.

Die Händler wenden beim Feilbieten verschiedene Methoden an. Jeder hat seine eigene, und sie passt genau zu der Ware oder der Dienstleistung, die er anbietet. Es gibt unter den fliegenden Händlern Personen, deren Stimme man schon von weitem hört. Eine Frau, die Erbsen verkauft, hören wir jeweils schon einige Minuten bevor sie zu unserem Haus kommt. Unterhält sie sich mit unserer Nachbarin, kann es passieren, dass wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen. Einige Händler halten die Hand etwa zwei Zentimeter vom Mund entfernt, um den Schall abzulenken: um die Ecke, nach hinten oder nach oben. Der eine oder andere Händler benutzt sogar ein Megaphon.



Fazit
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Wie gesagt: Santo Domingo ist leider keine Perle der Karibik und man sieht vieles was einen nachdenklich und traurig stimmt.

Allerdings würde mir solch ein Laden vor der Haustüre auch für zu Hause gut gefallen. Vielleicht wäre das ja ne Marktlücke?! Ich kann nur jedem, der in der Dominikanischen Republik Urlaub macht empfehlen, sich die fliegenden Händler von Santo Domingo anzusehen.


Für Kultur Freaks hat Santo Domingo auch einiges zu bieten. Aber dieser Teil hat mir damals leider nicht so sehr interessiert, weshalb ich auch nichts darüber geschrieben hab. Wenn ich heute nochmal dorthin fliegen würde wäre das sicher anders.
Damals wollt ich einfach nur den \"Pflichtteil\" hinter mich bringen und dann so schenll wie möglich ab nach Punta Cana.


Ich hoffe mein Bericht hat euch trotzdem gefallen, und ich habe euch ein bisschen begeistern können für die amüsanten und faszinierenden fliegenden Händler von Santo Domingo.


by sili74


PS: Die 4 Sterne beziehen sich auf die fliegenden Händler. Den einen Stern hab ich doch wegen des Gesamteindrucks abgezogen.

13 Bewertungen, 1 Kommentar

  • l.x.klar@gmx.net

    29.05.2008, 14:37 Uhr von [email protected]
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr gut, weiter so ! Gruß